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Die Pneumonie ist auch in unserer Zeit eine schwere Infektionskrankheit. Sie ist eine der häufigsten infektiösen Todesursachen der westlichen Industrieländer und steht an dritter Stelle unter den Infektionskrankheiten. Jede vierte ärztlich diagnostizierte Pneumonie ist nosokomial erworben. Nosokomiale Pneumonien führen neben einer verlängerten Morbidität und erhöhten Letalität zu einer Verlängerung der Krankenhausverweildauer und zu erheblichen Kosten.

Definition

Nosokomiale Pneumonien sind Lungenentzündungen, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer stationären oder ambulanten medizinischen Maßnahme stehen und davor weder bestanden noch sich in der Inkubationszeit befanden (Infektionsschutzgesetz, § 2). Sie treten frühestens 48 h nach Krankenhausaufnahme auf.

Für epidemiologische Untersuchungen ist diese Definition zu global und bedarf der Spezifizierung. Deshalb werden heute überwiegend spezifische Definitionen mit genau festgelegten Begriffen verwendet. Am weitesten verbreitet sind die Definitionen der Centers for Disease Control and Prevention [4, 21]. Unabhängig hiervon haben sich in der Patientenversorgung klinische Diagnosekriterien herauskristallisiert, die sich an den Erfordernissen einer rationalen Diagnostik und adäquaten Therapie orientieren. Sie lehnen sich an vom Nationalen Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen (NRZ) und vom Robert-Koch-Institut (RKI) festgelegte Definitionen an [36] und sind in der AWMF-S3-Leitlinie „Epidemiologie, Diagnostik und Therapie erwachsener Patienten mit nosokomialer Pneumonie“ veröffentlicht [3]. Demnach soll die Diagnose der nosokomialen Pneumonie gestellt werden bei neuem oder progredientem Infiltrat in Kombination mit 2 von 3 weiteren Kriterien: Leukozyten > 10.000 oder < 4000/µl, Fieber ≥ 38,3 °C, purulentes Sekret.

Differenzialdiagnostisch sind u. a. Atelektasen (Sekretverlegung), Herzinsuffizienz/Überwässerung, alveoläre Hämorrhagie, interstitielle Lungenerkrankungen, ARDS und Lungenarterienembolien abzugrenzen. Die Sensitivität dieser Kriterien liegt bei etwa 70 %, so dass die Diagnose, vor allem die der Beatmungspneumonie, eine Arbeitsdiagnose ist, die täglich kritisch überprüft werden muss [24].

Klinisch unterscheidet man Pneumonien invasiv beatmeter Patienten („ventilator-associated pneumonia“, VAP) und Pneumonien bei spontan atmenden oder nichtinvasiv beatmeten Patienten („hospital acquired pneumonia“, HAP), ferner Pneumonien bei Personen, die sich in regelmäßigem engen Kontakt mit stationären oder teilstationären Bereichen des Gesundheitssystems oder von Pflegeeinheiten befinden, aber nicht stationär aufgenommen werden („healthcare-associated pneumonia“, HCAP) sowie Pneumonien bei Patienten mit Immundefizit, die durch ein sehr breites Erregerspektrum charakterisiert sind.

Definition der nosokomialen Pneumonie nach den Kriterien des RKI (2011) [36]

Röntgenuntersuchung des Thorax zeigt neues oder progressives und persistierendes Infiltrat, Verdichtung, Kavernenbildung oder pleuralen Erguss

und mindestens eines der folgenden Kriterien:

  • Leukozytose (≥ 12.000/mm3) oder Leukopenie (< 4000/mm3),

  • Fieber > 38 °C ohne andere Ursache,

  • Verwirrtheit ohne andere Ursache bei Patienten ≥ 70 Jahre

und mindestens 2 der folgenden Kriterien:

  • neues Auftreten von eitrigem Sputum/Trachealsekret oder Veränderung der Charakteristika des Sputums/Trachealsekrets (Farbe, Konsistenz, Geruch) oder vermehrte respiratorische Sekretion oder vermehrtes Absaugen,

  • neuer oder zunehmender Husten oder Dyspnoe oder Tachypnoe,

  • Rasselgeräusche oder bronchiales Atemgeräusch,

  • Verschlechterung des Gasaustausches (z. B. erhöhter Sauerstoffbedarf, neue Beatmungsnotwendigkeit).

Bakterielle Pneumonie, wenn mindestens eines der folgenden Kriterien hinzukommt:

  • kultureller Nachweis eines Erregers aus Blutkulturen (nicht assoziiert zu anderen Infektionen),

  • kultureller Nachweis eines Erregers aus Pleuraflüssigkeit,

  • kultureller Nachweis eines ätiologisch in Frage kommenden Erregers aus Trachealsekret, bronchoalveolärer Lavage (BAL) oder geschützter Bürste,

  • intrazellulärer Bakteriennachweis in ≥ 5 % der bei BAL gewonnenen Zellen,

  • histopathologische Untersuchung zeigt

    • den kulturellen Nachweis von Erregern im Lungengewebe oder

    • den Nachweis invasiver Pilzhyphen oder

    • Pseudohyphen im Lungengewebe oder

    • Abszesse oder

    • Verdichtungen mit Ansammlung zahlreicher polymorphkerniger Neutrophilen in Bronchiolen und Alveolen.

Atypische Pneumonie, wenn mindestens eines der folgenden Kriterien dazukommt:

  • kultureller Nachweis eines Virus oder Nachweis von viralem Antigen in Atemwegssekreten,

  • diagnostischer Einzelantikörpertiter (IgM) oder 4-facher Titeranstieg (IgG) für einen Erreger in wiederholten Serumproben,

  • positive PCR für Chlamydien (C. pneumoniae) oder Mykoplasmen (M. pneumoniae),

  • kultureller Nachweis oder Mikroimmunfluoreszenztest (IFT) für Legionellen aus Atemwegssekret oder Gewebe,

  • Nachweis von Legionella-pneumophila-Antigen (Serotyp 1) im Urin.

Epidemiologie

Die Inzidenz der nosokomialen Pneumonie liegt in den westlichen Industrieländern bei 0,6–1,32 %, die Prävalenzrate zwischen 10 und 20 %, d. h. 0,6–1,32 % aller stationären Patienten erkranken während ihres Krankenhausaufenthaltes an einer Lungenentzündung und jeden Tag wird bei 10–20 % der stationären Patienten eine nosokomiale Pneumonie diagnostiziert [16]. Nach statistischen Angaben sind 15–20 % der nosokomialen Erkrankungen Pneumonien, ca. 30 % davon kommen auf Intensivstationen vor [37]. Die nosokomiale Pneumonie steht an zweiter, auf Intensivstationen sogar an erster Stelle der im Krankenhaus erworbenen Infektionen. Auf Intensivstationen sind ca. 86 % der Pneumonien beatmungsassoziiert (Beatmungspneumonie) [37]. Die nosokomialen Infektionen resultieren in längeren Krankenhausverweildauern und in entsprechend höheren Kosten [1].

