Zusammenfassung
Auf wechselnde Umweltbedingungen an ihren Wuchsstandorten müssen Bäume mit ihrer ökophysiologischen und morphologischen Anpassungsfähigkeit reagieren, die sich auf deren genetische Ausstattung gründet. Sowohl die Bodeneigenschaften als auch das Klima beeinflussen die physiologischen Prozesse von der Blatt- bis zur Baumebene. Grundlage für das schnelle Wachstum und die hohe Biomasseproduktivität der Agrargehölze ist die Photosynthese und die hohe Anpassungsfähigkeit an sich ändernde Umweltbedingungen. Dabei ist zu bedenken, dass die Photosynthese die Voraussetzung für das Wachstum ist, aber diese nicht das Wachstum antreibt. Interaktionen zwischen dem Bedarf an Assimilation für die Wachstumsprozesse („sinks“) und dem Angebot („source“) steuern den Kohlenstoffhaushalt der Pflanzen. Zudem ist das Angebot von Ressourcen (Wasser, Nährstoffe, Licht) eine unverzichtbare Voraussetzung für die Wachstumsprozesse. Das Kapitel gibt einen Überblick über die ökophysiologischen Anpassungen der Photosynthese, des Wasserhaushaltes und der Pflanzenernährung der schnellwachsenden Baumarten und deren Bedeutung für das Wachstum und die Kohlenstoffallokation. Zudem werden die Grundlagen für die Modellierung der Biomasseproduktion und des Kohlenstoffhaushaltes vom Blatt bis zum Bestand vorgestellt.
7.1 Einleitung
Auf wechselnde Umweltbedingungen an ihren Wuchsstandorten müssen Bäume mit ihrer ökophysiologischen und morphologischen Anpassungsfähigkeit reagieren, die sich auf deren genetische Ausstattung gründet. Sowohl die Bodeneigenschaften als auch das Klima beeinflussen die physiologischen Prozesse von der Blatt‐ bis zur Baumebene. Grundlage für das schnelle Wachstum und die hohe Biomasseproduktivität der Agrargehölze ist die Photosynthese und die hohe Anpassungsfähigkeit an sich ändernde Umweltbedingungen. Dabei ist zu bedenken, dass die Photosynthese die Voraussetzung für das Wachstum ist, aber diese nicht das Wachstum antreibt. Interaktionen zwischen dem Bedarf an Assimilation für die Wachstumsprozesse („sinks“) und dem Angebot („source“) steuern den Kohlenstoffhaushalt der Pflanzen. Zudem ist das Angebot von Ressourcen (Wasser, Nährstoffe, Licht) eine unverzichtbare Voraussetzung für die Wachstumsprozesse. Abiotischer Stress (z. B. Kälte, Hitze, Wassermangel) beeinflusst meistens zuerst das Wachstum und hemmt erst danach die Photosynthese, sodass es eher zu einem relativen Überangebot von Kohlenhydraten unter Stress kommt. Stickstoffmangel hingegen wirkt sich direkt auf die Photosynthese aus, sodass in diesem Fall nicht die „sinks“ limitierend wirken. Im Gegensatz zu den Waldstandorten und den natürlichen Lebensräumen der schnellwachsenden Baumarten sind die landwirtschaftlichen Flächen eher durch eine Überversorgung mit Nährstoffen (v. a. mit Stickstoff und Phosphat) durch die Düngung der Flächen gekennzeichnet.
Das Kapitel gibt eine Einführung in die wesentlichen ökophysiologischen Prozesse und deren Bedeutung für das Wachstum der Agrargehölze. Für eine Übersicht über die Ökophysiologie der Pflanzen und deren Anpassungen an Umweltfaktoren wird an dieser Stelle auf die Lehrbücher von Larcher (2003), Lambers et al. 2008, Matyssek et al. (2010) und Thomas (2018) verwiesen.
7.2 Photosynthese
Im Vergleich zu den forstlich genutzten (und zumeist langsamer wachsenden) Baumarten zeichnen sich die Pioniergehölze grundsätzlich durch eine hohe Photosyntheseleistung pro Blattfläche und durch einen hohen Lichtbedarf aus. Die Grenzwerte der Schattentoleranz (in % der Freilandstrahlung) der Sand‐Birke (Betula pendula) liegen bei 10–15 %, der Robinie bei 10–12 %, der Zitter‐Pappel (Populus tremula) bei 9–12 % und der Stiel‐Eiche (Quercus robur) bei 2–5 % (Matyssek et al. 2010). Schattentolerante Baumarten wie die Rot‐Buche (Fagus sylvatica) können noch bei 0,5–1 % der Freilandstrahlung wachsen. Die maximalen Nettophotosyntheseraten (Amax) der Robinie (Robinia pseudoacacia) liegen zwischen 10,5–14,8 µmol/(m2 · s), für Hybrid‐Pappeln (Populus nigra × P. maximowiczii) bei bis zu 18,5 µmol/(m2 · s), für Zitter‐Pappeln (Populus tremuloides) bei bis 16,9 µmol/(m2 · s) und bei Weiden (Salix spec.) bei 20,3 µmol/(m2 · s) (Wachendorf 2010; Veste und Kriebitzsch 2013; Küppers et al. 2017). Broeckx et al. (2014) haben bei sechs verschiedenen Pappel‐Klonen sogar Photosyntheseraten von 17,8 bis 26,9 µmol/(m2 · s) in Abhängigkeit vom Genotyp gemessen.
Diese hohen Photosyntheseleistungen der Pioniergehölze sind mit ihrer Stellung in der Sukzession verbunden (Koike 1987). Auch andere Feldgehölze der frühen Sukzessionstadien zeigen deutlich höhere Photosyntheseraten, wie z. B. Brombeere (Robus corylioflius) mit 11–15 µmol/(m2 · s), im Vergleich zu Gehölzen der späteren Sukzession, wie z. B. Feldahorn (Acer campestre) mit 8–11 µmol/(m2 · s) oder zur Rot‐Buche (Fagus sylvatica) als Klimaxbaumart mit nur 3–4 µmol/(m2 · s) (Küppers 1984). Grundsätzlich ist die Photosynthesekapazität während der Wachstumsperiode eng mit dem Stickstoffgehalt der Blätter verbunden (Abschn. 7.4.2). Saisonale Änderungen der Bodenwasserversorgung haben den größten Einfluss auf die Nettophotosynthese der Bäume (Abschn. 7.6). Unter Trockenstress reagieren die Pflanzen mit einer Erhöhung des stomatären Widerstands, sodass die CO2‐Aufnahme deutlich zurückgeht. So regulieren die Robinien mit steigenden Lufttemperaturen und steigendem Wasserdampfdefizit (VPD) die Stomataöffnung, wodurch die Nettophotosyntheserate mit steigendem VPD abnimmt, während die gut gewässerten Kontrollen nahezu konstant bleiben (Abb. 7.1a). Die Transpirationsrate der trockengestressten Bäume bleibt mit 0,48–0,60 mmol/(m2 · s) auf ähnlich niedrigem Niveau wie an den mit 15 °C relativ kühlen Tagen. Dagegen steigt die Transpiration bei optimaler Bodenwasserversorgung mit steigendem VPD weiter an (Abb. 7.2). Erst Temperaturen von über 35 °C führen bei der Robinie zu einer deutlichen Verringerung der Photosyntheseleistung (Mebrahtu et al. 1993; Küppers et al. 2017). Sogar bei Lufttemperaturen von 40 °C wurden noch immerhin 50–70 % der Nettophotosyntheseraten im Temperaturoptimum erreicht. Diese hohe Photosyntheseleistung über einen weiten Temperaturbereich wird als wichtige Ursache für das schnelle Wachstum der Robinie auch außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets angesehen (Mebrahtu et al. 1991).
Bei den trockengestressten Hybridpappeln hingegen kommt es zu einer Reduzierung der Elektronentransportrate (ETR), die auf eine stomatäre Regulation mit steigendem VPD zurückzuführen ist, sodass die Netto‐CO2‐Aufnahme vermindert ist, aber nicht die Leistungsfähigkeit der Photosynthese.
In der Regel spiegelt die ETR, die mithilfe der Chlorophyllfluoreszenz gemessen wird, auch die Photosynthese der Pflanzen wider. Ein Vergleich der ETR, die auch vom Chlorophyllgehalt und dem Standort abhängig ist, von verschiedenen schnellwachsenden Baumarten ist in der Abb. 7.3 dargestellt. Die höchsten ETR wurden für Robinien gemessen.
Allerdings kann es auch zu einem Anstieg der ETR kommen, ohne dass dies mit einem Anstieg der Netto‐CO2‐Austauschrate verbunden ist. Dieses wird insbesondere bei Trockenstress in Kombination mit hohen Temperaturen und hoher Lichteinstrahlung beobachtet. Infolge der Erhöhung des stomatären Widerstands ist die Aufnahme von CO2 behindert, sodass mit steigender Temperatur die Photorespiration die Ursache für den Anstieg der ETR ist. Bei trockengestressten Robinien bei Temperaturen von über 30 °C wurde ein Anstieg der ETR festgestellt, während die Netto‐CO2‐Aufnahme sank (Abb. 7.1b). Bedingt durch den Stomataschluss wird die Versorgung des photosynthetisch aktiven Gewebes mit CO2 behindert und eine mit der Temperatur gesteigerte Photorespiration ist Ursache für den Anstieg der ETR. In diesem Fall muss davon ausgegangen werden, dass es bei Trockenstress zu einer Umverteilung im Elektronenfluss von der CO2‐Assimilation hin zur Photorespiration und zur Mehler‐Peroxidase‐Reaktion kommt, um die überschüssige Lichtenergie abzuleiten (Kitao et al. 2003). Die Photorespiration , die mit steigenden Temperatur ansteigt, ist unter diesen Umweltbedingen als ein Schutzmechanismus anzusehen. Hinsichtlich der maximalen Quantenausbeute (Fv/Fm) können trotz des relativ extremen Trockenstresses keine Unterschiede zwischen den Behandlungen festgestellt werden und auch eine Schädigung des Photosyntheseapparats ist auszuschließen, da ETR und Quantenausbeute des Photosystems II (ΦPSII) der trockengestressten Bäume auch mit steigender Temperatur nicht ab‐, sondern signifikant zunehmen. So sind die Unterschiede auf eine Limitierung der CO2‐Aufnahme bedingt durch Änderungen der stomatären und der Mesophyllleitfähigkeit zurückzuführen, wie dies auch bei anderen Baumarten unter Trockenstress beobachtet wird. Weiterhin sind die Robinien in der Lage, ein Überangebot an Licht durch Änderungen der Blattstellung im Tagesverlauf zu regulieren. Mit dem Anstieg der Strahlung werden die Fiederblättchen der Robinien zusammengefaltet (Abb. 7.4) und die Nettophotosyntheserate sinkt deutlich ab, während am Nachmittag ein Wiederanstieg infolge des Aufklappens des Blatts zu beobachten ist (Abb. 7.5). Die Bewegung der Blätter wird durch das Licht reguliert (Xu et al. 2009).
7.3 Transpiration und Wasserverbrauch
Bekanntlich beeinflusst die Wasserverfügbarkeit maßgeblich die physiologischen Prozesse und die Biomasseproduktion der Bäume. Bäume mit ihren ausgedehnten verdunstenden Blattoberflächen und dem langen Transportweg des Wassers von der Wurzel in die Blätter müssen frühzeitig einer unausgeglichenen Wasserbilanz entgegenwirken und deshalb über morphologische und ökophysiologische Anpassungen den Wasserverbrauch steuern. Dabei zeichnen sich insbesondere die Pionierbäume, z. B. Birke (Betula pendula), Eberesche (Sorbus aucuparia) und Robinie (Robinia pseudoacacia), durch eine besonders hohe Anpassungsfähigkeit an Wassermangel aus (Kap. 4). Die Bäume reagieren mit Stomataschluss bei Bodentrockenheit verbunden mit einem hohen Wasserdampfsättigungsdefizit der Luft (VPD), während bei langanhaltender Trockenheit Blätter abgeworfen werden, um die transpirierende Blattoberfläche zu reduzieren, sodass die maximale Transpirationsrate stabil gehalten werden kann. Auch bei langanhaltendem Trockenstress passt die Robinie sowohl die Größe des Einzelblatts als auch die Gesamtblattfläche an das Wasserdargebot an (Abb. 7.6).
Allerdings erfolgt bei guter Bodenwasserversorgung und insbesondere bei Grundwasserversorgung keine stomatäre Regulation des Wasserverbrauchs mit steigendem VPD und somit zeichnen sich die schnellwachsenden Baumarten auch durch einen hohen Wasserverbrauch aus. Auch die Robinie , die als eine an Trockenheit angepasste Baumart gilt, ist keine wassersparende Baumart. Bei guter Wasserversorgung nutzt die Robinie die Wasservorräte voll aus (Mantovani et al. 2014a, 2014b) und die Transpiration steigt linear an (Abb. 7.7a), während die Photosynthese nahezu konstant bleibt (Abb. 7.1). Auch auf der Baumebene ist der steigende Wasserverbrauch der Robinie mit steigendem VPD deutlich zu erkennen (Abb. 7.7b).
Im Gegensatz zu umfangreichen ökophysiologischen Untersuchungen des CO2‐ und H2O‐Gaswechsels auf der Blattebene liegen für den Wasserverbrauch und der Biomasseproduktion auf der Baumebene nur wenige Daten vor. Eine niedrige Wasserausnutzungseffizienz wurde für junge Robinien in einem Lysimeterexperiment (Mantovani et al. 2013) bei unterschiedlicher Bodenwasserversorgung (35–100 %) mit 2,31 kg Trockenmasse (TM)/m3 Wasser ermittelt (Abb. 7.8). Messungen in Schweden ergaben für Salix viminalis eine Wasserausnutzungseffizienz von 6,3 kg TM/m3 Wasser (Lindroth et al. 1994; Lindroth und Cienciala 1996). Allerdings gilt dieser Wert als überschätzt und Linderson et al. (2007) gehen von einem Mittelwert von 5,3 kg TM/m3 Wasser für verschiedene Weidenklone aus. Für Populus simonii beträgt die Wasserausnutzungseffizienz 4,76–6,11 kg TM/m3 Wasser (Liang et al. 2006).
