Zusammenfassung
Ein Mann, dem die Genialitätsforschung viel zu verdanken hat, der geistvolle Psychiater Möbius, hat einmal eine kleine Schrift verfaßt, die den Titel führt: „Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes.“ Über diese Schrift hat sich das Publikum so sehr geärgert, daß sie sprichwörtliche Beachtung fand. Hinter dem scharf polemischen Titel und zwischen vielen einseitigen Übertreibungen werden hier auch einige auf das Genialitätsproblem bezügliche Fragen behandelt, z. B. die Tatsache, daß es bisher noch kein weibliches Genie im engsten Wortsinn und nur sehr wenig Frauen gegeben hat, die auf irgendeinem Geistesgebiet originelle Neuleistungen schufen. Man wendet hier sogleich ein: die Frau wurde nicht zum Geistesleben zugelassen und die Wertung ihrer Leistungen leidet unter dem Vorurteil. Aber, sagt Möbius mit Recht, hat man z. B. jemals die Damen verhindert zu singen und Klavier zu spielen; weshalb also komponierten sie nicht? Und wenn sie komponierten, weshalb nichts Unsterbliches? Möbius hat sich die Mühe genommen, die Namen aller historisch auffindbaren weiblichen Komponisten zusammenzutragen; wir finden in dem langen Register als Namen, die uns irgend etwas besagen, nur Klara Schumann, die durch ihren Mann, Fanny Mendelssohn, die durch ihren Bruder und Corona Schröter, die durch ihren Freund Goethe berühmt geworden ist. Und was das Vorurteil gegen die Leistung betrifft, so pflegt dasselbe gegenüber hübschen musizierenden Damen verschwindend gering zu sein.
This is a preview of subscription content, log in via an institution.
Buying options
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Learn about institutional subscriptionsPreview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Author information
Authors and Affiliations
Additional information
Besonderer Hinweis
Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
Rights and permissions
Copyright information
© 1929 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
About this chapter
Cite this chapter
Kretschmer, E. (1929). Geschlecht und Pubertät. In: Geniale Menschen. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-25738-8_8
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-25738-8_8
Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-662-23653-6
Online ISBN: 978-3-662-25738-8
eBook Packages: Springer Book Archive