Basierend auf den Ergebnissen der multizentrischen Therapieoptimierungsstudie GPOH-MET 97 werden Kinder mit malignen endokrinen Tumoren (MET) in Deutschland nach Therapieempfehlungen der GPOH-MET-Gruppe betreut und seit 2013 im GPOH-MET-Register erfasst. Es folgt eine Darstellung der wichtigsten Tumorentitäten.

1 Differenzierte Schilddrüsenkarzinome

Die differenzierten Schilddrüsenkarzinome (»differentiated thyroid carcinoma«, DTC) leiten sich von den Follikelepithelzellen ab und werden entsprechend der WHO-Klassifikation unterteilt. Bei follikulärer Gewebedifferenzierung und spezifischen Kernmerkmalen (z. B. Milchglaskerne, Kerneinkerbungen) wird ein papilläres Schilddrüsenkarzinom (»papillary thyroid carcinoma«, PTC) diagnostiziert. Diese überwiegen im Kindesalter gegenüber den follikulären Schilddrüsenkarzinomen (»follicular thyroid carcinoma«, FTC), die bei Abwesenheit dieser Merkmale diagnostiziert werden. Wenig bzw. entdifferenzierte (anaplastische) Schilddrüsenkarzinome sind im Kindesalter sehr selten.

1.1 Epidemiologie

DTC sind die häufigsten Neoplasien endokriner Drüsen und mit 0,5–1,0 % der kindlichen Tumoren die häufigsten Malignome von Kopf und Hals. In Deutschland werden jährlich 20–25 Neuerkrankungen bei Kindern diagnostiziert.

1.2 Pathogenese und Klassifikation

Ionisierende Strahlung, insbesondere bei Applikation in jungen Jahren, stellt den wichtigsten ätiologischen Faktor dar. So kam es nach dem Kernreaktorunfall von Tschernobyl zu einem dramatischen Anstieg der Inzidenz kindlicher DTC in Weißrussland. Auch Kinder, die aufgrund eines Malignoms bestrahlt wurden, besitzen ein erhöhtes Risiko, ein DTC als Zweitmalignom zu entwickeln. Eine Hashimoto-Thyreoiditis ist ebenfalls mit einer erhöhten Prävalenz assoziiert. Das Geschlechterverhältnis ist bis zur Pubertät nahezu ausgeglichen, danach findet sich eine deutliche Mädchenwendigkeit. Dies spricht für die Beteiligung hormoneller Faktoren an der Pathogenese.

1.3 Klinische Präsentation

Die betroffenen Kinder fallen meist mit einer zervikalen indolenten Schwellung auf. Diese kann durch den Schilddrüsentumor und/oder durch Lymphknotenmetastasen bedingt sein. Heiserkeit, Dysphagie oder Atembeschwerden treten selten als erste klinische Zeichen bei Kindern auf. Zudem finden sich Schilddrüsenveränderungen als sonografische Zufallsbefunde.

1.4 Diagnostik

Die Abklärung von Schilddrüsenknoten sollte in enger Zusammenarbeit von pädiatrischen Endokrinologen, pädiatrischen Onkologen und Nuklearmedizinern erfolgen. Anamnese, Bildgebung und Labordiagnostik können Hinweise zur Dignität erbringen. Eine sichere Zuordnung ist jedoch nicht immer möglich. Vorausgegangene Bestrahlung, auffällige Halslymphknoten, Hashimoto-Thyreoiditis bzw. persistierende Heiserkeit stellen Risikofaktoren für das Vorliegen eines DTC dar. Ein sensitiver und spezifischer präoperativer Tumormarker existiert nicht. Das Thyreoglobulin, das von den meisten DTC gebildet wird, kann erhöht sein, aber der prädiktive Wert des Parameters ist gering. In der Sonografie können vergrößerte zervikale Lymphknoten bzw. invasives Wachstum einer Läsion als Hinweise auf Malignität gewertet werden. Eine valide Bestimmung der Dignität ist durch die Sonografie jedoch nicht immer möglich. Aufgrund eines geringen positiven prädiktiven Wertes wird die Schilddrüsenszintigrafie zur Malignomdetektion kaum noch eingesetzt. Die Indikation der Untersuchung besteht vorrangig in der Lokalisation einer funktionellen Autonomie. Bei Erwachsenen ist die Gewinnung von repräsentativem Gewebe mittels Feinnadelbiopsie (FNB) etabliert. Nutzen und Validität dieser minimal-invasiven Methode im Nachweis bzw. Ausschluss von Malignomen der Schilddrüse sind durch eine Vielzahl von Untersuchungen belegt. Die Rolle der FNB in der Abklärung kindlicher Schilddrüsenknoten ist umstritten. Eine Metaanalyse zeigt einen Nutzen auch in dieser Altersgruppe (Stevens et al. 2009). Eine retrospektive Auswertung der GPOH-MET-Studie von 50 Kindern ergab für die präoperative FNB eine Sensitivität von 69,8 % in der Detektion von malignen oder suspekten Zytologien bei nachfolgend histologisch gesichertem DTC (Redlich et al. 2012a). Daher sollte diese Untersuchung nur von erfahrenen Punkteuren durchgeführt und von erfahrenen Pathologen begutachtet werden. Zunehmend werden molekulargenetische Markerprofile (Micro-RNA, BRAFV600E) in der Dignitätsbestimmung von Schilddrüsenzytologien genutzt.