7.4 Ernährungsphysiologie
7.4.1 Makro‐ und Mikronährelemente
Für die Funktionsfähigkeit des pflanzlichen Stoffwechsels und somit für das Wachstum sind neben dem Kohlendioxid und dem Wasser eine Reihe weiterer Nährelemente erforderlich, die überwiegend als Mineralstoffe von der Wurzel aus dem Boden aufgenommen werden. Essenzielle Nährstoffe sind wichtige Bestandteile des Stoffwechsels oder eines strukturgebenden Prozesses. Zudem ist die Funktion des entsprechenden Elements spezifisch und kann nicht durch ein anderes Element ersetzt werden. Aus pflanzenphysiologischer Sicht werden insgesamt sechs essenzielle Makro ‐ (N, P, S, K, Mg, Ca) und acht weitere essenzielle Mikronährstoffe (Fe, Mn, Zn, Cu, B, Mo, Cl, Ni) unterschieden. Indirekt gehört auch das Kobalt (Co) zu den essenziellen Nährelementen, da es wichtiger Bestandteil der biologischen Stickstofffixierung der Knöllchenbakterien ist.
Für die umfangreichen Funktionen der Nährelemente im pflanzlichen Stoffwechsel wird an dieser Stelle auf die Lehrbücher der Pflanzenphysiologie (Schopfer und Brennicke 2010) und Ökophysiologie (Larcher 2003; Lambers et al. 2008) verwiesen. Im Weiteren beschränken wir uns an dieser Stelle auf die Bedeutung des Stickstoffs und Phosphats.
7.4.2 Stickstoff
Im pflanzlichen Primär‐ und Sekundärstoffwechsel ist Stickstoff (N) das wesentliche Element, das an funktionellen Prozessen und Strukturen beteiligt ist. Dazu gehören die Aminosäuren und Proteine, und somit alle Enzyme, aber auch Nukleotide und Nukleinsäuren sowie eine Vielzahl von niedermolekularen Substanzen des Sekundärstoffwechsels, die wesentlich für Wachstum (z. B. Phytohormone) und die ökophysiologischen Anpassungen sind. Für die Photosynthese ist der Stickstoff das wesentliche Nährelement, da es als Bestandteil der Enzyme des Calvin‐Zyklus sowie des Chlorophylls und der Cytochrome die Mehrheit des Blattstickstoffgehalts ausmacht. So besteht innerhalb einer Art eine lineare Beziehung zwischen dem Stickstoffgehalt und dem Chlorophyllgehalt und auch dem wichtigsten Enzym der Photosynthese, der Ribulose‐1,5‐bisphosphat‐carboxylase/‐oxygenase (Evans 1989). Neben dem organischen Stickstoff wird von den Bäumen der anorganische Stickstoff in Form von Nitrat (NO3−) und Ammonium (\( \text{NH}_{4}^{+}\)) aus dem Boden aufgenommen. Viele der Holzpflanzen weisen eine Präferenz für Ammonium auf, da die Nitratreduktion und Assimilation überwiegend in den Wurzeln stattfinden (Matyssek et al. 2010). Allerdings können auch artspezifische Unterschiede auftreten. In einem Topfexperiment wurden Hybridpappeln (Max 1, Populus nigra × P. maximowiczii) und Weiden (Tordis, [Salix viminalis × Salix schwerinii] × S. viminalis) mit 15NH4NO3 bzw. \( \text{NH}_{4}^{15}\text{NO}_{3}\) gedüngt und deren Stickstoffaufnahme und Wachstum gemessen (Sommer et al. 2017). In diesem Versuch nahmen die Pappeln 97 % des \( ^{15}\text{NO}_{3}^{-}\), aber nur 34 % des \( ^{15}\text{NH}_{4}^{+}\) auf, während die Weiden keine Präferenz gegenüber den beiden Nmin‐Formen zeigten. Innerhalb des Versuchszeitraums von 56 Tagen war auch die Biomasseproduktion der Pappeln mit 12,2 g pro Baum deutlich höher als die der Weiden mit 10,2 g pro Baum, was mit einer höheren Stickstoffallokation in die Blätter verbunden war.
Im Allgemeinen ist auf den ehemals für den Ackerbau genutzten Standorten von einer guten Stickstoffversorgung der Bäume infolge der landwirtschaftlichen Vornutzung auszugehen. Untersuchungen bei verschiedenen Pappel‐ und Weidenklonen auf Ackerstandorten haben keinen systematischen Effekt der Stickstoffdüngung auf das Baumwachstum und die Erträge gezeigt (Dimitriou und Mola‐Yudego 2017). Dieses bestätigt auch ein Langzeitexperiment bei Potsdam‐Bornim, bei dem Pappeln und Weiden mit steigenden Stickstoffmengen (0, 50 und 75 kg Stickstoff/ha) gedüngt wurden und keine Unterschiede in deren Produktivität gefunden wurde (Balasus et al. 2012; Balasus 2014). Zudem zeigten ökophysiologische Untersuchungen auch keinen signifikanten Unterschied der Chlorophyllgehalte der Blätter (Abb. 7.9) und gemessenen ETR. Allerdings hatten die untersuchten Weiden eine um 71 % höhere Photosynthese als die Pappeln (Abb. 7.10), was mit einem höheren Blattstickstoffgehalt der Weide verbunden war (Abb. 7.11). Bei der Pappel wurde ein direkter Einfluss des Blattstickstoffgehalts bzw. des damit verbundenen Chlorophyllgehalts auf die Photosynthese (gemessen als ETR) festgestellt, was allerdings die Variation innerhalb der Bäume widerspiegelt (Veste et al. 2012). Die Blattstickstoffspiegelwerte der Pappeln bewegen sich zwischen 1,2 und 2,6 % Stickstoff (Bungart und Hüttl 2004; Veste et al. 2012; Veste und Halke 2017), während für verschiedene Weidenklone 1,16–3,2 % Stickstoff angegeben werden (Weih und Nordh 2002). Im Gegensatz zu den Pappeln und Weiden hat die Robinie mit 3,05–3,34 % Stickstoff deutlich höhere Blattstickstoffspiegelwerte. Diese sind somit mit anderen Untersuchungen vergleichbar, wo 2,8–3,4 % Stickstoff gemessen wurden (Veste et al. 2012; Veste und Kriebitzsch 2013; Mantovani et al. 2015b). Auch zeigte der Wiederaustrieb der Robinie mit 3,05–3,34 % Stickstoff vergleichsweise hohe Blattstickstoffwerte, während der Wiederaustrieb auf Rekultivierungsflächen mittlere Blattstickstoffgehalte von 4,3 % Stickstoff erreichte (Veste et al. 2013). Unter permanentem Trockenstress in einem Topfexperiment wurde für die Robinie eine geringfügige Verringerung des Blattstickstoffgehalts feststellt (Veste und Kriebitzsch 2013), während Mantovani et al. (2015b) mit Blattstickstoffgehalten von 2,8 bis 3.2 % keinen signifikanten Einfluss der Wasserversorgung auf die Stickstoffgehalte beobachteten.
Die biologische Stickstofffixierung der Robinie ist gerade unter Bedingungen von Trockenstress ein wichtiger Faktor. In Trockenstressexperimenten konnte von Wurzburger und Minat (2013) und Mantovani et al. (2015b) gezeigt werden, dass die Robinie bei verminderter Wasserversorgung vermehrt größere Knöllchen ausbildet, deren Biomasse um rund 80 % über denen der gut gewässerten Pflanzen lag. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für eine entsprechend hohe Photosynthese der Bäume, auch unter Bedingungen der limitierten Stickstoffversorgung bei Trockenheit. Auch Pappeln können eine höhere Stickstoffaufnahme unter Trockenstress haben, wobei genotypische Unterschiede zwischen verschiedenen Klonen existieren (Euring et al. 2016). Aus diesen Gründen wird der Hybridpappelklon Max 1 für den Anbau auf marginalen Standorten favorisiert. Genetische Variationen der Stickstoffnutzungseffizienz unter Trockenstress wurden auch bei 14 verschiedenen Weidenklonen durchgeführt (Weih und Nordh 2002). Zudem besteht eine deutlich höhere Sensibilität der schnellwachsenden Hybridweiden im Vergleich zu den langsam wachsenden natürlichen Klonen in Bezug auf Nährstoff‐ und Trockenstress (Weih 2001). Eine höhere Ressourceneffizienz der natürlichen Klone gegenüber den schnellwachsenden Klonen wurde in diesem Experiment nur für Wasser festgestellt, nicht aber für Stickstoff.
7.4.2.1 Biologische Stickstofffixierung
Die symbiontische Stickstoffixierung ist eine wesentliche Quelle von Stickstoff von einer Vielzahl von Bäumen. Durch die biologische Stickstofffixierung wird der nicht reaktive atmosphärische Stickstoff (N2) durch symbiontische und freilebende Bakterien fixiert und in pflanzennutzbares Ammoniak (NH3) umgewandelt. Die Stickstoffbindung ist eine Reduktion des N2, die durch den Enzymkomplex Nitrogenase katalysiert wird und einen energieverbrauchenden Prozess darstellt; die Energiebereitstellung erfolgt in Form von Adenosintriphosphat (ATP):
Der Nitrogenasekomplex besteht aus zwei verschiedenen Proteinen, dem Molybdoferredoxin, das sowohl Eisen als auch Molybdän enthält und dem eisenhaltigen Azoferredoxin. Da die Nitrogenase gegenüber Sauerstoff empfindlich reagiert, wird bei der symbiontischen Stickstofffixierung in den Wurzeln der Sauerstoffpartialdruck durch das Leghämoglobin abgesenkt. Aktive Wurzelknöllchen sind durch ihre intensive Rotfärbung charakterisiert. Im Gegensatz zu den tropischen Regionen der Welt, sind in Mitteleuropa nur wenige Agrargehölze zur symbiontischen Stickstofffixierung befähigt. So bildet die Robinie (Robinia pseudoacacia) Knöllchen mit Bakterien der Gattung Rhizobium spec., während Schwarz‐ und Grau‐Erle eine Symbiose mit Luftstickstoff fixierenden Aktinomyzeten der Gattung Frankia eingehen. Weiterhin wurde eine Stickstofffixierung bei endophytischen Bakterien in Pappeln festgestellt.
7.4.2.2 Symbiose der Robinie mit Rhizobien
Charaktersitisch für viele Vertreter der Familie der Leguminosen (Fabaceae) ist ihre Symbiose mit Rhizobien (Fam. Rhizobiaceae), die gram‐negative Bakterien der Abteilung Proteobacteria sind (Franche et al. 2009). Auch die Robinie (Robina pseudoacacia) bildet eine Symbiose mit Rhizobien (Abb. 7.12), wobei unterschiedliche Stämme und Bakterienarten bei der Robinie in den verschiedenen Regionen der Erde nachgewiesen wurden (Batzli et al. 1992; Ulrich und Zaspel 2000; Wei et al. 2009). So besiedeln in Brandenburg v. a. Mesorhizobium sp. und Rhizobium sp. die Robinie (Ulrich und Zaspel 2000). Dabei sind verschiedene Bakterien, die bei Robinien in Nordamerika gefunden wurden, identisch mit denen in Brandenburg. Es liegt somit nahe, dass diese Bakterienstämme bereits mit dem Samen der Robinie nach Europa verbracht wurden. In China wurden zudem weitere Arten der Gattungen Mesorhizobium sp. und Sinorhizobium sp. identifiziert (Wei et al. 2009). Für die Bildung der Wurzelknöllchen und die Stickstofffixierung sind verschiedene Gene der Rizobien verantwortlich, die sich auf den Plasmiden befinden: nod‐, nol‐ und noe‐Genprodukte sind an der Knöllchenbildung beteiligt, während nif‐ und fix‐Gene die Nitrogenase und die Stickstofffixierung codieren (MacLean et al. 2007; Franche et al. 2009). Die Infektion der Pflanze erfolgt über die Wurzelhaare, die in Gegenwart von kompatiblen Rhizobien mit morphologischen Deformationen des Gewebes reagieren, die durch Signale der Bakterien induziert werden. Ein Knöllchenmeristem wird in den Wurzeln ausgebildet und die Rhizobien können in tiefe Gewebelagen eindringen. Das Wirtsgewebe bildet dabei ein spezialisiertes Gewebe aus, das eine Umgebung schafft, die die Stickstofffixierung ermöglicht. Die meisten lebenden Knöllchen der Robinie (67–84 %) sind in der oberen Bodenschicht bis 15 cm Tiefe zu finden (Boring und Swank 1984; Mantovani et al. 2015b).
