Zusammenfassung
In unseren bisherigen Erörterungen betrachteten wir das Verhältnis zwischen den in den Chromosomen gelegenen Erbfaktoren und den von ihnen bedingten erblichen Eigenschaften sozusagen ganz naiv, indem wir einfach einem jeden Erbfaktor eine Eigenschaft zuordneten oder, anders ausgedrückt, indem wir uns den einzelnen Erbfaktor als einen Repräsentanten einer Erbeigenschaft innerhalb der Geschlechtszellen resp. ihrer Chromosomen vorstellten. Würde man eine solche Vorstellung sich nun folgerichtig weiter ausmalen, so käme man zu einem merkwürdigen Bild vom Lebewesen und seinen Erbeigenschaften. Das Lebewesen erschiene uns als eine Art_ von Mosaik aus Erbeigenschaften, die einzeln und selbständig nebeneinander stehen, so daß schließlich ein Organismus so zusammengesetzt wäre, wie ein Mosaikbild aus seinen einzelnen Steinchen. Wenn man nun bedenkt, daß ein Organismus doch ein Ganzes ist, das als Ganzes arbeitet und in dem die Teile sich dem Ganzen unterordnen, erscheint eine solche Vorstellung doch recht roh. Tatsächlich ist dies auch nicht die Vorstellung, zu der die Lehre von den mendelnden Erbfaktoren geführt hat, wobei wir ganz von dem mehr philosophischen als naturwissenschaftlichen Problem absehen, welches Verhältnis das Ganze zu seinen Teilen hat. Das Zusammenarbeiten der Erbfaktoren muß vielmehr so vorgestellt werden, daß die Gesamtheit der Erbfaktoren bei der Hervorrufung einer jeden Eigenschaft mitwirkt, und daß der einzelne Erbfaktor, den uns das Mendel experiment einer bestimmten Eigenschaft zuordnen lehrt, nur bei der letzten Entscheidung mitwirkt. Wir werden dies bald verstehen, wenn wir nun einige Tatsachen mendelnder Vererbung kennenlernen, die uns die Erbfaktoren in ihrem Zusammenspiel zeigen.
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Goldschmidt, R. (1933). Das Zusammenarbeiten der Erbfaktoren. In: Die Lehre von der Vererbung. Verständliche Wissenschaft, vol 2 . Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-41817-8_9
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