Zum Vergleich der eigenen Infektionsraten mit denen anderer Krankenhäuser oder mit Referenzzentren sind prozentuale Angaben weniger gut geeignet; besser ist die Angabe standardisierter Infektionsraten, die zu den Beatmungstagen oder der Behandlungsdauer in Beziehung gesetzt werden (z. B. Infektionsrate pro 1000 Beatmungstage/Behandlungstage).

Auf Intensivstationen lag die Zahl der Pneumonien pro 1000 Beatmungstage zwischen 3,3 Fällen in den USA und 13,3 Fällen weltweit [22]. In Deutschland werden seit 1997 die nosokomialen Infektionen mittels des Krankenhaus-Infektions-Surveillance-Systems (KISS) auf Intensivstationen erfasst und analysiert.

Die Zahl der Pneumonien pro 1000 Beatmungstage, die im Jahr 2000 noch 8,7 Fälle betrug, nahm stetig ab und lag 2010 bei 3,8 Fällen [14]. In einer weiteren Studie beträgt bei Patienten mit invasiver Beatmung die Pneumonierate 5,4 pro 1000 invasive Beatmungstage, bei Patienten mit nichtinvasiver Beatmung 1,6 pro 1000 nichtinvasive Beatmungstage und bei Patienten ohne Beatmung 0,6 pro 1000 Patiententage. Die Raten der beatmungsassoziierten Pneumonien (VAP) unterscheiden sich nach der Art der Intensivstation und sind auf chirurgischen Intensivstationen am höchsten, auf pädiatrischen Intensivstationen am geringsten [32]. Für Pneumonien auf Normalstationen gibt es nur wenige Daten. In Deutschland wurde in der NIDEP-Studie eine Inzidenzdichte von 0,95 pro 1000 Patiententage ermittelt [38]. In den USA erkranken jährlich 250.000–300.000 Patienten [25], in Deutschland wird die Zahl auf 80.000 Patienten geschätzt [15]. Von diesen Patienten sterben 10–47 % an den Folgen [33]. Bei Infektionen durch Pseudomonas aeruginosa kann die Letalität signifikant ansteigen. Nach KISS beträgt die Letalität auf Intensivstationen bei nichtinvasiver Beatmung 21,3 %, bei invasiver Beatmung 18,1 % und bei Patienten ohne Beatmung 13,3 % [26]. Bei zwei Drittel der verstorbenen Patienten trägt die Pneumonie als Komplikation des terminalen Krankheitsverlaufes zum Tode bei. Ein Drittel der Patienten stirbt jedoch an den Folgen einer pulmonalen Infektion – ohne schwere Grunderkrankungen aufzuweisen – und wäre ohne diese Infektion nicht verstorben [37]. Nach neuesten Studien wurde die zusätzliche Letalität der Beatmungspneumonie als zeitabhängige Variable ermittelt und ergab 8–13,5 % [34]. Dies deutet darauf hin, dass die Letalität der beatmungsassoziierten Pneumonie wahrscheinlich niedriger ist als bisher angenommen. Bei den nichtbeatmeten Patienten, die überleben, verlängert sich die Liegezeit um durchschnittlich 4–9 Tage, intubierte Patienten mit einer Pneumonie müssen 18–22 Tage länger behandelt werden als Patienten ohne Lungenentzündung [37].

Risiken

Das Infektionsrisiko der nosokomialen Pneumonien wird zum größten Teil von endogenen (85 %) und zu einem kleineren Anteil von exogenen Faktoren (15 %) bestimmt.

Endogene Risikofaktoren sind patientenspezifisch und hängen maßgeblich von der Grunderkrankung des Patienten, von dessen Alter, Ernährungszustand und Immunstatus ab. Besonders gefährdet sind betagte Patienten (> 70 Jahre), ferner Patienten mit Raucheranamnese, chronischen Lungenerkrankungen, pulmonalen Vorerkrankungen, schweren systemischen Grunderkrankungen sowie bewusstseinsgetrübte Patienten. Auch bei Patienten mit Polytrauma, Peritonitis oder ausgedehnten Verbrennungen wurden höhere Pneumonieraten beobachtet.

Exogene Risikofaktoren sind die mangelnde Einhaltung von Hygienevorschriften (Händedesinfektion, Handschuhe, Schutzkittel) durch das medizinische Personal oder der Kontakt mit kontaminierten Geräten (Beatmungsgeräte, Atemluftanfeuchter, Vernebler, Raumluftbefeuchter), die zu einer Übertragung von potenziell pathogenen Keimen auf den Patienten führen können. Dazu kommen die Verabreichung von Immunsuppressiva wie Cortison, welche die Immunabwehr der Patienten herabsetzen, die Gabe von Sedativa oder Narkotika, die das Risiko für eine Aspiration beinhalten, sowie eine nicht adäquate antibiotische Therapie, die zu Infektionen mit therapierefraktären resistenten Erregern führen kann [1].

Antazida und Substanzen, die den pH-Wert der Magensäure erhöhen, vergrößern die Konzentration an gramnegativen Bakterien in dem sonst keimarmen Magen. Inwiefern dies zu einem erhöhten Pneumonierisiko führt, ist unklar. Bei den operativen Patienten sind außerdem das Operationsgebiet, die Operationsdauer und die präoperative Verweilzeit zu nennen. Patienten mit thorakalen oder intraabdominellen Eingriffen entwickeln 8- bis 38-mal häufiger eine pulmonale Infektion. Bei einer Operationsdauer von mehr als 5 h und einer präoperativen Verweildauer von mehr als 7 Tagen steigt die Pneumoniehäufigkeit ebenfalls an [43]. Besonders gefährdet sind intensivpflichtige und intubierte Patienten sowie Patienten, die maschinell beatmet werden müssen.

Der bedeutendste Risikofaktor für nosokomiale Pneumonien ist die maschinelle Beatmung mit endotrachealer Intubation!

So entwickeln 30–90 % der über einen längeren Zeitraum beatmeten Patienten eine Pneumonie. Das kumulative Risiko für eine pulmonale Infektion ist bei beatmeten Patienten 20-mal größer als bei nichtbeatmeten; es nimmt mit jedem Beatmungstag um 1–3 % zu. Bei einer Beatmungsdauer von bis zu 4 Tagen erkranken 2 % der Patienten, nach 5–10 Tagen 25 % und nach mehr als 10 Tagen 86 % der Patienten an einer Pneumonie [27]. Dagegen steigt das Risiko eines beatmeten Patienten, am nachfolgenden Tag eine Pneumonie zu entwickeln („conditional hazard rate“), nur bis zum 5. Tag und fällt dann wieder mit jedem Tag ab [8].