1.5 Differenzialdiagnosen

Die Differenzialdiagnosen von Schilddrüsenknoten sind vielfältig. Die Abgrenzung der Schilddrüsenkarzinome von benignen Läsionen (regressive Veränderungen, Adenome, Zysten) kann schwierig sein. Mit einer Prävalenz von 0,7 % sind kindliche Schilddrüsenknoten seltener als bei Erwachsenen. Der Anteil maligner Raumforderungen wird jedoch bei Kindern höher beziffert. In einer Metaanalyse von 1134 kindlichen Schilddrüsenknoten ergaben sich 299 Schilddrüsenkarzinome entsprechend einem Anteil von 26,4 %. Aus diesem Grund ist in dieser Altersgruppe die Bestimmung der Dignität einer Schilddrüsenläsion von zentraler Bedeutung. Ein zentrales Schilddrüsenknotenregister der Deutschen Gesellschaft für Kinderendokrinologie und -diabetologie (DGKED) e.V. befindet sich im Aufbau.

1.6 Prognostische Faktoren

Die kindlichen DTC weisen einige Besonderheiten auf. So findet sich bei Diagnosestellung häufiger ein fortgeschrittenes Stadium mit einer höheren Frequenz von Lymphknoten- und Lungenmetastasen. Letztere zeigen häufig ein miliares Verteilungsmuster. Zudem finden sich Rezidive, entsprechend einem aggressiveren Verhalten, häufiger bei Kindern. Dennoch ist die Prognose mit einem 20-Jahres-Überleben von >95 % exzellent (Jarzab u. Handkiewicz-Junak 2007). In einer multivariaten Analyse von 1753 Patienten mit einem Schilddrüsenkarzinom wurden FTC, MTC, männliches Geschlecht, Fernmetastasen und ein Unterlassen der chirurgischen Therapie als unabhängige Prädiktoren eines Ereignisses ermittelt.

1.7 Therapie

Die chirurgische Tumorresektion stellt die wichtigste therapeutische Option dar. Bei einem papillären Mikrokarzinom (Tumor ≤1,0 cm, N0 M0) erfolgt eine Hemithyreoidektomie mit Isthmusentfernung. Bei allen anderen DTC wird eine totale Thyreoidektomie (TT) empfohlen. Zusätzlich sollte eine systematische Lymphknotendissektion der zentralen Kompartimente sowie bei Befall auch der lateralen Kompartimente durchgeführt werden. Mögliche Komplikationen der chirurgischen Therapie bestehen in einem primären Hypoparathyreoidismus sowie in einer Rekurrensparese.

Der Operation schließt sich die Radioiodtherapie (RIT) an. Ziel ist die radiogene Ablation von regelmäßig verbliebenem mikroskopischen Schilddrüsen- oder Tumorrestgewebe bzw. von Metastasen. Im Kindesalter erfolgt die RIT üblicherweise unter endogener Stimulation (TSH >30 mU/l). Die Anwendung von Thyrogen ist bei Kindern sicher, jedoch bisher nicht empfohlen (Franzius et al. 2007). Sind weiterhin iodspeicherndes Schilddrüsenrestgewebe oder Metastasen nachweisbar, sollte eine erneute RIT durchgeführt werden. Die Frage einer kumulativen Strahlenhöchstdosis ist offen. Insbesondere bei miliarer pulmonaler Metastasierung kann eine Lungenfibrose als Spätfolge auftreten. Bei Metastasen, die die Eigenschaft zur Iodspeicherung verlieren, kann der Versuch einer Redifferenzierung mit Retinsäure unternommen werden.