7.4.2.3 Bestimmung der biologischen Stickstofffixierung
Die biologische Stickstofffixierung lässt sich durch unterschiedliche chemische Analysetechniken quantifizieren. Mithilfe der natürlichen 15N‐Häufigkeit lässt sich der Anteil des aus der Luft über die biologische Stickstofffixierung durch die Pflanzen aufgenommenen Stickstoffs bestimmen (Högberg 1997; Boddey et al. 2000; Russow et al. 2004). Stickstoff liegt überwiegend in Form zweier stabiler Isotope vor: dem leichteren Isotop 14N und dem schwereren Isotop 15N, die sich mithilfe eines Massenspektrometers bestimmen lassen. In der Luft sind deren Anteile mit 99,634 % für 14N und 0,366 % für 15N nahezu konstant. Da alle biochemischen und physikalischen Umsetzungsprozesse gegen das schwerere Isotop diskriminieren und das leichtere Isotop bei Umsetzungen bevorzugt wird, kommt es mit der Zeit in anderen, nachgeordneten Stickstoffreservoirs, z. B. im Boden, zu einer relativen Anreicherung von 15N und es lässt sich ein Isotopenverhältnis (δ15N‐Werte) berechnen. Bei Vorliegen einer biologischen Stickstofffixierung liegen die δ15N‐Werte nahe 0 ‰ und variieren zwischen −2 und +2 ‰. Da die exakte Bestimmung des δ15N‐Referenzwerts des pflanzenverfügbaren Stickstoff im Boden über den gesamten Wurzelraum sehr aufwendig ist, wird für die Bestimmung der Isotopendiskriminierung eine nicht stickstofffixierende Baumart verwendet, die vornehmlich ihren Stickstoffbedarf aus dem gleichen Boden deckt. Aus dem relativen Anteil der Isotope der fixierenden Art im Vergleich zur nicht fixierenden Art lässt sich der Anteil des aus der Luft fixierten Stickstoffs bestimmen (für Details s. Boddey et al. 2000; Russow et al. 2004).
Die symbiontische Stickstofffixierung erlaubt es den Bäumen, auf stickstoffarmen Böden zu wachsen und zudem eine hohe Biomasseproduktion zu erreichen. Auf den stickstoffarmen Substraten und Böden der Bergbaufolgelandschaft der Lausitz wurde die Stickstofffixierung von unterschiedlich alten Robinienbeständen (2–14 Jahre alt) quantifiziert (Veste et al. 2013). Die gemessenen δ15N‐Werte zeigen, dass die Robinie einen signifikanten hohen Anteil ihres Stickstoffs aus ihrer Symbiose mit den Rhizobien bezieht (Abb. 7.13). Auf den nährstoffarmen Böden der Bergbaufolgelandschaft in der Niederlausitz liegen die mittleren Stickstoffblattspiegelwerte der Robinie bei 3,0–3,4 % Stickstoff und in den Wiederaustrieben sogar bis zu 4,3 % Stickstoff (Abb. 7.14); somit wird mehr Stickstoff in den Blättern akkumuliert als durch die benachbarten Rot‐Eichen und Sand‐Birken. Eine große Varianz ist dagegen im Holz zu finden, was insbesondere damit erklärt werden kann, dass generell bei einer Analyse der sehr geringen Stickstoffgehalte im Holz der Einfluss der messtechnischen Varianzen auf die Messergebnisse größer wird.
Die jährliche Stickstofffixierung in der Energieholzplantage lässt sich aus dem mittleren Biomassezuwachs, dem mittleren Stickstoffgehalt des Holzes und der Blätter sowie dem Anteil des aus der Luft aufgenommen Stickstoffs abschätzen (Russow et al. 2004). In den untersuchten Robinien lag eine jährliche Holzproduktion von durchschnittlich 3 tatro/ha und eine Blattbiomasse von 1,3 t/ha für zwei Jahre alte Bäume bzw. von 2,6 t/ha für vier Jahre alte Bäume für die Berechnungen zugrunde. Somit ergibt sich in diesem Beispiel für junge Robinienbäume eine biologische Stickstofffixierung zwischen 47,9 und 84,9 kg Stickstoff/(ha · a), wovon sich 30,5–59,2 kg Stickstoff/(ha · a) in den Blättern befinden. In der Abschätzung der biologischen Stickstofffixierung durch die Robinie ist allerdings nicht die Biomassebildung des Wurzelsystems berücksichtigt, sodass von einer Unterschätzung der biologischen Stickstofffixierung von 14,7 % bei einjährigen und bis zu 37,5 % bei zweijährigen Robinien ausgegangen wird (Danso et al. 1995). Im Vergleich zu der jährlichen atmosphärischen Stickstoffdeposition von rund 20 kg Stickstoff/(ha · a) am Untersuchungsstandort Welzow in der Niederlausitz (Veste und Schaaf 2010) ist somit die jährliche Stickstofffixierung der Robinie als ein wesentlicher Eintrag in das Ökosystem zu betrachten. Andere Studien schätzen die Gesamtstickstofffixierung auf 30 bzw. 94 kg Stickstoff/(ha · a) (Boring und Swank 1984; Bormann et al. 1993) und mehr als 110 kg Stickstoff/(ha · a) (Danso et al. 1995; Noh et al. 2010), wobei Baumalter und ‐dichte und die verwendete Analysemethode beim Vergleich der Daten zu beachten sind. Weiterhin beeinflussen unterschiedliche Fehlerquellen und Ungenauigkeiten die Hochrechnung auf den Bestand (Russow et al. 2004).
Die Entwicklung der Knöllchen und deren biologische Stickstofffixierung zeigen dabei saisonale Unterschiede und die Nitrogenaseaktivität steigt zu Beginn der Vegetationszeit an (Hong und Song 1990). Bei Trockenheit ist die Robinie in der Lage, die verminderte Stickstoffverfügbarkeit im Boden mit einer Steigerung der biologischen Stickstofffixierung zu kompensieren und es kommt zu einer verstärkten Knöllchenbildung bei trockengestressten Bäumen (Abb. 7.15; Wurzburger und Miniat 2013; Minucci et al. 2017). Auch bei geringen Stickstoffgehalten im Boden wird die Knöllchenbildung verstärkt, wie dies Johnsen und Bongarten (1991, 1992) feststellten. Eine Düngung mit NH4NO3 hingegen reduziert die biologische Stickstofffixierung der Robinien um 74 % gegenüber den Bäumen ohne Stickstoff (Roberts et al. 1983).
Während Veste und Kriebitzsch (2013) eine leichte Abnahme des Blattstickstoffgehalts der Robinien bei langanhaltendem Trockenstress feststellten, beobachteten Mantovani et al. (2015b) keinen Einfluss von Trockenheit auf die Blattstickstoffgehalte (Abb. 7.16a), allerdings eine Verschiebung des Verhältnisses der beiden stabilen Stickstoffisotope. Der Anteil des aus der Luft aufgenommen Stickstoffs in den Blättern lag in diesem Experiment bei 76–91 % (Abb. 7.16).
Allerdings bedeutet ein Anstieg der symbiontischen Stickstofffixierung auch einen höheren Bedarf an Energie und Assimilaten, die von der Pflanze aus der Photosynthese bereitgestellt werden müssen. Dabei können bis zu 25 % des über die Photosynthese täglich fixierten Kohlenstoffs von der biologischen Stickstofffixierung verbraucht werden (Lambers et al. 2008). Somit besteht eine Regulation zwischen der oberirdischen Photosyntheseleistung und dem Wachstum der Pflanze und der unterirdischen symbiontischen Stickstofffixierung sowie der Bereitstellung von Stickstoff durch die Bakterien (Abb. 7.17). So werden bei Trockenstress durch die Robinie weniger und kleinere Blätter gebildet (Abb. 7.6) bzw. die Nettophotosynthese verringert (Abschn. 7.2) mit dem Ergebnis, dass die zur Verfügung stehende Menge an Assimilaten geringer ist im Vergleich zu gut gewässerten Pflanzen. Bei einer Steigerung des Assimilatbedarfs der symbiontischen Bakterien, um die Stickstofffixierung bei Trockenheit sicherzustellen und zu steigern, müssen relativ mehr Kohlenhydrate in das unterirdische Wurzelsystem transportiert werden, die dann allerdings nicht für das Wachstum der Bäume zur Verfügung stehen. Über die komplexen Interaktionen zwischen Photosynthese, Wachstum, Kohlenstoffallokation und symbiontischer Stickstofffixierung und deren Regulation unter Trockenstress bei Leguminosen liegen vereinzelte Informationen vor (Gálvez et al. 2005; Ladrera et al. 2007; Erice et al. 2014; Staudinger et al. 2016), während sie für die Robinie bisher fehlen.
7.4.2.4 Symbiose der Erle mit Actinomyceten
Schwarz‐ (Alnus glutinosa) und Grau‐Erle (A. incana) gehen eine Symbiose mit Frankia alni ein. Die Gattung Frankia zählt zu den gram‐positiven, myzelartig wachsenden Aktinomyzeten (Franche et al. 2009). Wie bei den Rhizobien erfolgt die Infektion zwar ebenfalls über die Wurzelhaare, aber hier werden die Seitenwurzeln umgewandelt und die gebildeten Knöllchen als Aktinorrhiza bezeichnet. Diese initialen morphologischen Veränderungen werden ebenfalls durch einen Signalaustausch zwischen Frankia und der Erle gesteuert. Anschließend werden die Frankia‐Hyphen durch Ablagerungen von Zellwandmaterial eingekapselt und diese Strukturen ermöglichen die notwendige Reduktion des Sauerstoffpartialdrucks. Der überwiegende Teil der Aktinorrhiza befindet sich im Oberboden bis zu einer Tiefe von 15 cm (Uri et al. 2009). Wie bei der Robinie variiert auch bei der Schwarz‐Erle der Anteil des aus der Luft fixierten Stickstoffs zwischen 70 und 94 % (Dittert 1992; Beaupied et al. 2011). Die berechneten Fixierungsraten von Beständen der Grau‐Erle liegen bei 100–115 kg Stickstoff/(ha · a) (Rytter et al. 1991; Rytter 1996a, 1996b) und für die Schwarz‐Erle zwischen 70 und 85 kg Stickstoff/(ha · a) auf einem feuchten und zwischen 40 und 45 kg Stickstoff/(ha · a) auf einem trockenen Standort in Schleswig‐Holstein (Fränzle und Schimming 2008). Dabei wird die Bildung der Knöllchen durch das Angebot von Stickstoff und Phosphat im Boden gesteuert. Ein hoher Stickstoffgehalt verhindert bereits in frühen Stadien die Bildung der Aktinorrhiza. Zudem bedarf es einer ausreichenden Phosphatversorgung der Bäume (Metspalu et al. 2000), um die biologische Stickstofffixierung der Bäume zu fördern. Untersuchungen von Gentili und Huss‐Danell (2003) zeigten bei Grau‐Erlen eine Förderung der Bildung der Knöllchen und deren Größe.
7.4.2.5 Endophytische Bakterien in Pappeln und Weiden
Die Förderung des Wachstums durch endophytische Bakterien konnte u. a. bei einer Reihe von Pappeln und Weiden nachgewiesen werden (Van der Lelie et al. 2009; Ulrich et al. 2009; Reinhold‐Hurek und Hurek 2011). Die pflanzenwuchsfördernden Mechanismen dieser endophytischen Bakterien reicht von der Stickstofffixierung, über die Abgabe von wachstumsstimulierenden Enzymen und Substanzen, der Bildung von Phytohormonen bis zur Bildung von eisenbindenen Oligopeptiden (Siderophoren), die die Aufnahme von Eisen und Phosphat durch die Pflanze verbessern (Scherling et al. 2009; Brader et al. 2014; Hardoim et al. 2015). So fördert das Bakterium Enterobacter spec. das Wachstum von Klonen von Populus deltoides × P. nigra bereits nach 17 Wochen um 55 % (Rogers et al. 2012). Dabei wird nicht die Photosyntheseleistung der Bäume, sondern die Blattfläche um 39 % erhöht. Da Enterobacter spec. über keine Gene der Stickstofffixierung verfügen, wird die verstärkte Stickstoffaufnahme auf das größere Wurzelsystem der beimpften Bäume zurückgeführt. Freilebende Pappelklone weisen mehr als 50 Bakteriengattungen aus verschiedenen Klassen auf (Ulrich et al. 2008), wobei ein Zusammenhang zwischen dem Genotyp des Wirtsbaums und der Bakterienzusammensetzung besteht. Zu ihnen gehören auch eine Reihe von dizotrophen Arten, die über Gene der Stickstofffixierung (nif‐Gene) verfügen. Eine Reihe von isolierten endophytischen Bakterien aus Pappeln und Weiden, wie Rhizobium tropici, Pseudomonas spec., Burkholderia spec. u. a. (Doty et al. 2005, 2009), waren in der Lage, auf stickstofffreiem Medium zu wachsen. Zudem wurde bei isolierten Burkholderia spec., Rahnella spec., Sphingomonas spec. und Acinetobacter spec. eines der Gene der Stickstofffixierung (nifH) nachgewiesen. Nach Untersuchungen von Knoth et al. (2013) erfolgt bei der Westlichen Balsam‐Pappel (Populus trichocarpa) die Stickstofffixierung durch endophytische Bakterien v. a. in den Blättern und teilweise im Stamm und kann bis zu 65 % zu den Stickstoffgehalten beitragen. Die weitere Erforschung und praktische Anwendung der Mikroben‐Pflanzen‐Interaktionen, insbesondere bei den endophytischen Bakterien, wird in Zukunft weitere physiologische Mechanismen der Interaktionen erschließen, die für die praktische Anwendung bei der Entwicklung von neuen Klonen und zur Steigerung der Biomasseproduktion, der Nährstoffaufnahme und ‐effizienz sowie der Stresstoleranz von Pappeln und Weiden von wachsender Bedeutung sein werden (Ulrich et al. 2009; Farrar et al. 2014).