Ätiologie

Nosokomiale Pneumonien werden zu 85 % durch endogene und zu 15 % durch exogene Infektionserreger verursacht. Endogene Erreger stammen aus der körpereigenen Flora des Patienten, z. B. aus dem Darm oder dem Respirationstrakt, während das Erregerreservoir der exogenen Infektion aus der Umgebung kommt und durch direkten oder indirekten Kontakt auf den Patienten übertragen wird (Tab. 20.1).

Tab. 20.1 Häufige exogene Infektionserreger der nosokomialen Pneumonien

Die Keimspektren der nosokomialen Pneumonie wurden in zahlreichen Studien ermittelt. Die Erreger variierten innerhalb der verschiedenen Kliniken und Zeiträume wegen der unterschiedlichen Patientenpopulation und der verschiedenen diagnostischen Methoden. Dennoch besteht dahingehend Übereinstimmung, dass Bakterien die häufigsten Erreger für nosokomiale Pneumonien sind, während Pilze und Viren bei immunkompetenten Patienten nur selten eine Rolle spielen. Nach heutigen Erkenntnissen stehen gramnegative Bakterien und Staphylococcus aureus als die wesentlichen Infektionserreger im Vordergrund.

Aufgrund des unterschiedlichen Keimspektrums unterschied man bisher zwischen der „Early-onset“-Pneumonie, die zu einem frühen Zeitpunkt – d. h. innerhalb von 4 Tagen nach der stationären Aufnahme – auftritt, und der „Late-onset“-Pneumonie , die ab dem 5. Tag nach der stationären Aufnahme auftritt. Diese Einteilung wird allerdings durch aktuelle Publikationen infrage gestellt [17]. Bei den durch KISS ermittelten beatmungsassoziierten Pneumonien war kein Unterschied im Erregerspektrum der „Early-onset“-Pneumonie und der „Late-onset“-Pneumonie zu verzeichnen. Die häufigsten Erreger waren in beiden Fällen S. aureus, P. aeruginosa, K. pneumoniae und E. coli. Potenzielle multiresistente Erreger traten in beiden Gruppen zu etwa einem Drittel der Fälle auf. Darüber hinaus gab es bei der „Late-onset“-Pneumonie Patienten, bei denen keine multiresistenten Erreger nachgewiesen wurden. Dies konnte auch in weiteren Untersuchungen bestätigt werden. Die S3-Leitlinie hat daher auf diese Unterscheidung verzichtet.

Stattdessen wird in der Initialtherapie der nosokomialen Pneumonie unterschieden, ob Risikofaktoren für multiresistente Erreger (MRE) vorliegen oder nicht. Das Risiko für MRE einer beatmungsassoziierten Pneumonie (VAP) ist nicht abhängig vom Zeitpunkt der Beatmung (Intubation), sondern vom Zeitpunkt der stationären Aufnahme. Ab dem 5. Tag der stationären Aufnahme sind Risikofaktoren für MRE vorhanden, sodass die spät auftretende Pneumonie einen Risikofaktor für MRE darstellt. Des Weiteren sind zusätzliche Risikofaktoren als modifizierende Faktoren zu berücksichtigen. Wenn diese vorliegen, werden auch „Early-onset“-Penumonien als Risikofälle für MRE-Erreger angesehen. Man unterscheidet demnach in der Initialtherapie Pneumonien mit Risikofaktoren für MRE und Pneumonien ohne Risikofaktoren für MRE.

Risikofaktoren für multiresistente Infektionserreger bei nosokomialer Pneumonie. (Nach AWMF-S3-Leitlinie [3])

  • Antimikrobielle Therapie

  • Hospitalisierung > 4 Tage („late-onset“)

  • Invasive Beatmung > 4–6 Tage

  • Aufenthalt Intensivstation

  • Malnutrition

  • Strukturelle Lungenerkrankung

  • Bekannte Kolonisation durch MRE

  • Aufnahme aus Langzeitbereichen, chronische Dialyse, Tracheostomaträger, offene Hautwunden

Beide Pneumonie-Arten unterscheiden sich in ihrem Keimspektrum (Tab. 20.2).

Tab. 20.2 Häufige Infektionserreger der nosokomialen Pneumonien. (Nach AWMF-S3-Leitlinie [3])
  • Das Keimspektrum der Pneumonie ohne Risikofaktoren für MRE entspricht dem der ambulant erworbenen Pneumonie und besteht in erster Linie aus Pneumokokken, Haemophilus-Spezies, Moraxellen, Staphylococcus aureus (i. d. R. Oxacillin-sensible Stämme, MSSA) und bei betagten Patienten zusätzlich aus aeroben gramnegativen Stäbchen wie Escherichia coli oder Klebsiellen (Tab. 20.2).

  • Das Keimspektrum der Pneumonie mit Risikofaktoren für MRE setzt sich häufiger aus Enterobacteriaceae, zu 20–30 % aus grampositiven Kokken einschließlich S. aureus und MRSA zusammen; 40–60 % der Infektionen sind polymikrobiell [5]. Mit andauernder Beatmung nimmt der Anteil an Pseudomonas aeruginosa, Acinetobacter spp., Stenotrophomonas maltophilia und resistenten Keimen zu [1] (Tab. 20.2)

In den Empfehlungen der „American Thoracic Society“ (ATS) wird eine neue Kategorie der Pneumonie, die „Healthcare-associated pneumonia“ (HCAP), gesondert berücksichtigt [1]. Damit soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass viele Patienten heute aus Pflegeeinrichtungen kommen und bereits bei der Einweisung ins Krankenhaus mit resistenten oder multiresistenten Bakterien besiedelt sein können. Da das Konzept der HCAP eindeutig eine Eskalation der initialen antimikrobiellen Therapie mit Breitspektrumantibiotika verlangt, ist es nicht unumstritten [12, 39]. In Deutschland hat es sich nicht durchgesetzt. Dennoch erscheint es erforderlich, Patienten aus Pflegeheimen oder aus anderen medizinischen Einrichtungen wie Patienten mit Risikofaktoren für MRE zu behandeln. Liegen besondere Risikofaktoren vor, ist mit einem veränderten, häufig resistentem Erregerspektrum zu rechnen, das bei der kalkulierten antibiotischen Therapie berücksichtigt werden muss (Tab. 20.3).

