Zusammenfassung
Kompensation im ursprünglichen Wortsinne meint das Herbeiführen eines Gleichgewichtes durch den Ausgleich von Gewichten und Gegengewichten; aufgrund seiner Nähe zu Idealen von Ausgewogenheit, Harmonie, Stabilität und Gerechtigkeit hat der Begriff schon früh in verschiedensten Bereichen – von den Militärwissenschaften über Biologie, Ökonomie, Medizin und Jurisprudenz bis hin zu Ethik und Theologie – Anwendung gefunden. Leibniz (1710) z. B. bringt die Kompensationsidee beim Versuch des Nachweises in Spiel, dass diese Welt die beste aller möglichen Welten sei; auch in dem naturphilosophischen Werk von Buffon (1777) fungiert der Kompensationsbegriff als zentrales Ordnungsprinzip. Goethe (1834, S. 194) glaubte in der pflanzlichen und tierischen Morphogenese ein Kompensations- bzw. Ökonomiegesetz zu erkennen, wonach „keinem Teil etwas zugelegt werden könne, ohne daß einem anderen dagegen etwas abgezogen werde, und umgekehrt“; Darwin (1859) greift dieses Prinzip in seinen Überlegungen zur „Kompensation und Ökonomie des Wachstums“ auf. Der Grundgedanke kehrt auch in neueren ökonomietheoretischen Konzepten wieder; so z. B. bezeichnet der Begriff des „Pareto-Optimums“ einen Systemzustand, über den hinaus keine Zielfunktion weiter gesteigert werden kann, ohne zugleich eine andere zurückzusetzen. „Für den Menschen gibt es weder Gewinn ohne Verlust, noch Verlust ohne Gewinn – Kompensation überall“, postuliert Formey (1759) in seinem Entwurf eines „Systems der Kompensation“. Nicht zuletzt können auch Entwicklungs- und Alternsprozesse als gain-loss-dynamic betrachtet werden; im Kontext persönlicher Entwicklung richtet sich kompensatorisches Handeln wesentlich darauf, diese Gewinn-Verlust-Bilanz in günstigen Grenzen zu halten.
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Brandtstädter, J. (2015). Kompensation als Mittel der Steigerung von Leistung und Lebensqualität. In: Positive Entwicklung. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-46946-0_7
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