Zusammenfassung
Betrachtet man die Abbildung 3.2 auf Seite 22, so ist zu erkennen, daß die Philosophie moderner PPS-Systeme im wesentlichen darin besteht, auf jeder Stufe des Planungsprozesses den Materialfluß und die Kapazitäten gleichwertig zu betrachten und beides abgestimmt festzulegen, wobei der Detaillierungsgrad der Planung nach unten hin immer größer wird. Diese — zumindest vom Anspruch her — gleichwertige Betrachtung von Materialfluß und Kapazitäten ist als wesentlicher Unterschied zu den klassischen MRP-Systemen zu sehen und ist ein Schritt in die auch in der Literatur mehrfach geforderte Richtung, daß eine bessere Modellierung des Fertigungsablaufs bereits bei der Grobplanung der wesentliche Ausgangspunkt für eine neue Architektur von PPS-Systemen sein sollte (vgl. dazu Adam 1988c sowie Scheer 1987, der auch auf die logische Konsequenz hinweist, daß sich damit die Bedeutung der Grobplanung gegenüber den „klassischen“ PPS-Funktionen erhöht). Mit dieser abgestimmten Planung von Materialfluß und Kapazitäten auf jeder Stufe des Planungssystems ist die Analogie des MRP II — Konzepts zu den Systemen der hierarchischen Produktionsplanung (im Sinne des Ansatzes von Hax/Meal 1975; im folgenden mit HPP abgekürzt) offensichtlich (vgl. dazu die Darstellung der beiden Konzepte und ihres Zusammenhangs in Zäpfel/Missbauer 1993b). Die logische Geschlossenheit, die die Modelle zur hierarchischen Produktionsplanung auszeichnet (konsistente mathematische Formulierung der Entscheidungsmodelle auf allen Stufen, bis hin zu Feedback-Mechanismen wie etwa in Graves 1982, die eine Abstimmung der Planungsebenen sicherstellen sollen), ist jedoch im MRP II — Konzept, das den heutigen PPS-Systemen zugrunde-liegt, noch nicht erreicht. Offenbar ist es bisher nicht möglich, die Konsistenz der für einfachere Fertigungsstrukturen konzipierten Systeme der hierarchischen Produktionsplanung auf Betriebe mit komplexer mehrstufiger, mehrteiliger Fertigung zu übertragen (zu einer Gegenüberstellung der Funktionsweise von MRP und HPP anhand eines Praxisfalles vgl. Meal/Wachter/Whybark 1987). Nachdem die vorliegende Arbeit einen Beitrag zur Erreichung genau dieses Zieles darstellen soll, wird die Grundkonzeption der hierarchischen Produktionsplanung hier weiter behandelt.
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Literatur
Es ist anzumerken, daß der Begriff „Hierarchische Produktionsplanung“ relativ breit ist und durchaus auch Systeme umfaßt, die für komplexere Fertigungsstrukturen als jene von Hax/Meal konzipiert sind (vgl. dazu die ausführliche Gegenüberstellung unterschiedlicher HPP-Systeme bei Stadtler 1988). Da es im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich ist, auf diese Unterschiede genauer einzugehen, wird das Grundmodell von Hax/Meal als Ausgangspunkt gewählt.
Das englische Wort “to control” wird hier mit “steuern” übersetzt, da es im deutschsprachigen Raum üblich ist, von “Fertigungssteuerung” zu sprechen. Das Wort “regeln” würde der ursprünglichen Bedeutung des englischen Wortes, das sich wohl am besten mit “unter Kontrolle halten” übersetzen läßt, besser entsprechen.
Dieser Terminus wurden von Heinen übernommen (vgl. etwa Heinen 1991, S. 21) und wird im weiteren durchgängig verwendet.
Hier ist auf die Parallelen zu den Gedanken von Adam ( 1987, S. 22 ff.) hinzuweisen, der die hierarchischen Konzepte („Stufenkonzepte“) der PPS-Systeme nicht deshalb kritisiert, weil sie hierarchisch sind, sondern weil „in einer Planungsstufe die jeweils nachfolgenden Planungsstufen gar nicht oder nur anhand sehr grober, pauschaler Überlegungen beachtet werden” (a.a.O., S. 22), was in der hier verwendeten Terminologie einer mangelhaften Modellierung der nachfolgenden Planungsebenen bzw. des Fertigungsablaufs entspricht.
Diese Auffassung der zentralen Planungsstelle zeigt die unmittelbare Beziehung des hier beschriebenen Konzepts zum Controlling, insbesondere dem PPS-Controlling (dazu Zäpfel 1996b ). Auch die Beziehung zum auf Hans Ulrich zurückgehenden „systemorientierten Ansatz“ in der BWL bzw. zu den diesbezüglichen Erkenntnissen zum Management komplexer Systeme (dazu Malik 1996) ist deutlich, so etwa der Verzicht von Eingriffen in den operativen Fertigungsablauf durch die zentrale Planungsstelle, die sich auf die Festlegung der Regeln und Vorgaben beschränkt, oder auch die Eigenständigkeit der Fertigungseinheiten in der Erfüllung der ihr zugeordneten Aufgaben, die dem Prinzip der Rekursivität lebensfähiger Systeme entspricht (zur Darstellung dieses auf S. Beer zurückgehenden Modells vgl. Malik 1996, S. 75 ff.) und auch mit dem prägnanten Terminus der „Fraktalen Fabrik” (Warnecke 1992) gemeint ist. Vgl. auch Malik (1991) zur Festlegung der „Controls“
Zu Vorteilen der Bestandsregelung vgl. ebenfalls Kanet 1988, S. 56; Van Ooijen 1996, S. 31 ff.
So stellt etwa Baker (1984) fest, daß die Termintreue sich bei Anwendung einer an diesem Ziel orientierten Prioritätsregel verschlechtert, wenn eine Bestandsregelung bei der Auftragsfreigabe verwendet wird, während etwa bei Anwendung der KOZ-Regel das Gegenteil eintritt. Ragatz (1985) und Ragatz/Mabert (1988) stellen eine Verringerung der Unterschiede zwischen den Prioritätsregeln bei Anwendung von Bestandsregelungsverfahren fest. Auf der anderen Seite läßt sich eine Verbesserung der Planungsqualität von Auftragsfreigabealgorithmen bei differenzierterer Regelung der Bestände durch sorgfältige Selektion der freigegebenen Aufträge durchwegs feststellen (Bechte 1980, S. 87 ff., Van Ooijen 1996b ).
Dieser Aspekt ist auch wichtig, um die vor einigen Jahren zwischen Wiendahl und Adam geführte Diskussion über die Sinnhaftigkeit der BORA bzw. über ihren Vergleich mit der retrograden Terminierung beurteilen zu können (vgl. dazu Adam (1987, 1988b), Wiendahl (1988), Adam (1989)). Ohne auf die einzelnen Argumente inhaltlich einzugehen, ist hier
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Missbauer, H. (1998). Konzept für eine Integration von MRP und hierarchischer Produktionsplanung. In: Bestandsregelung als Basis für eine Neugestaltung von PPS-Systemen. Physica-Schriften zur Betriebswirtschaft, vol 63. Physica, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-11235-9_5
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-11235-9_5
Publisher Name: Physica, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-7908-1083-7
Online ISBN: 978-3-662-11235-9
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