1 Einleitung

Die Transportintensität umfasst das Verhältnis aus Bruttoinlandsprodukt (BIP) und Transportleistung (tkm).

Wie eine aktuelle Untersuchung im Auftrag des Logistikclusters Raum Basel zeigt, hat das Thema „Green Logistics“ zwar etwas an Bedeutung verloren, gleichwohl ist der Stellenwert dieses Themas für die Unternehmen nach wie vor groß und wird noch weiter zunehmen (Wittenbrink und Breisinger 2014).Footnote 1 Angesichts dieser Bedeutung besteht nun das Ziel dieses Beitrags darin, kurz in die wesentlichen Aspekte des nachhaltigen Transportmanagements einzuführen. Dabei wird im Folgenden unter nachhaltigem Transportmanagement die Organisation und Steuerung von Transportbedarfen aus Sicht von Verladern, Transport- und Logistikunternehmen und Empfängern unter Berücksichtigung ökologischer Kriterien verstanden. Im Mittelpunkt steht dabei die Diskussion grundsätzlicher Ansätze zur Emissionsreduktion im Güterverkehrsbereich, die entlang der Ansätze „Vermeiden“, „Verlagern“ und „Vermindern“ vorgestellt und diskutiert werden.

Zur Emissionsreduktion im Güterverkehrsbereich bestehen grundsätzlich vier Ansätze:

  • Durch welche Maßnahmen werden Anreize geschaffen, die Verkehrsnachfrage zu reduzieren, sodass der Verkehr möglichst vermieden wird ( Vermeiden )?

  • Durch welche Maßnahmen werden Anreize geschaffen, den (notwendigen) Verkehr möglichst mit umweltverträglicheren Verkehrsträgern (Bahn, Binnenschiff) durchzuführen (Verlagern)?

  • Wie lassen sich die (notwendigen) Verkehre mit möglichst geringen CO2-Emissionen bewerkstelligen (Vermindern)?

  • Wie lassen sich die resultierenden CO2-Emissionen in anderen Wirtschaftssektoren mit geringeren Vermeidungskosten reduzieren bzw. können Projekte zur CO2-Reduktion zur Kompensation, z. B. in Drittweltländern, genutzt werden (Vergüten/Kompensieren)?Footnote 2

Die Ansätze „Vermeiden“, „Vermindern“ und „Verlagern“ werden nun im Folgenden dargestellt.

2 Vermeiden

Bevor man sich die Frage stellt, wie der Verkehr im Hinblick auf seine Umwelt effizienter gestaltet werden kann, sei es durch eine Verlagerung auf umweltfreundlichere Verkehrsträger oder durch Verminderung der Emissionen, ist zunächst zu prüfen, welche Möglichkeiten bestehen, die Verkehrsnachfrage zu reduzieren. Dies ist keine ganz einfache Aufgabe, stellt doch die Verkehrsnachfrage eine abgeleitete Nachfrage dar und ist von vielen Faktoren wie z. B. den in einer Volkswirtschaft erbrachten Gütern und Dienstleistungen, dem Wirtschaftswachstum, den sektoralen Strukturen, der Fertigungstiefe und der Form der Arbeitsteilung und der geografischen Ausdehnung der Lieferanten und Empfänger abhängig.

2.1 Transportintensität

In der Vergangenheit hat sich die Transport- bzw. Verkehrsleistung (tkm) immer überproportional zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) entwickelt, was sich in der Transportintensität zeigt, also dem Verhältnis aus tkm und BIP. Ein Grund hierfür liegt insbesondere in der zunehmenden internationalen Arbeitsteilung und der Internationalisierung der Absatzmärkte mit der Folge eines überdurchschnittlich steigenden Wachstums der Außenhandelsströme. Steigen Exporte wie Importe (absolut) im gleichen Verhältnis an, bleibt der Außenbeitrag, als Differenz zwischen Exporten und Importen, und somit das BIP gleich, während die Transportleistungen überproportional wachsen (Intraplan und Ratzenberger 2013, S. 44).

Besteht nun das Ziel, die verkehrsbedingten Emissionen zu reduzieren, muss dieser Zusammenhang durchbrochen werden, sodass ein Wachstum des BIP mit einem möglichst unterproportionalen Zuwachs an Transportleistung verbunden ist, Verkehr also vermieden wird.

Dabei sollte sich die Betrachtung nicht nur auf die Transportleistung beziehen. Es ist offensichtlich, dass sich die verkehrs- und umweltrelevanten Aspekte des Güterverkehrs erst mit der Dimension der Fahrleistungen sinnvoll abbilden lassen, denn diese sind relevant für die Emissionsbelastung. Zwar sind in den letzten Jahrzehnten die Fahrleistungen weniger stark gestiegen als die Transportleistungen, dieser Trend hat sich in der letzten Dekade jedoch deutlich verlangsamt (SRU 2012, S. 229).

Insgesamt ist also die Entwicklung der Fahrleistungen kritisch zu beobachten. So können trotz sinkender Mengen (in t oder auch tkm) die Fahrleistungen ansteigen, wenn die Güter immer leichter werden, was zur Folge hat, dass viele Lkw zwar volumenmäßig ausgelastet sind, gewichtmäßig aber noch freie Kapazitäten suggeriert werden. Hinzu kommen sinkende Sendungsgrößen, die bei gleicher Transportleistung (tkm) zu mehr Fahrten führen können.

Wie sich die Transportleistungen und die Transportintensität in Zukunft entwickeln, ist heute ungewiss. Nach Analysen des Sachverständigenrats für Umweltfragen sind im Hinblick auf die Entwicklung der Transportintensität in den USA und vielen europäischen Ländern, mit Ausnahme von Deutschland, Sättigungsgrenzen erkennbar. Gründe für eine abnehmende Transportintensität werden insbesondere darin gesehen, dass (SRU 2012, S. 228 ff.)

  • die Wachstumsraten abflachen,

  • sich die Wachstumsdynamik osteuropäischer Länder reduziert,

  • die Tertiarisierung, also die zunehmende Bedeutung des Dienstleistungssektors, der Volkswirtschaften zunimmt,

  • die Dematerialisierung steigt, d. h. dass der gesamte Materialverbrauch sinkt,

  • im Gegensatz zu der in der Vergangenheit weiträumigen internationalen Arbeitsteilung wieder eine eher verbrauchernahe Erzeugung und produktionsnahe Beschaffung an Bedeutung gewinnen und

  • zunehmende Infrastrukturengpässe und energiepreisbedingte Transportkostensteigerungen zu einer veränderten Transportnachfrage führen. So hat sich allein zwischen 2009 und 2013 der Ölpreis verdoppelt.

