Zusammenfassung
Wenn wir jetzt darangehen, die bekannten Tatsachen pathologisch-anatomischer, experimentell-pathologischer und bakteriologischer Art für die Ursachenforschung der rheumatischen Krankheit auszuwerten, so scheint es angebracht, vorher noch einmal sich darüber Rechenschaft zu geben, daß den im vorhergehenden besprochenen Hypothesen zwei verschiedene Ausgangspunkte, zwei verschiedenartige Einstellungen des forschenden und denkenden Geistes zugrunde liegen: 1. die analytische Forschungsrichtung, die ihre Aufgabe und ihr Ziel in der Zergliederung, der Auflösung der krankhaften Erscheinungen in viele Einzelkrankheiten sieht. Sie setzt viele einzelne Krankheitsbilder nebeneinander und betrachtet als Hauptaufgabe, die Trennung möglichst genau durchzuführen. Dieser. Einstellung entspricht die Theorie der spezifischen Infektionskrankheit. Rheumatismus ist demnach eine Infektionskrankheit, die durch bestimmte gewebliche Veränderungen ausgezeichnet ist, und für die ein noch unbekannter, spezifischer Erreger die hinreichende Ursache darstellt. Diese Auffassung ist demgemäß bestrebt, den Rheumatismus specificus infectiosus (Gräff) aus der großen Zahl von Krankheiten mit dein Rheumasymptom abzugrenzen als völlig verschiedene Erscheinung, die nur zufällig mit anderen Krankheiten den „rheumatischen“ Schmerz gemeinsam hat. 2. Die zweite, der ätiologischen Rheumaforschung zugrunde liegende geistige Einstellung kann man kurz mit dem Wort „Synthese“ bezeichnen; sie geht davon aus, daß es nicht genüge, die verschiedenen mit rheumatischen Beschwerden einhergehenden Krankheiten gegeneinander abzugrenzen, sondern, daß versucht werden müsse, das Zusammengehörige, das allen Gemeinsame zu sehen und herauszuarbeiten. Sie steht auf dem Standpunkt, daß es ebenso notwendig und förderlich ist wie die rheumatische Krankheit nach unterschiedlichen Zerkmalen zu trennen, danach zu fahnden, ob nicht auch Übereinstimmendes nachzuweisen, das — unbeschadet der trennenden Eigenschaften wie verschiedenartiger Erreger — doch mehrere Einzelkrankheiten zu einer zusammengehörigen zusammenfaßt, zusammenstellt, synthetisiert.
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Klinge, F. (1933). Auswertung der pathologisch-anatomischen und immunbiologischen Erkenntnisse für das Rheumaproblem. In: Lubarsch, O., von Ostertag, R., Hueck, W., Frei, W. (eds) Ergebnisse der Allgemeinen Pathologie und Pathologischen Anatomie des Menschen und der Tiere. J.F. Bergmann-Verlag, Munich. https://doi.org/10.1007/978-3-662-32542-1_10
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Print ISBN: 978-3-662-31716-7
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