Zusammenfassung
Der Vertrag von Verdun vom Jahre 843 ist immer, und mit Recht, als wichtiger Wendepunkt in der europäischen Geschichte betrachtet worden. Nicht sein Inhalt an sich gibt ihm diese Bedeutung. Sind doch schon oft vor ihm ähnliche Teilungsverträge in dem merowingischen und karolingischen Reich abgeschlossen worden, deren Inhalt, soweit wir es bei dem Mangel an Quellen namentlich für den Vertrag von 843 selbst erkennen können, nicht wesentlich voneinander verschieden war1. Seine Bedeutung beruht vielmehr darauf, daß es nicht mehr das fränkische Königreich ist, das geteilt wird. Man verfügte in Verdun über das abendländische Kaiserreich, dessen Landgebiet in drei etwa gleichgroße Teile zerlegt wurde. Aber nur einer der Söhne Ludwigs des Frommen konnte Inhaber der Kaiserwürde und damit des Schutzrechtes und der Schutzpflicht über den Papst sein. Bei der universalen Stellung des Papstes mußte seinem Schutzherrn von vornherein ein überwiegender Einfluß auf die Geschicke Europas zukommen. Der Vertrag von Verdun hat diese Entwicklung zu verhindern gesucht. Er bekam aber dadurch notwendigerweise den Charakter des Vorläufigen.
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Eine Ausnahme bildet die Teilung von 768. Da diese aber nur kurze Zeit Geltung hatte, darf sie hier außer acht gelassen werden. Ebenso wird hier nicht beachtet, ob die Teilungen noch zu Lebzeiten des Vaters verabredet wurden oder erst unter den Söhnen.
Aehnlich urteilt Wilh. Sickel, Zum karolingischen Thronrecht in der Festschrift zu Aug. Sigm. Schultzes 70. Geburtstag (Leipzig 1903) S. 109.
Eine Zusammenstellung der Quellen hierfür gibt Doizé, Le Gouvernement confraternel des Fils de Louis le Pieux et le l’Unité de l’Empire (843 bis 855) in Moyen Age 2. Serie II. (1898) S. 257, vgl. auch Dümmler, Geschichte des ostfränkischen Reichs Bd. 1, 2. Aufl. 1887 S. 300.
Chron. Salemitanum c. 107. MG. SS. III S. 523: Porro de eo quod dicis, non in tota nos Francia imperare, accipe, frater, breve responsum. In tota nempe imperamus Francia, quia nos procul dubio retinemus, quod illi retinent, cum quibus una caro et sanguis sumus hac unus per Dominum spiritum. Vgl. Brunner, Rechtsgeschichte I, 278.
Vgl. MG. Cap. II. S. 113 – 115, 69–71, siehe auch Doizê S. 274.
Vgl. Dümmler I. S. 209ff.
Ebenda S. 211. Dümmler beurteilt diese Dinge freilich etwas anders.
J.—E. 2586. (MG. Epist. V, 583)... gloriosi quondam Caroli imperatoris filium, cuius beatissimi moderatoris industria Romanorum Francorumque concorporayit imperium...
Waitz, Deutsche Verfassungsgeschichte Bd. 4 (2. Aufl.) S. 698, Schrörs, Hinkmar von Rheims S. 50.
Vgl. J.—E. 2586 (Epist. V (s. o.). Ueber das Vikariat Drogos s. besonders v. Schubert, Geschichte der christlichen Kirche im Frühmittelalter S. 408ff., Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands Bd. II (3/4. Auflage) S. 515.
Pereis, Papst Nikolaus I. (Berlin 1920) S. 6 nennt Hinkmar „das Haupt der Reformer im westfränkischen Klerus, die schon unter Ludwig dem Frommen die Träger des Einheitsgedankens gewesen waren,... selbst erfüllt von der Vorstellung einer fränkischen Qesamtkirche, mit der die Idee des Gesamtreichs aufs engste zusammenhing”.
Ueber das Verhältnis zwischen Geistlichkeit und weltlichem Adel vgl. besonders v. Schubert a. a. O. S. 412.
