Zusammenfassung
Die Justiz hat nach den geltenden Bestimmungen einen schweren Stand gegenüber querulierenden Psychopathen. Solange die Verpflichtung anerkannt wird, daß jede Eingabe, mag sie noch so schrullig und unverständig sein, beantwortet werden soll, solange können sich Behörden nur schlecht vor solcher unproduktiver Inanspruchnahme schützen. Solange besteht aber auch der große Nachteil, daß der Querulantenwahn sozusagen gezüchtet wird. Jeder Bescheid, jede Belehrung, mögen sie selbst wohlwollend gemeint sein, bedeuten für den Querulanten, dem sie keine Befriedigung seines Begehrens bringen, lediglich eine neue Enttäuschung und Kränkung, reizen ihn zu rastloser Anfertigung neuer Schriftstücke, schaden seiner Gesundheit, geben seiner Streitsucht frische Nah rung. Hier wäre in erster Linie zu einer Reform anzusetzen. Es ist ein Unding, daß z. B. ein einziger querulierender Gefangener im Strafvollzuge durch seine endlosen Schreibereien soviel Arbeit bereiten kann, daß für ihn ein besonderer Dezernent am Platze wäre, ohne daß die Kombination der ihm so gewährten Schreibfreiheit mit martervollem Lese- und Antwortzwang für die Behörden irgendwie sinnvoll oder zweckdienlich wäre. Geholfen wird dem Querulanten gar nichts mit dieser Methode. Im Gegenteil, die sich immer feindseliger zuspitzende Korrespondenz, mag sie schon seiner Eigenliebe schmeicheln und seiner hämischen Schadenfreude eine gewisse Genugtuung bieten, erbittert im Grunde wegen der aufreizenden Erfolglosigkeit und erzeugt eine widerwärtige Atmosphäre unerträglicher gegenseitiger Gereiztheit.
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Raecke (1926). Behandlung und Begutachtung des Querulantenwahns. In: Der Querulantenwahn. Grenzfragen des Nerven- und Seelenlebens. J.F. Bergmann-Verlag, Munich. https://doi.org/10.1007/978-3-662-34430-9_5
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-34430-9_5
Publisher Name: J.F. Bergmann-Verlag, Munich
Print ISBN: 978-3-662-34160-5
Online ISBN: 978-3-662-34430-9
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