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Zufall und Selektion verändern die genetische Vielfalt

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Grundlagen der Evolutionsbiologie und Formalen Genetik

Zusammenfassung

Populationsgenetik ist die genetische Disziplin, die das evolutionäre Schicksal von Genen in Populationen untersucht. Die Modellierung von Evolutionsvorgängen bietet uns einen Einblick in die Dynamik von genetischen Populationsstrukturen. Wir ersetzen Schritt für Schritt die idealen Bedingungen des Hardy-Weinberg-Modells durch natürlichere Annahmen, und besprechen die Bedeutung von endlichen Populationsgrößen (genetische Drift), von Inzucht versus Zufallspaarung und von Selektion. Die algebraische Darstellung der Zusammenhänge ist möglichst einfach gehalten, um dem Leser zu zeigen, wie mithilfe von einfachen populationsgenetischen Modellen Thesen zu genetischen Veränderungen in Populationen aufgestellt und erklärt werden können. Am Beispiel des Hämoglobinpolymorphismus in menschlichen Populationen in Zentralafrika wird das Wirken von Selektion und deren Bedeutung für den Erhalt genetischer Vielfalt beschrieben.

In einem kleinen Abschnitt wird die Berechnung von Inzucht– und Verwandtschaftskoeffizient hergeleitet. Ebenso kurz gehen wir auf die Bedeutung der chromosomalen Nachbarschaft von zwei variablen Loci ein (Kopplung), die nicht mehr Mendels 3. Regel genügen.

Am Ende des Kapitels ist die Internetadresse eines kleinen Computerprogramms angegeben, welches erlaubt, elementare populationsgenetische Vorgänge zu simulieren. Darüber hinaus stellen wir noch Aufgaben, für die wir Lösungsvorschläge im Kapitel 20 des Anhangs geben. Das Lernen und Verstehen der Inhalte wird durch ein Glossar unterstützt.

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Literatur

Verwendete Literatur

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Weiterführende Literatur

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Correspondence to Jürgen Tomiuk .

Glossar

Allel

Die DNA-Sequenz eines bestimmten DNA-Abschnitts des Genoms. Dieser Abschnitt kann codierend (Gen) oder auch willkürlich gewählt sein (Locus). Unterscheiden sich die DNA-Abschnitte homologer Chromosomen, dann sprechen wir auch von allelischer Variation.

Autozygotie

Homozygoter Zustand eines Locus, dessen Allele Kopien desselben Allels eines Vorfahren sind.

binomische Formel

Algebraische quadratische Formel. Mit p und q gilt: (a) (p + q)2 = p 2 + 2pq + q 2, (b) (p − q)2 = p 2 − 2pq + q 2, (c) (p + q)(p − q) = p 2 − q 2

Die erste Gleichung findet in der Genetik bei der Hardy-Weinberg-Regel ihre Anwendung.

diploid

Das Kerngenom (▶ G) eukaryotischer Zellen ist diploid, falls es, mit Ausnahme von heterologen Geschlechtschromosomen, aus mikroskopisch strukturell ähnlichen Paaren von allen Chromosomen besteht (▶ homologe Chromosomen). Homologe Chromosomen tragen die gleichen Loci, die sich aber in ihrer allelischen Information unterscheiden können.

Fisher-Wright-Modell

Mathematisches Modell, das die genotypische Variabilität in einer endlichen Population beschreibt. Es gibt keine Selektion und Unterschiede zwischen Generationen werden allein zufälligen Ereignissen zugeschrieben.

Fitness

Genetischer Beitrag eines Genotyps zur Folgegeneration.

Gamet

Die Keimbahn von Organismen mit geschlechtlicher Vermehrung erzeugt Eizellen oder Spermien bzw. Pollen. Bei der Befruchtung verschmelzen diese weiblichen und männlichen, haploiden Gameten (▶ G) zur diploiden Zygote, aus der der neue Organismus entsteht.

Genpool

Gesamtheit der Gene aller reproduzierenden Individuen einer Population.

Hämoglobinpolymorphismus

In einzelnen menschlichen Populationen treten Hämoglobinvarianten mit einer Häufigkeit von mehr als einem Prozent auf (▶ polymorph).

haploid

Das Kerngenom (▶ G) einer Zelle umfasst eine Anzahl von Chromosomen, die für die Art charakteristisch ist. Mit dem Mikroskop können Chromosomen anhand ihrer Struktur unterschieden werden. Gibt es von jedem Chromosom nur ein Exemplar, dann liegt ein haploider Chromosomensatz vor.

