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Harmonisierung in der EU und ihre Konsequenzen

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Pharmabetriebslehre
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Zusammenfassung

Gesundheit als unverzichtbare Aufgabe der Europäischen Integration, Gesundheitspolitik als noch zu gestaltender Politikbereich der Europäischen Union ist nicht nur in Deutschland lange Zeit vernachlässigt und unterschätzt worden. Sie wurde teilweise sogar als unzulässiger europäischer Eingriff in nationale Zuständigkeiten nachdrücklich abgelehnt.

Der Verfasser ist Persönlicher Referent des Vorstandes der Techniker Krankenkasse in Hamburg und Stv. Direktor der Europavertretung der Deutschen Sozialversicherung in Brüssel. Der Beitrag gibt seine persönliche Meinung wieder.

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  1. 57 Der Verfasser ist Persönlicher Referent des Vorstandes der Techniker Krankenkasse in Hamburg und Stv. Direktor der Europavertretung der Deutschen Sozialversicherung in Brüssel. Der Beitrag gibt seine persönliche Meinung wieder.

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  2. Beispiele dafür sind u. a. die öffentlichen Gesundheitssysteme Griechenlands oder Italiens, deren tatsächliche Verfügbarkeit regional oft so gering ist, dass die Privatzahlung als Normalform gilt. Auch die mit großem Aufwand betriebenen Staatssysteme, etwa Großbritanniens oder mancher skandinavischer Staaten sind von sozial kaum akzeptablen Wartelisten bestimmt, deren sozialer Gerechtigkeitsgrad zu denken geben sollte.

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  3. Die von allerlei Ungereimtheiten begleitete Wahl von George W. Bush wurde in der EU zunächst gern als Beweis für die eigene Überlegenheit gedeutet. Aller Kritik an seiner Person zum Trotz könnte Bush von einer sicheren Wiederwahl ausgehen, auch wenn er so ziemlich alles verkörpert, was man in der politischen EU heute nicht sein sollte. Vielleicht stiftet sein spezieller Charakter in der EU die dort kaum offen zutage tretenden Gemeinsamkeiten für die nähere Zukunft.

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  4. Man stelle sich die deutsche Gesundheitsdiskussion statt im Zeichen der Überversorgung und des Vorhaltens von Doppelangeboten einmal unter britischen Umständen mit einer Warteliste vor, die die Million längst offiziell überschritten hat. Auch die Sozialstaatsmodelle der skandinavischen Staaten, einst „Beispiel“ für andere können heute mangels hinreichender Infrastruktur bestenfalls im Ausland, vorwiegend wohl bei uns, Leistungen einkaufen.

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  5. Im weltweiten Vergleich pflegt die französische Gesellschaft gerade bei der Sozialpolitik vielleicht eine der konservativsten und strukturbewahrendsten Ansätze überhaupt. Eklatante Strukturmängel gepaart mit einer hohen Verschuldung der weitgehend staatsbestimmten Sicherungssysteme haben unabhängig von der Richtung der jeweiligen Regierung nur mehr Etatismus, Keynesianismus und Strukturbewahrung bewirkt. Das dabei bewusst als Gegenmodell zu Anglo-Amerika — Großbritannien wird hier oft schon mit den USA gleichgesetzt — gedachte Modell erspart sich durch Strukturverteidigung die eigentlich unumgängliche Reformdiskussion, zumindest solange die Staatsverschuldung dies zulässt. Der Primat des Nationalstaates lässt hier naturgemäß keinen manifesten Wunsch nach Vergemeinschaftung der Zuständigkeiten aufkommen.

