Zusammenfassung
Die Kriminalpsychopathologie im engeren Sinne, die Psychopathologie des Verbrechers und des Verbrechens, behandelt die krankhaften seelischen Erscheinungen und Vorgänge, soweit sie Beziehungen zur Kriminalität haben, und die Art der Zusammenhänge, die zwischen beiden bestehen. Sie kennzeichnet daher auf der einen Seite, vom Pathologischen ausgehend, die einzelnen psychopathologischen Gebilde als Ursachen. Grundlagen, Vor-aussetzungen und Elemente des kriminellen Handelns sowie die einzelnen psychopathologischen Typen als Träger bestimmter krimineller Dispositionen, Tendenzen und Artungen. Und sie charakterisiert auf der anderen, vom Kriminellen ausgehend, die einzelnen Delikte und Verbrecherindividuen als Produkte bestimmter psychopathologischer Züge und Typen, als Erscheinungsformen und Äußerungsweisen bestimmter psychischer Krankheitsfälle. Entsprechend diesen ständigen Beziehungen zu psychischen Erscheinungen wie überhaupt ihrer ganzen Natur und ihren Zielen nach ist die Kriminalpsychopathologie demnach eine psychologisch gerichtete Forschung. Allerdings nur in der Hauptsache. Zur Erfassung aller Phänomene im Bereich pathologisch bedingter Kriminalität reicht die rein psychologische Betrachtung und die Heranziehung lediglich seelischer Erscheinungen nicht aus.
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Literatur
Die im folgenden gemachten Literaturangaben beschränken sich grundsätzlich auf die Anführung einiger weniger für die Orientierung ausreichender Veröffentlichungen. Von ihnen aus steht der Weg zur weiteren Literatur ohne Schwierigkeiten offen. — Als allgemeine Vorbereitung für die Verbrecherpsycho-pathologie kommen in Betracht: Aschaffenburg, Das Verbrechen und seine Bekämpfung (Heidelberg, 2. Aufl., 1906), auch Sommer, Kriminalpsychologie und strafrechtliche Psychopathologie auf naturwissenschaftlicher Grundlage. (Leipzig 1904), sowie Wulff en, Psychologie des Verbrechers (Berlin 2. Aufl.), letzteres an sich groß angelegt, jedoch mit nicht genügender Sichtung und Wertung des herangezogenen Materials (viel Zeitungsberichte!). Psychiatrische Werke, die nur die Verbrecherpsychopathologie — und nicht zugleich auch die strafgesetzliche — enthalten, sind selten: Sander-Richter, Die Beziehungen zwischen Geistesstörung und Verbrechen (Berlin 1886) enthält manche bemerkenswerten Einzelheiten; Moeli, Über irre Verbrecher (Berlin 1888), trotz der veränderten klinisch-psychiatrischen Anschauungen auch heute noch nicht veraltet; Birnbaum, Psychopathische Verbrecher (Berlin 1914), mit Beschränkung auf die Grenzfälle der psychopathisch Minderwertigen. Dazu kommen die gerichtlichen Psychiatrien, von denen besonders Sie merling, Strittige geistige Krankheiten (Bd III von Schmidtmanns Handbuch der gerichtlichen Medizin, Berlin 1905 bis 1907) und Casper Li man, Handbuch der gerichtlichen Medizin (6. Aufl., Berlin 1876) reiche und interessante Kasuistik geben. Reine Kasuistik bieten die Gutachtensammlungen von Kölle (1896), Pfister (1902), Koppen (1904), letztere mit besonders interessantem und typischem Großstadtmaterial. Eine kaum übersehbare und daher leider nicht mehr voll verwertbare Kasuistik ist endlich in den psychiatrischen, gerichtlich-medizinischen und kriminalistischen Zeitschriften niedergelegt, besonders in: Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie, Friedreichs Blätter für gerichtliche Medizin, Vierteljahrsschrift für gerichtliche Medizin und Archiv für Kriminalanthropologie. Diese weit zerstreute Kasuistik — deren kritische Zusammenstellung verdienstvoll wäre — ist freilich in bezug auf Material wie Verarbeitung sehr ungleichwertig.
Die Bechterewschen Versuche, Grundbestandteile der kriminellen Persönlichkeit experimentell aus unsozialen Jugendlichen herauszuholen, haben nichts besonders Typisches zu gewinnen vermocht. (Bechterew, Das Verbrechertum im Lichte der objektiven Psychologie, Wiesbaden 1913.)
Vgl. Scholz, Der Fall der Gesche Gottfried, Berlin 1913.
Herausgegeben von Lilienthal, Nissl, Schott und Wilmanns. Verlag von Springer, Berlin.
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Birnbaum, K. (1921). Allgemeine Grundlagen der Kriminalpsychopathologie. In: Kriminal-Psychopathologie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-25470-7_2
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