Ein typisches Notfallszenario ist ein Großbrand im Betrieb.
Anlagen und Gebäude können nach einem Brandschaden
mit mehr oder weniger großem Aufwand instand gesetzt, zerstörte Betriebs‑ und Arbeitsmittel neu beschafft werden. Die Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar der Verlust von menschlichem Leben durch den Brand
und seine Nebenwirkungen wiegen dagegen ungleich schwerer als der Sachschaden.
Sachschäden
Nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.
ergibt sich für Großschäden in der industriellen Sachversicherung folgende Statistik der Brandschäden für die Jahre 1980 bis 2003 (Tab. 10.1).
Tab. 10.1 Aufwendungen der Sachversicherer
In der obigen Aufstellung wurden nur Schäden mit einem Schadenaufwand von mindestens 500.000 € (bis 2001 1 Mio. DM) berücksichtigt. Zwar ist die Anzahl der Großschadensereignisse
tendenziell rückläufig, jedoch stieg im gleichen Zeitraum die durchschnittliche Schadenssumme deutlich an. Sachschäden durch Brände wurden in der Vergangenheit zwar seltener, dafür aber auch deutlich teurer.
Personenschäden
Brandereignisse in Gebäuden für den Wohnungsbau sowie in Gebäuden besonderer Art oder Nutzung (z. B. Krankenhäuser und Altenpflegeheime) stellen eine ernste Gefahr für die darin lebenden Menschen dar. Dieser Gefahr muss mit geeigneten Maßnahmen begegnet werden. Kern dieser Maßnahmen ist ein schlüssiges Brandschutzkonzept
.
Allgemeine Feststellungen, die bei der Risikobeurteilung zu berücksichtigen sind:
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Sind brennbare Materialien und Zündquellen vorhanden?
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Sind Materialien vorhanden, die im Brandfall stark Rauch entwickelnd sein können?
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Sind Maßnahmen vorhanden, die der Rauchentwicklung entgegenwirken? (z. B. Rauchabzüge)
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Ist während der Belegung oder Benutzung Tageslicht vorhanden oder nicht?
-
Lage, Ausdehnung, Belegung, Nutzung bzw. Art des Betriebes oder Gebäudes sowie Struktur der Flucht‑ und Rettungswege
Lage:
Ausdehnung:
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Größe der Grundfläche des Gebäudes oder der Anlage
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Anzahl der ober‑ und unterirdischen Geschosse
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Anzahl, Größe und Lage einzelner Betriebs‑ oder Gebäudeteile
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Abstand zwischen einzelnen Betriebs‑ oder Gebäudeteilen
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Abgeschlossenheit des Betriebes oder Gebäudes gegenüber der Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen?
Belegung, Nutzung bzw. Art des Betriebes oder Gebäudes:
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Anzahl der Personen
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Sind diese mit der Örtlichkeit vertraut oder nicht?
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Unterwiesen in das Rettungssystem oder nicht unterwiesen? (Beschäftigte, Besucher, Kunden, Publikum?)
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Schichtbetrieb
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Brandlast und Brandgefahr durch brennbare Stoffe oder Flüssigkeiten
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Explosionsgefahr
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Ungesicherte heiße Bäder oder Bäder für Säuren oder Laugen
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Langnachlaufende offene Maschinen oder Einrichtungen, die für die Versicherten bei Flucht eine Gefährdung sein können
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Gebäude, die der Übernachtung dienen
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Gibt es Personen im Betrieb oder im Gebäude, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind?
Struktur der Flucht‑ und Rettungswege:
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Lage der Flucht‑ und Rettungswege
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Anzahl der Lage der Treppenhäuser
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Ist der Fluchtweg gradlinig oder verwinkelt?
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Ist der Flucht‑ und Rettungsweg von jedem Arbeitsplatz erkennbar?
Aus praktischen Erwägungen sollten alle oben aufgeführten eventuell auftretenden Gefährdungen separat aufgelistet und bewertet werden.