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  6. Der sozialistische EU-Abgeordnete und vormalige französische Ministerpräsident Rocard hatte geschickt aus der Systemnot des durch eine finanziell problematische Entwicklung belasteten französischen solidaritätsbasierten Zusatzversicherungsmodells der „mutualité“ ein denkbares Idealmodell abgeleitet. Neben der verständlichen Forderung nach einer Regelung der Zusatzversicherungen in der Koordinierung der EU-Systeme wurde ein Anforderungsprofil für solche Angebote entworfen, dass, nähme es Gestalt an, in der Tat ein wesentlicher Schritt hin zu einer technischen Vereinheitlichung wäre. Einmal abgesehen davon, dass es auf die deutschen Verhältnisse nicht passt, da das SGB V weit mehr bietet als das französische Grund- und Zusatzsystem zusammen, so wurde die EP Forderung nach einem Grünbuch in Verbindung mit diesem Bericht von vielen Mitgliedstaaten überaus reserviert, ja ablehnend aufgenommen. Es steht kaum zu erwarten, dass die Kommission hier den Konflikt mit den Mitgliedstaaten riskiert. Statt dessen dürfte mit erheblicher Verzögerung ein jeden „amtlichen“ Charakters entkleidetes, wissenschaftliches Werk erscheinen, dass bestehende Probleme nach Möglichkeiten verniedlicht oder verschweigt. Die EU von heute verträgt kaum noch ein zusätzliches Konfliktfeld.

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  7. Diese Forderung ist etwa in vergleichsweise großzügigen Systemen wie desjenigen Deutschlands oder Österreichs nahezu ein thematischer Dauerbrenner, begreiflicherweise vor allem aus Sicht der weitgehend privaten Leistungsanbieter. Als eher kollektive Forderung angesichts nahezu zusammenbrechender Strukturen kennt man ähnliches aus der britischen Presse, insbesondere dann, wenn durch Zusammentreffen unterschiedlicher Faktoren die schwer überlasteten Kapazitäten vorübergehend außer Kontrolle zu geraten drohen. Ist der Finanzmangel im Vereinigten Königreich innerhalb des öffentlichen Sektors mit Händen zu greifen, so wird dies in Deutschland und ähnlich konstruierten Systemen durchweg problematischer. Dies insbesondere dann, wenn der Nachweis über eine objektiv zielgerichtete Mittelverwendung unter weitgehendem Ausschluss von vermeidbarer Verschwendung nicht durchgängig gelingen will.

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  8. Der Kampf um die sogenannte Budgetierung der Leistungsausgaben in Deutschland zeigt die Problematik einer nicht bewältigten Beschaffungsirrationalität. Zwar erhält man die Einzelleistungsvergütung, setzt jedoch deren erkennbar systemsprengender Kraft mit einem zunächst sanktionsbewehrten Budget später einem sanktionslosen Zustand nur unzureichende Mechanismen entgegen. Der Versuch einer Verzahnung der Budgets aus unterschiedlichen Leistungssparten — etwa Krankenhaus und ambulanter Sektor — das sogenannte „Globalbudget“ misslang schon in seiner Entstehungsphase. Die Gefahr einer versäumten rechtzeitigen Vernunftlösung und somit späterem panikgesteuerten Handelns des Gesetzgebers in Richtung auf Anordnungslösungen nach staatsgesteuertem Modell liegt auf der Hand. Sie diente niemandem, weder dem Arzt noch den Patienten.

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  9. Finnland verweist gern auf die Zweigleisigkeit seines Modells, d. h. einem öffentlichstaatlichen Angebotssektor und einer Privatsphäre. Die Systempatienten erhalten bei Inanspruchnahme des privaten Sektors einen bescheidenen finanziellen Zuschuss und können private Versicherungen abschließen. Dies entbindet sie allerdings nicht von der Kofinanzierung des wartelistengesteuerten staatlichen Systems durch Kommunalsteuern. Üblich ist eine Einschränkung auf ein GP-Modell (hausärztliche Basisversorgung) mit oder ohne eingeschränkten Wechselmöglichkeiten und Entlohnung auf Basis einer ProKopf-Pauschale. Der Zugang zur fachärztlichen Versorgung ist beschränkt durch Verweisungszwang und indirekt und wirksam — durch Aufrechterhalten einer Mangelversorgung zum Zwecke der Unterdrückung einer patientengesteuerten oder anbieterausgelösten „unerwünschten“ Ergänzungsnachfrage. Im Krankenhaus herrscht Wartelisten-Versorgung mit Präferenz absoluter Notfälle zur Vermeidung eines Entstehens von „Überkapazitäten“ mit entsprechend negativen Effekten für die Ausgabenentwicklung. Positivlisten und ggf. gesetzliche Arzneimittelpreisordnungen ergänzen das Instrumentarium.