Die L-Thyroxin-Substitution wird nach der 1. RIT in TSH-supprimierender Dosis (Ziel TSH <0,1 mU/l) begonnen. Dadurch sollen TSH-vermittelte wachstumsfördernde Stimuli vermindert werden. Eine Verlängerung des ereignisfreien Überlebens und eine Verminderung der Rezidivrate konnten nachgewiesen werden. Eine zytostatische Therapie oder Bestrahlung ist nicht effektiv. In der Nachsorge sollte die regelrechte TSH-Suppression kontrolliert werden. Das Thyreoglobulin sollte nach TT und in kompletter Remission nicht nachweisbar sein.

2 Medulläre Schilddrüsenkarzinome

Die parafollikulären Calcitonin-produzierenden C-Zellen bilden das Ursprungsgewebe der medullären Schilddrüsenkarzinome (»medullary thyroid carcinoma«, MTC). Diese Tumoren treten im Kindesalter fast ausschließlich im Rahmen einer multiplen endokrinen Neoplasie 2 (MEN 2) oder als familiäres MTC (FMTC) auf (Tab. 32.1; Frank-Raue u. Raue 2009). Letzteres ist möglicherweise als ein MEN-2A-Syndrom mit niedriger Penetranz zu werten. Die MTC bilden die Leittumoren dieser Erkrankungen, treten als erstes auf und bestimmen die Prognose. Ein Phäochromozytom manifestiert sich, so es auftritt, meist im jungen Erwachsenenalter. Bei Erwachsenen überwiegt der Anteil sporadischer MTC.

Tab. 32.1 Charakteristika der MEN-2-Syndrome

2.1 Epidemiologie

Das MEN-2-Syndrom ist eine seltene Erkrankung und wird autosomal-dominant vererbt. Anamnestische Hinweise auf die Erkrankung finden sich bei der Mehrheit der MEN-2A-Patienten, jedoch nur bei wenigen Patienten mit MEN 2B. Dieses wird häufig durch eine De-novo-Mutation verursacht und die Betroffenen fallen möglicherweise erst durch Tumorsymptome auf.

2.2 Pathogenese und Klassifikation

Molekulargenetische Grundlage der MEN-2-Syndrome sind Mutationen im RET-Protoonkogen. Dieses kodiert für den RET-Rezeptor, der nach Ligandenaktivierung über eine Tyrosinkinase eine Signalkaskade aktiviert (Ras-MAP-Kinase, PI-3K). Eine Mutation bedingt eine dauerhafte ligandenunabhängige Stimulation des RET-Rezeptors und führt in der Schilddrüse zur C-Zellhyperplasie (CCH). Die CCH bei MEN 2 mündet obligat in ein multifokales MTC. Dabei hängen Zeitpunkt der Malignomentwicklung und biologisches Verhalten von der Art der RET-Mutation ab. Diese Genotyp-Phänotyp-Relation führte zur Einteilung in Risikostufen und wird zur Indikationsstellung der prophylaktischen Thyreoidektomie genutzt.

2.3 Klinische Präsentation

Bei MEN 2B finden sich typische Stigmata (marfanoider Habitus, Schleimhautneurinome, aufgeworfene Lippen). Frühestes klinisches Zeichen kann eine seit dem Säuglingsalter bestehende Obstipation durch eine Ganglioneuromatose sein. Zudem weinen die Kinder ohne Tränen durch Beteiligung der Tränendrüsen. Bei diesen Zeichen sollten entsprechende Untersuchungen erfolgen, um die Kinder vor Auftreten eines MTC zu diagnostizieren. Patienten mit MEN 2A weisen keine morphologischen Besonderheiten auf. Eine Assoziation mit einem Morbus Hirschsprung und einer kutanen Amyloidose sind beschrieben. Eine Hyperkalzitoninämie, die bei großen Tumoren sehr ausgeprägt sein kann, kann eine anhaltende Diarrhö verursachen.

2.4 Diagnostik

In der Abklärung von Schilddrüsenknoten sollte das basale Calcitonin bestimmt werden. Ein erhöhter Wert kann auf eine CCH oder ein MTC hinweisen und korreliert mit der Tumorlast. Basale Werte ab 10 bis 40 pg/ml können auf Lymphknotenmetastasen hinweisen. Fernmetastasen finden sich ab einem Calcitonin von 150 pg/ml und in der Mehrheit der Fälle mit einem Calcitonin über 1000 pg/ml. Findet sich bei bekanntem MEN-2-Syndrom ein grenzwertig erhöhtes basales Calcitonin, sollte ein Pentagastrin-Test durchgeführt werden. Vorteil ist hier eine höhere Sensitivität in der Diagnose eines MTC. Ein weiterer Tumormarker ist das karzinoembryonale Antigen (CEA).