2.2 Bündelung

Selbst wenn diese Effekte zu einer Reduzierung der Transportnachfrage führen können, gibt es bisher wenige Szenarien, die von einer Trendumkehr im Sinne einer Dämpfung der Verkehrsnachfrage ausgehen (SRU 2012, S. 229). An einer wirklichen Trendwende kann auch gezweifelt werden, wurden die aufgezeigten Argumente doch auch schon in der Vergangenheit genannt, ohne dass anvisierte Veränderungen bisher auch wirklich im nennenswerten Umfang eintraten.

Auch wenn es zu einer veränderten Güterallokation und Wirtschaftsstruktur kommt, wird es weiterhin einen großen Bedarf an Raumüberwindung und damit Verkehr geben. Dieser resultiert immer dann, wenn Produktion und Weiterverarbeitung oder Konsum an ungleichen Orten erfolgen. Aufgrund der zunehmenden Konzentration der Unternehmen auf ihre Kernkompetenzen ist davon auszugehen, dass die nationale und internationale Arbeitsteilung auch in Zukunft eine weiterhin sehr hohe Bedeutung haben wird. Um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, werden die (spezialisierten) Unternehmen bei ihrer Wertschöpfung gleichzeitig die Realisierung von Skaleneffekten anstreben, wozu in vielen Fällen die nationalen Märkte nicht mehr ausreichen werden, sodass es zunehmend zu einer weltweiten Vermarktung kommt, zumal sich in Zukunft der Hauptteil der Konsumenten in den heutigen Schwellenländern befinden wird.

Ausgehend von der These, dass die Verkehrsnachfrage in Zukunft nicht wesentlich geringer, vielleicht sogar höher als heute ausfallen wird, muss neben der Verkehrsvermeidung ein wesentlicher Ansatz zur Vermeidung von Verkehr darin bestehen, eine möglichst hohe Bündelung von Transporten, d. h. der Transport mit gut ausgelasteten großen Fahrzeugen, zu erreichen. So benötigt z. B. ein Fernverkehrs-Lkw für den Transport von 25 t ca. 33 bis 35 L je 100 km, während ein „Sprinter“ für 1,5 t Nutzlast fast zwölf Liter je 100 km braucht (Wittenbrink 2014, S. 84). Trifft man nun die nicht unrealistische Annahme, dass viele Schadstoffemissionen mit dem Energieverbrauch steigen, ist die Umweltbelastung des „Sprinters“ fast sechs Mal so hoch wie beim Fernverkehrs-Lkw.Footnote 3

Da schon bei den heutigen Logistikstrukturen das Ziel einer hohen Bündelung besteht, wird eine weitere nachhaltige Steigerung der Bündelung nur dann gelingen, wenn sich auch die Logistikstrukturen ändern.

2.3 Logistische Steuerungsprinzipien

Zentral im Hinblick auf die Logistikstrukturen ist dabei, welches logistische Steuerungssystem vorherrscht – das Push- oder das Pull-Prinzip. Beim Push-Prinzip (Schiebe-Prinzip) werden die Güter ohne konkrete Nachfrage auf dem Markt zur Verfügung gestellt. Somit löst der Hersteller die Aktivitäten für das Anlaufen der Logistikkette aus. Hierbei handelt es sich um die traditionelle Strategie zur Warenversorgung, wobei sich durch große Produktionslose und hoch ausgelastete Transporteinheiten Bündelungs- und damit auch Ökologie- und Kostenvorteile realisieren lassen. Nachteilig bei diesem System sind hohe Bestandskosten und Absatzrisiken. Daher kommt dieses Prinzip insbesondere bei eher geringwertigen Waren und Aktionsgeschäften zum Tragen (Heiserich et al. 2011, S. 35 f.; Gleißner und Femerling 2008, S. 26).

Dem gegenüber steht das heute vorherrschende Pull-Prinzip (Zieh-Prinzip), das dadurch charakterisiert ist, dass der Start der Logistikkette von ihrem Ende, sprich vom Endabnehmer ausgeht. Die Produktion bzw. Nachschubbelieferung erfolgt erst dann, wenn der genaue Bedarf feststeht. Dieses Prinzip wurde anfangs vorrangig bei hochwertigen Investitionsgütern, wird inzwischen aber zunehmend auch bei Konsum- und Niedrigpreisgütern angewendet (Gleißner und Femerling 2008, S. 26). Vorteile ergeben sich beim Pull-Prinzip insbesondere durch die signifikante Reduzierung der Bestandskosten sowie ein reduziertes Absatzrisiko. Dem stehen jedoch längere Lieferzeiten und höhere Kosten aufgrund reduzierter Sendungsgrößen gegenüber. Voraussetzung für die Anwendung der Pull-Strategie sind geringe Transportzeiten, schnelle Informationsweiterleitung und eine sehr hohe Produktions- und Logistikflexibilität (Heiserich et al. 2011, S. 35 f.).

Bei der Bündelung wird zwischen räumlicher und zeitlicher Bündelung unterschieden. Während bei der räumlichen Bündelung aktuelle Aufträge räumlich benachbarter Warenempfänger zusammengefasst werden, erfolgt bei der zeitlichen Bündelung eine zeitliche Zusammenfassung von Sendungen, z. B. von verschiedenen Wochentagen zu einer Lieferung. Die verschiedenen Bündelungsoptionen hat Bretzke anschaulich dargestellt (Bretzke 2014, S. 352 ff.; Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Formen der Bündelung. (in Anlehnung an Bretzke 2014, S. 353)

  • Die schwächste Form der Bündelung stellt der „One-Piece-Flow“ im linken unteren Quadranten von Abb. 1 dar, bei dem es dem Pull-Prinzip folgend nur im geringen Umfang zu einer Bündelung kommt, da die sofortige Lieferung im Vordergrund steht, z. B. über Zentrallagerkonzepte.

  • Alternativ dazu kommt es bei der Bestellmengenoptimierung (oben links) zu einer zeitlichen Bündelung, indem Bestellungen, ggf. zulasten der Lieferzeit, zusammengefasst werden. Hier steht das Push-Prinzip im Vordergrund.

  • Demgegenüber bleibt bei der Situation unten rechts das Pull-Prinzip erhalten, man folgt also dem Nachfragesog. Hier erfolgt eine räumliche Bündelung aktueller Sendungen über Transshipmentpoints oder Cross-Docking-Lager.

  • Die höchste Form der Aggregation von Bedarfen wird dann erreicht, wenn sowohl eine räumliche als auch eine zeitliche Bündelung stattfindet. Dieser Fall ist im oberen rechten Quadranten von Abb. 1 beschrieben, was z. B. mithilfe zweistufiger Distributionssysteme gelingen kann, indem z. B. Regionallager genutzt werden, zu denen gebündelte Transporte möglich sind, und gleichzeitig eine unter Bündelungsgesichtspunkten optimierte Transportfrequenz gewählt wird. Da diese Aggregationsform mit Lieferzeitnachteilen und höheren Sicherheitsbeständen verbunden sein kann, ist dieser Ansatz nicht für alle Unternehmen und Güter geeignet. Da er jedoch sowohl unter Transportkostengesichtspunkten als auch aus ökologischen Gründen viele Vorteile bietet, sollte er im Rahmen des betriebsinternen Umweltmanagements nicht fehlen.