Optische Sicherheitsleitsysteme
Die Anforderungen an die Struktur der Flucht‑ und Rettungswege sowie der dazugehörigen Pläne ergeben sich aus der Technischen Regel für Arbeitsstätten (ASR) A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge, Flucht‑ und Rettungsplan
“ vom 16. August 2007 und sind meistens (sollten) bereits in der Planungsphase von Architekten und Genehmigungsbehörden berücksichtigt worden.
Grundsätzlich ist immer dann eine Sicherheitsbeleuchtung vorzusehen, wenn das Arbeitsstättenrecht oder das Baurecht diese vorschreiben. Darüber hinaus kann die Gefährdungsbeurteilung weitere Anwendungsfälle sowohl für die Sicherheitsbeleuchtung
als auch bodennahe Sicherheitsleitsysteme ergeben. Bei möglicher Verrauchung ist im Allgemeinen ein bodennahes Sicherheitsleitsystem erforderlich. Dieses kann grundsätzlich entweder elektrisch oder auch lang nachleuchtend ausgeführt werden. Die Gefährdungsermittlung kann auch ergeben, dass Kombinationen unterschiedlicher Sicherheitsleitsysteme erforderlich sind.
Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass bei hoher Personenbelegungsdichte der Einsatz eines elektrisch betriebenen Systems vorteilhaft ist. Bei geringer Personenbelegungsdichte kann ein lang nachleuchtendes System ausreichen.
Die Anforderungen an Sicherheitsleitsysteme ergeben sich für den Landbereich aus der Normenreihe DIN 67 510 (1–4) „Deutsche Industrie Norm für langnachleuchtende Pigmente und Produkte“, BGV A 8 „Sicherheits‑ und Gesundheitsschutzkennzeichnung am Arbeitsplatz“ und BGR 216 „Optische Sicherheitsleitsysteme“.
Folgende Anforderungen müssen von einem Sicherheitsleitsystem grundsätzlich erfüllt werden:
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zuverlässig – „funktioniert“ auch bei Stromausfall
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sichtbar – auch bei starker Verqualmung deutlich erkennbar und auch nach vielen Stunden noch zu erkennen
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lückenlos – durchgehende Markierung bis zum nächstgelegenen Notausgang
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beschreibend – was passiert auf dem Weg zum Notausgang? (Treppen, Hindernisse, …)
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verständlich – in jeder Sprache unmissverständlich zu verstehen
Die im Unternehmen ergriffenen Brandschutzmaßnahmen sollten monatlich vom Brandschutzbeauftragten geprüft und protokolliert werden.
Um bei diesen Kontrollgängen auch zuverlässig das Vorhandensein aller Feuerlöscher kontrollieren zu können, empfiehlt es sich eine Auflistung dieser Löscher in der Reihenfolge der Begehung zu erstellen und die bei der Begehung überprüfte Aufstellung zur Dokumentation an das Protokoll zu heften.
Lfd.‐Nr.
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Standort
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Feuerlöschtyp
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Löschmitteleinheiten
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Vorh.?
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Mängel
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1
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Kantinenküche
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Fettlöscher
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6
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2
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Wareneingang
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ABC‐Pulverlöscher
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6
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3
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Serverraum
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Kohlendioxidlöscher
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6
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…
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…
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…
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…
| | |
Im Folgenden finden Sie eine Muster‐Checkliste:
Feuerlöscher
Die Anzahl der benötigten Feuerlöscher
ergibt sich aus der BGR 133 „Ausrüstung von Arbeitsstätten mit Feuerlöschern“. Diese BG‐Regel wurde in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der Unfallkassen e. V. (BUK), dem Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) und dem Verband der Sachversicherer (VdS) erarbeitet. Sie findet Anwendung bei der Ausrüstung von Arbeitsstätten mit Feuerlöschern zur Bekämpfung von Entstehungsbränden. Diese Regeln finden keine Anwendung in Bereichen, die durch besondere gesetzliche Bestimmungen geregelt sind.