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  10. Die rund sechs wesentlichen Anbieter in Großbritannien gehen hier durchaus unterschiedliche Wege. Allerdings sind auch ihre Privatpolicen im Vergleich zur deutschen PKV rigide eingeschränkt, gelegentlich anbieterseitig kündbar auch ohne Rechtsverstoß des Versicherungsnehmers und durch allerlei Kleingedrucktes gekennzeichnet. Sie ermöglichen allerdings dem einschlägigen Personenkreis eine Umgehung der ansonsten ubiquitären Wartelisten sowie der oft traurigen Qualitätswirklichkeit in Systemkrankenhäusern. Mit dem Voluntary Health Insurance Board ging Irland schon Ende der 50er Jahre einen Sonderweg und schuf der Welt wohl einzige Staatsanstalt für Privatversicherung, die im Zuge der EU-Gesetzgebung 1993/94 zur Deregulierung anstand und heute mit über 40 % Marktanteil bei wachsender Konkurrenz verschiedene Versicherungen für den stationären Bereich auf der Basis von Pauschalprämien ohne Risikoselektion anbietet (community rating).

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  11. An dieser Stelle sei auf die flexiblen fiskalischen Praktiken in den skandinavischen Ländern verwiesen, wenn es um die unterschiedliche Besteuerung von Erwerbseinkünften oder investitionsrelevanten Betriebsergebnissen mit direkten arbeitsmarktlichen Auswirkungen geht.

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  12. Hier drücken besondere Wartelisten und vor allem das norwegische Beispiel zu ihrer Reduktion, das noch zu erörtern ist. Als neueste Variante entstehen „Zahnklubs“ (Tandklubben), die gegen bescheidene Monatszahlungen eine Basiszahnversorgung im ansonsten weitgehend privatisierten zahnmedizinischen Geschehen anbieten und an frühe gemeinnützige Hilfsvereine erinnern.

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  13. Es ist dies hier nicht der Platz um die merkwürdigen Bewertungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zum Ranking von Gesundheitssystemen zu besprechen. Immerhin billigt sie — ob im Wissen um die schattenwirtschaftlichen Elemente und eklatanten regionalen Versorgungsgefälle oder unter bewusster politisch korrekter Verkennung derselben Italien nach Frankreich einen vorderen Rang zu. Messlatten, Ansatz und der Versuch einer quantitativen Verobjektivierung des keineswegs statischen Prozesses, der ein Gesundheitssystem beschreibt, bleiben dabei umstritten und haben zu in der Tat bizarren Ergebnissen gefuhrt, die in Deutschland von vielen mit großer Entrüstung kommentiert wurden. Auch in der Vergangenheit konnte die WHO nicht eben mit analytischer Tiefenschärfe aufwarten, sondern muss, ihrer inneren Struktur folgend, eine Vielzahl von Interessen und Empfindlichkeiten bedienen, die wenig oder nichts mit der kleinen Zahl tatsächlich breitenwirksam funktionierenden öffentlichen Gesundheitssystemen zu tun haben, die unsere ungleiche Welt nun einmal kennt. Rang 2 für Italien, bei gleichzeitigem zahlenstarken Missbrauch des Auslandskrankenscheines E 111 etwa in Frankreich oder Österreich durch Italiener, denen die vermutlich illegalen heimischen Barzahlungen zu hoch sind, kommentiert sich weitgehend selbst.

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  14. So ist Krankheit in den USA heute eine fuhrende stetige Verarmungsursache gerade besitzender bürgerlicher Kreise, die öffentlichen Behandlungszugang mangels bestehenden oder ausreichenden Versicherungsschutzes oft erst dann finden, wenn sie ihr Vermögen verloren haben. Angesichts des ungewöhnlichen Preisniveaus für Gesundheitsdienstleistungen in USA geht dies erfahrungsgemäß recht rasch vonstatten.