Eine gedrängte, aber ausreichende Uebersicht über die Geschichte dieser Theorie gibt v. Schubert a. a. O. S. 413.
Zur Beurteilung dieses Briefes vgl. Sickel Thronrecht S. 128 und Schrörs, Hinkmar von Rheims S. 82. Von der weiteren zahlreichen Literatur über den Brief Hinkmars sei hier nur noch genannt Cal mette, Etude sur les relations de Charles le Chauve avec Louis le Germanique et l’Invasion de 858–859. (Moyen Age 2. Serie Bd. III, S. 143 ff.)
MG. Cap. II, S. 450–453.
S. a. Sickel, Thronrecht S. 129, ebenso Buchner, Grundlagen der Beziehungen zwischen Landeskirche und Thronfolger im Mittelalter. Festschrift für Georg von Hertling 1913. S. 245 ff.
Migne, Patrol. Lat. 124 S. 881–896, vgl. auch Dümmler Bd. II S. 347, Schrörs, Hinkmar von Rheims S. 347 ff., Schubert a. a. O. S. 437. Dieser nennt es das „letzte große Dokument des Selbstgefühls in Kirche und Reich der Karolinger”.
Der Wert dieser Stelle darf freilich nicht überschätzt werden, da sie nur Bibelzitat ist. Beachtet werden muß aber, daß dieses überhaupt in einem Briefe Karls an den Papst benutzt wird.
Ueber die kurze Regierung Karls von der Provence siehe Poupard in. Le Royaume de Provence (Paris 1901) S. 1–32.
Vgl. Poupardin, Provence S 31, und Dümmler, Bd. II, S. 19, ebenso Parisot, Le Royaume de Lorraine S. 180, Pereis, Papst Nikolaus I. S. 64.
MG. Cap. II, 168, vgl. auch Pereis, a. a. O. S. 147.
MG. Cap. II, S. 338–341;, s. a. Dümmler Bd. II, S. 281 ff., Parisot S. 344 ff.
Ueber den Ehestreit siehe neben Dümmler Bd. II, S. 7 ff. besonders Hauck Bd. II (3., 4. Aufl.) S. 545ff., a. a. O. S. 421 ff. und Pereis. 67, ff.., 73, 151.
Vgl. Schubert S. 410, ebenso.die dazugehörige Anmerkung bei diesem, in der die wichtigste Literatur über die Bedeutung der Kaiserkrönung und -Salbung von 850 genannt wird.
Ann. Bert. a. 856 (ed. Waitz S. 47) Ludovicus imperator Italiae, a. 863 (S. 61) Hludowicus, frater eius, Italiae vocatus imperator, ebenso a. 863, 864 und öfter.
Chron. Saiern. MG. SS. HI. S. 521–527.
s. o. S. 11.
Vgl. v.Schubert a. a. O. S. 411, ebenso Perels, Papst Nikolaus I. S. 177.
S. hierüber bei L. M. Hartmann, Geschichte Italiens im Mittelalter Bd. III. 1.S. 283.
Siehe Dümmler Bd. IL S. 340.
Eingehender wird hierüber unten S. 26ff. gesprochen.
Bereits Nikolaus I. hat ihm, nach J.-E. 3019 die Kaiserkrone versprochen: MG. Epist. VII. 1. S. 311: Cuius et nos non solum nostris diebus, sed etiam beati papae Nicolai tempore reminiscentes, excellentiam tuam ad honorem et exaltationem sancte Romanae ecclesiae et ad securitatem populi Christiani eli-gendam esse speravimus. Vgl. auch Pereis, a. a. O. S. 141.
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Schulze, A. (1926). Einleitung. Die fränkische Politik in der Zeit von 843–875 unter besonderer Berücksichtigung des Einheitsgedankens und der Kaiseridee. In: Kaiserpolitik und Einheitsgedanke in den karolingischen Nachfolgestaaten (876–962) unter besonderer Berücksichtigung des Urkundenmaterials. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-33921-3_1
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