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Artkonzepte und Artbildungsprozesse

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Grundlagen der Evolutionsbiologie und Formalen Genetik

Zusammenfassung

Für Studien von Arten und deren Vielfalt müssen Konzepte entwickeln werden, die es erlauben, Individuen verschiedener Arten zu klassifizieren. Das Kapitel stellt verschiedene Definitionen für eine Art vor, die Anwendung in der Biologie und Paläontologie finden. Wir besprechen die Eignung von Artkonzepten und diskutieren Fragen, die sich beim Vergleich von asexuell und parthenogenetisch reproduzierenden Arten aufwerfen.

Die Unterschiede zwischen drei wesentlichen Artbildungsprozessen werden anhand mehrerer Beispiele erklärt. Es werden Voraussetzungen beschrieben, die dazu führen, dass sich aus einer Art eine Schwesterart entwickeln kann, und auf die notwendigen Bedingungen eingegangen, die es Arten gestatten, sich eigenständig zu entwickeln.

Ein theoretischer Teil schließt das Kapitel ab. Die sog. F-Statistik bewertet Differenzierungsvorgänge zwischen Populationen einer Art, und genetische Distanzmaße bewerten die genetische Ähnlichkeit von Populationen und Arten. Bei der Bewertung genetischer Unterschiede müssen sowohl die Eigenschaften der Arten wie auch die der verwendeten genetischen Merkmale Berücksichtigung finden. Anhand einfacher Modelle gehen wir auf diese Punkte ein.

Am Ende des Kapitels stellen wir Computerprogramme vor, mit denen genetische Differenzierungsprozesse zwischen Arten beleuchtet werden können. Darüber hinaus werden Aufgaben gegeben, für die im Kapitel 20 des Anhangs Lösungen beschrieben sind. Das Lernen und Verstehen der Inhalte wird durch ein Glossar unterstützt.

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Literatur

Verwendete Literatur

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Weiterführende Literatur

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Correspondence to Jürgen Tomiuk .

Glossar

Alloploidisierung

Vervielfachter Chromosomensatz eines hybriden Individuums (▶ Hybrid). Die Autoploidisierung ist die Vervielfachung des Chromosomensatzes eines Individuums einer Art.

„bottleneck effect“

▶ Flaschenhalseffekt.

Chromosomensatz

Das Kerngenom jedes Eukaryoten enthält eine für die Art charakteristische Anzahl von Chromosomen, den Chromosomensatz. Bei geschlechtlicher Vermehrung erhält ein Lebewesen von beiden Elternteilen die gleiche Anzahl von Chromosomen. In jeder Zelle finden wir also Paare elterlicher Chromosomen, die sich in ihrer mikroskopischen Struktur gleichen (homologe Chromosomen). Doch können sich die mütterlichen und väterlichen Erbanlagen der Loci auf den Chromosomen unterscheiden. Es gibt allerdings auch Organismen, die mehr als zwei Kopien eines Chromosoms tragen (triploid, tetraploid, …, polyploid).

Deletion

Verlust eines Chromosomenabschnitts oder eines Teils der DNA-Sequenz.

Diözie

Individuen einer Art tragen entweder weibliche oder männliche Fortpflanzungsorgane (▶ Monözie).

Duplikation

Ein DNA-Abschnitt ist verdoppelt.

Fertilität

Fruchtbarkeit. Das Potenzial eines (männlichen oder weiblichen) Individuums, sich zu reproduzieren (fertil). Die Anzahl lebensfähiger Nachkommen eines Weibchens ist mit dem Begriff Fekundität belegt.

Flaschenhalseffekt

Eine Population erfährt eine drastische Reduzierung ihrer Populationsgröße, was auch eine beträchtliche Verminderung der genetischen Variabilität nach sich zieht. Nur wenige Individuen erhalten die Population und die ursprüngliche genetische Variabilität wird dadurch erheblich reduziert. Nach dem Durchlaufen eines Flaschenhalses bestimmen insbesondere Zufallseffekte, aber auch Selektion den neuen Evolutionsweg einer Population („bottleneck effect“).