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  15. Dies offenbarte ebenfalls ein wenig geschärftes historisches Bewusstsein für die französischen Empfindlichkeiten hinsichtlich der geschichtlichen Rolle Bismarcks. Dortselbst ist der „Eiserne Kanzler“ eben vorwiegend in ganz anderer Erinnerung als seine obrigkeitsstaatlich verordnete Sozialbefriedung im Deutschen Reich es bei uns zu Wege brachte.

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  16. Das bisher durch großen Konsens gekennzeichnete korporatistische österreichische Sozialmodell zeigte jüngst erste Risse und echte Finanzierungsprobleme. Vermutlich ist auch dort langfristig die Entscheidung zwischen mehr Markt oder mehr Staat nicht zu vermeiden. Vermutlich wäre ein Mehr an Wettbewerb, insbesondere unter den Leistungserbringern und deren verschiedenen Sparten sowohl qualitätsfördernd als auch Garant dafür, dass der ethische Auftrag zum Wohle der Bevölkerung auch künftig erfüllt werden kann. Wohin es mit einer stetigen Ausweitung der Staatskompetenz gehen kann, machen die entsprechenden EU-Modelle nur allzu deutlich. Für den Patienten ist dies ebensowenig mit Gewinn verbunden wie für den Leistungserbringer.

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  17. Die Niederlande kennen ein rigides Primärarztmodell im ambulanten Bereich mit erheblichen Wartelisten und Phänomenen der Mangelsteuerung sowohl bei fachärztlicher Versorgung als auch bei stationärem Spitalaufenthalt. Ähnlich wie es für einige Zeit Mode war, das niederländische „Arbeitsmarktwunder“ (Poldermodell) vor allem in Deutschland zu bestaunen. Die Holländer hatten bei hohem Stand an Arbeitsinvaliden kaum Arbeitslose vorzuweisen und nutzen den angenehmen Begleiteffekt einer sozial nicht belasteten Ausgliederung unerwünschter älterer Arbeitnehmer nicht in die stigmatisierte Arbeitslosigkeit, sondern in die Invalidität ebenso wie massive Teilzeitarbeit. Über die nicht unbedenklichen gesellschaftlichen Hypotheken insbesondere der Alterssicherung der dauerhaft oder zumindest langfristig Teilzeitbeschäftigten bei einer durchgehenden Abhängigkeit von betrieblichen Zusatzpensionen zum kargen Regelmaß einer steuerfinanzierten Einheitsrente auf Minimalniveau glaubte man zumindest in dieser Generation nicht mehr nachdenken zu müssen. Im Gesundheitswesen wurde die (nicht durchgängig praktizierte, wiewohl vorgesehene) regelmäßig Rezertifizierung von Allgemeinärzten zum Anlass für einen Preis aus Deutschland, den die Presse in mangelnder Differenzierung zur Ehrung des gesamten Gesundheitswesens umdeutete. Just dieses Gesundheitswesen ist Gegenstand vieler EuGH-Fälle infolge unübersehbarer Mangelsteuerungstendenzen verbunden mit dem Wunsch nach Verbot von Auslandsnachfrage und Wartelistenumgehung und kennt, kaum ein Zeichen von Liberalität, nicht einmal eine Beitragshoheit der gesetzlichen Krankenversicherung.

