Über die Gestalt der Kolloide

Zusammenfassung

Die Abgrenzung des Gebiets der Kolloide macht trotz des einfachen Systems von Wo. Ostwald noch immer einige Schwierigkeiten, weil es übergreifende Grenzfälle gibt, auf welche auch schon Thomas Graham in seiner Einteilung hinwies. Es ist doch wohl mehr als eine reine Namengebung, wenn hiermit nochmals darauf hingewiesen wird, daß Hämoglobin oder noch größere Eiweißkörper, wenn sie in einer Flüssigkeit in ihre Moleküle gespalten sind, sowohl zu den molekulardispersen wie zu den kolloiddispersen Stoffen rechnen. Denn damit hängt stark die Einstellung zusammen, die man zu den Beziehungen zwischen klassischer Chemie und Kolloidchemie einnimmt; also zu den Auseinandersetzungen, welche — mit einiger Übertreibung — mit dem Namen Wo. Ostwald und andererseits Jacques Loeb und Wo. Pauli gekennzeichnet seien. Ostwald ¹⁾ möchte die Schwierigkeiten mit den Worten beseitigen: „— Nicht aber ist notwendigerweise eine Lösung von chemischen Molekülen molekulardispers.“ Er bezeichnet gewisse Eiweißkörper als „Eukolloide”. Ihr Aufbau aus Atomen bedinge die große Stabilität. — Es ist dies übrigens eine Konsequenz jenes Systems; denn es ließ die Molekulardispersität erst von einer bestimmten Größe an auftreten, unabhängig von den Ausdrücken der klassischen Chemie.

Aus: Raphael Eduard Liesegang (1869–1948), Kolloidchemie, 2. Auflage (Dresden und Leipzig 1926).