Founder

Individuum, das in einem neuen Habitat, z. B. auf einer bisher unbewohnten Insel, an der Gründung einer neuen Population beteiligt ist.

genetische Drift

Zufällige Veränderungen genetischer Populationsstrukturen, die durch die endliche Anzahl von Individuen in einer Population und deren begrenzte Vermehrungsfähigkeit entstehen.

Heterozygotiegrad

Relativer Anteil heterozygoter Loci in einer Population, ein Maß für die genetische Variabilität einer Population. Der Heterozygotiegrad H wird mit dem Durchschnitt über mehrere Loci geschätzt. Es gilt H = 1 − Homozygotiegrad (F).

HLA

Abkürzung von „human leukocyte antigene“ . Es handelt sich um Oberflächenstrukturen der weißen Blutkörperchen (Leukozyten), die von den Antikörpern des Immunsystems erkannt werden.

Hybrid , Hybridensteriliät

Organismus, dessen Zellen genetische Information von Individuen verschiedener Arten oder Zuchtlinien tragen. Die Kombination genetischer Information über Artgrenzen hinweg kann wohl zu einem lebensfähigen Individuum führen (hybrider Organismus), doch kann dessen Reproduktionsfähigkeit in einigen Fällen auch verloren gehen (Sterilität).

Insertion

In eine bestehende DNA-Sequenz wird ein anderes DNA-Fragment eingefügt.

Inversion

Ein DNA-Abschnitt wird ausgeschnitten und in entgegengesetzter Leserichtung wieder in das Chromosom eingefügt.

Parazentrisch: innerhalb eines Chromosomenarms.

Perizentrisch: innerhalb des umgedrehten Chromosomenabschnitts liegt das Zentromer.

Inzucht

Die Nachkommenschaft von Verwandten ist ingezüchtet. Je höher der Verwandtschaftsgrad der Eltern ist, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass ein homozygoter Zustand eintritt.

Karyotyp

Optische Darstellung des Chromosomensatzes (▶ G) eines Individuums.

Kladistik

Ein biologisches System (biologische Systematik), bei dem Arten entsprechend ihrer evolutionären Verwandtschaft zugeordnet werden. Zwei eng verwandte Arten haben nur einen gemeinsamen Ursprung, so kann auch eine Gruppe verwandter Arten immer auf eine gemeinsame Stammart zurückgeführt werden und bildet eine Klade.

Kontinentaldrift

Wegener (1912) erkannte, dass die globale Verteilung der Kontinente nicht statisch ist, sondern dass sich die Kontinente fortwährend bewegen.

konvergente Evolution

Die Entwicklung von Merkmalen in verschiedenen Arten, die eine gleiche Gestalt und Funktion haben, aber deren Ursprung nicht in einer gemeinsamen Stammart liegt (Beispiel: Flossen der Fische und Wale; Flügel der Vögel und Fledermäuse). Dieses Konzept gilt auch für molekulare Merkmale.

Markerlocus

Ein polymorpher Locus, der nicht direktes Ziel unserer Forschung ist, sondern dazu dient, andere Zusammenhänge aufzudecken (z. B. Verwandtschaft, Kopplung zu benachbarten Genen). Bei Kopplungsanalysen muss zusätzlich die Position des Markerlocus im Genom bekannt sein.

Maximum-likelihood-Methode

Statistische Methode, um aus einem Datensatz optimale Größen zu schätzen, die einen Zusammenhang zwischen Beobachtung und Modellvorstellung erklären (z. B. Mittelwerte).

MHC

Abkürzung von „major histocompatibility complex “. Eine Vielzahl von gekoppelten Genen, die im Wesentlichen das Immunsystem von Säugern bestimmen (▶ HLA).

Monözie

Individuen tragen sowohl männliche wie weibliche Fortpflanzungsorgane.