Ein zervikaler Ultraschall sollte durchgeführt werden, um die Tumorausbreitung festzustellen und das Ausmaß der Operation zu planen. Insbesondere bei invasivem Tumorwachstum oder hohen Calcitonin-Werten sollte eine Beurteilung auch der zervikoviszeralen Organe und mediastinalen Lymphknoten erfolgen. Dies kann mittels konventioneller Bildgebung und zunehmend auch mittels PET/CT erfolgen. Kleinere Läsionen mit leicht erhöhtem Calcitonin sind sonografisch nicht immer darstellbar. Da MTC im Kindesalter fast ausschließlich durch eine Keimbahnmutation im RET-Protoonkogen verursacht sind, ist eine molekulargenetische Untersuchung obligat.

2.5 Prognostische Faktoren

Die Prognose der betroffenen Kinder hängt maßgeblich von der Tumorausbreitung bei Diagnose ab. Kinder mit einer MEN-2B-Mutation haben eine schlechtere Prognose, da die Tumoren deutlich aggressiver wachsen und die Betroffenen oft erst durch Tumorsymptome auffallen. Ein weiterer unabhängiger prognostischer Parameter ist die Calcitonin-Verdopplungszeit.

2.6 Therapie

Die wichtigste therapeutische Option ist eine totale Tumor-/Thyreoidektomie mit systematischer Lymphknotendissektion (LKD) der zentralen und bei Befall auch der lateralen Kompartimente. Die Prognose hängt hauptsächlich davon ab, ob eine komplette Resektion der Tumormanifestationen erreicht werden kann. Daher sollte auch bei Befall zervikoviszeraler Organe (Trachea, Ösophagus) die Möglichkeit der kompletten Resektion geprüft werden. Dazu sollte ein entsprechend erfahrenes chirurgisches Zentrum kontaktiert werden. Auch mediastinale Lymphknoten können beim MTC befallen sein und eine Sternotomie nötig machen.

Bei bekannter RET-Mutation sollte eine prophylaktische totale Thyreoidektomie (TT) vor Entwicklung eines MTC erfolgen. Der Progress von der CCH zum MTC zeigt eine Mutationsabhängigkeit, die zur Einteilung in 3 Risikostufen führte (Tab. 32.2; Brandi et al. 2001, Kloos et al. 2009). So kann ein MTC bei MEN 2B (Risikolevel 1) bereits im frühen Säuglingsalter entstehen. Daher ist hier eine TT mit zentraler LKD zum frühestmöglichen Zeitpunkt angeraten.

Tab. 32.2 Prophylaktische Thyreoidektomie bei MEN 2. (Nach Brandi et al. 2001)

Diskutiert wird ein individualisiertes Vorgehen bei Patienten mit Level-1-Mutationen. Hier kann möglicherweise das Ziel der prophylaktischen Therapie sein, ein kleines nichtmetastasiertes MTC komplett zu resezieren. Daher könnten die Empfehlungen, die lediglich Mutation und Alter berücksichtigen, an die aktuellen Laborparameter (Pentagastrin-Test, basales Calcitonin) angepasst werden (Brauckhoff et al. 2004).

Aus der Pathogenese ergibt sich die RET-Rezeptor-Tyrosinkinase als Therapieansatz bei fortgeschrittenem und konservativ nicht zu beherrschendem MTC. Ein Ansprechen auf die Therapie mit Vandetanib zeigten über 70 % in einer Studie bei 30 Erwachsenen. Calcitonin eignet sich in der Nachsorge als sensitiver Tumormarker. Nach TT sollte Calcitonin in kompletter Remission nicht nachweisbar sein und bei Pentagastrin-Stimulation keinen Anstieg zeigen.

3 Phäochromozytome und Paragangliome

Phäochromozytome (»pheochromocytoma«, PCC) und Paragangliome (»paraganglioma«, PGL) leiten sich vom Nebennierenmark oder dem Grenzstrang ab. Die Tumoren bilden und sezernieren häufig Katecholamine bzw. deren Metabolite und verursachen so Symptome eines arteriellen Hypertonus.

3.1 Epidemiologie

Phäochromozytome bzw. Paragangliome sind seltene Tumoren. In Deutschland werden sie jährlich nur bei 2–3 Kindern diagnostiziert.