2.4 Notwendiger Paradigmenwechsel

Insgesamt zeigt sich, dass eine nachhaltige Vermeidung von Verkehr nur dann möglich ist, wenn es zu einem Paradigmenwechsel in Bezug auf die heutige Logistikorganisation kommt. Ohne an dieser Stelle auf die vielfältigen Implikationen dieses Paradigmenwechsels eingehen zu können, sei an dieser Stelle auf die wegweisenden Analysen von Bretzke hingewiesen, der im Sinne einer „nachhaltigen Logistik“ u. a. folgende Ansätze zur Prüfung vorschlägt (Bretzke 2014, S. 279 ff. und insbesondere, S. 523 ff.):

  • Stärkung des Push-Prinzips zulasten des Pull-Prinzips, um eine höhere Transportbündelung zu erreichen.

  • Prüfung der Übernahme der Beschaffungslogistik, mit dem Ziel, eine bessere empfangsbezogene Bündelung zu erzielen.

  • Wiedereinführung dezentraler Netzstrukturen mit mehrstufigen Distributionssystemen, um eine bessere Bündelung im Hauptlauf zu erreichen.

  • Paradigmenwechsel in dem Sinne, dass Transportkapazitäten nicht als vernachlässigbare Restgröße, sondern als wertvolle Engpasskapazität gesehen werden.

  • Renaissance der Lagerhaltung, verbunden mit der Wiederentdeckung des Nutzens von Beständen und Puffern als wertschöpfende Gestaltungsvariable.

  • Überprüfung heutiger Servicevorgaben mitsamt einer Entschleunigung der Prozesse, um über eine größere (Lieferzeit-)Flexibilität eine höhere Bündelung zu erreichen.

  • Unternehmensübergreifende Kooperationen zur Bündelung über Frachtbörsen, horizontale Verlader- bzw. Speditionskooperationen oder vertikale Kooperationen zur Abstimmung logistischer Prozesse zwischen Unternehmen auf unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfungskette.

  • Reduktion der Komplexität logistischer Prozesse zugunsten einer Vereinfachung der Prozesse, um eine „Wiedergewinnung der Planbarkeit“ und damit eine bessere Steuerung von Transportströmen zu erreichen.

Da die Logistik in ihrer Servicefunktion heute einen immer bedeutenderen Anteil am gesamten Nutzen des verkauften Gutes hat, besteht bei einer Überprüfung heutiger Logistikprozesse natürlich immer auch die Gefahr, im Wettbewerb Kunden durch eine Reduzierung von „marktgegebenen Servicelevels“ zu verlieren. Daher kommt im Zuge einer nachhaltigen Logistik der Kundenkommunikation eine entscheidende Rolle zu.

So ist z. B. anzunehmen, dass viele der heutigen „marktgegebenen“ Servicelevel, wie z. B. der 24-Stunden-Service beim Stückgutverkehr, in nicht wenigen Fällen weniger eine Folge tatsächlicher Logistikbedarfe als eine komfortable Lösung unzureichender Planung sind. Unzulänglichkeiten bei der Auftragsabwicklung und Planung werden am Ende der Prozesskette nicht selten durch eine Beschleunigung (und geringere Bündelung) des Transports kompensiert. Dass diese Folge unzureichender Planung jedoch zu erheblichen ökonomischen und ökologischen Nachteilen führen kann, ist vielen Kunden nicht bewusst.

Daher ist es von entscheidender Bedeutung, mit der Kundenkommunikation hier anzusetzen und die ökologischen Vorteile alternativer Formen der Transport- und Logistikorganisation hervorzuheben. Denn für den Kunden muss ein Vorteil sichtbar sein. Wird jedoch der Servicelevel reduziert, um Kosten für den Lieferanten oder Dienstleister zu sparen, wird dies kaum auf Akzeptanz stoßen, es sei denn, die Preise sinken. Wie aber Erfahrungen des Autors mit entsprechenden Nachhaltigkeitsprojekten zeigen, ist die Akzeptanz der Kunden für die notwendigen Veränderungen dann weitaus größer, wenn insbesondere auch der ökologische Vorteil alternativer Logistikprozesse hervorgehoben wird. Kunden sind zwar in den seltensten Fällen bereit, für mehr Umweltschutz mehr zu zahlen, die Veränderungsbereitschaft im Hinblick auf die Logistikstrukturen steigt jedoch. Insofern kann das Thema „Green Logistics“ zum entscheidenden Hebel werden, auch aus Kostengründen notwendige Anpassungen bestehender Logistikstrukturen vorzunehmen.

3 Verlagern

Sind die Möglichkeiten der Verkehrsvermeidung ausgeschöpft, besteht ein zweiter Ansatzpunkt zur Emissionsreduktion im Nutzfahrzeugbereich in der Verlagerung, d. h. der Verlagerung auf umweltfreundliche Verkehrsträger wie Bahn und Binnenschiff. Trotz der sehr eindrucksvollen Senkung der spezifischen Emissionen in den letzten Jahren beim Straßengüterverkehr zeigt der Vergleich mit den entsprechenden Werten von Bahn und Binnenschiff, dass diese noch erheblich weniger emittieren (Wittenbrink 2014, S. 329 f.).

3.1 Modal Split

Nach wie vor wird der Hauptteil der Transportleistung, d. h. mehr als 70 %, vom Straßengüterverkehr erbracht. Zwar konnte der Schienengüterverkehr den eigenen Anteil (Modal Split) im Jahr 2011 von 17,1 auf 17,4 % leicht erhöhen. Aber bereits im Jahr 2012 ist dieser Anteil wieder leicht gesunken (Intraplan Consult und Ratzenberger 2014, S. 40). Auch wenn für die Zukunft wieder mit etwas höheren Schienenanteilen gerechnet wird, wird die dominante Rolle des Straßengüterverkehrs auch in Zukunft bestehen bleiben, was nicht zuletzt eine Folge der logistischen Vorteile dieses Verkehrsträgers (Schnelligkeit, Flexibilität, Netzbildungsfähigkeit…) ist. Eine andere Entwicklung zeigt sich jedoch beim Kombinierten Verkehr, für den in den meisten Jahren überproportional hohe Wachstumsraten gesehen werden.

Im Folgenden wird am Beispiel des Schienengüterverkehrs dargestellt, welche Möglichkeiten, aber auch welche Grenzen bei der Verlagerung bestehen. Hierzu ist es zunächst notwendig, einige wesentliche Begriffe im Schienengüterverkehr abzuleiten.

3.2 Produktgruppen im Schienengüterverkehr

Im Schienengüterverkehr wird zwischen dem Konventionellen Verkehr und dem Kombinierten Verkehr (KV) unterschieden. Vom konventionellen Verkehr wird gesprochen, wenn die Ladung direkt in den Güterwagen geladen, gegossen oder geschüttet wird. Dieser konventionelle Verkehr wird dann wiederum in den Ganzzugverkehr und den Wagenladungsverkehr (WLV) unterschieden.

