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Part of the book series: Handbuch der Gynäkologie ((2385))

Zusammenfassung

Jede Darstellung der Medizingeschichte ist von dem ärztlichen und historischen Denken der Zeit abhängig, in der sie geschrieben ist. Aus ihm gewinnt sie den Gesichtspunkt, von dem sie die Vergangenheit sieht; denn, wenn auch die Feststellung dessen, was einmal gewesen ist, der objektiven historischen Wahrheit im Sinne Rankes, ihre Hauptaufgabe bleibt, so steht daneben die Wertung der Leistung der Vergangenheit. Diese muß immer das Gepräge des eigenen Zeitalters tragen, auch wenn sich der Historiker noch so sehr bemüht, alles Subjektive auszuschalten und die Vergangenheit aus der Vergangenheit zu verstehen. Aus dieser Überlegung ergibt sich die Berechtigung, heute mit einer umfangreichen Geschichte der Frauenheilkunde vor die Fachgenossen zu treten. Die letzten Dezennien haben nicht nur viel wertvolles neues Material zu ihrer Bearbeitung geschaffen und den Kreis der Quellen, der ihr zugrunde gelegt werden muß, in ungeahnter Weise erweitert, sondern in der Gynäkologie selbst eine Wandlung mit sich gebracht, die uns nicht nur in der Gegenwart, sondern auch in der Vergangenheit vieles in neuem Lichte sehen lehrt. Vom Organspezialismus sind wir zur Betrachtung der gynäkologischen Lokalaffektionen als Ausdruck allgemeiner Störungen gekommen Der Gynäkologe und Geburtshelfer sieht, behandelt und betreut die gesunde und kranke Frau als Gesamtorganismus und nicht nur als Individuum, sondern auch als Mitglied der sozialen Gemeinschaft in ihrer Abhängigkeit von ihrer natürlichen und ihrer gesellschaftlichen Umwelt. Aus der Gynäkologie wurde die Frauenkunde. Nichts zeigt das klarer als ein Vergleich eines modernen gynäkologischen Lehrbuchs mit einem aus der Zeit vor 30 oder 40 Jahren. Man sieht daraus, wie neben dem Spezialismus die allgemeinen Gesichtspunkte wieder mehr hervortreten. Auch bei der Betrachtung der neuesten Gynäkologie erkennen wir, daß wirklich große und führende Gynäkologen die Zusammenhänge und die „Ganzheit“ nicht übersehen haben. Der Blick auf das Ganze ist allerdings nicht mehr so in die Erscheinung getreten, als die riesigen Fortschritte der Pathologie, der diagnostischen und therapeutischen Technik die lokale Gynäkologie in den Vordergrund drängten.

„Die letzte Aufgabe der philologisch-historischen Wiesenschaft ist, durch die Kraft der wissenschaftlich geschulten Phantasie vergangenes Leben, Fühlen, Denken, Glauben wieder lebendig zu machen, auf daß alles, was von belebender Kraft in jener Vergangenheit ist, auf die Gegenwart und Zukunft fortwirke. Dazu muß der Kopf kühl sein, aber heiße Liebe im Herzen brennen. Nur der Eros führt zum Anschauen der Wahrheit und des ewig Lebendigen.“

U. v. Wilamowitz-Möllendorffs Erinnerungen 1848–1914. S. 104.

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Literatur

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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.

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Diepgen, P. (1937). Einleitung. In: Die Frauenheilkunde der Alten Welt. Handbuch der Gynäkologie. J.F. Bergmann-Verlag, Munich. https://doi.org/10.1007/978-3-662-30364-1_1

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