Dies sind z. B.:
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Anlagen, die der Verordnung über brennbare Flüssigkeiten (VbF (jetzt BetrSichV)) unterliegen
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Garagen, die den Garagenverordnungen der Länder unterliegen
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Wasserfahrzeuge und schwimmende Geräte mit Betriebserlaubnis
Das Brandschutzkonzept
Ein Brandschutzkonzept
umfasst eine aus den bestehenden baulichen und personellen/organisatorischen Voraussetzungen abgeleitete Liste über sämtliche (nicht nur im Brandfall) zu ergreifenden Maßnahmen sowie auch die Begründungen für diese Maßnahmen (Abb. 10.7). Eine ganzheitliche Betrachtung der Problemstellung wird dabei vorausgesetzt. Allgemein wird der Brandschutz in vorbeugenden, organisatorischen und abwehrenden Brandschutz unterteilt. Die einzelnen Maßnahmen des zu erstellenden Brandschutzkonzeptes müssen dabei aufeinander abgestimmt sein, so dass ein reibungsloses Ineinandergreifen der Maßnahmen gewährleistet wird.
Der Vorbeugende Brandschutz ist ein wichtiger Bereich des Baurechts. Da dieses in der Bundesrepublik Deutschland Ländersache ist, existieren sehr viele unterschiedliche Landesbauordnungen, die sich mehr oder weniger an einer Musterbauordnung orientieren.
In Nordrhein‐Westfalen z. B. sind gemäß der Landesbauordnung (BauO NRW) vom 01.03.2000 (GV. NW. Nr. 18 S. 256) Brandschutzkonzepte für sogenannte. Sonderbauten notwendig. Sonderbauten sind z. B. Versammlungsstätten, Verkaufsstätten, Krankenhäuser, Industriebauten, Hochhäuser, Schulen und Gaststätten. Im Brandschutzkonzept müssen alle Aspekte des Brandschutzes berücksichtigt werden, die für die spezielle bauliche Anlage maßgebend sind. In der vfdb‐Richtlinie 01/01 „Brandschutzkonzept“ vom Mai 2000 sind die zu berücksichtigenden Aspekte des Brandschutzes aufgeführt. Die einzelnen Maßnahmen des Brandschutzkonzeptes müssen dabei aufeinander abgestimmt sein, so dass ein reibungsloses Ineinandergreifen der Maßnahmen gewährleistet wird.
Die Anforderungen an die Struktur der Flucht‑ und Rettungswege sowie der dazugehörigen Pläne ergeben sich aus der Technischen Regel für Arbeitsstätten (ASR) A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge, Flucht‑ und Rettungsplan“ vom 16. August 2007. In diese neue Arbeitsstättenregel wurde auch die „ Empfehlung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung zur Aufstellung von Flucht‑ und Rettungsplänen nach § 55 Arbeitsstättenverordnung“ (Bekanntmachung des BMA vom 10.12.1987 – IIIb 2 – 34.507–8) übernommen.
Fluchtwege und Notausgänge
Fluchtwege verstehen sich als Verkehrswege
, an die besondere Anforderungen zu stellen sind und die der Flucht aus einem möglichen Gefährdungsbereich
und in der Regel zugleich der Rettung von Personen dienen. Fluchtwege müssen ins Freie oder in einen gesicherten Bereich führen.
Gemäß der Musterbauordnung (MBO) muss jede Nutzungseinheit mit mindestens einem Aufenthaltsraum wie Wohnungen, Praxen etc. in jedem Geschoss über mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege ins Freie vorhanden sein. Diese Formulierung lässt die Fehlinterpretation zu, dass auch Geschosse, in denen sich keine Aufenthaltsräume befinden, zwei unabhängige Rettungswege haben müssen. Dies ist hier aber nicht gemeint. In der Landesbauordnung Nordrhein‐Westfalens ist diese Formulierung geändert. Dort heißt es: Für jede Nutzungseinheit müssen in jedem Geschoss mit einem Aufenthaltsraum zwei Rettungswege vorhanden sein. D. h. überall dort wo Aufenthaltsräume vorhanden sind, sind zwei voneinander unabhängige Rettungswege notwendig.