Tab. 20.3 Häufiges Erregerspektrum der nosokomialen Pneumonie bei Risikofaktoren

Anaerobier spielen bei der Beatmungspneumonie eine untergeordnete Rolle; sie wurden vorwiegend bei Aspirationspneumonie isoliert. Neben Patienten mit Schluckstörungen oder neurologischen Grunderkrankungen wurde sie bei Narkoseeinleitung, schwieriger Intubation, Tracheotomie, bei sehr betagten Patienten oder bei Patienten mit Reflux beobachtet [31]. Legionellen, Mycoplasma pneumonie oder Chlamydia pneumoniae können bei Ausbrüchen eine Rolle als nosokomiale Pneumonieerreger spielen, ebenso wie Adenoviren, Influenzaviren A und B und RS-Viren.

Herpes-simplex-Viren (HSV) und Zytomegalieviren (CMV) gewinnen eine zunehmende Bedeutung für die Ätiologie der Beatmungspneumonie [6, 23]; daran sollte insbesondere bei Therapieresistenz gedacht werden.

Bei den durch KISS ermittelten beatmungsassoziierten Pneumonien sind die häufigsten Erreger S. aureus, gefolgt von P. aeruginosa und Klebsiella pneumoniae. Bei den durch S. aureus verursachten Infektionen ist der Anteil der Methicillin-resistenten S.-aureus-Stämme (MRSA) seit 2001 etwa gleich geblieben (ca. 21 %). Dagegen stieg der Anteil der ESBL-Bildner deutlich an [14].

Die Isolierung von opportunistischen Keimen wie koagulasenegativen Staphylokokken, Enterokokken, Neisserien und vergrünenden Streptokokken wirft die Frage nach einer Kolonisation oder potenziellen Infektion auf. In der S3-Leitlinie besteht weitgehender Konsens darüber, dass diese Bakterien der normalen Schleimhautflora der oberen Luftwege sind und keine Bedeutung als Pneumonieerreger haben, selbst wenn sie in größeren Mengen nachgewiesen werden [3].

Pilze spielen als Krankheitserreger vor allem bei immunsupprimierten Patienten eine Rolle; dies gilt insbesondere für Aspergillus fumigatus bei Patienten mit Neutropenie. Die Isolierung von Candida spp. in großer Zahl bei nichtimmunsupprimierten Patienten erfordert eine Abklärung zwischen Kolonisation und Infektion.

Eine Sonderstellung nimmt das Keimspektrum bei immunsupprimierten Patienten ein:

  • Bei Patienten mit Störung der zellvermittelten Immunität stehen Nokardien, Legionellen, Mykobakterien, Kryptokokken, Zytomegalieviren und Pneumocystis jirovecii im Vordergrund,

  • bei Patienten, die Corticoide erhalten, muss vorwiegend an Nokardien, Legionellen, Mycobacterium tuberculosis, Pilze (Aspergillen) und Pneumocystis jirovecii gedacht werden,

  • bei neutropenischen Patienten haben Pneumokokken, Streptokokken, S. aureus, Enterobacteriaceae, einschließlich P. aeruginosa und Aspergillen eine wichtige Bedeutung,

  • bei Leukämiepatienten oder Patienten nach Knochenmarktransplantation ist an Pneumokokken, Haemophilus influenzae, aber auch an Haemophilus-Spezies zu denken.

Pathogenese

Potenziell pathogene Erreger erreichen die Lunge hauptsächlich durch Aspiration von Oropharyngealsekret. Das geschieht nicht durch große Volumina, sondern durch Mikroaspiration. Die Mikroaspiration kommt nicht nur bei Patienten, sondern auch bei Gesunden im Schlaf (40 %) vor; besonders ausgeprägt ist sie bei bewusstlosen oder beatmeten Patienten sowie bei Patienten mit Schluckstörungen (70–80 %) [18].

Unter der Beatmung kann Oropharyngealsekret , das sich oberhalb des Cuffs zwischen Trachealwand und Tubusmanschette ansammelt, in kleinen Mengen in die tiefen Atemwege gelangen und dort eine Entzündung verursachen. Durch gezieltes, regelmäßiges Absaugen oberhalb des Cuffs lassen sich die Sekretansammlungen entfernen und das Infektionsrisiko vermindern. Ob sich durch die Mikroaspiration von Oropharyngealsekret eine Pneumonie entwickelt, hängt von der lokalen Abwehrlage des Patienten sowie von der Pathogenität der oropharyngealen Keime und deren Keimzahl ab.

Bei Patienten mit kurzem Krankenhausaufenthalt besteht die oropharyngeale Flora aus apathogenen Keimen wie vergrünenden Streptokokken, apathogenen Neisserien oder koagulasenegativen Staphylokokken. Der Anteil an pathogenen oder fakultativ pathogenen gramnegativen Erregern macht nur etwa 2 % aus [9].

Mit zunehmender Liegedauer und zunehmendem Schweregrad der Erkrankung nimmt der Prozentsatz an pathogenen, gramnegativen Bakterien zu. Nach 48 h werden 30–40 % der nicht kritisch Kranken und 70–75 % der kritisch Kranken mit gramnegativen Bakterien besiedelt.

Besonders ausgeprägt ist die Besiedlung mit pathogenen Keimen bei Patienten im Koma, mit Azidose, Alkoholkrankheit, Urämie, Diabetes mellitus oder bei schlechter Abwehrlage.

Mit zunehmender Kolonisation des Oropharynx mit pathogenen Keimen erhöht sich das Risiko für eine Pneumonie. In einer Studie entwickelten 23 % der besiedelten und 3,4 % der nichtbesiedelten Patienten innerhalb von einer Woche nach Klinikaufnahme eine Infektion der tiefen Atemwege [40]. Es ist unklar, inwieweit die Keime, die durch Mikroaspiration oder Reflux aus dem Gastrointestinaltrakt in den Oropharynx und von da in die tiefen Atemwege gelangen, für die Entstehung der nosokomialen Pneumonie eine Rolle spielen. Der Magen stellt durch den niedrigen pH-Wert des Magensafts eine wirksame Barriere gegen die mit der Nahrung aufgenommen Keime dar und enthält normalerweise aufgrund der bakteriziden Wirkung der Magensäure nur wenige Bakterien. Ein Anstieg des pH-Wertes (> pH 4) begünstigt das Wachstum von Mikroorganismen im Magensaft.

Viele der beatmeten Patienten erhalten zur Stressprophylaxe H 2 -Blocker oder Sucralfat . Während H2-Blocker den pH-Wert der Magensäure anheben und damit zu einer Zunahme der gastrointestinalen oder oropharyngealen Kolonisierung führen, wirkt sich Sucralfat nicht auf den pH-Wert und die Kolonisationsrate aus. Auch die Prophylaxe mit H2-Blockern scheint sich nicht auf die Pneumonierate auszuwirken. In einem Vergleich von Sucralfat und Ranitidin bei mehr als 1200 beatmeten Patienten bestand kein Unterschied hinsichtlich der Entwicklung einer Beatmungspneumonie [7].