Während beim WLV, der aus Einzelwagen und Wagengruppen besteht, die Wagen in einem Knotenpunktsystem und über einen oder mehrere Rangierbahnhöfe gebündelt und anschließend wieder verteilt werden, erfolgt beim Ganzzugverkehr ein direkter Transport der Sendungen vom Versender zum Empfänger. Beim Konventionellen Verkehr steht für die verschiedenen Güter eine Vielzahl von Bahnwagen unterschiedlicher Bauart zur Verfügung (Flachwagen, gedeckte Wagen, Kesselwagen, weitere Spezialwagen). Diese stellt entweder das Schienengüterverkehrsunternehmen zur Verfügung oder aber der Kunde hat eigene Wagen in seinem Besitz, entweder als Wagenhalter oder als Mieter eines Wagens von einer Vermietungsgesellschaft (Abb. 2).Footnote 4

Abb. 2
figure 2

Produktgruppen im Schienengüterverkehr

Im Unterschied dazu wird beim Kombinierten Verkehr (KV) nicht die Ladung, sondern die Ladeeinheit, z. B. Container, Wechselbrücken oder Sattelauflieger, zwischen den Verkehrsträgern umgeschlagen. In der Regel wird die Transportkette im Kombinierten Verkehr mit einem Straßentransport begonnen und beendet. Der Kombinierte Ladungsverkehr lässt sich unterscheiden in den Begleiteten Kombinierten Ladungsverkehr (z. B. „Rollende Landstraße Rola“), bei dem der Lkw-Fahrer den Transport begleitet, sowie den Unbegleiteten Kombinierten Ladungsverkehr (UKV). Auch Kombinierte Verkehre lassen sich theoretisch im Einzelwagenverkehr abwickeln. Dies kommt i. d. R. jedoch nur sehr selten vor, z. B. bei Gleisanschlussverkehren mit Überseeverkehren.

Die hauptsächliche Produktionsform im KV sind Ganzzugverkehre oder auch Shuttle-Züge, die auf einer Relation im Rundlauf fahren. Schließlich ist beim KV noch zwischen dem Kontinentalen und dem Maritimen KV zu unterscheiden. Während es beim Kontinentalen KV um den Transport von vorwiegend Wechselbrücken und Sattelanhängern zwischen Versand- und Empfangspunkten auf dem „Kontinent“, also ohne weiteren Hochseeverkehr, handelt, beschreibt der Maritime KV den Seehafenhinterlandverkehr mit Überseecontainern von und zu den Seehäfen wie zu den Nordhäfen (z. B. Hamburg, Bremerhaven) oder West- bzw. ARA-Häfen (Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen). Bei dem maritimen Verkehr besteht für den Kombinierten Verkehr der Vorteil, dass dieser in der Regel weniger zeitkritisch ist, ein Vor- bzw. Nachlauf weniger notwendig ist und im Vergleich zum Lkw im Seehafen auch kein weiterer Umschlag stattfinden muss.

Wichtig ist, dass bei allen Schienengüterverkehrsleistungen die kleinste kommerzielle Sendung der Waggon bzw. die Ladeeinheit ist. Beim Ganzzugverkehr ist dies der komplette Zug, beim WLV der einzelne Waggon oder eine Wagengruppe (Adamek et al. 2012, S. 6). Stückgutverkehre und Teilladungen werden nur dann von den Schienenverkehrsunternehmen befördert, wenn diese zu kompletten Sendungen, also Ladungsverkehren, bestehend aus kompletten Waggons oder Ladeeinheiten, gebündelt werden.

Abb. 3
figure 3

Gründe, die für die Schiene sprechen. (Quelle: Wittenbrink 2008, S. 37)

3.3 Trends mit Einfluss auf die Schienennutzung

Für den Schienengüterverkehr sind einige Güterverkehrstrends von zentraler Bedeutung. Ein wichtiger auf den Einzelwagenverkehr wirkender Trend ist der Güterstruktureffekt, der beschreibt, dass sich aufgrund einer Veränderung der gesamtwirtschaftlichen Produktionsstruktur der Anteil von hochwertigen Konsum- und Investitionsgütern zulasten der Grundstoff- und Massengüter verschiebt (Aberle 2009, S. 93). Damit verbunden ist auch der Trend zu kleineren Sendungsgrößen und höheren Wertdichten.Footnote 5

Steigende Wertdichten führen durch die höhere Kapitalbindung auch zu einer höheren Eilbedürftigkeit der Transporte. Gleichzeitig steigen die Kosten der Lagerhaltung, wodurch tendenziell eine Reduzierung der Sendungsgrößen erfolgt. Dies führt jedoch auch tendenziell dazu, dass die Bündelung von Transportsendungen erschwert wird (Bretzke 2014, S. 336 ff.). In der Summe führen Effekte wie veränderte Güterstrukturen, höhere Wertdichten, kleinere Sendungsgrößen, höhere Eilbedürftigkeit und der Abbau von dezentralen Lagern zu einer geringeren Attraktivität des Schienengüterverkehrs, da dieser seine Stärken insbesondere bei volumen- und gewichtsträchtigen Gütern nutzen kann.

Es gibt aber auch Effekte, die positiv auf die Schiene wirken. Beispielsweise steigt deren Attraktivität durch die Internationalisierung, da die Schiene gerade auf langen Distanzen ihre Vorteile ausspielen kann. Auch wirken die steigenden Personal- und Energiekosten positiv auf die Schiene, sind deren Anteile doch bei der Bahn geringer als beim Lkw (Wittenbrink 2012b, S. 14ff.). Und schließlich gewinnt das Thema „Green Logistics“ an Bedeutung, was zwar noch nicht dazu führt, dass Verlader bereit sind, mehr für die Schiene zu zahlen, der Druck auf Speditionen, auch Bahnlösungen anzubieten, steigt jedoch.

3.4 Gründe für und gegen die Schiene

Angesichts der aufgezeigten Entwicklungen stellt sich die Frage, wie sich die Schiene aus Sicht der Verlader darstellt. So wurden bei einer Umfrage des Autors mit dem BME „CO2 und Modal Split“ bei Verladern in Deutschland im Jahr 2007 die Unternehmen zunächst danach gefragt, was aus ihrer Sicht die Gründe für die Nutzung der Schiene sind (Wittenbrink 2008, S. 35 ff.) und Abb. 3.