Die Rettungswege sind so anzuordnen, dass die maximal zulässigen Entfernungen – nach der MBO maximal 35 m – zu Türen, die direkt ins Freie führen, und zu Treppenräumen notwendiger Treppen nicht überschritten werden. In den Sonderbauvorschriften werden im Vergleich zur MBO unterschiedliche maximal zulässige Entfernungen genannt.
Die Rettungswege sind durch gut lesbare und dauerhafte Beschilderung zu kennzeichnen. Rettungswege (Treppenräume und notwendige Flure) müssen brandlastfrei gehalten werden.
Jedes nicht zu ebener Erde liegende Geschoss eines Gebäudes muss über mindestens eine notwendige Treppe in einem Treppenraum zugänglich sein (baulicher Rettungsweg). Der zweite Rettungsweg
kann eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle sein. Dies ist z. B. im Fall eines Hochhauses (Aufenthaltsebene höher als 22 m über Erdoberfläche) nicht möglich, da die Feuerwehren in der Regel für solche Einsätze nicht ausgestattet sind. Im Hochhaus sind zwei bauliche Rettungswege erforderlich. In Verkaufsstätten sind ebenfalls zwei bauliche Rettungswege notwendig, da in der Regel eine derartig hohe Personenanzahl nicht mit Rettungsgeräten der Feuerwehr gerettet werden kann.
Insbesondere in Sonderbauten mit einer Vielzahl von Personen ist in der Regel ein zweiter baulicher Rettungsweg erforderlich. Die Rettung einer Vielzahl von Personen über das Rettungsgerät
der Feuerwehr ist nicht in angemessener Zeit möglich.
Flucht‑ und Rettungsplan
Um die sich im Gebäude befindlichen Personen in die Lage zu versetzen, sich schnell und sicher orientieren zu können, müssen Flucht‑ und Rettungspläne erstellt werden, die eine möglichst einfache Darstellung der baulichen Gegebenheiten sowie eine unproblematische Lesbarkeit aufweisen. Grundlage der Flucht‑ und Rettungspläne ist die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV).
Bandschutzbeauftragter
Auch wenn es derzeit nicht direkt gesetzlich vorgeschrieben ist, hat sich in der Praxis die Bestellung von Brandschutzbeauftragten bewährt. Der Brandschutzbeauftragte
sollte eine mehrjährige Praxis im Vorbeugenden Brandschutz besitzen und/oder eine ausreichende Ausbildung im Vorbeugenden Brandschutz haben. Vergleichbar den Fachkräften für Arbeitssicherheit sollte der Brandschutzbeauftragte unmittelbar der Leitung des Werkes oder Betriebes unterstellt sein, für dessen Brandschutz er zuständig ist. Zu allen den Brandschutz betreffenden Fragen des Unternehmens – auch bei der Planung – sollte er gehört werden.
Zu seinen Aufgaben und Pflichten gehört das Erkennen von Gefahren sowie ihre Beurteilung. Er hat dafür zu sorgen, dass sie beseitigt und Schäden möglichst gering gehalten werden.
Dem Brandschutzbeauftragten sollten insbesondere folgende Aufgaben übertragen werden:
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Aufstellen der Brandschutzordnung, der Alarm‑, Feuerwehreinsatz‑ und ggf. Räumungspläne (Katastrophenpläne); zur besseren Übersicht kann es zweckmäßig sein, zusätzlich detaillierte Brandschutzpläne zu erstellen
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Organisation und Überwachung der Brandschutzkontrollen im Betrieb
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Anweisung und Überwachung der Beseitigung von brandschutztechnischen Mängeln
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Festlegen von Ersatzmaßnahmen bei Ausfall oder Außerbetriebsetzen von Brandschutzeinrichtungen
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Beratung in Fragen des Brandschutzes, z. B. bei Planung von Neu‑ und Umbauten, Betriebsveränderungen, beim Aufbau einer Werkfeuerwehr
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Verantwortung für den ständigen Kontakt zur zuständen Feuerwehr und für gemeinsame Übungen und Betriebsbegehungen