7.4.3 Phosphat
Neben dem Stickstoff ist Phosphat eines der essenziellen Nährelemente der Pflanzen. Aus der Bodenlösung wird Phosphat als primäres (\( \text{H}_{2}\text{PO}_{4}^{-}\)) oder sekundäres Orthophosphat (\( \text{HPO}_{4}^{2-}\)) aufgenommen und als strukturelles Element in Makromolekülen wie Nukleinsäuren, Phospholipiden und Koenzymen eingebaut. Eine weitere Rolle im pflanzlichen Stoffwechsel spielt das Phosphat als Energieüberträger in Form von Nukleotiden (Adenosintriphosphat) und Zuckerphosphaten (z. B. Glukosephosphat). Als gesteinsbürtiges (lithogenes) Element wird Phosphor von den Pflanzen nahezu ausschließlich aus dem Boden aufgenommen. Der größte Teil der Einträge von Phosphor in die Agrarökosysteme erfolgt über die mineralische und organische Düngung. Infolge der hohen Bindungsfähigkeit an Bodenpartikeln bzw. der relativ hohen Stabilität von organisch gebundenem Phosphat im Boden ist es allerdings nicht leicht für die Pflanzen verfügbar. Zudem wird die Verfügbarkeit durch den pH‐Wert des Bodens beeinflusst. Mit der Versauerung des Bodens wird Phosphat aus dem Gesteinsphosphat Apatit Ca5[OH,Cl,F](PO4)3 gelöst, während sich in sauren Böden die schwerlöslichen Aluminium‐ (AlPO4) und Eisenphosphate (FePO4) bilden. Somit liegt das Mobilitätsoptimum für Phosphor im Boden zwischen pH 5 und 6.
Der Einsatz von gut verfügbaren Phosphatdüngemitteln (Superphoshat) in der Landwirtschaft hat in den letzten Jahrzehnten zu einer guten Phosphorversorgung der meisten agrarisch genutzten Flächen in Mitteleuropa geführt, während Gebiete mit Buntsandstein und arme, sandige Altpleistozänflächen einen Phosphatmangel aufweisen (Stahr et al. 2016). Auch Waldstandorte und Rekultivierungsflächen, die für den Anbau von schnellwachsenden Baumarten von Interesse sind, können häufig durch einen Phosphatmangel gekennzeichnet sein. Diese standörtlichen Unterschiede der Phosphatversorgung sind bei einer möglichen Düngung der Agrargehölze zu berücksichtigen. So wird für den Pappelanbau neben einer breit ausgebrachten Grunddüngung eine weitere Gabe von Phosphat und Kalium im Pflanzloch empfohlen (Baule 1967). Diese gezielte Düngung führte gerade bei Setzlingen zu einem deutlichen Wachstumsschub. In einem Praxisversuch auf phosphatarmen Substraten der Bergbaufolgelandschaft wurde bei jungen Robinien durch eine moderate Phosphatgabe (60 kg/ha) eine Wachstumsförderung erzielt, wobei die Düngung entlang der Pflanzreihe die besten Ergebnisse erzielte (Kanzler et al. 2015). In der Praxis ist aber auf phosphatarmen Standorten eine Einschränkung des Wachstums und eine Konkurrenz zwischen den Bäumen festzustellen (Carl et al. 2018). Auf diesen ertragsschwachen Standorten, die zudem eine hohe Phosphatbindungsfähigkeit aufweisen, ist davon auszugehen, dass eine optimierte Phosphatdüngung sich positiv auf das Wachstum der Robinie auswirkt (Abb. 7.18), aber keine Förderung der Photosynthese erfolgt. Allerdings benötigt auch die symbiontische Stickstofffixierung phosphatreiche Metabolite, sodass sich eine Phosphatlimitierung negativ auf die physiologischen Prozesse der Stickstofffixierung und die Knöllchenbildung auswirken kann. Untersuchungen von Gentili und Huss‐Danell (2003) und Gentili et al. (2006) an Grau‐Erlen haben gezeigt, dass die Knöllchenbildung durch Phosphat gesteigert werden kann.
Grundsätzlich kann die Phosphatverfügbarkeit im Boden durch die Wurzeln aktiv verbessert werden, aber auch in Symbiose mit Pilzen. Ausgeschiedene organische Säuren (z. B. Citrat) erhöhen die Löslichkeit des an die Bodenpartikel gebundenen Phosphors, während Phosphatasen das organisch gebundene Phosphat erschließen. Ein wichtiger Aufnahmeweg von Phosphat (und Wasser) ist die Bildung einer Symbiose mit Mykorrhizapilzen , die die Erschließung kleinster Bodenporen ermöglichen. Die meisten Nadel‐ und Laubbäume der gemäßigten und kühlen Breiten gehen dabei eine Symbiose mit Basidio‐ und Askomyzeten ein und bilden eine Ektomykorrhiza aus, deren Pilzhyphengeflecht die Wurzeln mantelförmig umschließt. So gehen die Eichen und Birken eine Beziehung mit Ektomykorrhizapilzen ein. Dagegen können Pappeln, Weiden und Erlen neben der Ekto‐ auch eine arbuskuläre Mykorrhiza ausbilden (Brundrett 2009). Bei diesem zweiten Typ besiedeln die Pilzhyphen die Wurzelrinde und dort auch die Pflanzenzellen und sind vom Plasmalemma der Zellen eng umgeben. So entstehen kurze Transportwege zwischen Pflanze und Pilz. Gerade auf phosphorarmen Böden mit einem pH‐Wert zwischen 4,0 und 5,0 können die Pilze einen wichtigen Beitrag zur Phosphataufnahme und zum Baumwachstum beitragen. Dabei bekommen die Pflanzen teilweise oft mehr als 80 % des benötigten Phosphats über den Pilz geliefert. Im Gegenzug erhalten die Pilze einen erheblichen Anteil (bis über 20 %) des in der pflanzlichen Photosynthese fixierten CO2 in Form von Zuckern (Bago et al. 2003).
Im Gegensatz zu forstlich relevanten Baumarten ist für die Robinie nur wenig über eine Mykorrhiza und deren Bedeutung für den Phosphathaushalt im Freiland bekannt. Während einige Autoren die Robinie noch zu den nicht mykorrhizierten Baumarten zählen, werden aber auch arbuskuläre Mykorrhizapilze nachgewiesen (Brundrett 2009). In einem Experiment mit arbuskulären Mykorrhizapilzen wiesen Olesniewicz und Thomas (1999) einen deutlichen Effekt auf die Phosphatversorgung der Robinie nach. Der gesamte Phosphorgehalt pro Pflanze stieg um 240 % und auch die Stickstoffaufnahme aus dem Boden und die biologische Stickstofffixierungsrate erhöhten sich um 52 % bzw. 237 %. Dabei fördert die arbuskuläre Mykorrhiza (Glomus intraradices, G. versiforme) die Kohlenstoff‑, Stickstoff‐ und Phosphorblattgehalte sowie Photosyntheseleistung der Robinie (Yang et al. 2014; Zhu et al. 2014). Neben der Baumart spielen auch die Substrate eine wichtige Rolle bei der Auswahl der Mykorrhizzapilze. Ektomykorrhiza sind häufig auf organischen Böden anzutreffen, während arbuskuläre Mykorrhiza mehr für mineralische Böden typisch sind (Lambers et al. 2008). Untersuchungen in einem Topfversuch an Balsam‐Pappelklonen (Populus trichocarpa cv. Weser 6) zeigten sich deutliche Unterschiede in der Besiedlung der Feinstwurzeln mit zwei ektomykorrhizierenden Pilzstämmen in Abhängigkeit von den Eigenschaften der ehemals landwirtschaftlich genutzten Sandböden (Baum et al. 2000), die zudem auch unterschiedliche Rückwirkungen auf das Wachstum und Kohlenstoffallokation der Bäume hatte. Weiterhin beeinflusst auch eine mineralische Düngung mit Stickstoff und Phosphaten die Ausbildung der Mykorrhizierung negativ, wie Untersuchungen bei (Populus trichocarpa und P. tremula × tremuloides) auf einem zuvor landwirtschaftlich genutzten Boden zeigten (Baum und Makeschin 2000). So sollten für eine optimale Bewirtschaftung der Bestände die Düngermengen gering bemessen sein, um eine Reduktion der Mykorrhizierung zu verhindern. Die hohe Effizienz der Phosphataufnahme durch mykorrhizierte Pappeln und Weiden kann auch als ein Vegetationsfilter für die Reinigung von Abwässern genutzt werden, steigert die Phosphataufnahme und stimuliert das Wachstum der Bäume (Fillion et al. 2011). Diese Studie zeigte eine Steigerung des Phosphorgehalts um 33 % im Stamm von Salix miyabeana und S. viminalis sowie der Biomasseproduktion durch die Anwesenheit des Mykorrhizzapilzes Glomus intraradices.
7.5 Kohlenstoffallokation und Wachstum
7.5.1 Wachstum
In jeder Pflanze besteht ein funktionales Gleichgewicht zwischen den Biomassekompartimenten, wobei die Verteilung des Kohlenstoffs durch den meistlimitierenden Umweltfaktor gesteuert wird (Küppers 1984; Bloom et al. 1985; Cannell und Dewar 1994). Investiert wird in diejenigen Organe, die die Versorgung und somit das uneingeschränkte Wachstum der Pflanze sicherstellen. Im Gegensatz zu den konventionellen annuellen Ackerkulturen mit der Ernte der reproduktiven Organe ist bei Agrarholz die verholzte Biomasse das Produktionsziel. Somit steht das Ertragspotenzial einer Plantage in engem Zusammenhang mit der photosynthetischen Fixierung von CO2 pro Flächeneinheit (Abschn. 7.2) und der vorrangigen Allokation von Kohlenstoff hin zu den beernteten Stammkompartimenten. Da die Fixierung von CO2 in direkter Beziehung zur absorbierten Strahlung steht, ist ein schneller Kronenschluss über die Maximierung der Blattfläche eines Bestands entscheidend für dessen Etablierung und Wachstum. Ausschlaggebend für schnelles Wachstum und hohe Produktivität leistungsstarker Klone ist ein hoher jährlicher Kohlenstoffgewinn des Einzelbaums (Heilman et al. 1996; Küppers et al. 2017), der direkt mit dessen effektiver Blattoberfläche (Larson und Isebrands 1972; Waring 1983) und der Lebensdauer der Blätter verbunden ist (Nelson und Isebrands 1983). Dabei sind maximale Photosyntheseraten nicht immer unmittelbar mit einer maximalen Einlagerung von Kohlenstoff im Stamm gleichzusetzen.
Der Weg des Kohlenstoffs wurde in Bäumen auch mit zunehmender Kronenkomplexität mithilfe von Radiotracermethoden (14C) nachgezeichnet, die v. a. auch in der Gattung Populus Anwendung fanden (Ceulemans und Isebrands 1996). Ausgereifte Blätter des Terminaltriebs zeigten dabei die höchsten Photosynthesekapazitäten während der gesamten Vegetationsperiode. Während der aktiven Wachstumsphase werden die Assimilate direkt für das Wachstum des Terminaltriebs und die Blattentwicklung der Lichtkrone aufgewendet. Bei anhaltender photosynthetischer Aktivität wird mit dem Einstellen des Längenwachstums überschüssiger Kohlenstoff vermehrt in untere Stammsegmente und das Wurzelsystem investiert (Friend et al. 1991). Seitentriebe sind weniger produktiv und differenzieren sich hinsichtlich ihrer photosynthetischen Aktivität in Abhängigkeit von ihrer Kronenposition. Der Anteil der Assimilate, der im Seitentrieb selbst für die Zweig‐ und Blattentwicklung verwendet wird, nimmt von der oberen zur unter Krone zu (Dickson 1986). Nur wenig Kohlenstoff wird in den Terminaltrieb oder zu anderen Seitentrieben exportiert, woraus Dickson (1986) schlussfolgert, dass bei der Pappel die lateralen Zweige nicht direkt zum Höhenwachstum beitragen. Auch wenn der diesjährige Hauptrieb und die oberen Seitentriebe den größten Anteil des Kohlenstoffs zur Wurzel‐ und Stammentwicklung stellen, allokieren auch alle Seitentriebe Assimilate, die so in der Summe ebenfalls zum Dicken‐ und Wurzelwachstum beitragen (Isebrands et al. 1983). Ein weiteres Phänomen bei Pappel und Weide ist, dass neben den Zweigen, die im Vorjahr in Knospen angelegt wurden und die Winterruhe durchlaufen (proleptisch), ebenfalls Zweige im selben Jahr direkt aus der Hauptachse austreiben (sylleptisch). Abgesehen von großen Unterschieden zwischen Pappelklonen hinsichtlich der Raum‐ und Zeitmuster der Kohlenstoffallokation sylleptischer Zweige, zeigten Klone mit einer hohen Anzahl an sylleptischen Zweigen insgesamt höhere Zuwachsraten, da sie bereits während der Vegetationsperiode zunehmend mehr Kohlenstoff zum unteren Stamm und den Wurzeln allokierten (Scarascia‐Mugnozza et al. 1999). Ceuleman und Isebrands (1996) sehen darin ein zukünftiges Potenzial für die Auswahl von Pappelklonen in Züchtungsprogrammen.
Es bestehen große Unterschiede hinsichtlich der Allokation und Partitionierung von Kohlenstoff und somit der Anpassung einer Pflanze an den Standort und mögliche Stressoren. Pappeln investieren einen großen Anteil ihres Kohlenstoffhaushalts in Wurzelbiomasse, in frühen Wachstumsstadien auch auf Kosten geringerer Blattmassen (Tschaplinski und Blake 1989a). Die Ausbildung eines weitreichenden und dynamischen Wurzelsystems wird in engem Zusammenhang mit der Trockenstressresistenz der Bäume gesehen (Pregitzer und Friend 1996). Die Wurzelmorphologie und Wurzelstruktur sowie die Kohlenstoffspeicherkapazitäten der Wurzel beeinflussen entscheidend die Interaktion zwischen dem Wurzelsystem und dem daraus resultierenden Triebwachstum. Wie das Triebwachstum, so ist auch die Wurzelentwicklung genetisch fixiert, wird aber durch die standörtlichen Bedingungen modifiziert (Eshel und Beeckman 2013). So zeigen sich große Unterschiede im Wurzelwachstum zwischen Genotypen der Pappel unter dem Einfluss verschiedenster Standortbedingungen (Pregitzer et al. 1990; Rhodenbaugh und Pallardy 1993).
