Zusammenfassung
Die Medizin definiert und beschreibt das Lebensende seit mehr als zwei Jahrtausenden. Aber erst vor etwa 300 Jahren beginnen Ärzte, sich selbst darüber Gedanken zu machen, was der Tod ist und wodurch er sich auszeichnet. Ihre Erklärungen sind abhängig vom historischen Kontext: Im 18. Jahrhundert ist das Konzept eines sukzessive eintretenden Todes selbstverständlich, im 20. dagegen die Suche nach dem Moment des Todes. Je nachdem, ob Gehirn oder Herz als zentrale Lebensorgane angesehen werden, tritt auch der Tod durch den Ausfall eines dieser Organe ein. Im Laufe der letzten 150 Jahre hat die naturwissenschaftliche Medizin eine weitgehende Deutungshoheit über die biologische Seite des Todes erhalten; Medizinkritik und Pluralisierung der Gesellschaft stellen jedoch diese Medikalisierung, die im Hirntodkonzept kulminiert, inzwischen infrage.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Literatur
Bichat, Xavier. 1800. Recherches physiologiques sur la vie et la mort. Paris: Brosson/Gabon. [Nachdruck 1955, Paris: Gauthier-Villars].
Brouardel, Paul. 1897. Death and sudden death. London: Baillière. [Originalausgabe: La mort et la mort subite, Paris 1895].
Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie, Deutsche Gesellschaft für Neurologie, Deutsche Physiologische Gesellschaft. 1994. Erklärung der Deutschen Wissenschaftlichen Gesellschaften zum Tod durch völligen endgültigen Hirnausfall. Süddeutsche Zeitung 15.9./Frankfurter Allgemeine Zeitung 28.9., Beilage Natur und Wissenschaft.
Harvey, William. 1628. Exercitatio anatomica de motu cordis et sanguinis in animalibus. Frankfurt a. M.: Fitzer.
Mondeville, Henri de. 1892. Die Chirurgie des Heinrich von Mondeville,Hrsg. J. L. Pagel. Berlin: August Hirschwald.
Müller, Sabine. 2011. Wie tot sind Hirntote? Alte Frage – neue Antworten. Das Parlament, Beilage: Aus Politik und Zeitgeschichte 20/21 (16.5): 3–9.
Paullini, Christian Franz. 1695. Zeit-kürtzende Erbauliche Lust, oder Allerhand außerlesene rar- und curiose, so nütz- als ergetzliche Geist- und Weltliche Merckwürdigkeiten. Frankfurt a. M.: Knoch.
Scherer, Georg. 1979. Das Problem des Todes in der Philosophie. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
Unzer, Johann August. 1771. Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig: Weidmann.
Werblowsky, Zwi. 2000. Der Tod in der jüdischen Kultur. In Der Tod in den Weltkulturen und Weltreligionen, Hrsg. Constantin von Barloewen, 202–211. Frankfurt a .M.: Insel.
Wissenschaftlicher Beirat der Bundesärztekammer. 1998. Richtlinien zur Feststellung des Hirntodes, 3. Fortschreibung 1997 mit Ergänzungen gemäß Transplantationsgesetz (TPG). In Deutsches Ärzteblatt 95 (30, 24. Juli), A 1861–1868.
Zacchia, Paolo. 1630. Quaestiones medico-legales. Leipzig: Rehefeldius.
Weiterführende Literatur
Culmann, Hans-Martin. 1986. Zur geschichtlichen Entwicklung der Todesauffassung des Arztes im europäischen Raum. Medizinische Dissertation Universität Freiburg/Br.
Esser, Andrea M., Daniel Kersting und Christoph G.W. Schäfer, Hrsg. 2012. Welchen Tod stirbt der Mensch? Philosophische Kontroversen zur Definition und Bedeutung des Todes. Frankfurt a. M.: Campus.
Gehring, Petra. 2010. Theorien des Todes. Zur Einführung. Hamburg: Junius.
Pernick, Martin S. 1988. Back from the grave: Recurring controversies over defining and diagnosing death in history. In Death beyond whole-brain criteria, Hrsg. Richard M. Zaner, 17–74. Dordrecht: Kluwer.
Schadel, Helene. 1974. Thánatos. Studien zu den Todesvorstellungen der antiken Philosophie und Medizin. Medizinische Dissertation Würzburg.
Schäfer, Daniel. 2012. Krankheit und Natur. Historische Anmerkungen zu einem aktuellen Thema. In Das Gesunde, das Kranke und die Medizinethik. Moralische Implikationen des Krankheitsbegriffs, Hrsg. Markus Rothhaar, Andreas Frewer, 15–31. Stuttgart: Steiner.
Schäfer, Daniel. 2015. Quid sit mors: Medizinische Todesdefinitionen im frühneuzeitlichen Gelehrtendiskurs. In Diskurse der Gelehrtenkultur der Frühen Neuzeit. Ein Handbuch. Bd. 2, Hrsg. Herbert Jaumann und Gideon Stiening. Berlin: de Gruyter (in Vorbereitung).
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Rights and permissions
Copyright information
© 2015 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
About this chapter
Cite this chapter
Schäfer, D. (2015). Was ist der Tod?. In: Der Tod und die Medizin. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-45207-3_1
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-45207-3_1
Published:
Publisher Name: Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-662-45206-6
Online ISBN: 978-3-662-45207-3
eBook Packages: Medicine (German Language)