Zusammenfassung
Diese Verknüpfung des Fermentbegriffs einerseits mit der Gärwirkung der Hefe, andererseits mit der Wirkung des philosophischen Steins ist uralt. So lehrten schon die griechisch-alexandrinischen Alchemisten (etwa 300 n. Chr.): Hermes stellte das Xerion (bzw. den Stein der Weisen) her, das. seit Äonen Gesuchte, und verwandelte mit ihm die gemeinen Metalle in Gold, wie die körperlich Siechen in Gesunde. Es wirkt nach Art einer Hefe (= ζύμης χάϱιν; dazu ζύμη = Sauerteig, Enzym, Zymase); wie die kleinste Zutat Hefe eine große Menge Teig in Gärung versetzt und umwandelt; so wird auch schon durch eine Kleinigkeit Xerion die ganze Masse fermentiert und zu Gold gewandelt (vgl. E. O. v. Lippmann: Alchemie, S. 80, 84, 345, 366, 1919). Wenn auf Grund einer umgebildeten Lehre des Aristoteles die Metalle gewachsene und wachsende Gebilde und einander nahverwandt sind, so ist es folgerichtig, eine künstliche Umwandlung aus einer niederen Wachstums- oder Entwicklungsstufe in eine höhere für durchführbar anzunehmen bzw. den langsam verlaufenden Naturvorgang abzukürzen oder zu beschleunigen. Das Mittel dazu sollte jenes Xerion, Stein der Weisen, sein, dessen verschiedenen Gütegraden eine verschiedene Umwandlungszeit entsprach (vgl. H. Kopp: Alchemie, Bd. I, S. 188. 1886). Der’ große Dschâbir (um 800 n. Chr.) rühmte sein Präparat, das statt viele Jahre Umwandlungszeit nur wenige Tage, ja nur den einen Augenblick erforderte, bis das „Ferment“ hinzugetan wurde (E. O. v. Lippmann: Alchemie, S. 364). So kennzeichnete auch der berühmte Roger Baco (13. Jahrhundert) in den ihm zugeschriebenen alchemistischen Schriften den „Stein der Philosophen“ als das Mittel, „in wenig Zeit dasjenige zu machen, wozu die Natur eine viel längere Zeitdauer braucht“ (F. Hoefer: Histoire de la chimie I, p. 399. 1866), wobei die Wirkung von 1 Teil des „Steins“ auf 1000 • 1000 Teile und mehr des unedlen Metalls sich erstreckt (Kopp, zit. S. 24). Im 16. Jahrhundert berichtete Biringuccio (Pirotechnia, 1540), daß die Alchemisten behaupten, mit ihrer Kunst „die gesetzmäßigen Naturvorgänge umkehren zu können“. Im 17. Jahrhundert übertrug Franz Sylvius de le Boë Ferment, und Fermentation auf das Gebiet des menschlichen Stoffwechsels und machte den Speichel und Magensaft sowie die Galle zu Hauptträgern der Fermente. Beim Anbruch des 18. Jahrhunderts übernahm G. E. Stahl den Gedanken der Beschleunigung hinsichtlich der Wirkung des „Gärungsmittels oder Ferments“: das in innererBewegung befindliche Ferment wirkt „nicht allein vermittelst eines einfachen und bloßen Anstoßens …: sondern auch vermittelst des Anhängen s und Einwickelns … Das Ferment befördert und beschleunigt nur den Actum … Endlich so muß die gebrauchende Quantität nur mäßig sein“ (Sperrdruck im Original: „Zymotechnia Fundamentalis“, S. 291, 296, 298. Ausgabe vom Jahre 1734).
„Ferment macht das Corpus lück, daß es aufgehet und der Spiritus Platz findet, damit es zum Backen geschickt werde ... Hermes sagt: Ferment weiset das (alchemistische) Werk, sonst wird nichts daraus.“ Ruhland (1612).
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Literatur
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A. Mittasch: B. 59, 13, 15, 22 (1926).
S. auch A. Mittasch u. W. Frankenburger: Z. El. 35, 922. 1929 ).
Siehe oben, S. 97.
Eine pyrogene Kondensation des Acetylens (50% + Wasserstoff 50%) beim Durchleiten durch innenglasierte Porzellanröhren (Kontaktwirkung ?) bei etwa 650° ergab einen an aromatischen Kohlenwasserstoffen reichen Teer [R. Meyer: B. 45, 1609 (1912)].
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Walden, P. (1941). Vom alten „Ferment“ zum modernen „Katalysator“. In: Geschichte der organischen Chemie seit 1880. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-28693-7_5
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