Beatmungs- und Narkosezubehör, Endoskope oder Bronchoskope haben aufgrund der verbesserten Aufbereitungsmethoden nur selten eine Bedeutung für die Entstehung einer nosokomialen Pneumonie. Die einzig relevanten Infektionsquellen sind Vernebler zur endobronchialen Applikation von Medikamenten oder Sauerstoffbefeuchter [41].

1 Therapie

Bei der Behandlung der nosokomialen Pneumonie steht die frühzeitige adäquate antimikrobielle Therapie, wenn möglich nach Entnahme von Untersuchungsmaterial für die Mikrobiologie, im Vordergrund. Jede Verzögerung oder inadäquate Therapie hat eine Erhöhung der Letalität zur Folge [42]. Insbesondere bei Patienten mit septischem Schock ist eine Antibiotikatherapie innerhalb der ersten Stunde nach Diagnosestellung anzustreben. Für die Auswahl der Antibiotika sind neben Kenntnissen über das lokalspezifische Erregerspektrum auch Kenntnisse über die individuellen Risikomerkmale oder Komorbiditäten der Patienten von entscheidender Bedeutung.

Die Antibiotikatherapie sollte leitliniengerecht durchgeführt werden. Dafür stehen die Leitlinien der AWMF [2, 3], die Leitlinien der American Thoracic Society (ATS) [1] und die Leitlinien der Europäischen Fachgesellschaften [42] zur Verfügung.

1.1 Nosokomiale Pneumonie ohne Risikofaktoren für multiresistente Erreger

Die initiale Therapie der nosokomialen Pneumonie ohne Risikofaktoren für MRE entspricht den Therapieregimen der ambulant erworbenen Pneumonie (AWMF, [2, 3]). Sie muss sich gegen H. influenzae, Pneumokokken und gramnegative Stäbchen, bei neurochirurgischen Patienten auch gegen S. aureus richten [13] (Tab. 20.4).

Tab. 20.4 Kalkulierte antimikrobielle Therapie der nosokomialen Pneumonie bei Patienten ohne erhöhte Risikofaktoren für multiresistente Bakterien. (Nach ATS [1], AWMF [2, 3])

Bei Infektionen durch Pneumokokken mit eingeschränkter Sensibilität gegenüber Penicillin haben sich Cephalosporine der 2. Generation (z. B. Cefuroxim) weniger wirksam erwiesen als Cephalosporine der 3. Generation (Cefotaxim, Ceftriaxon) [20]. Alternativ können auch Levofloxacin oder Moxifloxacin zum Einsatz kommen, da diese Substanzen eine Wirksamkeit gegenüber Pneumokokken besitzen. Obwohl Levofloxacin eine gute In-vitro-Wirksamkeit gegen Pneumokokken aufweist, sind Therapieversager beschrieben [10]. Cephalosporine der 3. Generation sind aber zur Therapie von S. aureus nicht geeignet; Mittel der ersten Wahl zur Behandlung von S. aureus sind Flucloxacillin, Cephalosporine der 1. Generation (z. B. Cefazolin) oder Cephalosporine der 2. Generation (z. B. Cefuroxim).

Eine Therapiedauer von 8 Tagen ist in den meisten Fällen ausreichend [3]. Bei der Therapie von Infektionen durch Pneumokokken scheinen je nach Verlauf ca. 7 Tage ausreichend zu sein, für gramnegative Stäbchen 8 Tage, für P. aeruginosa 14 Tage und für atypische Erreger 10 Tage. Unabhängig davon behandeln manche Autoren bis zu 3 Tagen nach Entfieberung.

48 bis 72 h nach Therapiebeginn muss die Initialtherapie evaluiert und ggf. deeskaliert werden. Zur Evaluation gehören die Beurteilung des klinischen Verlaufs, der Ergebnisse der initialen mikrobiologischen Diagnostik, der Röntgenverlaufsuntersuchung und der Biomarker (CRP, PCT). Sofort nach der Kultivierung und Austestung der für die Pneumonie verantwortlichen Erreger sollte eine gezielte Therapie angestrebt werden. Es sollte ein kostengünstiges Antibiotikum mit einem engen Spektrum und einer geringen Nebenwirkungsrate ausgewählt werden.

Die intravenöse Therapie kann bei der frühen Pneumonie auf eine orale Behandlung umgestellt werden (Sequenztherapie), wenn folgende Kriterien erfüllt sind [1, 2]:

  • Herzfrequenz ≤ 100/min,

  • Atemfrequenz ≤ 24/min,

  • systolischer Druck ≥ 90 mmHg, Körpertemperatur ≤ 37,8 °C,

  • Fähigkeit zur oralen Nahrungsaufnahme,

  • normaler Bewusstseinsstand,

  • keine Hypoxämie,

  • sichere orale Medikamenteneinnahme.

1.2 Nosokomiale Pneumonie mit Risikofaktoren für multiresistente Erreger

Die kalkulierte Initialtherapie der nosokomialen Pneumonie mit Risikofaktoren für MRE muss S. aureus und die Enterobacteriaceae einschließlich P. aeruginosa erfassen (Tab. 20.5).

Tab. 20.5 Kalkulierte antimikrobielle Therapie der nosokomialen Pneumonie bei Patienten mit erhöhten Risikofaktoren für MRE. (Nach ATS [1], AWMF [3])

Daraus ergibt sich die unverzichtbare Anwendung von Breitspektrumantibiotika oder kombinierten Therapieregimen, wie sie auch von den Fachgesellschaften empfohlen werden [1]. Mit dem Risikoprofil steigt auch die Wahrscheinlichkeit einer Pneumonie durch multiresistente Erreger wie MRSA, Extended-Spectrum-Beta-Lactamases-(ESBL-)bildende E.-coli- oder Klebsiella-pneumoniae-Stämme, multiresistente Pseudomonas-aeruginosa- oder Acinetobacter-Stämme sowie Bakterien mit einer Carbapenemresistenz durch Bildung von Metallo-Beta-Laktamasen (MBL).

Eine Monotherapie ist mit Breitspektrum-Penicillinen, Cephalosporinen, Carbapenemen und Fluorchinolonen möglich. Die klinischen Erfolgsquoten entsprechen denen der Kombinationstherapie mit Aminoglykosiden und liegen unabhängig vom verwendeten Antibiotikum zwischen 60 % und 90 %. Allerdings entwickelten sich bei beatmeten Patienten unter Monotherapie im Gegensatz zur Kombinationstherapie in 10–20 % der Fälle resistente Keime. So wurden unter der Therapie mit Imipenem bis zu 20 % der Pseudomonas-Stämme resistent; unter der Therapie mit Cephalosporinen der 3. Generation traten gehäuft resistente Stämme von Enterobacter cloacae, Citrobacter spp. oder Acinteobacter spp. auf, und nach der Anwendung von Fluorchinolonen stiegen die Resistenzraten von S. aureus und P. aeruginosa an [44].