Das Längenwachstum der Feinwurzeln der Pappel kann v. a. in jungen Beständen rapide sein und unter optimaler Versorgung 10 mm pro Tag und mehr betragen (Pregitzer et al. 1995). Dabei ist der Längenzuwachs der Feinwurzeln eng an den Zuwachs der oberirdischen Kompartimente gekoppelt (Tschaplinski und Blake 1989b; Heilman et al. 1994). Die Entwicklung der Blattoberfläche korreliert stärker mit der Wurzellängenzunahme in jungen Pappeln als mit der photosynthetischen Kapazität pro Blattflächeneinheit (Pregitzer et al. 1995). Daraus resultiert, dass die Etablierung und das rapide Jugendwachstum des Bestands eng mit der Wurzelentwicklung korrelieren (Rhodenbaugh und Pallardy 1993). Es ist wenig bekannt, wie stark die oberirdische und unterirdische Biomasseentwicklung auch in älteren Bäumen gekoppelt ist (Pregitzer und Friend 1996), und darüber hinaus, welchen Einfluss periodischer Rückschnitt auf die Wachstumsprozesse hat. Bisherige Studien lassen jedoch einen engen Zusammenhang zwischen Blattflächen‐ und Feinwurzelentwicklung vermuten (Al Afas et al. 2008; Bouman und Sylliboy 2012; Cunniff et al. 2015). Dickmann und Pregitzer (1992) dokumentieren darüber hinaus sehr geringe Holzdichten für Grobwurzeln der Pappel. Im Zusammenhang mit den sehr feinen Durchmessern der Feinwurzeln (unter 0,6 mm) kann vermutet werden, dass äußerst effektive Wurzelsysteme mit einem Minimum an Kohlenstoffinput entwickelt werden und somit – aufgrund vorrangiger Allokation von Kohlenstoff hin zu Blättern und Trieben – die Aufrechterhaltung hoher oberirdischer Wachstumsraten ermöglicht wird.
7.5.2 Biomassekompartimente und Wurzel‐zu‐Spross‐Verhältnis
Die Kenntnis der verfügbaren Mengen an oberirdischer Holztrockenmasse ist für energetische oder stoffliche Verwertungen relevant. Im Hinblick auf das Klimaschutzpotenzial von schnellwachsenden Baumarten, die in Energieholzplantagen oder Agroforstsystemen bewirtschaftet werden, sind darüber hinaus der Gehalt und die Verteilung des Kohlenstoffs in den Gehölzen zu quantifizieren. Über die Verteilung der Biomassekompartimente bei Bäumen in Energieholzbeständen ist bisher wenig bekannt, v. a. auch ihre Abhängigkeit vom Standort und der Behandlung. Das Spross‐Wurzel‐Verhältnis ist in diesem Zusammenhang der Parameter, der wohl am häufigsten verwendet wird, um die Anpassung eines Baums an seine Umgebung zu beschreiben (Atkinson 2000). Sortenspezifische Unterschiede für die oberirdische Biomasse der Pappeln und Weiden werden hingegen in der Literatur ausgiebig behandelt.
Im Gegensatz zur oberirdischen Biomasse lässt sich die Menge und Dynamik der Wurzelbiomasse methodisch relativ schwer erfassen (Smit et al. 2000; Eshel und Beeckman 2013). Untersuchungen betrachten systembedingt meist nur einen zeitlich eng begrenzten Ausschnitt innerhalb der Gesamtlebensdauer eines Baums in einem Bestand. Zudem können die Untersuchungen aufgrund des hohen Arbeitsaufwands und der destruktiven Ansätze nicht immer repräsentative und reproduzierbare Ergebnisse liefern (Smit et al. 2000). Darüber hinaus weisen Energieholzbestände die Besonderheit auf, dass die natürliche Entwicklung der ober‐ und unterirdischen Biomasse durch den wiederholten Rückschnitt gestört wird.
Für Pappeln im Kurzumtrieb lagen die relativen Anteile der holzigen Kompartimente unabhängig von Standort, jährlichem Ertragsniveau und Bestandsdichte zwischen 80–90 % an der oberirdischen Gesamtbiomasse (Foltyn 2015; Pflugmacher und Hartmann 2016). Für Weidenklone fielen diese mit durchschnittlich 95 % noch höher aus. In der Studie von Foltyn (2015) lagen die Anteile der unterirdischen Biomasse, inklusive des Wurzelstocks an der Gesamtbiomasse des Baums zwischen 19 und 25 % (Abb. 7.19). Das Wurzel‐Spross‐Verhältnis (Spross ohne Blätter) der untersuchten Klone lag für die Weide bei durchschnittlich 0,4, das der Pappelklone bei 0,3. Im Vergleich zu Pappel und den anderen Weiden wies der Weidenklon Tordis das engste Wurzel‐Spross‐Verhältnis auf. Im direkten Vergleich investierten besser versorgte, an das Grundwasser angeschlossene, wüchsige Pappeln bei gleicher Bestandsdichte eher in die Blattentwicklung als in die Ausbildung von Nebentrieben (Abb. 7.20). Die relativen Anteile der Hauptriebe blieben davon hingegen unberührt. Im Standortvergleich wurde in dieser Studie mit steigender Anzahl der Rotationen sowie schlechterer Wasser‐ und Nährstoffversorgung eine Verschiebung hin zu mehr Zweigbiomasse zum Nachteil der Blattkompartimente beobachtet; auch sozial unterständige Bäume wiesen im Verhältnis geringere Blattbiomassen auf, bei etwa gleichbleibenden Anteilen an Biomasse in den Haupttrieben (Abb. 7.20 und 7.21).
In Tab. 7.1 werden Ergebnisse weiterer Autoren aus Pappel‐ und Weidenbeständen im Kurzumtrieb gegenübergestellt. Zur Vereinheitlichung wurden die Gesamtbiomassen und das Wurzel‐zu‐Spross‐Verhältnis aus den angegebenen Daten abgeleitet. Für Pappel lag das Wurzel‐zu‐Spross‐Verhältnis zwischen 0,24 und 0,7. Dabei entfielen 25–30 % der Gesamtbiomasse am wieder austreibenden Einzelbaum auf unterirdische Kompartimente, relativ unabhängig von der Anzahl der Rotationen. Die Ergebnisse entstammen recht jungen Kurzumtriebsbeständen, die maximal bis zum Ende der zweiten Rotation untersucht wurden. Auffällig ist das relativ hohe Wurzel‐zu‐Spross‐Verhältnis von 0,57 und 0,7, die für den Klon Koster (Populus deltoides × P. nigra) an zweijährigem Wiederaustrieb in Belgien nachgewiesen wurden (Berhongaray et al. 2015) Das Wurzel‐zu‐Spross‐Verhältnis der Weidenklone variierte mit einer Spannbreite von 0,14–0,85 stärker (Tab. 7.1). Dabei sind einerseits relativ hohe Werte auffällig, die ein enges Verhältnis beschreiben (Rytter 2001; Bullard et al. 2002), andererseits wurden auch Wurzel‐zu‐Spross‐Verhältnisse unter 0,2 nachgewiesen (Cunniff et al. 2015) und das bis zum Ende der dritten Rotation. Eine Bilanzierung über die gesamte Lebensdauer einer Energieholzplantage hinweg, die i. d. R. mehrere Rotationen umfasst und somit wiederholtem Rückschnitt unterliegt, kann auf Grundlage dieser Untersuchungen und Untersuchungen an Waldbäumen nur eingeschränkt erfolgen. Es fehlen weiterhin Daten zur Zuwachsdynamik von Wurzelsystemen im Verhältnis zur oberirdischen Biomasse mit zunehmendem Alter des Wurzelstocks.
7.5.3 Wurzelsysteme
Die Wurzeln schnellwachsender Baumarten sind an die Notwendigkeit der schnellen Standorterschließung bei relativ kurzer Lebensdauer angepasst. Dies wird erreicht durch hohe Wurzellängen, geringe Durchmesser und starke Verzweigung der Feinwurzeln sowie einer geringen Dichte des Wurzelgewebes (Comas et al. 2002; Comas und Eissenstat 2004). Die Adaption der Pionierbaumarten (Kap. 4) an die Erstbesiedlung von Standorten zieht nach sich, dass die Wurzelarchitektur eine hohe Variabilität aufweist.
Die Pappel wird im Vergleich mit anderen Baumarten als Flachwurzler beschrieben (Abb. 7.22; Stokes und Mattheck 1996; Dobson und Moffat 1999). Als Opportunist wurzelt sie nicht tief, wenn genug Nährstoffe und Wasser in oberen Bodenschichten verfügbar sind (Hallgren 1989). Die Feinwurzeln der Gattung Pappel sind sehr dünn, lang, im Vergleich ist das Grobwurzelsystem vergleichsweise unverzweigt, innerhalb der Gattung jedoch ähnlich in Anatomie und Morphologie (Al Afas et al. 2008, Dickmann und Pregitzer 1992). Die Seitenwurzeln entwickeln sich radial im oberen Bodenhorizont vom Wurzelstock ausgehend mit einer Länge in Proportion zur Baumhöhe (Stephens et al. 2001; Dickmann und Pregitzer 1992). Vertikale Senkwurzeln gehen von diesen meist innerhalb des Kronenradius ab (Abb. 7.23) und können bei geeigneten Bodenverhältnissen bis 3 m in die Tiefe gehen (Stephens et al. 2001; Dickmann und Pregitzer 1992).
Die Weide hat eine andere Wurzelstruktur mit weniger starken Strukturwurzeln (Crow und Houston 2004; Phillips et al. 2014) und generell stärkerer Konzentration aller Wurzeln an der Bodenoberfläche (Dimitriou et al. 2009). Bei geeigneten Bodenbedingungen wurde ein Wasseranschluss bis 1,8 m Tiefe nachgewiesen (Stephens et al. 2001; Abschn. 7.6).
Crow und Houston (2004) beobachteten ähnliche Muster in der Wurzelverteilung und keine signifikanten Unterschiede in der Wurzelanzahl zwischen Pappel und Weide im Vergleich verschiedener Standorte. Die Ausnahme bildeten drainierte Sandbraunerden mit größerem Porenvolumen, mit einer höheren Wurzelanzahl und tieferem Wurzelwachstum bei der Pappel.
Die Wurzelentwicklung wird innerhalb einer Gattung weiterhin maßgeblich durch den Standort und die Behandlung modifiziert. Verdichtungsschichten, Texturunterschiede, Staunässe, Schwermetalltoxizität oder Bodenversauerung sowie Unterschiede in der Verteilung von Nährstoffen und Wasser in einzelnen Bodenhorizonten beeinflussen das Wurzelwachstum (Abb. 7.24).
In vielen Studien konzentrierte sich der Hauptanteil der Wurzelmasse im Oberboden. Dies betrifft v. a. die Feinwurzelanteile, die mit zunehmender Bodentiefe kontinuierlich abnehmen (Abb. 7.25; Stephens et al. 2001; Berhongaray et al. 2015; Cunniff et al. 2015; Crow und Houston 2004; Puri et al. 1994) aber auch die Grobwurzeln (Friend et al. 1991). Dies ist auf die Nährstoffverfügbarkeit, insbesondere Stickstoff, die mikrobielle Aktivität sowie Bodenfeuchte und ‐temperatur zurückzuführen; letztere Faktoren, die einer größeren Dynamik unterliegen, bestimmen auch den Feinwurzelumsatz (Al Afas et al. 2008). Crow und Houston (2004) gehen zudem davon aus, dass mit zunehmender Bodentiefe in landwirtschaftlichen Böden die Tendenz zur Bodenverdichtung zunimmt und der höhere mechanische Widerstand das Wurzeln in die Tiefe erschwert. Phillips et al. 2014 beschreiben in diesem Zusammenhang den deutlichen Einfluss der Bodenart auf die Durchwurzelung. So wurde auf gleichmäßig sandigem Lehm eine symmetrische Wurzelverteilung beobachtet, hingegen wurden auf einem heterogenen, tonigen Standort eher asymmetrische Wurzelverteilungen entwickelt (Abb. 7.24).
Der direkte Einfluss der Wasserversorgung auf die Wurzelentwicklung wurde in zahlreichen Experimenten belegt (Liu und Dickmann 1992; Martin und Stephens 2007; Mahoney und Rood 1992; Friend et al. 1991; Stephens et al. 2001; Pflugmacher und Hartmann 2016). Die Bodenfeuchte hatte dabei einen großen Einfluss auf die Wurzelbiomasse . Andauernde Überflutung wirkte sich auf Pappel dabei negativer aus als Austrocknung (Liu und Dickmann 1992). Neben der Reduktion der Wurzelbiomasse wurde die Verlagerung der Wurzeln in tiefere Bodenschichten beobachtet (Martin und Stephens 2007; Mahoney und Rood 1992; Pflugmacher und Murach 2013). Die Pappel besitzt zudem die Fähigkeit zur Ausbildung von vertikalen Senkwurzeln, die Bodentiefen von bis zu 3 m erschließen, somit häufig Anschluss zum Grundwasser finden und damit ungünstige Bodenverhältnisse sowie zunehmende Konkurrenz in dichten Beständen ausgleichen (Friend et al. 1991; Stephens et al. 2001; Pflugmacher und Hartmann 2016). So haben Puri et al. (1994) in neunjährigen Pappelbeständen mit drei unterschiedlichen Pflanzdichten festgestellt, dass Einzelbaumwachstum und das Wachstum des Wurzelsystems im weiten Verband am größten sind. Allerdings ist die flächenbezogene Gesamtbiomasse durch die höhere Pflanzenzahl im engen Verband am höchsten. Interessant sind hierbei die Unterschiede im Wurzelaufbau. Der höchste Feinwurzelanteil, die größere Anzahl an Vertikalwurzeln und die größere Wurzeltiefe wurden im weiten Pflanzverband erreicht, wohingegen der höchste Grobwurzelanteil im engen Verband erzielt wurde und hier das Wurzelsystem aufgrund höherer Konkurrenz horizontal unsymmetrisch über den Kronenradius hinaus ausgebreitet war.
