Zusammenfassung
Nach dem Bau und der Lage der Gaumen- und Rachenmandeln ist es gar nicht zu erstaunen, dass sie so häufig Eingangspforten für pathogene Mikroben sind; sie besitzen in den Fossulae der Gaumen- und den Spalten der Rachenmandel förmliche Brutöfen für dieselben. Besonders geeignet dafür sind die zerklüfteten Gaumenmandeln, in deren Grübchen sich immer ein, durch die gleich zu erwähnenden Mandelpfröpfe unterhaltener Reizzustand findet. Sie enthalten nämlich stets Strepto- und Staphylokokken, die von Zeit zu Zeit durch noch unbekannte Ursachen eine höhere Virulenz annehmen und dann an mancherlei Krankheiten Schuld tragen. Für die eitrigen Processe, wie die Peritonsillitis, die gefährliche Pharyngitis phlegmonosa infectiosa acuta Senatoe’s ist das ganz begreiflich, da die Stellen, wo sie auftreten, in direkter Lymphbahnverbindung mit den Mandeln stehen. Schwieriger wird die Erklärung, wenn die Mikroben die Drüsen zu passieren haben. Buschke hat in mehreren Fällen von Osteomyelitis die Eingangspforte für die Mikroorganismen in den Mandeln gesucht; er fand in ihnen und im Blute Strepto- und Staphylokokken; es ist ferner bekannt, dass man in den Mandeln nicht selten Tuberkelbacillen gefunden hat. Nach den im Institut für Infektionskrankheiten gemachten Untersuchungen haben wir in den Mandeln, namentlich in der Rachenmandel, die Eingangspforte für eine Anzahl von Krankheiten zu suchen, so für den Rheumatismus acutus und für manche Fälle von sogenannter kryptogener Pyämie. Es ist nach meiner Erfahrung sehr wahrscheinlich, dass chronisch entzündete Mandeln, besonders die durch Mandelpfröpfe im Reizzustand erhaltenen, eine für den Diphtheriebacillus mehr geeignete Haftstelle abgeben, als gesunde mit dickem, festem Epithel. Ein Theil der bei Diphtherie beobachteten Immunität dürfte auf den Mangel eines geeigneten Brutofens zurückzuführen sein.
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Schmidt, M. (1897). Die Erkrankungen der vier Mandeln. In: Die Krankheiten der oberen Luftwege. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-40424-9_11
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