Die Vorteile der Kombinationstherapie sind die Erweiterung des Wirkungsspektrums, eine Verzögerung der Resistenzentwicklung sowie eine verstärkte antibakterielle Aktivität durch einen synergistischen Effekt und dadurch ein schnelleres Ansprechen. Die Nachteile bestehen in einem erweiterten Allergie- und Nebenwirkungspotenzial sowie einem hohen Kosten- und Arbeitsaufwand. Eine Kombinationstherapie wird aber bei beatmungsassoziierter Pneumonie bei Patienten mit erhöhtem Risiko für das Vorliegen multiresistenter Bakterien, beim septischen Schock sowie bei Verdacht auf oder eine bestehende Pseudomonas-Infektion empfohlen. Nach 3 Tagen soll die Kombinationstherapie überprüft und bei Nachweis eines empfindlichen Erregers bzw. bei Stabilisierung des Patienten auf eine Monotherapie deeskaliert werden.

Die Aspirationspneumonie muss wegen der ätiologischen Bedeutung der anaeroben Bakterien zusätzlich mit Metronidazol oder alternativ mit Clindamycin behandelt werden. Ausgenommen davon sind Therapieregime mit Betalaktamase-Inhibitoren, Carbapenemen oder Moxifloxacin, da diese Substanzen eine gute Wirksamkeit gegen Anaerobier besitzen. Methicillin-resistente S.-aureus-Stämme (MRSA) erfordern eine Behandlung mit Vancomycin, alternativ mit Linezolid. Bei der Behandlung mit Vancomycin ist darauf zu achten, dass die minimale Hemmkonzentration (MHK) von MRSA gegen Vancomycin nicht erhöht ist (MHK-Creep) [42].

Mittel der Wahl bei der Behandlung der Legionellose sind nach neusten Erkenntnissen Azithromycin oder Clarithromycin, alternativ können Fluorochinolone (Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin) eingesetzt werden.

Bei einer Infektion durch ESBL-bildende Enterobacteriaceae und durch Acinetobacter spp. gelten die Carbapeneme als Mittel der ersten Wahl. Stenotrophomonas maltophilia sollte mit Cotrimoxazol oder Levofloxacin, alternativ mit Tigeyclin (schlechte Studienlage) therapiert werden. Für Carbapenem-resistente Erreger bleibt nur die intravenöse Therapie mit Colistin. Für die Inhalationstherapie mit Colistin oder Aminoglykosiden, die bei der Therapie von Mukoviszidose-Patienten gut etabliert ist, fehlt die Erfahrung [42] (Tab. 20.6).

Tab. 20.6 Antibiotikatherapie bei multiresistenten Pneumonieerregern

Zur Therapie von Aspergillosen sollte Voriconazol oder liposomales Amphotericin B eingesetzt werden.

Die genannten Empfehlungen sollten so modifiziert werden, dass die Schwere der Infektion, vorbestehende Risikofaktoren oder Grunderkrankungen sowie der Allgemeinzustand der Patienten berücksichtigt werden. Ferner muss der lokalen Resistenzsituation sowie dem üblicherweise beobachteten Keimspektrum Rechnung getragen werden.

Die Therapiedauer richtet sich nach dem klinischen Bild des Patienten. In der Regel sind bei raschem Abklingen der Symptome und deutlichem Rückgang der Entzündungsparameter 8 Tage ausreichend, auch wenn im Röntgenbild noch ein Infiltrat zu sehen ist. Zur Therapie von P. aeruginosa oder Acinetobacter spp. werden 14–21 Tage empfohlen, Legionellen müssen je nach dem verwendeten Therapieregime 2–3 Wochen behandelt werden, bakteriämische S.-aureus-Infektionen sind mindestens 14 Tage zu therapieren. Komplizierte bakteriämische S.-aureus-Infektionen, z. B. V. a. Endokarditis müssen mindestens 4 Wochen behandelt werden [13, 30].

Der Therapieerfolg hängt sowohl von der Pathogenität der Erreger als auch vom Allgemeinzustand der Patienten ab. Immunsuppression, Bakteriämie, schwere Grunderkrankungen und Befall großer Lungenareale verzögern die rasche Heilung.

Praxistipp

Im Allgemeinen sollte das Fieber unter der adäquaten antibiotischen Behandlung nach 2–5 Tagen zurückgegangen und die Leukozytose innerhalb von 3 Tagen rückläufig sein. Demgegenüber können Röntgenbilder länger als eine Woche nach Krankheitsbeginn auffällig bleiben [1, 2].

Bei Therapieversagen müssen folgende Punkte überprüft werden:

  • korrekte Diagnose,

  • Unwirksamkeit des Antibiotikums infolge zu niedriger Dosierung und/oder ungenügender Resorption,

  • Interaktionen mit anderen Arzneimitteln,

  • Erregerwechsel bzw. Vorliegen resistenter Keime sowie Pilzinfektionen bei immunsupprimierten Patienten.

Die nosokomiale Pneumonie mit Risikofaktoren für multiresistente Erreger muss – mit Ausnahme von Fluorchinolonen und Linezolid – in hohen Dosen über den gesamten Behandlungszeitraum parenteral therapiert werden, da die Wirksamkeit der Sequenztherapie nicht durch Studien belegt ist.

2 Prävention

Eine effektive Prävention nosokomialer Pneumonien muss das Erregerreservoir und den Infektionsweg aufdecken und die Übertragung von Keimen auf den Patienten sowie die Penetrationsmöglichkeiten für Mikroorganismen in das Lungengewebe unterbinden oder reduzieren [28].

Das größte Präventionspotential ist bei den exogenen Infektionen gegeben, aber auch endogene Infektionen können durch entsprechende Maßnahmen reduziert werden. Dies konnte durch die SENIC-Studie (Study on the Efficacy of Nosocomial Infection Control; [19]) bewiesen werden. Durch Ausschöpfung geeigneter Präventions-, Surveillance- und Kontrollprogramme wurden 13 % der nosokomialen Pneumonien bei internistischen und 27 % bei chirurgischen Patienten verhindert [19]. Das Augenmerk muss sich bei der Prävention von nosokomialen Infektionen insbesondere auf die Vermeidung einer Fehlbesiedlung des Oropharynx und des oberen Gastrointestinaltrakts, die Reduktion von Makro- und Mikroaspiration sowie die konsequente Einhaltung hygienischer Basismaßnahmen richten.