Demnach wird von den meisten Befragten der ökologische Vorteil des Schienengüterverkehrs als Grund genannt, die Schiene zu nutzen. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass bei der Befragung Mehrfachnennungen möglich waren, sodass es nicht verwundert, wenn knapp zwei Drittel der Befragten auch die ökologischen Vorteile des Schienengüterverkehrs als (weiteren) Grund sehen, die Schiene zu nutzen. Insofern kann die Umfrage aber nicht so interpretiert werden, dass es maßgeblich die Umweltvorteile der Schiene sind, welche die Verlader überzeugen, diese zu nutzen. Dies würde nämlich Umfrageergebnissen widersprechen, dass die Verlader zwar Umweltvorteile begrüßen, aber kaum bereit sind, dafür auch mehr zu bezahlen. Vielmehr sind es auch die Umweltvorteile, und hier kann die Schiene in der Tat punkten (Wittenbrink und Gburek 2009).

Ein zentraler Vorteil liegt bei der Schiene in der hohen Massenleistungsfähigkeit, also der Fähigkeit, schwere und große Gütermengen zu transportieren. Der Vorteil resultiert zum einen aus der hohen Transportkapazität von kompletten Zügen. Zum anderen ist aber auch die im Vergleich zum Lkw hohe Nutzlast ein wesentlicher Vorteil. Während das Gesamtgewicht eines Lkw auf maximal vierzig Tonnen beschränkt ist, kann ein Waggon, entsprechende Streckenkategorie vorausgesetzt, z. B. in Deutschland ein Gewicht von bis zu 22,5 t je Achse haben, sodass bei vier Achsen mehr als achtzig Tonnen Gesamtgewicht möglich sind. So hat z. B. ein Drehgestellflachwagen mit sechs Achsen für Coiltransporte (Wagen Sahimms 900) eine Lastgrenze (also zulässiges Gesamtgewicht abzüglich des Eigengewichts) bei der in Deutschland vorherrschenden Streckenklasse D3/D4 von 71,5 t (DB Schenker Rail 2014).

Nach der BME-Umfrage sieht es knapp jeder dritte Befragte als Vorteil an, dass bei der Nutzung konventioneller Waggons viel Zeit für die Be- und Entladung besteht. So wird ein Waggon (bzw. die Waggon-Gruppe) i. d. R. am Vormittag zugestellt, um dann am nächsten Tag oder später nach dem Be- bzw. Entladen wieder abgeholt zu werden. Insofern hat der Versender bzw. Empfänger vergleichsweise viel Zeit für die Be- und Entladung. Viele Unternehmen gehen auch dazu über, die Waggons gerade dann zu be- oder entladen, wenn tagsüber oder auch nachts freie Kapazitäten bestehen. Dieser Vorteil besteht bei der Rampenabfertigung von Lkw i. d. R. nicht, es sei denn, hier werden Trailer bzw. Wechselbrücken getauscht. Diese Tauschmöglichkeiten bestehen jedoch auch beim Kombinierten Verkehr.

Auch sieht knapp ein Drittel der Befragten einen Vorteil des Schienengüterverkehrs darin, dass für den Schienengüterverkehr keine Fahrverbote am Wochenende etc. bestehen. Dieser Vorteil zeigt sich weniger bei der Be- und Entladung, weil dann auch die meisten Betriebe geschlossen haben. Vielmehr geht es um die internationalen Transporte, da hier der Sonntag als zusätzlicher Transporttag genutzt werden kann. Hinzu kommen die Vorteile in der Schweiz, in der ein Nachtfahrverbot für Lkw gilt.

Der Schiene wird auch eine gute Planbarkeit zugesprochen, was bei einem schienengebundenen System mit Fahrplänen ein systematischer Vorteil ist. Der Wert dieses Vorteils muss jedoch ein wenig relativiert werden.

Zum einen besteht in der Nacht bei Lkw-Verkehren nach wie vor eine hohe Pünktlichkeit. Die Herausforderungen durch zunehmenden Stau bestehen eher am Tage und in Ballungsgebieten. Hier kann dann die Schiene bei der planmäßigen und pünktlichen Anlieferung ihre Systemvorteile nutzen. Die Praxis zeigt jedoch, dass das oftmals nicht der Fall ist. Zudem gelten gerade internationale Einzelwagenverkehre als kaum planbar. Hier haben jedoch inzwischen einige Güterbahnen die Initiative X-Rail mit dem Ziel gegründet, die Pünktlichkeit und Planbarkeit wesentlich zu verbessern (www.xrail.eu).

Zum anderen sind Schienensysteme zwar besser planbar, im Störungsfall aber auch sehr viel anfälliger. Während bei einer Störung des Straßenverkehrssystems, z. B. durch eine unfallbedingte Sperrung einer Autobahn, durch die hohe Netzdichte eine Vielzahl von Umleitungsalternativen besteht, existieren derartige Umleitungen beim Schienensystem nur bedingt. Zwar gibt es auf den Hauptstrecken eine Vielzahl von Überholgleisen. Kommt es jedoch zu einer größeren Störung, sei es durch unwetterbedingte Störungen, Personenunfälle oder Lokdefekte, bestehen in vielen Fällen kaum Umleitungsmöglichkeiten.

Fast jeder fünfte Befragte sieht beim Schienengüterverkehr ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Dies ist zwar kein überragend guter Wert, zeugt jedoch davon, dass sich für viele Kunden die Nutzung der Schiene lohnt und sich das frühere Image des Schienengüterverkehrs, sehr teuer zu sein, etwas relativiert hat.

Weiterhin sehen einige Unternehmen einen Vorteil der Schiene darin, die benötigte Transportkapazität flexibel anpassen zu können, sodass z. B. an einem Tag drei Waggons bestellt werden, während am nächsten Tag nur ein Waggon geordert wird. Natürlich bietet auch der Straßengüterverkehr diesen Vorteil. Hier führen wechselnde Kapazitätsanforderungen jedoch i. d. R. zu höheren Preisen, während die Güterbahnen hier bisher kaum preisliche Anpassungen vornehmen. In vielen Analysen, die der Autor auch bei seinen früheren Tätigkeiten als Bereichsleiter bzw. Geschäftsführungsmitglied von Güterbahnen durchgeführt hat, zeigte sich immer wieder, dass diese Flexibilität von den Kunden heute als ein nicht zu unterschätzender Vorteil gesehen wird. Die Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass dadurch das System Schiene sehr schwierig planbar ist, was bei einem sehr fixkostenintensiven Verkehrsträger zu erheblichen Herausforderungen führt. Insofern ist es auch nicht erstaunlich, dass es inzwischen von vielen Güterbahnen die Planung gibt, zur besseren Kapazitätsplanung stärker zu festen Buchungssystemen überzugehen und von den Kunden eine frühzeitigere Planung zu verlangen.

Neben den Gründen für die Schiene wurden die Verlader bei der Umfrage 2007 auch nach den Argumenten gefragt, die gegen die Nutzung der Schiene sprechen (Wittenbrink 2008, S. 25 ff.). Da die gleichen Fragen zwei Jahre später bei einer weiteren BME-Umfrage noch einmal gestellt wurden, ist auch ein interessanter Vergleich möglich (Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Gründe, die gegen die Schiene sprechen. (Wittenbrink und Gburek 2009, S. 3 ff.)

