Die Blindenlehrerkongresse, der I. Kongreß für Blindenwohlfahrt und der Deutsche Blindenlehrerverein

Zusammenfassung

Die Zeitgeschichte des Handwerks, der Zünfte und einzelnen Stände zeigt uns mit Deutlichkeit, daß es meist langer Zeiträume bedarf, ehe Gleichgesinnte sich zu einem gemeinsamen Ganzen zusammenfinden oder einen festen Zusammenschluß zu erstreben suchen. Die deutsche Eigenbrödelei kommt durch diese Tatsachen am deutlichsten zum Ausdruck. Wenn nicht Not und Angriffe die Stände gezwungen hätten, sich zusammenzuschließen, wäre bis heute für viele Stände noch keine Zusammenarbeit zur Tatsache geworden. Wenn Zusammenarbeit schon schwer im Handwerk hielt, wieviel schwerer kam sie erst zustande bei allen geistigen Berufen. Eine neue Zeit ist allmählich erwachsen; mit ihr kamen neue Menschen mit schnellerem Denken und Handeln, die auch als Geistesarbeiter mehr auf das Praktische ihren Sinn einzustellen wußten. Wenn sie erst erkannten, daß Einigkeit stark macht, so war diese Erkenntnis schon ein gewaltiger Schritt für ein schnelleres Vorwärts. So wie beim Handwerk stand es auch bei der deutschen Blindenlehrerschaft um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Wer sich der Mühe unterzieht und die ersten Jahrgänge des ersten Fachblattes für deutsche Blindenlehrer durchblättert (Organ der Taubstummen- und Blindenanstalten in Deutschland und den deutschredenden Nachbarländern. Herausgegeben von Dr. Ludwig Chr. Matthias, Friedberg 1855–1880), wird staunen, wie vieler Worte, Bitten, Mahnungen und Beweise es bedurfte, um nur einigermaßen die abgesondert arbeitenden Blindenlehrer für die Idee eines Zusammenschlusses zu gewinnen.