Eine ausführliche Darstellung und Bewertung unterschiedlicher Maßnahmen zur Prävention der nosokomialen Pneumonie findet sich in der entsprechenden Mitteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) am Robert Koch-Institut [28]. Die nachfolgende Darstellung der krankenhaushygienischen Maßnahmen zur Pneumonieprophylaxe orientiert sich eng an dieser Empfehlung, zumal diese nach wie vor in allen wesentlichen Punkten noch aktuell ist. Für die nosokomiale beatmungsassoziierte Pneumonie wurde von der KRINKO 2013 eine eigene Empfehlung publiziert [29].

Grundsätzlich ist zwischen der postoperativen und der beatmungsassoziierten Pneumonie als den beiden Hauptgruppen der nosokomialen Pneumonien zu unterscheiden.

Zu beachten:

Bei beiden Pneumonien gilt, dass die hygienische Händedesinfektion – als zweifellos wichtigste grundlegende Präventivmaßnahme – insbesondere in folgenden Situationen durchzuführen ist:

  • vor und nach jedem Kontakt mit Trachealtubus, Tracheostoma oder Beatmungszubehör,

  • vor und nach Kontakt mit Schleimhäuten,

  • nach Kontakt mit respiratorischem Sekret oder Gegenständen, die mit diesem Sekret in Berührung kamen.

2.1 Maßnahmen zur Prävention der postoperativen Pneumonie

Hier kann, wie in der KRINKO-Empfehlung dargestellt, zwischen prä-, peri- und postoperativen Maßnahmen unterschieden werden.

2.1.1 Präoperative Maßnahmen

Präoperative Maßnahmen zielen auf grundsätzliche Risikofaktoren ab, deren Bedeutung zweifellos belegt ist, die aber in der Regel nur schwer zu beeinflussen sind. Hier sind insbesondere chronische Erkrankungen der Atemwege, Rauchen, die immunsuppressive Therapie sowie ein schlechter Ernährungs- bzw. Allgemeinzustand zu benennen. Vor allem bei großen operativen Eingriffen ist es empfehlenswert, diese präoperativen Maßnahmen bereits ambulant im Vorfeld der Operation durchzuführen.

Allerdings können diese Risikofaktoren bei kritischer Betrachtung ambulant nur in seltenen Fällen kurzfristig beeinflusst werden. Am ehesten erscheint hier das präoperative physikalische Atemtraining bei Patienten mit Einschränkungen der Lungenfunktion realisierbar zu sein.

2.1.2 Perioperative Maßnahmen

Die perioperativen Maßnahmen umfassen insbesondere die Prämedikation, die keinesfalls zu einer erhöhten Aspirationsrate führen darf, sowie die Intubation und Narkoseeinleitung. Die Intubation ist nach hygienischer Händedesinfektion mit Einmalhandschuhen (nicht steril) auszuführen. Sowohl intraoperativ als auch postoperativ unmittelbar vor der Extubation müssen Atemwegssekrete, die sich im Pharyngx angesammelt haben, abgesaugt werden. Dies geschieht mit Hilfe von sterilen Absaugkathetern, die pro Patient mehrfach verwendet und zwischenzeitlich mit sterilem Wasser durchgespült werden.

Auch wenn in einer Studie der Nutzen einer oropharyngealen Antiseptik mit Chlorhexidindigluconat gefunden wurde, gibt es diesbezüglich keine einheitliche Empfehlung. Die perioperative Antibiotikaprophylaxe ist in bestimmten Situationen geeignet, die Rate postoperativer Wundinfektionen zu senken; sie hat sich bisher jedoch nicht zur Reduktion der postoperativen Pneumonierate als geeignet erwiesen.

Das Narkosezubehör kann durch die Verbreitung von Krankheitserregern die Rate postoperativer Pneumonien deutlich erhöhen. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Herstellerangaben kann heute grundsätzlich empfohlen werden, das Narkoseschlauchsystem bei Einsatz von Bakterienfiltern nur einmal täglich zu wechseln. Bei infektiösen Patienten, insbesondere MRSA-Patienten, ist das Schlauchsystem pro Patient zu wechseln. Hintergrund dieser Empfehlung ist nicht die Sorge, dass Bakterien den Filter penetrieren und auf diese Weise das Geräteinnere kontaminieren könnten, sondern die praktisch unmögliche Desinfektion der geriffelten Beatmungsschlauchoberflächen von außen. Um zu verhindern, dass durch eine MRSA-Kontamination der äußeren Oberflächen der Beatmungsschläuche bei der Beatmung des nachfolgenden Patienten eine Verbreitung der MRSA im perioperativen Umfeld auftritt, wird empfohlen, das gesamte Narkoseschlauchsystem nach Abschluss der Behandlung eines MRSA-Patienten zu wechseln. Reinigung und Desinfektion des Beatmungsgerätes sowie des CO2-Absaugmaterials müssen entsprechend Herstellerangaben erfolgen; in der Regel einmal pro Woche.

2.1.3 Postoperative Maßnahmen

Postoperativ ist die rasche Mobilisierung sowie die Motivation des Patienten zum Abhusten und tiefen Ein- und Ausatmen von entscheidender Bedeutung. Die intensive Atemtherapie unter Betreuung eines Physiotherapeuten mit Einsatz entsprechender Hilfsmittel (z. B. Hilfsmittel zur gezielten tiefen In- und Exspiration) sind besonders empfehlenswert. Bei der inhalativen Applikation von Arzneimitteln sowie der Befeuchtung von Sauerstoff ist auf den aseptischen Umgang mit den jeweiligen Verneblern, Flüssigkeiten und Schlauchsystemen zu achten. Für die Wasserbehältnisse der Sauerstoffbefeuchtungssysteme werden herstellerseitig inzwischen unterschiedlich lange Standzeiten – teilweise > 3 Monate – empfohlen. Das noch in der KRINKO-Empfehlung genannte Wechselintervall von 48 h kann daher entsprechend den Herstellerangaben verlängert werden. Zu bedenken ist aber, dass insbesondere bei Unterbrechung der Sauerstoffbefeuchtung die Öffnung der jeweiligen Behältnisse kontaminationssicher verschlossen werden muss. Auf dem Behältnis ist jeweils das Anbruchdatum sowie entsprechend hausinterner Festlegung die Verwendungsdauer zu vermerken.

Grundsätzlich muss der Nutzen der Stressulkusprophylaxe abgewogen werden gegen die mögliche bakterielle Fehlbesiedlung der Magenschleimhaut, die durch eine Anhebung des Magen-pH-Wertes auf Werte über 4,0 begünstigt wird. Zweifellos können refluxbedingt Bakterien aus Magen und Pharynx über die Trachea in die Atemwege gelangen und dort eine Pneumonie auslösen. Wenngleich gut vorstellbar ist, dass sich eine bakterielle Fehlbesiedlung der Magenschleimhaut infolge einer Stressulkusprophylaxe hier besonders problematisch auswirkt, ist dieser Effekt in Studien nicht eindeutig belegt. Als Fazit stellt die KRINKO-Empfehlung daher fest, dass eine besondere Art der Stressulkusprophylaxe nicht empfohlen werden kann und diese, wenn möglich, vollständig unterbleiben sollte.

