Zusammenfassung
Ein vollständiger Abriß der gerichtlichen Psychiatrie findet in einem Lehrbuch der Psychiatrie keinen genügenden Raum. Es sollen hier nur einige der wichtigsten und der häufigsten Begriffe und Bestimmungen erläutert werden. Für alles Weitere ist auf die speziellen Lehr- und Handbücher zu verweisen,die jedem, der etwas tiefer in die Materie hineinsehen möchte, unentbehrlich sind. Daß ich den Abschnitt dennoch anfüge, hat seinen Grund darin, daß ein Lehrbuch der gerichtlichen Psychiatrie für die schweizerischen Verhältnisse noch nicht möglich ist, solange kein einheitliches schweizerisches Strafgesetz besteht. Doch kann auch da nur das Notwendigste angeführt werden. Jeder schweizer Arzt soll sich um die Gesetze seines Kantons kümmern. Übrigens hat das einheitliche Zivilgesetz mit seinen mannigfaltigen ärztlichen Aufgaben eine ungleich größere Bedeutung als die Strafgesetze.
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Literatur
Vgl. auch: Th. Heller: Pädagogische Therapie für Ärzte usw. Leipzig und Wien 1914. „Forensischer Anhang“ folgt im Zusammenhang.
Die neuen Vorschläge sprechen richtiger von Zurechnungsunfähigkeit.
Wird in manchen Kantonen als „bedingter Straferlaß“ bezeichnet, was leicht Anlaß zu Verwechslung mit der „bedingten Entlassung” nach teilweiser Erstehung einer Freiheitsstrafe geben kann. Die bedingte Entlassung ist eine Angelegenheit des Strafvollzuges, nicht der Verurteilung.
Allgemeine Orientierung in Spinner: Ärztliches Recht. Berlin: Julius Springer 1914.
Nach Hirschfeld: Homosexualität. S. 932. Berlin: Marcus 1914, kann sich die Frau vom homosexuellen Manne, nicht aber der normale Mann von der homosexuellen Frau trennen lassen, worin sich eine erschreckend rohe Auffassung des ehelichen Verkehrs dokumentiert. Es wird allerdings von einzelnen auch vorausgesetzt, daß der Begriff der Geisteskrankheit durch § 6 für das ganze BGB. gültig sei. Die meisten Gerichte entscheiden aber nicht so.
Hoches Handbuch der gerichtlichen Psychiatrie. 2. Aufl. S. 361. Berlin: Hirschfeld 1909.
Im österreichischen Ab GB. ist die Bedeutung der Ausdrücke Scheidung und Trennung die umgekehrte.
Bischoff: Lehrbuch der gerichtlichen Psychiatrie für Mediziner und Juristen. Berlin u. Wien: Urban und Schwarzenberg 1912. — Handbuch der ärztlichen Sachverständigentätigkeit, herausgegeben von Dittrich, VIII. Bd. Wien und Leipzig: Brandmüller 1908. Die Entmündigungsordnung ist in beiden Werken nicht berücksichtigt.
Österreichisches Strafgesetz. Manzsche Gesetzausgabe, 22. Auflage. Wien: Manzsche Buchhandlung 1912.
In Dittrichs Handbuch der ärztlichen Sachverständigentätigkeit, VIII. Bd. Wien und Leipzig: Braumüller 1908.
Jedenfalls hat der Richter, nicht der Arzt, zu beurteilen, ob eine schwere Affektstörung unter a einbezogen werden könne. Aber der Begutachter hat ihm das tatsächliche Material, den Nachweis der Affektstörung zu liefern — wenn er überhaupt angerufen wird.
Einzelne beziehen das „ganz“ bloß auf die Dauer, was gewiß nicht im Sinne des Gesetzgebers ist; andere glauben damit Umfang und Dauer der Vernunftlosigkeit bezeichnet, was unnütz ist.
Der Unterschied zwischen Sinnesverrückung und Sinnesverwirrung ist, wenn er überhaupt je definierbar war, heute ein unklarer, weshalb der Richter meist nach b und e zugleich fragt.
Hermann: Entmündigungsordnung. Wien: Manz 1916.
Nicht gerade nötig und bisweilen nicht möglich ist es, in strafrechlichen Fällen das Verbrechen aus der krankhaften Psyche direkt abzuleiten Kann man es aber tun, so trägt es zur Klarheit des Gutachtens viel bei.
In einem wichtigen Fall von Testamentsanfechtung hat sich ein schweizerisches Gericht nicht auf diesen Standpunkt gestellt: es erklärte ein Testament für gültig, das aller Wahrscheinlichkeit nach, aber nicht absolut sicher, in einem luziden Intervall gemacht worden war von einem nicht bevormundeten Arteriosklerotiker, der einen großen Teil der Zeit nicht fähig gewesen war, seine Angelegenheiten zu besorgen. Man fragte einfach: Läßt sich für die kritische Zeit Mangel der Testierfähigkeit beweisen? was bestimmt verneint werden mußte.
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Bleuler, E. (1930). Anhang. In: Lehrbuch der Psychiatrie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-36477-2_13
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