3.2 Pathogenese und Klassifikation

In der Mehrheit der kindlichen PCC und PGL findet sich eine genetische Prädisposition. Diese beinhaltet das von Hippel-Lindau-Syndrom (VHL), Mutationen der Succinatdehydrogenase (SDH), MEN 2 und Neurofibromatose Typ 1. Hier treten diese Tumoren gehäuft und rezidivierend auf. Bei SDH-Mutationen finden sich zudem häufiger maligne Tumoren. Diese sind allein durch das Vorhandensein von Metastasen definiert. PCC metastasieren in Lymphknoten, Knochen, Leber und Lunge. Eine Hälfte der malignen PCC finden sich bei Diagnosestellung, die andere Hälfte wird im Mittel 5,6 Jahre nach Diagnosestellung durch den Verlauf diagnostiziert.

3.3 Klinische Präsentation

Die betroffenen Kinder und Jugendlichen fallen in 70–90 % der Fälle durch die Symptome einer arteriellen Hypertonie auf (Schwitzen, Kopfschmerzen, Unruhe).

3.4 Diagnostik

Der erste diagnostische Schritt besteht im biochemischen Nachweis erhöhter Werte der Katecholamine bzw. deren Metabolite in Plasma und Urin. Metanephrine und Normetanephrine besitzen die höchste Sensitivität in der Diagnose eines PCC bzw. PGL und eignen sich als Screening-Untersuchung. Im zweiten Schritt wird die Lokalisation des Tumors und möglicher Metastasen durch eine funktionelle Bildgebung (MIBG-Szintigrafie, PET/CT) bestimmt. Bei der Wahl des Tracers kann die zugrundeliegende Genetik genutzt werden (Taieb et al. 2012).

3.5 Prognostische Faktoren

Der Anteil maligner PCC bzw. PGL wird in Studien mit 10–47 % angegeben. Diese zeigen eine 5-Jahres-Überlebensrate von ca. 50 %.

3.6 Therapie

Die Therapie besteht in der chirurgischen Entfernung des Tumors. Bei der intraoperativen Manipulation am Tumor sind Blutdruckspitzen möglich. Daher erfolgt eine präoperative antihypertensive Therapie mit einem irreversiblen α-Blocker (Phenoxybenzamin) über 7–10 Tage. Insbesondere initial ist auf eine ausreichende Hydrierung zu achten. Bei ausgeprägter Reflextachykardie kann zusätzlich ein β-Blocker indiziert sein. Dieser darf erst nach der α-Blockade verabreicht werden, da es sonst zur hypertensiven Krise kommen kann.

Die Wahl der Operationsmethode sollte von den Erfahrungen des Operateurs abhängig sein. Bei Erwachsenen wird eine laparoskopische Adrenalektomie empfohlen. Insbesondere bei VHL sollte eine nebennierensparende Resektion erfolgen, da mit mehrfachen Rezidiven bzw. Zweittumoren zu rechnen ist. Bei metastasierten nicht komplett zu entfernenden Tumoren kann eine MIBG-Therapie oder eine zytostatische Therapie indiziert sein.

4 Nebennierenrindentumoren

Nebennierenrindentumoren (»adrenocortical tumor«, ACT) lassen sich in die hochmalignen Nebennierenrindenkarzinome (»adrenocortical carcinoma«, ACC) und benignen Nebennierenrindenadenome (»adrenocortical adenoma«, ACA) einteilen. Oft fällt die histologische Unterscheidung schwer, sodass nicht eindeutig klassifizierbare Tumoren als Nebennierenrindentumoren unklarer Dignität eingeordnet werden. Da die Prognose dieser Gruppe unklar ist, sollten sie wie ACC behandelt werden.

4.1 Epidemiologie

In Deutschland werden jährlich 3–4 Kinder mit ACC diagnostiziert. Das Geschlechterverhältnis zeigt mit 2:1 eine deutliche Mädchenwendigkeit. Nicht selten werden kleinere ACT im Rahmen anderer Untersuchungen zufällig entdeckt. Bei diesen Inzidentalomen handelt es sich in den meisten Fällen um ACA. Die exakte Prävalenz dieser Tumoren ist nicht bekannt, da bisher keine Erfassung erfolgte. Im GPOH-MET-Register sollen seit 2013 auch ACA erfasst werden.