Von Vorteil für eine Prävention der postoperativen Pneumonie ist in jedem Falle die frühzeitige enterale Ernährung – ggf. über Ernährungssonden – sowie die Oberkörperhochlagerung in dem Bereich von 30 bis 45°.

2.2 Maßnahmen zur Prävention der beatmungsassoziierten Pneumonie

Die nachfolgend aufgeführten Maßnahmen sind ausführlich in der entsprechenden KRINKO-Empfehlung [29] dargestellt. Im Vordergrund sämtlicher Maßnahmen steht die Händehygiene.

Die KRINKO empfiehlt, relevante Präventionsmaßnahmen in Maßnahmenbündeln zusammenzufassen und deren Einhaltung regelmäßig durch Checklisten zu überprüfen.

Beispiele für solche Maßnahmenbündel finden sich am Ende der KRINKO-Empfehlung; sie sollten aber individuell in jeder Abteilung in Abstimmung mit dem Krankenhaushygieniker festgelegt und in regelmäßigen Abständen evaluiert werden.

2.2.1 Intubation

Nach wie vor ungeklärt ist, ob eine subglottische Sekretabsaugung zur Pneumonieprophylaxe effektiv ist. Der früher gern gewählte Weg der nasalen Intubation kann nicht mehr empfohlen werden, da in Abhängigkeit der Liegedauer des Tubus mit dem Auftreten einer Sinusitis maxilaris zu rechnen ist. Grundsätzlich sollte daher der orale Intubationsweg gewählt werden; eindeutige Studien, dass dieser Weg im Vergleich zur nasalen Intubation zu einer Reduktion der beatmungsassoziierten Pneumonie führt, gibt es allerdings nicht.

2.2.2 Hygienische Mundpflege

Es sollte eine regelmäßige Mundpflege mit einem Schleimhautantiseptikum, beispielsweise auf der Basis von Chlorhyxidin, Octinidin, Dehytroclorid oder Polyvidoniod-Lösungen, durchgeführt werden.

2.2.3 Beatmungszubehör

Trotz zahlreicher Studien konnte die Effektivität von Beatmungsfiltern zur Prävention der beatmungsassoziierten Pneumonien nicht eindeutig belegt werden. In der KRINKO-Empfehlung wird daher diesbezüglich keine klare Empfehlung gegeben.

Da bekannt ist, dass jede Manipulation am Beatmungsschlauchsystem mit dem Risiko des Eintrags von Mikroorganismen verbunden ist, sollten Schlauchwechsel möglichst selten erfolgen. Zwischenzeitlich ist belegt, dass die Pneumonierate nicht erhöht ist, wenn die Schläuche nur wöchentlich gewechselt werden. Grundsätzlich sind hier die Herstellerempfehlungen zu berücksichtigen. Falls Kondenswasser in Schläuchen oder Wasserfallen anfällt, ist dieses aseptisch zu entfernen. Das Ausgießen dieser Wasserfallen ist mit einem erheblichen Kontaminationsrisiko der entsprechenden Umgebung verbunden; es darf keinesfalls im Patientenzimmer stattfinden.

Von großer Bedeutung für die Pflege des Patienten ist das Absaugen des endotrachealen Sekrets. Hier finden zunehmend geschlossene Systeme Anwendung, die den Vorteil haben, dass sie mehrfach am selben Patienten ohne Kontamination der Umgebung verwendet werden können. Dennoch ist das strikte aseptische Arbeiten auch mit diesen Systemen zu trainieren. Selbstverständlich dürfen Spüllösungen, die zur Entfernung von Sekret in die Trachea gegeben werden, nur steril zur Anwendung kommen. Die Absaugkkatheter selbst können dagegen mit Leitungswasser durchgespült werden, wobei auf die entsprechende Qualität dieses Leitungswassers zu achten ist. Wenn eine Belastung des Leitungswassers z. B. mit P. aeruginosa nicht sicher ausgeschlossen werden kann, ist die entsprechende Entnahmestelle mit einem endständigen Sterilwasserfilter auszustatten.

Absaugschlauch und Sekretauffangbehälter sind in der Regel als Einwegprodukte anzuwenden. Wird für die Absaugung verwendetes Zubehör aufbereitet, so darf dies keinesfalls im unreinen Arbeitsraum der Intensivstation (ITS) erfolgen, sondern muss unter Anwendung validierter Verfahren möglichst in der Zentralen Sterilgutversorgungsabteilung (ZSVA) durchgeführt werden.

2.2.4 Stressblutungsprophylaxe und Oberkörperhochlagerung

Die Stressblutungsprophylaxe erscheint bei enteral ernährten Patienten ohne spezifische Risikofaktoren (u. a. keine Ulkusamnamnese, keine ulkusfördernde Leitmedikation, keine Gerinungshämmung etc.) mit alkalisierenden Substanzen verzichtbar. Bei perenteral ernährten Patienten ist bei der Entscheidung für oder gegen die Stressblutungsprophylaxe das Risiko einer Ulkusblutung gegenüber dem Risiko einer Pneumonie abzuwägen.

Aufgrund der seitens der KRINKO ausgewerteten Studien ergibt sich keine hinreichende Evidenz für die Effizienz der Oberkörperhochlagerung zur Pneumonieprophylaxe beatmeter Patienten. Die Lagerung des Patienten kann daher unter klinischen Gesichtspunkten festgelegt werden.

2.2.5 Selektive Darmdekontamination

Die selektive Darmdekontamination (SDD) mit lokal wirksamen Antibiotika (meist Applikation von Tobramycin, Polymyxin E, Amphotericin B in den Oropharynx und Gastrointestinaltrakt) und einer 4-tägigen systemischen Antibiotikatherapie (meist Cefotaxim), die zur Infektionspräventation neuerdings wieder eingesetzt wird, hat zu einer Reduktion der Letalität bei nosokomialer Pneumonie geführt. Die Methode ist aufgrund zunehmender Resistenzentwicklung umstritten [11, 42].

2.2.6 Cuffdruckkontrolle

Der Cuffdruck sollte auf Werte zwischen 20 und 30 cmH2O eingestellt und überprüft werden. In der Pädiatrie werden üblicherweise 20 cm Wassersäule als geeignet zur Aspirationsprophylaxe angesehen, ohne dass ein relevantes Risiko für Drucknegrosen entsteht.