Zusammenfassung
Auf keinem Gebiet der Medizin wurde die Erblichkeitsfrage früher und nachdrücklicher aufgegriffen als auf dem der Nervenheilkunde. Man lese etwa Charcots berühmte Dienstagsvorlesungen, um festzustellen, wie außerordentlich groß das Interesse und wie umfangreich die Erfahrungen des Pariser Klinikers auf diesem Gebiet waren. Kennzeichnend und von programmatischer Bedeutung ist sein Ausspruch: «Le clinicien n’a entre ses mains qu’une épisode s’il veut se borner à l’étude du malade lui-même et n’embrasse pas l’histoire de la famille entière.» Auch auf das Buch seines Schülers Féré über die neuro-pathische Familie ist hier hinzuweisen. In Deutschland hat sich besonders Möbius schon frühzeitig diesen Fragen zugewandt, ferner wiesen u. a. Erb und Oppenheim immer wieder auf die ausschlaggebende Bedeutung der erblichen Veranlagung für die verschiedensten endogenen und exogenen Nervenkrankheiten hin. Es wäre verfehlt, in diesen und manchen anderen einschlägigen Schriften keine brauchbaren erbpathologischen Gesichtspunkte zu erwarten: die theoretischen Deutungen der vormendelistischen Ära mußten fallen; der Begriff der transformierenden Vererbung, demzufolge die Erbanlagen variabel sein und ohne Regel ineinander übergehen sollten, konnten nach der Erkenntnis von der weitgehenden Konstanz und züchterischen Isolierbarkeit der Gene nicht mehr aufrecht erhalten werden. Die klinischen, erb- und konstitutions-pathologischen Beobachtungen der älteren Forscher stellen aber auch heute noch eine unerschöpfliche Fundgrube von Anregungen dar, deren Auswertung mit den Hilfsmitteln der modernen Erbpathologie sehr zu wünschen wäre.
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Literatur
Lehrbücher und allgemeine Übersichten
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Eickstedt, v.: Ganzheitsanthropologie. Z. Rassenkde 3 (1936).
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Goldschmidt: Einführung in die Vererbungswissenschaft, 5. Aufl. Berlin 1928.
Johannsen: (1) Hundert Jahre Vererbungsforschung. Verh. Ges. dtsch. Naturforsch., 87. Verslg Leipzig 1923.
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Lenz: Baur-Fischer-Lenz, Menschliche Erblehre und Rassenhygiene, 4. Aufl. München 1936.
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Meggendorfer: Über die Bedeutung des Dominanzwechsels in der Psychiatrie. Psy-chiatr.-neur. Wschr. 1934 II.
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Nachtsheim: (1) Körperfarbe und Konstitution. Z. Hundeforsch. 2 (1932).
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Sidler: Über Beziehungen zwischen Erblichkeitsverhältnissen und Genese der erblichen Nervenkrankheiten. Nervenarzt 1929.
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Weitz: Die Vererbung innerer Krankheiten. Stuttgart: Ferdinand Enke 1936.
Einzelarbeiten
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Bouterwek: Rechts-Links-Abwandlung in Händigkeit und seelischer Artung. Z. menschl. Vererbgslehre 21 (1938).
Catsch: Die Korrelationen von Erbleiden und Anlagestörungen des Auges. Graefes Arch. 138 (1938).
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Dawidenkow: Проблемаv полиморфизма, 1934.
Doxiades u. Portius: Zur Ätio-logie des Mongolismus unter besonderer Berücksichtigung der Sippenbefunde. Z. menschl. Vererbgslehre 21 (1937).
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Haecker: Über Regelmäßigkeiten im Auftreten erblicher.... Krankheiten beim Menschen. Med. Klin. 1918 II.
Hagedoorn: Über Dominanz bei der Hausmaus. Dtsch. Ges. Vererbgswiss., 11. Jverslg, S. 165. Jena: Bornträger 1935.
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Klein: Familienkundliche, körperliche und psychopathologische Untersuchungen über eine Friedreich-Familie. Schweiz. Arch. Neur. 1937.
Knauer: Ergebnisse der Zwillingsprobe bei Syringomyelie. Ges. dtsch. Neur. u. Psychiatr. Köln, Sept. 1938.
Kröntng: Krebs und Vererbung. Erbbiologie. Leipzig 1935.
Kroll: Die neuropathologischen Syndrome. Berlin 1929.
Landauer: Untersuchungen über das Krüperhuhn. Z. mikrosk.-anat. Forsch. 32 (1933).
Leers u. Scholz: Korrelationspathologische Untersuchungen. II. Die erbliche Ataxie. Z. menschl. Vererbgslehre 22 (1939).
Lenz: (1) Über die Erblichkeit der Mutter-mäler auf Grund von Untersuchungen an 300 Zwillingspaaren. Z. Abstammgslehre 41 (1926).
(2) Baur-Fischer-Lenz, Menschliche Erblehre, 4. Aufl., Bd. 1, S. 154. 1936.
(3) Schlußwort. Dtsch. Ges. Vererbgswiss. 1937, S. 226.
Lenz, H. u. Pichler: Ein Beitrag zur Erblichkeit der hereditären Ataxie und deren Beziehungen zum Status dysraphicus. Erbarzt 1939, H. 1.
Nachtsheim: (1) Ref. über die Erblehre auf der 93. Verslg dtsch. Naturforsch, u. Ärzte. Dtsch. Ärztebl. 1934, Nr 48.
(2) Erbliche Zahnanomalien beim Kaninchen. Züchtungskde 11 (1936).
Naegeli: Blutkrankheiten und Blutdiagnostik, 5. Aufl., S. 399. 1931.
Nilsson-Ehle: Zit. nach Görz.
Rössle: Zur Frage der Ähnlichkeit der Windungsbilder an Gehirnen von Blutsverwandten, besonders von Zwillingen. Preuß. Akad. Wiss., Physik-math. Kl. 14 (1937).
Siemens: Über Linkshändigkeit. Virchows Arch. 252 (1924).
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Verschuer, v.: Diehl u. Zwillingstuberkulose, S. 100. Jena: Gustav Fischer 1933.
Weinberg: Briefliche Mitteilung 1932.
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Zederbauer: Zeitliche Verschiedenwertigkeit der Merkmale bei Pisum sedativum. Z. Pflanzenzüchtg 2 (1914).
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Curtius, F. (1939). Allgemeine Vorbemerkungen zur Erbpathologie der Nervenkrankheiten. In: Altenburger, H., et al. Krankheiten des Nervensystems. Handbuch der Inneren Medizin, vol T. 2 . Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-41883-3_4
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