Als Hauptgrund, die Schiene nicht zu nutzen, wird die mangelnde Schnelligkeit und Flexibilität genannt. Hier hat der Schienengüterverkehr als schienengebundenes und auf eine intensive Planung ausgerichtetes System wesentliche Systemnachteile und kann bei Weitem nicht so flexibel, aber auch nicht so schnell wie der Straßengüterverkehr sein.

Zuweilen wird argumentiert, dass der Einzelwagenverkehr eine sehr geringe Durchschnittsgeschwindigkeit hat, was tatsächlich der Fall ist. Sind nämlich zur Bündelung der Einzelsendungen viele Rangiervorgänge nötig, kostet das im Vergleich zu einem Lkw, der direkt fährt, sehr viel Zeit. Nicht viel anders stellt sich die Situation jedoch beim vom Lkw dominierten Stückgutverkehr dar. Auch hier sind mindestens zwei Umschlagvorgänge in den Speditionsterminals notwendig, sodass bezogen auf die einzelne Palette auch hier die Durchschnittsgeschwindigkeit vergleichsweise gering ist. Anders sieht die Situation beim Ganzzugverkehr oder beim Kombinierten (Ganzzug-)Verkehr über weite Strecken aus. Hier ist die Geschwindigkeit in vielen Fällen wettbewerbsfähig, insbesondere dann, wenn auf langen Distanzen durch Lokführerwechsel keine Lenk- und Ruhezeiten eingehalten werden müssen.

Ein weiterer zentraler Grund gegen die Schienennutzung ist, dass viele Versender bzw. Empfänger über keinen Gleisanschluss verfügen. Der naheliegende Schluss wäre jetzt, mehr Gleisanschlüsse zu fordern. Hier setzen ja auch die einschlägigen Gleisanschlussförderprogramme an (VDV 2012, 2014). In der Praxis lohnt sich der Bau und Unterhalt (!) eines Gleisanschlusses aber nur dann, wenn das Unternehmen auch über ein entsprechendes (zielreines) Aufkommen verfügt. Im Zuge des Güterstruktureffektes werden die Sendungen jedoch immer kleiner, sodass für viele Unternehmen das eigene Sendungsvolumen zu gering ist, um ganze Waggons bzw. Wechselbrücken für einzelne Relationen zu füllen. Hier sind die Logistikdienstleister gefragt: Ohne eine Bündelung der Sendungen auf bahngerechte Mengen und (Umschlag-)Orte fahren viele Sendungen schlichtweg an der Schiene vorbei.

Neben den Bahnen kommt auch Bahnspeditionen eine ganz neue Rolle zu, wobei hier weniger das Herstellen und Produzieren, sondern vielmehr das Bereitstellen und Organisieren im Vordergrund stehen. Dabei können sich ganz neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Bahnen, Bahnspeditionen und Kunden ergeben. Wichtig ist hierbei die Sicherstellung eines einfachen und diskriminierungsfreien Zugangs zu Rangieranlagen und zur Nahbereichsbedienung. Ist dies erfüllt, besteht nach einer Studie der hwh Gesellschaft für Transport- und Unternehmensberatung mbH für das Schweizer Bundesamt für Verkehr die Chance, dass diese neuen Organisations- und Kooperationsmodelle in Verbindung mit einem Wettbewerb um die besten Lösungen zu ganz neuen Perspektiven für Einzelwagenverkehr führen (Wittenbrink et al. 2013, S. 24 ff.).

Dass nach den Umfragen ca. ein Drittel der Befragten die Preise im Schienengüterverkehr für zu hoch hält, zeigt nicht unbedingt gleich einen Handlungsbedarf auf, da dies ja anscheinend zwei Drittel der Befragten nicht als Ablehnungsgrund angeben. Zudem erweist es sich selten als gute Strategie, nicht über das gute Produkt, sondern mit einer Niedrigpreisstrategie zu versuchen, neue Kunden zu gewinnen.

Weit kritischer ist da schon die in der BME-Umfrage geäußerte Kritik am Kundenservice. Mehr als vierzig Prozent wünschen sich einen besseren Kundenservice vonseiten der Güterbahnen, was zu denken gibt. Hinzu kommt die Kritik an den zumindest bei vielen ehemaligen Staatsbahnen zu komplizierten und kundenunfreundlichen Abrechnungen. Bemängelt wird ebenfalls das Fehlen von Ansprechpartnern bei der Bahn. Dieser Umfrage-Wert ist zwar zwischen den Umfragen etwas zurückgegangen, aber immer noch viel zu hoch. Die Preis-Kommunikation der Bahn hat sich offensichtlich verbessert. Während 2007 noch 15,7 % keine genauen Bahn-Preise kannten, waren es zwei Jahre später nur noch 6,7 %.

Während sich die vorgestellten Umfragen auf den Schienengüterverkehr insgesamt bezogen, haben der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) e. V. mit dem Autor dieses Beitrags im Jahr 2011 und 2014 eine Sonderumfrage zum Kombinierten Verkehr (KV) durchgeführt. Die Ergebnisse sind insgesamt mit den Umfrageergebnissen zum Schienengüterverkehr vergleichbar. Der Vorteil des KV liegt jedoch darin, dass kein Gleisanschluss notwendig ist, da der Vor- bzw. Nachlauf zum Umschlagterminal per Lkw durchgeführt wird. Dem stehen jedoch hohe Systemkosten in Form von Vor-, Nachlauf- und Umschlagkosten gegenüber. Auch wenn diese Randbedingungen viele Unternehmen von der KV-Nutzung abhalten, zeigt sich, dass unter bestimmten Rahmenbedingungen der KV für die Unternehmen eine preisgünstige Alternative zum Lkw sein kann. Da die Vorstellung der detaillierten Umfrageergebnisse den Rahmen dieses Beitrages übersteigen würde, wird hier auf die entsprechenden Quellen verwiesen (Wittenbrink und Gburek 2011, 2014).

Für viele Unternehmen ist der KV auch gerade im Seehafenhinterlandverkehr, d. h. dem Transport von Seecontainern von und zu den Seehäfen, attraktiv, zumal hier viele Vorteile zusammenkommen:

  • Zumeist längere Distanzen,

  • vergleichsweise hohe Sendungsgewichte,

  • i.d.R. weniger zeitkritische Transporte,

  • im Hafen kaum anfallende Vor- bzw. Nachlaufkosten und

  • der Vorteil, dass im Vergleich zum Lkw nur im Hafenhinterland ein zusätzlicher Umschlag notwendig ist.