Auch die Baumdimension und somit die Umtriebszeit haben einen deutlichen Einfluss auf das Wurzelwachstum aufgrund der engen Beziehung zwischen maximaler Stammdimension und maximalem Wurzeldurchmesser, die Crow und Houston 2004 auf Stabilität zurückführten.
Im Gegensatz dazu wurden – auch bei höherem Wurzelstockalter – bei häufigem Rückschnitt und kurzer oberirdischer Wuchsdauer nur geringe Grobwurzelanteile, festgestellt. Dies ist zum einen auf geringere Stabilitäts‐ und Versorgungsanforderungen der niedrigeren Trieb‐ und Blattmasse zurückzuführen, als auch auf die Ressourcenverlagerung mit dem Wiederaustrieb nach dem Rückschnitt. McIvor et al. (2009) gehen davon aus, dass letzteres der Grund für eine erhöhte Trockenstressanfälligkeit zu diesem Zeitpunkt sein kann, wenn bestimmte Sorten ein wenig ausgeprägtes Wurzelwachstum aufweisen. Es wurde jedoch in den Untersuchungen von Crow und Houston (2004) nachgewiesen, dass es signifikante Unterschiede der Wurzeltiefe in Abhängigkeit vom Wurzelstockalter gibt. So wurden mehr Wurzeln unterhalb des Pflughorizonts bei den älteren Stubben gefunden.
7.6 Einfluss der räumlichen Variabilität der Wasserverfügbarkeit auf das Wachstum
Eine ausreichende Wasserversorgung während der Vegetationsperiode ist eine grundlegende Voraussetzung für den ökonomischen Biomasseertrag von schnellwachsenden Baumarten. Im Allgemeinen wird eine Niederschlagsmenge von mindestens 300 mm während der Vegetationsperiode für einen optimalen Anbau von schnellwachsenden Baumarten in Mitteleuropa vorausgesetzt (Petzold et al. 2010). Dabei kann aus der standörtlichen Wasserversorgung mithilfe des Transpirationswasserangebots (TWA) abgeschätzt werden, welche Wassermenge für die potenzielle Transpiration der Bäume zur Verfügung steht (Lindroth und Båth 1999; Murach et al. 2009). Zudem müssen bei der Betrachtung des standörtlichen Wasserhaushalts auch das Relief und der Einfluss des Grundwassers mit eingeschlossen werden, wie dies bei einem neueren Ansatz von Hartwich et al. (2015) der Fall ist. Dies erlaubt Rückschlüsse auf die Anbauwürdigkeit von Agrarholz unter Einbeziehung der ökologischen Standorteigenschaften. Dabei wird ein TWA von 275 bis 550 mm als geeignet und über 550 mm als überdurchschnittlich angesehen. Oft wird auch der Anbau von schnellwachsenden Baumarten auf marginalen und ertragsschwachen Standorten diskutiert, die auch eine Limitierung des pflanzenverfügbaren Bodenwassers aufweisen können (Mantovani et al. 2015a). Dabei sind auch kleinräumige Unterschiede der Bodeneigenschaften, Durchwurzelbarkeit, Wasserspeicherfähigkeit und Abstand zum Grundwasser zu berücksichtigen, die sich auf das Wachstum der Bäume auswirken können. Prinzipiell kann das Wasserpotenzial der Bäume als ein Indikator für die zeitlichen und räumlichen Unterschiede der Bodenwasserversorgung verwendet werden (Veste et al. 2008). Während der Nacht steht das Wasserpotenzial von nicht transpirierenden Pflanzen in einem Gleichgewicht mit dem feuchtesten Bodenwasserpotenzial im Wurzelraum und lässt sich leicht mit einer Druckkammer vor Sonnenaufgang („pre‐dawn“) im Feld bestimmen. Die zeitlich‐räumliche Verteilung des morgendlichen Wasserpotenzials in einem Pappelbestand (Max‐Mischklone) entlang eines schwach bis mittel geneigten Hangs zeigt die Abb. 7.26. An diesem Standort in der Nähe von Allendorf (Hessen) zeigen sich deutliche Unterschiede in der Wasserverfügbarkeit infolge der Bodeneigenschaften und Hanglage, die insbesondere am Ende des Sommers besonders ausgeprägt sind (Ślązak et al. 2013).
Auch auf relativ ebenen Ackerflächen können bodenbedingte Unterschiede der Wasserverfügbarkeit sehr kleinräumig auftreten und das Wachstum der Bäume beeinträchtigen (Abb. 7.27). Diese räumliche Variabilität von Wachstum und Wasserverfügbarkeit wurde in einem Agroforstsystem mit Kurzumtriebswirtschaft im südlichen Brandenburg nahe der Lausitzer Neiße untersucht. An diesem Standort wurden infolge der Bodenmelioration und der Vergrößerung der Anbauflächen verschiedene Bereiche der Ackerfläche verfüllt, um eine maschinengerechte Landwirtschaft zu ermöglichen. Diese Maßnahmen haben lokale Auswirkungen auf die Wasserversorgung der Bäume, aber auch der landwirtschaftlichen Kulturen. Dies wird durch Trockenphasen wie im Sommer 2015 noch verstärkt (Veste und Halke 2017). Pappeln und Robinien mit Grundwasseranschluss hatten auch während der Trockenzeit eine uneingeschränkte Wasserversorgung, was sich auch in den gemessenen Wasserpotenzialwerten widerspiegelt. In diesem Bereich wurde für den Wiederaustrieb ein mittleres morgendliches Wasserpotenzial von −0,28 MPa (Robinien) bis −0,32 MPa (Hybrid‐Pappeln) gemessen. Diese Werte sind vergleichbar mit Messungen während des niederschlagsreichen Sommers 2013. Hier variierten die morgendlichen Wasserpotenziale der Robinien zwischen −0,3 und −0,5 MPa und bei der Pappel zwischen −0,2 und −0,32 MPa (Beesk 2015).
Allerdings lassen sich auch deutliche räumliche Unterschiede im Wachstum der Pappeln finden (Abb. 7.27, 7.28). Das morgendliche Wasserpotenzial der gutwüchsigen Pappeln liegt auch nach mehrwöchiger Trockenheit zwischen −0,48 und −0,54 MPa. Es lassen sich auch deutlich Bereiche mit schlechtwüchsigen Pappeln abgrenzen, in denen das Wasserpotenzial am Ende der sommerlichen Trockenheit auf unter 0,7 MPa abfällt. Da das morgendliche Wasserpotenzial („pre‐dawn“) im Gleichgewicht mit dem Bodenwasserpotenzial im Wurzelraum steht, ist es als guter Indikator für die Bodenwasserverfügbarkeit zu sehen (Veste et al. 2008). Somit ist die schlechte Wüchsigkeit auf den fehlenden Anschluss an das Grundwasser zurückzuführen. Zum Teil wurde auch ein Blattabwurf beobachtet. Parallel mit der Abnahme des morgendlichen Wasserpotenzials wird ebenfalls die Elektronentransportrate (ETR) der trockengestressten Bäume vermindert (Abb. 7.29a, b), was auf ein Schließen der Stomata zurückzuführen ist. Für verschiedene Herkünfte der Rot‐Buche (Fagus sylvatica) wurde eine lineare Beziehung zwischen der ETR und der gemessenen stomatären Leitfähigkeit gezeigt (Kriebitzsch und Veste 2012). Auch die höhere δ13C/12C‐Isotopenwerte der trockengestressten Hybrid‐Pappeln −26,46 (±0,42 ‰) gegenüber −28,03 (±0,54 ‰) der Pappeln mit Grundwasseranschluss weisen auf eine verminderte stomatäre Öffnungsweite und Veränderungen der Wasserausnutzungseffizienz hin (Veste und Halke 2017). Erst bei Trockenstress in Kombination mit hohen Lufttemperaturen von mehr als 33 °C kommt es zu einer Limitierung der Photosynthese am Mittag. Die maximale Quantenausbeute der Robinien sanken um 9,4 % und bei den Pappeln um 12 % (Abb. 7.29c) gegen über den morgendlichen Werten (Abschn. 7.2). Dabei ist die Photoinhibition nach Hitzestress reversibel und die Photosynthese kann sich innerhalb weniger Stunden erholen.
7.7 Konkurrenz und Koexistenz in den Baumbeständen
In den Beständen spielt auch die Konkurrenz mit Nachbarpflanzen um die wachstumslimitierenden Ressourcen (Licht, Wasser und Nährstoffe) eine wichtige Rolle für das Wachstum der Bäume (Matyssek et al. 2010). Sind die Ressourcen limitierend für die konkurrenzschwachen Individuen, so stellt das einen biotischen Stress für die Bäume dar. In den dichtgepflanzten Kurzumtriebsplantagen und Agroforstsystemen auf nährstoffreichen Standorten spielt das Licht eine wichtige Rolle im Inneren der Bestände. Die Lichtdurchlässigkeit im Bestand wird durch die Kronenarchitektur und durch die Anordnung der Blätter beeinflusst (Niinemets et al. 2004). Dabei unterscheiden sich die verschiedenen Gehölze voneinander. Ein Lichtprofil in einem Agroforstsystem mit Hybridpappeln (Max 3) und Robinie zeigt die Abb. 7.30. Die Lichtdurchlässigkeit der Robinienkrone ist gegenüber den Pappeln deutlich reduziert, sodass es zur Selbstbeschattung kommt. Die Schattentoleranz der Robinien liegt bei 10–12 %, bei Zitter‐Pappeln bei 9–12 % und bei Sand‐Birken bei 10–15 % der im freilandeingestrahlten Strahlung (Matyssek et al. 2010).
In Pappelagroforstsystemen ist deren Wachstum in den äußeren gegenüber den inneren Reihen deutlich gesteigert (Lamerre et al. 2015). Auch die Belaubung der Bäume wird von der Exposition beeinflusst. In einem Nord‐Süd‐ausgerichteten Agroforstsystem weisen die Pappeln der östlichen Seite (Abb. 7.31; Reihe H) ein größeres Höhenwachstum auf als die Bäume im Inneren des Bestands. Dieses ist gerade bei der Anlage und beim Management von Agrarholzflächen zu berücksichtigen.
Infolge der geringeren Lichtmengen in den dichten Robinenbeständen ist die Nettokohlenstoffbilanz der Schattenblätter negativ (Abb. 7.32; Küppers et al. 2017), sodass es zu einem Blattwurf kommt. Dagegen sind in den Pappelbeständen auch die unteren Bereiche der Triebe belaubt. Das Lichtklima der randlichen Bäume ist gegenüber dem Freiland nicht eingeschränkt, sodass hier vielfach ein deutlich gesteigertes Wachstum der Bäume festzustellen ist.
Über die Plastizität der Anpassungsfähigkeit der verschiedenen Baumarten und deren unterschiedlichen Genotypen an die Lichtkonkurrenz ist wenig bekannt, obwohl dies für die Planung einer optimalen Pflanzdichte und optimalen Produktivität wichtig wäre. Eine der Eigenschaften ist die Lichtausnutzungseffizienz der Bestände. Eine relativ begrenzte Anpassungsfähigkeit der Blattwinkel und der Photosyntheseleistung an das Lichtklima hätte nur einen engen Bereich für eine optimale Pflanzdichte zur Folge (Green et al. 2001). Wichtige Faktoren bei der oberirdischen Konkurrenz zwischen den Gehölzen sind auch die Verzweigungsmuster und die Wachstumsformen (Küppers 1984). Untersuchungen von Pinno und Bélanger (2009) zeigten die Bedeutung der unterirdischen Konkurrenz um die Bodenressourcen zwischen den Unkräutern Weißer Gänsefuß (Chenopodium album), Besenrad‐Melde (Bassia scoparia syn. Kochia scoparia) und Ackerkratz‐Distel (Cirsium arvense) und Hybridpappeln in jungen Kurzumtriebsbeständen in Kanada. Auf unkrautfreien Standorten stieg das Höhenwachstum und somit die Produktivität der Pappeln deutlich an. Die beste Übereinstimmung mit dem Baumwachstum ergab sich für die Bodentextur, die eine Kombination aus dem Anteil von Schluff und Ton dargestellt. Dabei konkurrierten Bäume und Unkräuter vornehmlich um das Bodenwasser, das der bestimmende Faktor für das Wachstum war, wie dies auch von Baumpflanzungen in Südschweden bekannt ist (Löf und Welander 2004). Aber die Studie zeigt auch die Nährstoffkonkurrenz um Stickstoff und Phosphat, die in den nördlichen Ökosystemen die meistbedeutenden Nährstoffe für das Baumwachstum sind. Mit der Kontrolle der Konkurrenz stiegen der Stickstoffgehalt in den Blättern und auch das Wachstum signifikant an. Der Blattphosphorgehalt unterschied sich nicht signifikant von verunkrauteten Versuchsflächen, während auf den unkrautfreien Flächen eine positive Korrelation bestand. Allerdings lagen die Phosphorwerte unterhalb des optimalen Bereichs. Auch das Stickstoff‐Phosphor‐Verhältnis reagiert auf die Phosphatverfügbarkeit auf den Flächen. Die Autoren schlossen daraus, dass Phosphat einer der wichtigsten Nährstoffe ist, das Wachstum maßgeblich kontrolliert und um den auch stark konkurriert wird. Die anderen Nährstoffe wie Kalium und Kalzium sind ausreichend vorhanden, sodass nicht um diese Nährstoffe konkurriert wird.
