Abriß einer Theorie der durch unstetige Oberflächenkräfte belasteten dicken Kreisplatte

Zusammenfassung

Zur Untersuchung der Spannungszustände genügte es bisher die Verschiebungen der Punkte der Mittelfläche einer verbogenen Platte zu betrachten, weil sich die in ihrem Innern wirkenden Spannungen mit Hilfe der Ableitungen der Verschiebungsvektoren der Mittelfläche berechnen ließen. Wenn die Mittelfläche spannungslos war, ergaben sich alle Dehnungen und Spannungen im Innern der verbogenen Platte als die Ableitungen einer einzigen Funktion der Koordinaten, nämlich ihrer Durchbiegung. Wenn die Oberflächenkräfte an einzelnen Stellen der beiden Begrenzungsebenen der Platte große Werte annehmen, läßt sich der Formänderungszustand in der Umgebung dieser Stellen allein mit Hilfe der Verschiebungen der Mittelfläche nicht vollständig wiedergeben. Man wird auf einen derartigen Fall bei der Bestimmung der Spannungen in der Umgebung der Angriffsstelle einer Einzelkraft geführt. Die Angabe der Durchbiegung reicht zur Beschreibung des Spannungszustandes dann nicht aus, wenn entweder die Abmessungen der Fläche, in der die Druckkräfte sich auf die Platte übertragen, von derselben Größenordnung sind, wie ihre Dicke, so daß die durch die Biegung hervorgerufenen Spannungen mit den in der Druckfläche übertragenen Spannungen der Einzelkraft vergleichbar sind, oder wenn die Platten dick sind. Im ersten Falle kann nicht mehr damit gerechnet werden, daß die Voraussetzungen der Kir chhoffschen Theorie der Plattenbiegung in der Umgebung der Druckfläche der Einzelkraft hinreichend genau erfüllt sind. Im zweiten Falle ist das Innere der Platte als ein Gebiet anzusehen, in dem die Grundgleichungen der Elastizitätslehre in ihrer ursprünglichen Form [Gl. (13) S.11] zu befriedigen sind. In beiden Fällen lassen sich die Grundlagen für eine Berechnung der Spannungen aus den Grundgleichungen angeben.