3.5 Notwendige Veränderungen auf Seiten der Bahndienstleister

Insgesamt zeigt sich, dass der Schienengüterverkehr durchaus eine Vielzahl von logistischen Vorteilen hat, die Potenziale aber beschränkt sind. Liegt der Modal Split des Schienengüterverkehrs heute bei ca. 17 %, so wird es in Zukunft kaum möglich sein, über einen Anteil von 20 bis 25 % hinauszukommen. Die größten Potenziale werden dabei beim Kombinierten Verkehr (KV) gesehen, der jedoch aufgrund der hohen Systemkosten für die Umschläge und die Vor- und Nachläufe erst ab einer Distanz von 400 bis 500 km, im Seehafenhinterlandverkehr ab etwa 300 bis 400 km wirtschaftlich eingesetzt werden kann.

Aber auch die Bahnen sind gefragt. Gerade bei ehemaligen Staatsbahnen bestehen mögliche Ansätze z. B. darin, (Wittenbrink 2007, S. 512 ff.; 2013b, S. 16)

  • die Fertigungstiefe zu reduzieren, um flexibler auf Konjunkturschwankungen reagieren zu können,Footnote 6

  • die nach wie vor starke Produktionsorientierung zugunsten einer stärkeren Marktorientierung zu reduzieren,

  • die bei vielen Güterbahnen vorherrschende Marktbereichsorganisation zugunsten einer stärkeren Korridor- und Regionsorganisation zu entwickeln, um dadurch wieder einen stärkeren Fokus auf die Auslastung der Züge zu erhalten, und

  • eine eher dezentrale Organisationsstruktur mit kleineren und klar voneinander abgegrenzten Geschäftseinheiten zu schaffen, um die Komplexität und damit die Overheadkosten zu reduzieren und die Flexibilität zu erhöhen.

Eine zentrale Rolle zur stärkeren Verlagerung auf die Schiene wird auch bei den Speditionen liegen. Hier sind zum einen Bahnspeditionen gefragt, die verbunden mit neuen Organisationsformen im Einzelwagenverkehr immer mehr die Rolle eines WLV-Operateurs wahrnehmen können, indem sie feste Zugkapazitäten kaufen und diese dann an Kunden vermarkten (Wittenbrink 2012c, S. 8 f.). Zum anderen ist aber auch die klassische Spedition gefragt, die zunehmend kleineren Sendungsgrößen in Form von Stückgutsendungen oder Teilpartien zu kompletten Sendungen zu bündeln und auf die Schiene zu verlagern. Ohne eine enge Kooperation mit Speditionen wird die Verlagerung nicht gelingen.

3.6 Räumliche und zeitliche Bündelung als weiterer Erfolgsfaktor für die Schiene

Ein weiterer Aspekt betrifft auch die Anforderungen an den Transport. Je größer die zeitliche und räumliche Bündelung von Transporten, desto größer ist die durchschnittliche Sendungsgröße und damit auch die Chance, komplette Ladungsverkehre auf der Schiene zu organisieren.

Die räumliche Bündelung betrifft insbesondere die Frage, ob die Verlader eher Zentrallager mit Distribution eher kleinerer Sendungen oder Regionallager mit gebündelten Transporten zu den Lagern nutzen. Zudem ist es neben der Bündelungsfähigkeit des Transport- und Logistikdienstleisters von großer Bedeutung, ob das Logistiksystem nach dem Pull- oder Push-System organisiert ist. Während beim Pull-System die Nachfrage die Transporte steuert und somit eher kleine Sendungsgrößen resultieren, stehen beim Push-Prinzip das Angebot und die Möglichkeiten der Bündelung von Transportströmen im Vordergrund, was die Chance für die Schiene wesentlich erhöht.

Die zeitliche Bündelung ist im Wesentlichen von der notwendigen Schnelligkeit der Transporte abhängig. Erfolgt z. B. bei allen Sendungen eine tägliche Lieferung, sind die Sendungsgrößen vergleichsweise gering. Ist es hingegen möglich, die einzelnen (weniger zeitkritischen) Sendungen auf wenige Tage in der Woche (z. B. für bestimmte Relationen) zu konsolidieren bzw. eine höhere Flexibilität bei der Zustellung der Sendungen zu haben, sind ganz andere Bündelungsmöglichkeiten und somit Sendungsgrößen möglich.

Hinzu kommt ein weiterer Aspekt. Für die an Bedeutung immer weiter zunehmenden Stückgutverkehre spielt der Kombinierte Verkehr heute faktisch keine Rolle, zumindest bei nationalen Transporten. Ein Hauptgrund liegt darin, dass Stückgutspeditionsterminals heute so organisiert sind, dass die letzten Sendungen erst am späten Abend gegen 21.00 Uhr und später das Speditionsterminal verlassen, während die ersten Fahrzeuge schon wieder am frühen Morgen zwischen 3.00 Uhr und 4.00 Uhr im Empfangsterminal ankommen müssen, um noch alle Nahverkehrsfahrzeuge des Tages zu erreichen. Da der KV jedoch noch zusätzlich jeweils ca. eine Stunde für den Transport vom Speditionsterminal zum KV-Umschlagbahnhof benötigt, ist die verbleibende Zeit zu kurz, um die notwendigen Distanzen zu überwinden. Gleichzeitig sind lange Distanzen jedoch ein wesentlicher Erfolgsfaktor für den Einsatz des Kombinierten Verkehrs, weil sich dann die hohen Systemkosten auf mehr Kilometer „verteilen“. Daher besteht hier ein Zielkonflikt, da einerseits die möglichen Zeitfenster nur vergleichsweise kurze Distanzen zulassen, während andererseits gerade lange Distanzen für die Wirtschaftlichkeit benötigt werden.

Insofern kommt der Stückgutverkehr im wahrsten Sinne des Wortes erst dann zum Zuge, wenn der Transport nicht wie üblich innerhalb von 24 h, sondern bis maximal 48 h erfolgt. In diesem Fall gäbe es die Möglichkeit, anstatt Tag A/Tag B-Verbindungen Tag A/Tag C-Verbindungen anzubieten und den zweiten Tag, also Tag B, für den Hauptlauf auf der Schiene zu nutzen. Ob derartige Modelle wirklich tragfähig sind, muss im Detail geprüft werden. Entscheidend ist jedoch, dass die Verlader für die zeitlich nicht so dringenden Transporte längere Laufzeiten akzeptieren. Insofern ist ein wesentlicher Hebel zu mehr Schienengüterverkehr auch eine gewisse Entschleunigung der Transporte. Nach einer BME/DHBW-Untersuchung zum KV (Wittenbrink und Gburek 2011) geben ja fast drei Viertel der Transport- und Logistikdienstleister an, dass sie den KV stärker nutzen könnten, wenn die Verlader bereit wären, längere Transportzeiten zu akzeptieren. Dass nach der gleichen Umfrage ca. ein Drittel der Verlader dazu bereit wäre, zeigt schon Interesse, es muss aber auch noch Überzeugungsarbeit geleistet werden.