4.2 Pathogenese

ACC können im Rahmen von Tumorsyndromen auftreten (Li-Fraumeni-Syndrom, Beckwith-Wiedemann-Syndrom und MEN 1). Die Neoplasien zeigen häufig eine Überexpression der IGF-I- und IGF-II-Rezeptoren, daher wird eine Beteiligung des IGF-Systems an der Tumorgenese postuliert. ACT können aus allen 3 Zonen der Nebenniere hervorgehen und somit endokrine Symptome, die auf einem Androgen-, Glucocorticoid- bzw. Mineralocorticoid-Exzess beruhen, zeigen.

4.3 Klinische Präsentation

Im Gegensatz zu den ACT bei Erwachsenen sind die Tumoren im Kindesalter überwiegend hormonaktiv, sodass die Diagnose klinisch und laborchemisch gestellt werden kann. Bei Kindern zeigt sich meist eine Virilisierung mit oder ohne Cushing-Syndrom als Endokrinopathie. Demgegenüber treten Feminisierung und Hyperaldosteronismus selten auf. Nur in etwa 10 % der Fälle finden sich abdominelle Schmerzen als Erstsymptom. Aufgrund der Seltenheit der Tumoren wird oft nicht primär an das Vorliegen eines ACC gedacht, sodass es immer wieder zu Verzögerungen der Diagnosestellung kommt. Bei 60 Patienten mit ACC, die im Rahmen der GPOH-MET-97-Studie von 1997–2011 behandelt wurden, betrug das prädiagnostische symptomatische Intervall im Mittel 13,7 Monate (Median 5,2 Monate).

4.4 Diagnostik

Bei Verdacht auf ein ACT sollte auf eine Tumorbiopsie unbedingt verzichtet werden, da die Gefahr einer peritonealen Tumoraussaat mit signifikanter Prognoseverschlechterung besteht. Hormonuntersuchungen in Serum und Urin (Steroidprofil) sind wegweisend für die Diagnose und als Verlaufs- und Nachsorgeparameter geeignet. Neben der Sonografie zeigt die MRT die Tumorausbreitung mit möglicherweise vorhandenen Tumorzapfen in größeren venösen Gefäßen bei fortgeschrittenen ACC. ACC können in Lunge, Leber, Skelettsystem und ZNS metastasieren. Daher sollten bei Verdacht auf ACC eine Thorax-CT, eine kraniale MRT und eine Skelettszintigrafie erfolgen. Ein PET/CT kann präoperativ und im Verlauf Informationen zur Tumorausdehnung bzw. zur Rezidiverkennung liefern. Die meisten Erfahrungen liegen dabei für 18FDG als Tracer vor.

Sichere histologische Malignitätskriterien sind Gefäßeinbrüche, Kapselinvasion und Metastasen. Risikokriterien wie Kernatypien, Mitoserate, atypische Mitosen und Zellarchitektur werden im Weiss-Score erfasst und zur Dignitätsbeurteilung herangezogen. Ein Weiss-Score über 4 ist bei Kindern mit einer schlechteren Prognose verbunden. Eine referenzhistologische Zweitbegutachtung (Kindertumorregister Kiel) sollte klinischer Standard sein und wird bei allen seltenen Tumoren gefordert.

4.5 Differenzialdiagnosen

Differenzialdiagnostisch müssen Tumoren der Nieren und Nebennieren (Nephroblastom, Neuroblastom, Phäochromozytom) in Betracht gezogen werden. Bis zum laborchemischen Ausschluss eines ACT sollten Tumorbiopsien unbedingt vermieden werden. Nebennierenmetastasen treten bei Kindern praktisch nicht auf.

4.6 Prognostische Faktoren

Die ACC im Kindesalter in Deutschland zeigen eine 5-Jahres-Gesamtüberlebensrate von ca. 65 % (Redlich et al. 2012b). Damit ist die Prognose der Erkrankung im Kindesalter wesentlich besser als bei Erwachsen (45 %; Reibetanz et al. 2012). Die Prognose hängt maßgeblich von Tumorstadium, Diagnosealter (82,8 % 5-Jahres-Gesamtüberleben bei Kindern unter 4 Jahren vs. 55,6 % bei älteren Kindern), initialer Tumorausdehnung (80,5 % bei Tumoren <300 ml vs. 20,8 % bei größeren Tumoren), Möglichkeit der kompletten chirurgischen Resektion (82 % bei R0-Resektion vs. 48 % bei inkomplett entfernten Tumoren) und bei fortgeschrittenen Tumoren von der konsequenten Behandlung mit Mitotane ab (Hubertus et al. 2012, Redlich et al. 2012b).