Morphologie

▶ morphologisches Merkmal.

morphologisches Merkmal

Individuen können anhand einzelner Auffälligkeiten ihres äußeren Erscheinungsbildes, dem Phänotyp (▶ G), aber auch durch Organ- und Gewebestrukturen charakterisiert werden.

Mutation

Die Kopie der Erbinformation unterscheidet sich von ihrem Original.

nicht-synonyme Substitution

Mutation innerhalb eines Gens, deren Basenaustausch beim Protein die Aminosäurenkette verändert. Eine Aminosäure wird durch eine andere ersetzt.

Phänotyp

Das äußere Erscheinungsbild eines Genotyps. Das Genom eines Individuums enthält die Bauanleitung für innere und äußere Körperstrukturen sowie das Verhalten eines Individuums. Der genetisch vorbestimmte Anteil einer Eigenschaft kann zusätzlich durch Umweltfaktoren modifiziert werden, das Ergebnis davon ist der Phänotyp.

phylogenetische Systematik

Basierend auf ihrer evolutionären Herkunft werden Arten in einem hierarchischen System geordnet. Hierbei wird angenommen, dass sich zwei Arten immer auf einen gemeinsamen Ursprung zurückführen lassen (▶ Kladistik).

Phylogenie

Beschreibung der evolutionären Geschichte von Lebewesen (▶ phylogenetische Systematik).

Ploidiegrad

Die Anzahl gleicher homologer Chromosomen.

postzygotische Isolationsbarriere

Eigenheiten von verschiedenen sich sexuell reproduzierenden Arten, die eine erfolgreiche Paarung ihrer Individuen verhindern. Beispiel: embryonale Entwicklungsstörungen, Sterilität von Nachkommen.

präzygotische Isolationsbarriere

Eigenheiten von sich sexuell reproduzierenden Individuen verschiedener Arten, die eine erfolgreiche Befruchtung einer Eizelle verhindern. Beispiel: zeitliche Asynchronisation der Reproduktionsphase, genetische Unverträglichkeit von Ei- und Samenzellen, Unterschiede im Paarungsverhalten.

Punktmutation

Austausch einer einzelnen Base.

Ringart

Arten, deren Verbreitungsgebiete sich unterscheiden, jedoch geografisch zusammenhängend sind. Individuen aus direkt benachbarten Arten können erfolgreich reproduzieren, während jene aus geografisch weit entfernten Populationen reproduktiv isoliert sind.

Rückmutation

Mutation, die einen ursprünglichen Zustand eines Allels wiederherstellt.

synonymer Basenaustausch /Substitution

Eine Mutation führt zu keiner Veränderung der Aminosäurenkette; während eine nichtsynonyme oder Missense-Substitution eine Veränderung nach sich zieht. Nonsense-Mutationen führen zum Abbruch der Aminosäurekette, andere können den regulären Abbruch der Kette verhindern.

Taxonomie , klassische Systematik

Eine Methode, um Arten aufgrund von morphologischen Merkmalen (▶ G) zu gruppieren (taxieren, Taxon bilden) und in einem hierarchischen System zu ordnen.

Transition

Mutation, die ein Purin (Adenosin, Guanin) gegen ein anderes Purin austauscht bzw. ein Pyrimidin (Cytosin, Thymin) durch ein anderes Pyrimidin ersetzt.

Translokation

Ein Chromosomenabschnitt/DNA-Sequenz wird von der ursprünglichen Position in eine neue Stelle im Genom (▶ G) integriert.

Transversion

Mutation, bei der ein Purin (Adenosin, Guanin) gegen ein Pyrimidin (Cytosin, Thymin) ausgetauscht wird bzw. ein Pyrimidin durch ein Purin ersetzt wird.

Vorwärtsmutation

Mutation, die zu einem neuen allelischen Zustand führt.

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Tomiuk, J., Loeschcke, V. (2017). Artkonzepte und Artbildungsprozesse. In: Grundlagen der Evolutionsbiologie und Formalen Genetik. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-49685-5_6

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