4 Vermindern

4.1 Kraftstoffeinsparung und CO2-Reduktion

Auch wenn sich sicherlich ein Teil der heutigen Verkehre vermeiden bzw. verlagern lässt, müssen Ansätze gefunden werden, die resultierenden Verkehre mit möglichst geringen Schadstoffemissionen durchzuführen (Verminderung der Emissionen). Welche Ansätze hierzu bestehen, wird im Folgenden am Beispiel der CO2-Emissionen vorgestellt. Da ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Treibstoffverbrauch und der CO2-Emission besteht (Tab. 1), kann auf die vom Autor analysierten entwickelten Ansätze zur Kraftstoffeinsparung zurückgegriffen werden (Wittenbrink 2014, S. 149 ff.).

Tab. 1 Kostensenkung und Reduktion von CO2-Emissionen durch Kraftstoffeinsparungen beim Lkw. (Quelle: Wittenbrink 2014, S. 179)

Für die Akzeptanz von Verminderungsstrategien ist die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen von zentraler Bedeutung. Die Wirtschaftlichkeit ist wiederum erheblich von der Höhe des Dieselpreises abhängig (Abb. 5). Wird der Mitte 2014 geltende durchschnittliche Dieselpreis für Großverbraucher in Höhe von 1,15 € (netto) je Liter Dieselkraftstoff zugrunde gelegt, weisen mit Ausnahme des Einsatzes von Hybridfahrzeugen sämtliche aufgezeigten Maßnahmen eine hohe Wirtschaftlichkeit aus. Abgesehen davon, dass angesichts der Endlichkeit der Ölreserven und der zu erwartenden weltweiten Nachfragesteigerung nach Ölprodukten mittelfristig wieder mit steigenden Dieselpreisen zu rechnen ist, zeigt die folgende Abbildung, dass sich selbst bei dem Anfang 2015 geltenden Dieselpreis von 1 € je Liter Dieselkraftstoff die Maßnahmen rentieren.

Abb. 5
figure 5

Wirtschaftlichkeit von kraftstoffsparenden Maßnahmen

Da mit jedem verbrannten Liter Diesel eine Emission von 3,15 kg an CO2 verbunden ist (DSLV 2013, S. 12; Wittenbrink 2014, S. 319), entspricht die relative Kraftstoffeinsparung gleichzeitig der entsprechenden CO2-Reduktion. Es sei an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen, dass die Maßnahmen nicht beliebig kumulierbar sind, da sie sich z. T. gegenseitig ergänzen bzw. bei gleichzeitiger Durchführung Doppelzählungen auftreten können (z. B. Fahrerschulung und Telematikeinsatz). Darüber hinaus können die Effekte nicht addiert werden, da sie nur multiplikativ verknüpft sind. Schließlich werden einige Maßnahmen nur bei den Fernverkehrs-Lkw angewendet, andere wiederum werden beim Verteiler-Lkw eingesetzt.

Insofern können die Maßnahmen als Checkliste für die Optimierung des eigenen Fuhrparks angesehen werden. Insgesamt zeigt sich jedoch, dass erhebliche Potenziale zur Kraftstoffeinsparung und damit zur Reduktion der CO2-Emissionen bestehen. Dabei bietet es sich an, die Effekte der einzelnen Maßnahmen im eigenen Fuhrpark zu prüfen und über den Einsatz zu entscheiden. Die tatsächlichen Effekte hängen sehr stark von den Gegebenheiten im Betrieb ab.

Aufbauend auf den Erkenntnissen zu den Potenzialen zur CO2-Reduktion gehen immer mehr Unternehmen dazu über, Flottenpotenzialanalysen durchzuführen. Hierbei werden die tatsächlich vorhandenen Potenziale bei dem spezifischen Unternehmen mit der Ist-Situation verglichen. Dies kann zum einen sehr detailliert bei einem spezifischen Fuhrpark erfolgen, wobei die Daten jedes einzelnen Fahrzeugs berücksichtigt werden. Zum anderen haben sich auch internetbasierte Flottenpotenzialanalysen bewährt, bei denen Verlader ihre Transportunternehmen auffordern, spezifische Fragen zu ihrer Flotte zu beantworten. Anhand der Antworten wird dann eine Flottenpotenzialanalyse mitsamt einer Klassifizierung der Unternehmen durchgeführt. Auf dieser Basis lassen sich dann konkrete Verbesserungsmaßnahmen vereinbaren und nachhalten. Nach Erfahrungen des Autors dieses Beitrags zeigen derartige Analysen i. d. R. erhebliche CO2-Minderungs- und Kostensenkungspotenziale. Zumeist einigen sich Verlader und Transportunternehmen darauf, die erzielten Kosteneinsparungen zu teilen, wenn die Analyse vom Verlader initiiert wird. Viele Verlader führen eine entsprechende Analyse auch dann durch, wenn es darum geht, durch Kosteneinsparungen möglichen Preiserhöhungen entgegenwirken zu können.

4.2 Flottenpotenzialanalysen

Insgesamt zeigt sich, dass im Bereich der Kraftstoffeinsparung noch erhebliche Potenziale bestehen. Wie Gespräche des Autors mit Transportunternehmen zeigen, werden diese nach wie vor unzureichend genutzt. Die Ursache dafür liegt zum einen im mangelnden Wissen über die Potenziale. Hier ist also Aufklärungsarbeit notwendig. Zum anderen hat die Zurückhaltung auch mit der angespannten Liquidität bei vielen Transportunternehmen zu tun. Wie Tab. 1 zeigt, ist es oftmals sinnvoll, in eine bessere Fahrzeugausstattung zu investieren, um die Betriebskosten zu senken. Hierfür fehlt bei einigen Unternehmen jedoch die notwendige Liquidität.

Die Liste der Maßnahmen ist jedoch nicht nur für die Fuhrparkbetreiber interessant. Auch Verlader gehen zunehmend dazu über, im Rahmen ihres Umweltmanagements und der Erstellung von Carbon-Footprint-Analysen auch die Lieferanten und hier insbesondere die Transportunternehmen einzubeziehen. Die dazu durchgeführten Analysen, z. B. im Rahmen von Flottenpotenzialanalysen, führen nicht selten zur Identifikation von erheblichen Potenzialen zur CO2-Reduktion. Dass mit dieser immer auch eine Senkung der Energieverbräuche verbunden ist und sich dadurch Potenziale zur Transportkostensenkung ergeben, ist ein positiver Nebeneffekt. Insofern können Umweltschutzaktivitäten, insbesondere dann, wenn diese mit Energieverbrauchssenkungen verbunden sind, auch erhebliche Kosteneinsparungen mit sich bringen. Zumindest für diesen Fall gibt es keinen Zielkonflikt zwischen Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit – im Gegenteil. Es kommt noch ein Punkt hinzu. Die Erfahrung zeigt, dass die Unternehmen, die sich intensiv mit dem Thema „Umweltschutz“ auseinandersetzen, zumeist auch insgesamt innovativer und effizienter als viele Wettbewerber sind, ihre Prozesse besser organisiert haben und neuen Ideen zumeist sehr offen gegenüberstehen.