4.7 Therapie

Die wichtigste therapeutische Option bei ACC ist die vollständige chirurgische Tumorentfernung ohne prä- oder intraoperative Tumorzellaussaat. Bei primär inoperablen Tumoren sollte durch neoadjuvante Chemo- und Mitotanetherapie versucht werden, den Patienten in einen operablen Zustand zu bringen (Hubertus et al. 2012). Da das prä- und intraoperative Management ausschlaggebend für die Prognose ist, sollten alle Kinder mit fortgeschrittenen Tumoren interdisziplinär in einem ausgewiesenen Zentrum behandelt werden. Aufgrund der Fragilität von ACC sollte im Kindesalter die offene chirurgische Resektion angestrebt werden.

ACC werden in Deutschland nach dem GPOH-MET-97-Protokoll behandelt. Komplett resezierte Tumoren der Stadien I–II und Stadium-III-Tumoren ohne Lymphknotenbefall erhalten nach der Operation keine weitere Therapie. Stadium-III-Tumoren mit Lymphknotenbefall (T1–2 N1 M0) erhalten 4 Zyklen Polychemotherapie (2-mal NN-1 mit Vincristin, Ifosfamid, Adriamycin; 2-mal NN-2 mit Carboplatin, VP-16) und Mitotane für mindesten 9 Monate. Stadium-IV-Tumoren werden mit 8 Zyklen Chemotherapie und Mitotane für mindestens 18 Monate behandelt. Primär nichtresezierbare Tumoren erhalten 2-4 Zyklen NN-Chemotherapie und Mitotane. Tumorzellaussaat durch Ruptur oder Biopsie wird wie Stadium IV behandelt (Redlich et al. 2012b). Mitotane ist als Adrenocorticolytikum das einzige spezifisch wirksame Medikament bei ACC. Für eine ausreichende Wirkung sind Plasmaspiegel über 14 mg/l notwendig. Bei Plasmaspiegeln über 20 mg/l können neurotoxische und gastrointestinale Nebenwirkungen auftreten, die durch regelmäßige Spiegelbestimmungen vermieden werden können.

Perkutane oder intraoperative Radiotherapie der primären Tumorregionen sowie Brachytherapie von inoperablen Metastasen sind Optionen, die individualisiert bei Patienten mit fortgeschrittenen ACC, Tumorruptur oder in Palliativsituationen erwogen werden können.

4.8 Zukünftige Therapieoptionen

Durch eine Verbesserung des prä- und intraoperativen Managements wird eine weitere Prognoseverbesserung der ACC angestrebt. Die konsequente Vermeidung von Tumorzellaussaat durch Tumoreröffnung (Biopsie, Ruptur) soll die Prognose insbesondere bei fortgeschrittenen Tumoren verbessern. Eine konsequente präoperative Chemo- und Mitotanetherapie bei großen primär inoperablen Tumoren, die teilweise mit großen intravenösen Tumorzapfen und folgenden 2-Höhleneingriffen einhergehen, sollte mit der GPOH-MET-Studienleitung individuell geplant werden. Weitere Therapieansätze in Palliativsituationen beinhalten Tyrosinkinaseinhibitoren (Sunitinib) und IGF-I-Rezeptor-Antikörper.

5 Neuroendokrine Tumoren des GI-Traktes

5.1 Epidemiologie

Neuroendokrine Tumoren (NET) sind mit einer Inzidenz von 3,1:1 Mio. bei Kindern selten. Sie leiten sich vom Neuroektoderm ab und weisen immunhistochemische Charakteristika von hormonproduzierenden Zellen auf. Die Ähnlichkeiten zu neuronalen und endokrinen Zellen führte zum Begriff NET. Die Tumoren manifestieren sich im Kindesalter in der Mehrheit als NET der Appendix. Andere häufige Lokalisationen umfassen Lunge und Pankreas. NET treten hauptsächlich im jungen Erwachsenenalter auf, wobei die Inzidenz mit dem Alter weiter zunimmt.

5.2 Pathogenese und Klassifikation

Die Mehrheit der NET tritt sporadisch auf. In bis zu 10 % der Fälle besteht eine genetische Prädisposition (z. B. MEN 1, Neurofibromatose 1 und von Hippel-Lindau-Syndrom). Die Nomenklatur und Klassifikation dieser Tumorentität hat sich in der Vergangenheit mehrfach verändert. Aktuell werden NET des Magen-Darm-Traktes (WHO-Klassifikation 2010) und NET der Lunge (WHO-Klassifikation 2004, Rindi 2010, Travis et al. 2015) nach histologischen Kriterien diagnostiziert und entsprechend ihrer mitotischen Aktivität und dem Nachweis von Nekrosen in Grad(G)-1- bis -3-Tumoren eingeteilt (Klimstra et al. 2010). Der weiterhin häufig verwendete Begriff Karzinoid umfasst im Wesentlichen die gut differenzierten Tumoren (G1–2). Das Staging erfolgt organspezifisch nach den Richtlinien des American Joint Committee on Cancer (AJCC) oder der European Neuroendocrine Tumor Society (ENETS).