Haplotyp

Kombination von Allelen verschiedener Loci, die normalerweise in einem Chromosomenabschnitt liegen.

hemizygot/Hemizygotie

Zustand von Individuen mit zwei unterschiedlichen Gonosomen (▶ G) oder heterologen Chromosomen. Da sich die meisten Genorte zweier heterologer Chromosomen nicht entsprechen, hat ein hemizygotes Individuum in diesen Fällen nur ein Allel.

heterologe Chromosomen

Die unterschiedlich strukturierten Geschlechtschromosomen einiger Arten (▶ Gonosom).

heterozygot, Heterozygotie

Die Erbinformationen eines Individuums in homologen Chromosomenabschnitten sind unterschiedlich.

Heterozygotiegrad

Relativer Anteil heterozygoter Loci in einer Population, ein Maß für die genetische Variabilität einer Population. Der Heterozygotiegrad H wird mit dem Durchschnitt über mehrere Loci geschätzt. Es gilt H = 1 − Homozygotiegrad (▶ G).

homologe Chromosomen

Chromosomen, die sich in ihrer mikroskopisch erkennbaren Struktur entsprechen. Einzelne Chromosomenabschnitte können sich allerdings in ihrer Feinstruktur unterscheiden. In diesem Fall tragen diese Abschnitte unterschiedliche genetische Informationen, sog. Allele, und in der Population besteht eine allelische Variation.

homozygot, Homozygotie

Die Erbinformationen eines Individuums in homologen Chromosomenabschnitten sind gleich.

Homozygotiegrad

Relativer Anteil homozygoter Loci in einer Population, ein Maß für die genetische Variabilität einer Population. Der Homozygotiegrad F wird mit dem Durchschnitt über mehrere Loci geschätzt. Es gilt F = 1 − Heterozygotiegrad.

Inzuchtkoeffizient

Die Wahrscheinlichkeit, dass verwandte Eltern dieselben Allele gemeinsamer Vorfahren tragen und dafür die jeweiligen Loci bei ihren Nachkommen homozygot (▶ G) für dieses Allel werden können.

Kerngenom

Die genetische Information, die auf den Chromosomen im Zellkern eukaryotischer Zellen gespeichert ist.

Kopplungsungleichgewicht

Man betrachtet die genotypische Konstellation von mehreren Loci und analysiert die Häufigkeiten der Gesamtgenotypen. Weicht die beobachtete Häufigkeitsverteilung der Genotypen von der erwarteten Hardy-Weinberg-Verteilung ab, dann liegt ein Kopplungsungleichgewicht vor. Die enge Nachbarschaft der Loci lässt eine zufällige Kombination ihrer Allele nicht zu (▶ Haplotyp). Aber auch Selektion kann bestimmte Allelkombinationen begünstigen.

Meiose

Viele Eukaryoten bilden in der Meiose Gameten (Eizelle, Samenzelle, Pollen). Die Meiose garantiert, dass der genetische Informationsumfang, bis auf Mutationen, von Generation zu Generation gleich bleibt.

Migration

Individuen, Samen oder Pollen, die von einer in eine andere Population einwandern.

monomorph

▶ polymorph.

Nullhypothese

Jedes statistisch Testverfahren legt eine Nullhypothese zugrunde, die anhand einer Stichprobe überprüft wird. Die Nullhypothese erklärt normalerweise die Struktur einer Datenmenge durch Zufall oder Unabhängigkeit von Ereignissen. Aus der Nullhypothese folgen z. B. Mittelwerte, die im Testverfahren mit den Beobachtungswerten verglichen werden. Der Nullhypothese steht die Alternativhypothese gegenüber.

polymorph

Ein Locus ist polymorph, wenn mindestens zwei Allele in der Population vorhanden sind und deren Allelhäufigkeiten kleiner als 99 % sind. Diese Bewertung eines Locus gilt für eine Population und kann jedoch für verschiedene Populationen einer Art unterschiedlich ausfallen. Trifft für einen Locus diese Eigenschaft nicht zu, dann wird er als monomorph bezeichnet. SNP haben normalerweise nur zwei Allele. In diesem Fall kann die Definition umgekehrt werden: Das seltenere Allel muss häufiger als ein Prozent sein.

sexuelle Reproduktion

Es werden haploide, männliche und weibliche Gameten gebildet, deren Vereinigung zur diploiden Zygote (Einzellstadium; ▶ G) führt, aus der ein neuer Organismus entsteht.

Verwandtschaftskoeffizient

Anteil der Gene von zwei Verwandten, der von gemeinsamen Vorfahren stammt. Je enger das Verwandtschaftsverhältnis desto höher der Verwandtschaftskoeffizient. Bei der Berechnung werden keine Geschlechtschromosomen berücksichtigt. So gilt, dass der Verwandtschaftskoeffizient von Bruder und Schwester gleich 0,5 ist.

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Tomiuk, J., Loeschcke, V. (2017). Zufall und Selektion verändern die genetische Vielfalt. In: Grundlagen der Evolutionsbiologie und Formalen Genetik. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-49685-5_5

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