Neben der Konkurrenz kann es aber auch zur Förderung („facilitation “) zwischen benachbarten Pflanzen kommen. Deutliche Ertragssteigerungen von Mischbeständen gegen über Reinbeständen sind aus der forstlichen Ertragskunde bekannt (Pretzsch et al. 2017), während für die schnellwachsenden Baumarten nur wenige Studien vorliegen. In forstlichen Mischbeständen kann ein verbesserter Strahlungshaushalt zu einer erhöhten Effizienz der Photosyntheseleistung führen, wenn Bäume mit unterschiedlicher Schattentoleranz gemischt werden. Weiterhin werden Nährstoffanreicherungen durch Umverteilungen der Streu in Laub‐und Nadelbaummischungen und positive Interaktionen durch die vertikale Aufteilung des Wurzelraums für die Ertragssteigerungen diskutiert. Verschiedene Studien an schnellwachsenden Baumarten weisen auf eine Verbesserung des Nährstoffhaushalts in Mischbeständen hin. Côté und Camiré (1987) zeigen deutliche Wachstumssteigerungen von Hybridpappeln cv. Roxbury (Populus nigra × P. trichocarpa) mit steigendem Anteil der Schwarz‐Erle (Alnus glutinosa) in den Beständen. Positiv wirkte sich die Schwarz‐Erle auch auf die Bodennährstoffe mit Ausnahme von Phosphat aus. In den Versuchsflächen mit einem Mischungsverhältnis einer Erle zu zwei Pappeln wurden die höchsten Akkumulationen von Nährstoffen festgestellt. In einem Anbauexperiment in Spanien beobachteten Oliveira et al. (2018) Ertragssteigerungen in Mischbeständen von Silber‐Pappeln und Robinien von 26,83 % gegenüber Pappelmonokulturen und um 89,99 % gegenüber Robinienmonokulturen. Das optimale Mischungsverhältnis der beiden Arten innerhalb einer Pflanzreihe betrug dabei 75 % Pappeln und 25 % Robinien. Positive Wachstumseffekte in Mischkulturen wurden auch bei verschiedenen Weidengenotypen mit jeweils unterschiedlicher Stickstoffaufnahmeeffizienz festgestellt. Die an Jungbäumen durchgeführten Untersuchungen (Hoeber et al. 2017) zeigen eine deutlich gesteigerte oberirdische Biomasseproduktion, eine größere Blattfläche und Stickstoffaufnahmeeffizienz des Genotyps Tora (Salix schwerinii × S. miminalis) in Mischkultur mit dem Genotyp Loden (S. dasyclados), wenn die Nährstoffe limitierend sind. Dabei ist von einer Nichendifferenzierung der verschiedenen Salix‐Genotypen bezüglich des Stickstoffhaushalts auszugehen. So ist bekannt, dass eine Mixtur von mehreren Genotypen in Weidenplantagen sich auch langfristig auf deren Produktivität auswirkt im Vergleich zu Monokulturen, wobei dies auch auf eine höhere Resistenz gegenüber Pathogenen zurückzuführen ist (Dawson und McCracken 1995; Begley et al. 2009).
Diese Beispiele zeigen aber auch den weiteren Forschungsbedarf zum besseren Verständnis über die positiven Wirkungen der Mischkulturen und deren ökophysiologische Mechanismen bei Agrargehölzen. Dies würde langfristig zu einem nachhaltigen Anbau in der Praxis beitragen.
7.8 Modellierung der Kohlenstoffflüsse – von der Photosynthese zum Wachstum
Für die Abschätzung der Ertragsleistungen und somit der jährlichen Holzproduktion von Bäumen werden in der Forstwirtschaft seit einem Jahrhundert etablierte Ertragstafeln oder in jüngster Zeit empirische Wachstumsmodelle verwendet (Pretzsch 2009). Prozessorientierte (mechanistische) und ökophysiologische Modelle beschreiben die wesentlichen Prozesse in Abhängigkeit von Umweltfaktoren (Klima, Boden, biotische Interaktionen) und erlauben somit Prognosen für das Baumwachstum.
Für eine schnelle Charakterisierung des Ertragspotenzials und zur Einschätzung des Wachstums von Agrarholzbeständen eignen sich insbesondere allometrische Biomassemodelle. Zielsetzung dieser statistisch‐empirischen Modelle ist die Herstellung einer funktionalen Beziehung zwischen Biomasse und Wachstumsindikatoren. Die gefundenen Wachstumsfunktionen werden dabei mit statistischen Methoden an empirischen Daten parametrisiert, die vielfach standortspezifisch sind. Basierend auf der Regressionsmethode lässt sich die Biomasse von Einzelbäumen oder Trieben ermitteln. Für die Erstellung der Biomassefunktion werden repräsentative Stichproben von unterschiedlichen Individuen geerntet und deren Dimensionen vermessen (Verwijst 1991). Dazu gehören Brusthöhendurchmesser (BHD), Wurzelhalsdurchmesser (WHD), Höhe und Trieblänge sowie Frisch‐ und Trockengewicht.
Nach Untersuchungen von Röhle et al. (2006) und Röhle (2009) ergab schon die Korrelation des BHD und der Biomasse eine hohe Genauigkeit für die Biomasseschätzung, sodass für die Trockenbiomasse gilt:
mit
- bm:
-
Trockenbiomasse eines Individuums (Einzelbaum oder Trieb)
- BHD:
-
Brusthöhendurchmesser (in 1,3 m Höhe)
- a0, a1:
-
Regressionkoeffizienten
Umfangreiche statistische Analysen haben mittlerweile eine Vielzahl von Biomassegleichungen für die unterschiedlichen Baumarten im Kurzumtrieb ergeben: z. B. für Pappeln (Karacic et al. 2003; Röhle et al. 2009; Hartmann 2010), Weiden (Nordh und Verwijst 2004; Mola‐Yudego und Aronsson 2008; Skibbe 2016) und Robinien (Böhm et al. 2011; Carl et al. 2017). Diese allometrischen Wachstumsmodelle sind v. a. für praxisrelevante Ertragsschätzung entwickelt worden, d. h. mit Blick auf die jährliche Holzproduktion der Fläche. Ökologische Fragestellungen der Nettoprimärproduktion bzw. Nettoökosystemproduktion lassen sich nur eingeschränkt beantworten, da die Kohlenstoffallokation der Bäume in die Blätter und in das Wurzelsystem nicht berücksichtigt ist (Abschn. 7.5). Zudem sind in den simplen Ertragsmodellen auch standortspezifische Umweltfaktoren, die die Ökophysiologie und somit das Baumwachstum beeinflussen, nicht berücksichtigt. Standortspezifische Ertragsmodellierungen hingegen berücksichtigen zumindest abiotische Standortfaktoren, die das Wachstum maßgeblich beeinflussen. So haben Ali (2009) und Amthauer Gallardo (2014) für Pappel‐ und Weidenhybriden über Korrelations‐ und Regressionsanalysen entsprechende Beziehungen zwischen den Ertragskennwerten und den Standorteigenschaften bzw. dem Bestandsalter ermittelt. Hierbei flossen u. a. Temperatur‐ und Niederschlagswerte in monatlicher Auflösung, die Ackerzahl und die nutzbare Feldkapazität im effektiven Wurzelraum in die Charakterisierung des Standorts und somit in die Analyse der Wuchseigenschaften der Bäume mit ein (Röhle 2013). Indirekt spiegelt die statistische Verknüpfung zwischen Standorteigenschaften und Wachstum auch den Einfluss des Standorts bezüglich Mikroklima und Wasserhaushalt auf die ökophysiologischen Prozesse wider, auch wenn diese nicht explizit in die Modellierung einflossen. Insbesondere die Wasserverfügbarkeit während der Vegetationsperiode ist einer der wesentlichen Faktoren für das Wachstum der Bäume und somit der jährlichen Ertragsleistung. Da zwischen der Transpiration und dem Wachstum bzw. Ertrag eine lineare Beziehung besteht, wie dies z. B. in Lysimeterversuchen gezeigt wurde (Mantovani et al. 2013, 2014a), kann auch unter Feldbedingungen eine Abschätzung der Erträge aus dem pflanzenverfügbaren Bodenwasser erfolgen. Das Transpirationswasserdargebot (TWD) für nicht grundwasserbeeinflusste Standorte berechnet sich aus der nutzbaren Wasserspeicherkapazität im Hauptwurzelraum, der Niederschlagsmenge in der Vegetationszeit und der Interzeption. Für die Berechnung der nutzbaren Biomasse geht die Wasserausnutzungseffizienz ein, die die Relation zwischen der gebildeten Biomasse und der verbrauchten Wassermenge darstellt (Abschn. 7.3). Da als Ertrag nur die Holzbiomasse verwendet wird, müssen von der Gesamtbiomasse der Anteil der unterirdischen Wurzelbiomasse und die Blätter subtrahiert werden. Der Anteil der Wurzelbiomasse beträgt bei Weiden 0,25 und für Blätter 0,2 (Lindroth und Båth 1999). Auf dieser Basis haben Murach et al. (2009) das Biomassepotenzial für Pappeln in Brandenburg und Hartwich et al. (2015) für Weiden in Deutschland errechnet.
Während empirische Modelle anstreben, statistische Beziehungen zwischen den erhobenen Daten zu beschreiben und daraus das Baumwachstum bzw. den Ertrag abzuleiten, basieren die prozessorientierten Baumwachstumsmodelle auf den internen ökophysiologischen Prozessen und deren Verknüpfungen mit Umweltparametern, wie z. B. Mikroklima, Wasserverfügbarkeit und Nährstoffe (Pretzsch 2009).
Dabei ist die Photosynthese und der jährliche Kohlenstoffgewinn der wesentliche Faktor für das pflanzliche Wachstum und somit grundlegend für die Biomasseallokation auf Baumebene und für den potenziellen Ertrag auf Bestandsebene. Für deren Modellierung wurde von Farquhar und Mitarbeitern (Farquhar et al. 1980) ein biochemisches Photosynthesemodell entwickelt, das die Beziehung der Nettophotosynthese von den wesentlichen Umweltgrößen CO2‐ und O2‐Konzentration sowie Licht und Temperatur mathematisch beschreibt. Umfangreiche Untersuchungen zeigten, dass die Enzymkinetik der Ribulose‐1,5‐bisphosphat‐Carboxylase/‐Oxygenase (Rubisco) ratenbestimmend für den Gesamtprozess der Photosynthese ist. Mithilfe des mechanistischen Ansatzes des Farquhar‐Modells ist es möglich, einerseits die einzelnen Prozesse auf Organebene quantitativ zu beschreiben und andererseits weitere prozesslimitierende Größen zu ermitteln, wie z. B. die Triosephosphatlimitierung (Harley und Sharkey 1991). In einem weiteren Schritt wurde dieses biochemische Photosynthesemodell mit der Berechnung der stomatären Leitfähigkeiten (Ball et al. 1987) verbunden und in verschiedenen Modellen angewendet. Nachteil der mechanistischen Photosynthesemodelle ist die schwierige Bestimmung der benötigten biochemischen Parameter unter Feldbedingungen. Dagegen lassen sich Messungen des CO2‐ und H2O‐Blattgaswechsel mithilfe von transportablen Porometersystemen (Abb. 7.33; Matyssek und Herppich 2017) unter Feldbedingungen leichter durchführen und so experimentell die Abhängigkeiten der Nettophotosynthese und Atmung von Umweltfaktoren ermitteln. Aus diesen Messungen, die im Gleichgewichtszustand durchgeführt werden, lässt sich ein empirisches Photosynthesemodell nach Küppers und Schulze (1985) entwickeln, das aus den beiden Komponenten Photosynthese und stomatäre Leitfähigkeit besteht. Das empirische Modell erlaubt die Berechnung der Tagesgänge der Nettophotosynthese und Atmung in Abhängigkeit von den mikroklimatischen Faktoren Temperatur, Wasserdampfdefizit und Strahlung und somit die Hochrechnung einer jährlichen Kohlenstoffbilanz ohne detaillierte Kenntnisse der physiologischen Prozesse auf Blattebene. Basierend auf diesem empirischen Ansatz wurde der jährliche Kohlenstoffgewinn von Sonnen‐ und Schattenblättern von Hybridpappeln (Populus nigra × P. maximowiczii) und Robinien in einem Agroforstsystem berechnet (Küppers et al. 2017). Das ursprüngliche Modell wurde teilweise modifiziert und besteht aus vier Untereinheiten:
-
1.
Effekt der Temperatur auf die Dunkelatmung
-
2.
Temperaturabhängigkeit der Nettophotosynthese bei Lichtsättigung
-
3.
Effekt des Wasserdampfdefizits der Luft auf die Nettophotosyntheserate
-
4.
Lichtabhängigkeit der Nettophotosynthese
Die Validierung der modellierten CO2‐Austauschraten ergab eine gute Übereinstimmung mit gemessenen Werten aus Tagesgängen der Nettophotosynthese der Hybridpappeln, während es bei den Robinien zu Überschätzungen von 3,63 % kam. Angetrieben von den gemessenen mikroklimatischen Parametern Temperatur, relative Luftfeuchte (berechnet wurde das Wasserdampfdefizit) und der photosynthetisch aktiven Strahlung (PAR) konnte mit dem Modell der tägliche CO2‐Gewinn der Sonnenblätter berechnet werden (Abb. 7.32 und 7.34). Für die Schattenblätter wurde eine Reduktion der Strahlung angenommen, die durch die Kronenstruktur des jeweiligen Baums bedingt ist (Abschn. 7.7). Während bei den Pappeln noch 8,76 % der Strahlung durch die Krone bis zu den Schattenblättern dringt, waren es bei der Robinie nur noch 2,02 %. Die geringen Lichtintensitäten unterhalb der Krone der Robinie (Abb. 7.30) führt zu einer negativen Kohlenstoffbilanz im Modell und somit zu einem frühzeitigen Blattwurf, wie er auch in den Beständen beobachtet wurde. Die höhere Photosynthesekapazität und die längere Lebensdauer der Sonnenblätter der Pappel führten zu einem höheren Kohlenstoffgewinn während der Wachstumsperiode von +43 % gegenüber den Robinien, obwohl die Strahlungsmenge nur um 6 % höher lag (Tab. 7.2).