5.3 Klinische Präsentation

Die klinische Symptomatik ist von der Organmanifestation abhängig. NET der Appendix werden fast immer als Zufallsbefund im Rahmen einer Appendektomie bei Appendizitis entdeckt. Patienten mit bronchialen NET fallen mit rezidivierenden oder chronischen Pneumonien auf. Patienten mit NET des Pankreas klagen über unspezifische Symptome wie Bauchschmerzen, Erbrechen und Gewichtsverlust. Hormonell aktive Tumoren bzw. ein Karzinoidsyndrom treten im Kindesalter sehr selten auf.

5.4 Diagnostik

Bei Verdacht auf einen NET sollten die Tumormarker Hydroxyindolessigsäure (HIAA) im Urin sowie Chromogranin A und neuronenspezifische Enolase (NSE) im Serum bestimmt werden, die auch zur Verlaufskontrolle dienen. Bei NET der Appendix ist eine Abdomensonografie als Bildgebung postoperativ und in der Nachsorge ausreichend. Pulmonale NET fallen häufig als Atelektasen im Röntgenthoraxbild auf. Hier sollte eine CT die Tumorausdehnung feststellen. Die histologische Sicherung erfolgt mittels bronchoskopischer Probenentnahme. Vor operativer Entfernung ist eine Somatostatinrezeptor-vermittelte Bildgebung (Octreotid-Szintigrafie, DOTATOC/DOTATE-PET) möglich, um Metastasen auszuschließen. Eine MRT und eine Somatostatinrezeptor-vermittelte Bildgebung sollten bei Kindern mit pankreatischen NET durchgeführt werden. Die histologische Sicherung erfolgt durch Probenentnahme oder im Rahmen der chirurgischen Resektion. Bei Fernmetastasierung ist eine ausführlichere Bildgebung notwendig.

5.5 Differenzialdiagnosen

NET der Appendix sind bei Weitem die häufigsten Appendixtumoren bei Kindern. Selten können sich Adenokarzinome in der Appendix manifestieren. Nur 1–2 % aller Pankreastumoren sind NET. Differenzialdiagnostisch sollten andere primären Tumoren des Pankreas sowie Metastasen oder nichtmaligne zystische Läsionen und Abszesse ausgeschlossen werden. Pulmonale NET sind mit ca. 85 % die häufigsten primären Lungentumoren im Kindesalter. Weitere endobronchiale Tumoren wie das mukoepodermoide Karzinom und das adenozystische Karzinom sollten ausgeschlossen werden.

5.6 Prognostische Faktoren

Entscheidend für die Prognose ist die komplette Resektion der Tumoren, da weitere Therapieoptionen limitiert sind. Entsprechend haben fortgeschrittene Tumoren mit Metastasen sowie G3-Tumoren, die zu einer aggressiveren Ausbreitung und Metastasierung neigen, eine schlechtere Prognose. Insgesamt treten NET im Kindesalter meist lokalisiert und als gut differenzierte Tumoren auf. Somit bestehen für die meist auf das Ursprungsorgan begrenzten NET der Appendix und pulmonalen NET 5-Jahres-Überlebensraten von nahezu 100 %. NET des Pankreas weisen eine 5-Jahres-Überlebensrate von 70 % auf.

5.7 Therapie

Die Therapie der Wahl ist die komplette chirurgische Resektion von Primärtumor und eventuellen Metastasen. Bei NET der Appendix wird ab einer Tumorgröße ≥15 mm die rechtsseitige Hemikolektomie empfohlen, da dann das Risiko für das Vorliegen von Mikrometastasen in den regionalen Lymphknoten erhöht ist (Boxberger et al. 2013). NET der Lunge sollten, soweit möglich, organsparend reseziert werden. Abhängig von Tumorlokalisation und Differenzierungsgrad wird für nichtresektable Tumoren eine Chemotherapie, Strahlentherapie, Radionuklidtherapie und Therapie mit molekularen Inhibitoren (z. B. Tyrosinkinaseinhibitor Sunitinib, mTOR-Inhibitor Everolimus) angewendet.