Die mechanischen und elastischen Eigenschaften des Gußeisens

Zusammenfassung

Die Zugfestigkeit thermisch nicht nachbehandelten Gußeisens liegt je nach chemischer Zusammensetzung und Gefügeaufbau zwischen 12 kg und 45 kg/mm². Durch vergütende Wärmebehandlung kann die Festigkeit noch weiter gesteigert werden. Da die ferritische (siliziumhaltige) Grundmasse an sich eine Zugfestigkeit von 35 bis 40 kg/mm² besitzt, lamellarstreifiger Perlit eine solche von etwa 80 bis 90 kg/mm², so erkennt man, daß durch die eingelagerten Graphitanteile ein erheblicher Abfall der Festigkeit verursacht wird (Abb. 288). Es ist nun Aufgabe des wissenschaftlich und betriebstechnisch vorgeschulten Gießerei-Ingenieurs, durch zweckmäßige chemische Zusammensetzung und Beherrschung der Ausbildungsform von Grundmasse und Graphiteinlagerungen dem Gußeisen die für den jeweiligen Verwendungszweck günstigste Festigkeit und Gefügeausbildung zu verleihen, gegebenenfalls das Optimum an mechanischer Festigkeit aus dem Grauguß herauszuholen, sei es auch unter Preisgabe gewisser dem Gußeisen arteigener Eigenschaffen, sofern deren Beeinträchtigung für den betrachteten Zweck von untergeordneter Bedeutung erscheint. Während die Kerbwirkung des eingelagerten Graphits für den Abfall der Festigkeit gegenüber einer graphitfreien Grundmasse verantwortlich ist, verursacht die Verengungs- und Umlenkungswirkung des Graphits hinsichtlich der Spannungsbahnen (vgl. die Ausführungen auf Seite 237ff.) eine Abweichung des elastischen Verhaltens vom Hookeschen Gesetz, eine Abweichung, die, wie früher (Seite 239) ausgeführt werden konnte, nicht die metallische Grundmasse betrifft, sondern das heterogene Gemenge: Grundmasse + Graphit. Gußeisen besitzt im Gegensatz zu Eisen und Stahl keine sehr deutlich ausgesprochene Streckgrenze. Die Dehnungen nehmen schneller zu als die Spannungen, bis schließlich nach TUberschreitung der Trennfestigkeit der praktisch dehnungslose Bruch eintritt. Abb. 543 zeigt das Dehnungs-Spannungsdiagramm eines Gußeisens mit etwa 22 kg/mm² Zugfestigkeit nach Messungen in der Versuchsanstalt der Firma Friedr. Krupp A.-G., Essen (1). Durch Feinmessungen wurden die gesamten und die bleibenden Dehnungen bei verschiedenen Belastungsstufen ermittelt. Aus der Differenz ergeben sich alsdann die federnden Dehnungen. Hervorgehoben ist in Abb. 543 die Spannung σ _E , bei der die bleibenden Dehnungen den Betrag von 0,03% erreichen (vereinbarte technische Elastizitätsgrenze), ferner die Spannung σ _D , bei der die bleibenden Dehnungen auf 0,2% angewachsen sind (vereinbarte technische Streckgrenze).