Auch wenn die modellierten CO2‐Bilanzen für die Hybridpappeln und Robinien realistische Werte im Vergleich zu anderen Strauch‐ und Baumarten ergaben, so gibt es auch Limitierungen bei der Hochrechnung der Kohlenstoffbilanzen auf den Bestand und bei der Abschätzung der Produktivität der Bäume. Auf Blattebene sind verschiedene dynamische physiologische Prozesse nicht einbezogen, da die Messungen der Photosynthese in den Gaswechselküvetten in einem Gleichgewichtszustand erfolgen. Dagegen sind die Lichtbedingungen in einem Bestand durch Lichtflecken und bei Bewölkung sehr dynamisch und können innerhalb von Sekunden bis wenigen Minuten stark variieren. Diese Dynamik beeinflusst den Aktivierungsstatus der Enzyme im Calvin‐Zyklus. Diese dynamischen Lichtbedingungen sind in den Beständen wesentlich häufiger als Steady‐state‐Bedingungen, z. B. bei Lichtflecken oder auch bei hängenden und windbewegten Blättern und sich selbstschattenden Blättern (Roden und Pearcy 1993a, 1993b; Küppers und Pfiz 2009). Gerade bei den sich im Wind bewegenden Blättern der Pappel und dem nicht berücksichtigten Induktionszustand der Photosynthese nach Bewölkung bzw. Lichtflecken wird die Photosynthese im Steady‐state‐Modell überschätzt werden. Nach Untersuchungen an Amerikanischen Zitter‐Pappeln (Populus tremuloides) kann die Überschätzung der modellierten Netto‐CO2‐Assimilation 3,3–53,3 % (im Mittel 26 %) betragen (Szymanski 2010; Wachendorf 2010). Ein weiterer Faktor, der bei der Modellierung der CO2‐Flüsse falsch eingeschätzt wird, ist die mitochondriale Dunkelatmung. Die meisten Messungen der Atmungsraten mit Gaswechselküvetten erfolgt an lichtadaptierten Blättern durch die Verringerung der Lichtintensität. Messungen der Dunkelatmung von lichtadaptierten Blättern ergeben geringere CO2‐Austauschraten als in der Dunkelheit, da Licht zu einer Verringerung der mitochondrialen Atmung führt (Kok‐Effekt; Küppers und Häder 1999). Für die Modellierung der Kohlenstoffflüsse vom Blatt bis zum Bestand ist eine verbesserte Abschätzung der mitochondrialen Atmung notwendig (Heskel et al. 2013). Zwar repräsentiert die Atmungsrate am Tag bei Standardbedingungen (20–25 °C, 21 % O2, 400 ppm CO2) etwa 5 % der gesamten Assimilationsrate, aber das Verhältnis Atmung zu Photosynthese hängt von der Pflanzenart und den Umweltbedingungen ab (Tcherkez et al. 2017). Eine bessere Integration der Atmung in die Modelle würde die Abschätzung der jährlichen CO2‐Bilanzen auf der Blattebene bis zu CO2‐Ökosystemflüssen verbessern.
Die Kopplung der Prozesse Photosynthese, Atmung, Transpiration und Energieaustausch macht eine Hochrechnung der Kohlenstoffflüsse vom Blatt bis zum Bestand möglich (Hikosaka et al. 2016). Als Modul wird das Farquhar‐Photosynthese‐Modell vielfach in prozessorientierte Modelle für die Berechnung von Wachstum und Ertrag integriert. So simuliert das Modell ForestGrowth das Baumwachstum und die Wassernutzung und beschreibt die Kohlenstoffallokation für verschiedene Baumarten. Es beinhaltet das Modell ForestEtp, das ein Boden‐Vegetation‐Atmosphäre‐Transfer(SVAT)‐basiertes Modell ist, um die Bruttoprimärproduktion sowie die Evapotranspiration des Ökosystems zu beschreiben (Evans et al. 1999, 2005a, 2005b). Modifiziert wurde das Modell zur Modellierung der Produktivität und der Wasserausnutzungseffizienz von Pappeln und Weiden in Großbritannien (Tallis et al. 2013). Das Modell Yield‐SAFE (Van der Werf et al. 2007; Graves et al. 2010) ist ein biophysikalisches Modell, das relativ wenige Parameter benötigt, um das Wachstum und Produktivität von Bäumen und Agroforstsystemen zu simulieren. Das Modell besteht aus wenigen Gleichungen und Parametern, die die zeitlichen Änderungen der Biomasse, den Blattflächenindex, die Anzahl der Stämme pro Baum, die Wärmesumme und den Bodenwassergehalt beschreiben und die Wachstumsdynamik und den Ertrag liefern. Pflanzdichte, initiale Baumbiomasse und Bodenparameter müssen für das Modell spezifiziert werden. Angetrieben wird das Modell durch tägliche Wetterdaten (Temperatur, Strahlung und Niederschlag). In einer modifizierten Version wurde das Model um weitere Routinen erweitert, um u. a. die unterirdische Kohlenstoffdynamik und die Wasseraufnahme in Beziehung zur Feinwurzelbiomasse darzustellen sowie die Transpiration aus den Daten des Wasserdampfsättigungsdefizits vorherzusagen (Palma et al. 2016, 2017).
7.9 Auswirkungen des Klimawandels
Die gegenwärtig ablaufenden Änderungen des Klimas werden in naher Zukunft zu starken Veränderungen der Lebens‐ und Umweltbedingungen in der Landschaft und deren Nutzung führen. Insbesondere mit dem Klimawandel werden Perioden mit Trockenheit und hohen Temperaturen wahrscheinlicher. So hatte der sog. Jahrhundertsommer 2003 zu deutlichen Einbußen in der Produktivität in der Land‐ und Forstwirtschaft geführt (Anders et al. 2004; Lorenz et al. 2004; Veste 2009). Auch der Sommer 2015 gilt für Deutschland als drittwärmster Sommer mit einer Durchschnittstemperatur von 18,5 °C (in Brandenburg 19,1 °C) und lag somit um +2,2 °C (Brandenburg +1,8 °C) über der mittleren Temperatur der international gültigen Referenzperiode von 1961 bis 1990 und um +1,4 °C gegenüber der Vergleichsperiode von 1981 bis 2010.
Bäume reagieren auf Änderungen in ihrer Umwelt mit genetischen Änderungen über viele Generationen. Aber bei Umweltschwankungen, die kürzer sind als eine Generation, kommt der flexiblen phänotypischen und ökophysiologischen Anpassungsfähigkeit eine besondere Bedeutung zu, die sich auf der vorhandenen genetischen Ausstattung gründet (Kriebitzsch et al. 2008; Guse et al. 2015; Lüttschwager et al. 2015). Während die forstwirtschaftlich bedeutenden Baumarten wie Rot‐Buche, Fichte, Eiche u. a. bezüglich ihrer ökophysiologischen Anpassungsfähigkeit an Klimaextreme gut untersucht wurden (z. B. Geßler et al. 2007; Kriebitzsch und Veste 2012, Bräuning et al. 2017), liegen für die schnellwachsenden Baumarten in Mitteleuropa nur wenige Freilanduntersuchungen zu Auswirkungen von Hitzestress und Sommertrockenheit auf die Ökophysiologie vor (Abschn. 7.2). Aus den kurzzeitigen Studien zur Ökophysiologie kann allerdings auch auf eine hohe Plastizität und Angepasstheit der Baumarten und Klone geschlossen werden. Weidensorten, die speziell für das kühl‐temperate Klima in Skandinavien gezüchtet wurden, sind in der Lage, auch unter warmen und trockenen Bedingungen ihren Wasserhaushalt kurzfristig zu regulieren und ihr Wachstum langfristig zu verbessern (Bonosi et al. 2013). Allerdings muss eine hinreichende Grundwasserversorgung gewährleistet sein (Abschn. 7.5). Ein weiterer Faktor, der sich auf die Photosynthese und auch die Produktivität der Bäume auswirkt, ist der CO2‐Gehalt der Luft , der in den letzten Jahrzehnten auf mittlerweile mehr als 400 ppm CO2 angestiegen ist. Bereits Tagesschwankungen des CO2‐Gehalts von bis zu 40 ppm (Veste und Herppich 1995) beeinflussen deutlich die Photosynthese der Bäume. Umfangreiche Kenntnisse zur Auswirkungen des CO2‐Anstiegs auf schnellwachsende Baumarten wurden in Free‐air‐carbon‐dioxide‐enrichment(FACE)‐Experimenten gewonnen (Scarascia‐Mugnozza et al. 2007). Ringförmige Probeflächen werden mithilfe von computergesteuerten Düsen während der gesamten Vegetationsperiode mit CO2 begast, sodass innerhalb dieser Flächen erhöhte CO2‐Konzentrationen von rund 550 bis 660 ppm herrschen. Auf diese Weise ist es möglich, unter realen Feldbedingungen die Zukunft vorwegzunehmen und die Auswirkungen einer künftig erhöhten CO2‐Konzentration verbunden mit Sommertrockenheit zu studieren. Dabei können die Baumarten unterschiedliche ökophysiologische Reaktionen auf die Erhöhung der CO2‐Konzentration zeigen. Während für die Silber‐Pappel eine signifikante Steigerung der maximalen Photosyntheserate (bis zu 42 %) nachgewiesen wurde, wurden keine signifikanten Unterschiede in der Photosyntheserate bei der Schwarz‐Pappel festgestellt, obwohl der Mittelwert um 29 % anstieg (Merilo et al. 2010). Ursache für die unterschiedlichen ökophysiologischen Reaktionen der beiden Arten ist in diesem Fall eine unterschiedliche Stickstoffallokationsstrategie. Eine höhere CO2‐Konzentration der Atmosphäre wirkt sich nicht nur auf die Photosynthese aus, sondern beeinflusst die Holzeigenschaften (Kostiiainen et al. 2014), den Blattwurf (Godbold et al. 2014) und die Kohlenstoffallokation (Liberloo et al. 2009). Im letzteren Fall wird der zusätzlich aufgenommene Kohlenstoff vornehmlich in die oberirdische holzige Biomasse investiert. Dabei trugen auch eine ausreichende Nährstoffverfügbarkeit, eine ansteigende Stickstoffeffizienz und das Vorhandensein von größeren Sink‐Kapazitäten zu der höheren Biomasseproduktivität bei (Liberloo et al. 2009). Allerdings zeigen die FACE‐Experimente auch die Bedeutung der komplexen Interaktionen der ökophysiologischen Prozesse für das Baumwachstum auf, sodass nur bedingt auf zukünftige Einflüsse des Klimawandels auf die Produktivität geschlossen werden kann (Ainsworth und Long 2005; Oliver et al. 2015).
Neben den experimentellen Versuchsansätzen sind Modelle ein weiteres Werkzeug, um Auswirkungen des Klimawandels zu untersuchen. Die Integration von Klimaszenarien in prozessorientierte Modelle (Abschn. 7.8) ermöglicht es, die zukünftigen Auswirkungen des Klimawandels auf Kurzumtriebsplantagen und Agroforstsysteme zu simulieren. Allerdings besteht eine hohe Unsicherheit bezüglich der zukünftigen Biomasseproduktion von schnellwachsenden Baumarten. Nach Modellberechnungen von Gutsch et al. (2015) liegen die zu erwartenden Biomassezuwächse niedriger als die im östlichen Deutschland gemessenen jährlichen Erträge mit 5–20 tatro/(ha · a). Szenarien mit Yield‐SAFE (Seserman et al. 2018) zeigen eine hohe Variabilität der Produktivität von Pappeln und Robinien in der Niederlausitz, die maßgeblich von dem Klimaszenario beeinflusst wird. Dabei reicht die Bandbreite der projizierten Biomasseerträge bei den Pappeln von 17–36 t/ha und bei den Robinien von 8–20 t/ha, während im heutigen Referenzzeitraum bei den Pappeln 28 t/ha und bei den Robinien 15 t/ha realisiert werden (Abb. 7.35).
Trockenwarme Jahren führen zu deutlich verminderten Zuwächsen sowohl bei den Pappeln als auch bei den Robinien. Allerdings können schlechte Jahre durch einen vermehrten Zuwachs in guten Jahren ausgeglichen werden. Nach diesen Studien wirken sich die Klimaänderungen nur bedingt auf die Produktivität der schnellwachsenden Baumarten aus und Standortunterschiede sind als bedeutender wichtiger für deren Leistungsfähigkeit einzuschätzen (Rock et al. 2009).
Die vorgestellten Beispiele zeigen, dass ein Verständnis der ökophysiologischen Prozesse und deren Anpassungsfähigkeit eine Grundvoraussetzung für eine standortangepasste Baumartenwahl (s. Kap. 4), die Selektion von neuen Klonen in Züchtungsprogrammen (Kap. 5), für die Boden‐Baum‐Interaktionen (Kap. 8 und 9) und für die Simulation des Baumwachstums und von Erträgen unter Bedingungen des Klimawandels ist.
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Veste, M., Pflugmacher, C., Hartmann, H., Schlepphorst, R., Murach, D. (2018). Ökophysiologie der Agrargehölze – vom Blatt zum Bestand. In: Veste, M., Böhm, C. (eds) Agrarholz – Schnellwachsende Bäume in der Landwirtschaft. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-49931-3_7
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