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  18. Ein solches Theorem ist der als „liberal“ ausgezeichnete Wunsch nach durchgängiger Kostenerstattung auch in Deutschland. Dies ist sachlich nicht begründbar. Wird für eine bekannte Leistung ein vorher fixierter Betrag durch den Patienten direkt, statt durch das Zahlerkollektiv erstattet, erhöht dies nur die in Frankreich amtsstubenfüllende Abrechnungsbürokratie. „Mehr Geld“ gäbe es für den Leistungserbringer dadurch nicht. Ist es tatsächlich — dies wäre in Deutschland zu vermuten — als Vehikel für höhere Zuzahlung gedacht, so müsste man dies von Anfang an klar benennen und hätte gewiss keine Mehrheit mehr. Soll es gar den ohnehin nur schwach ökonomisierten Beschaffungsprozess individualisieren — „Stichwort : mündiger Patient“ — so wäre damit eine kontraproduktive Entwicklung eingeleitet. Statt sinnvolleren, qualitativ gesicherteren und objektiv notwendigeren „Einkaufs“ wäre der Kranke in der Situation die Qualität des Angebotenen fachlich, merkantil und ethisch überprüfen zu müssen. Bleibt es schließlich bei der schlichten Absicht jedem Versicherten „seine“ Kosten vor Augen führen zu wollen, so wäre für einen großen Aufwand in der Tat fast nichts gewonnen. „Kostenkenntnisaktionen“ bringen vermutlich viel weniger als mancher hofft. Wie, wozu und warum sollen die Schwerkranken — nur dort wäre es sinnvoll — in der Lage sein, eine Angebots- und Verabreichungsüberwachung erfolgreich durchzuführen? Frankreich handelt nach der Variante Nr. 1 und allgemein wird bedauert, dass die Krankenkassen als nachfragebefä-higende Kollektive keinen Einfluss auf das Angebotsgeschehen haben. Erst wenn kein Geld mehr da ist, wird der Staat autoritär eingreifen. Die deutsche PKV macht schließlich seit Jahren vor, wie man gerade nicht eben besonders sinnvoll und wirtschaftlich Leistungen vergütet.

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  19. In den Rechtssachen Kohll und Decker wurde in einem Luxemburger Fall der grenzüberschreitende Erwerb von medizinischen Dienstleistungen und Waren (hier eine kieferorthopädische Behandlung in Trier und eine Brille in Belgien) mit Hinblick auf die EU Grundfreiheiten gestattet. Ein vorheriges Zustimmungsgebot der heimischen Krankenkasse hätte diese Grundfreiheiten mehr als zu rechtfertigen wäre eingeschränkt. In den die stationäre Versorgung betreffenden Fällen „Smits-Geraets“ und „Peerbooms“ ging es um Inanspruchnahmen von besonderen Behandlungen in Deutschland und Österreich durch Niederländer. Hier wurde mit einjähriger Verzögerung zwar die Einschränkung der Dienstleistungs- und Warenverkehrsfreiheit durch vorherigen Genehmigungsvorbehalt gerechtfertigt. Aus Sicht mangelgesteuerter Gesundheitssysteme besorgniserregend ist jedoch gewiss der Umstand, dass zugleich auf die Notwenigkeit einer „rechtzeitigen“ heimischen Versorgungsmöglichkeit in das Zentrum des Urteils gerückt wurde.

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  20. In der Tat wäre eine Öffnung und wettbewerbliche Gestaltung der überregelten Pharma-vertriebswege in Deutschland und anderwärts unter Wettbewerbsaspekten sinnvoll und notwendig. Die „königlich privilegierte Officin-Apotheke“ als Alleinform des kostentreibenden Vertriebs schmälert die effektive Verfügbarkeit eines Pharmabudgets ohne einen nachweisbaren makroökonomischen Nutzen. Dies gefährdet eben nicht, wie manchmal dargetan wird, die „Medikamentensicherheit“, da Apothekenzwang und Vertriebsweg bis hin zur Versandapotheke, zur Einbeziehung der Krankenhausapotheke, zu Shop-in-Shop-Apotheken nach US-Vorbild ebenso die „bewährte Beratung“ anbieten können, wie sie in den heutigen Apotheken ja bestimmend sein soll. Die zweifelsfrei bestehenden Gefahren eines ohnehin völlig ungeregelten Internetvertriebes rund um den Globus sprechen eben erst recht für eine kontrollierbare aber wettbewerbliche Öffnung heimischer Vertriebswege. Dies läge vermutlich auch im Interesse der Pharmaindustrie, die in einer grenzüberschreitenden Versandapotheke eine zusätzliche Quelle von Re-Im-porten furchten muss. Wäre das grenzüberschreitende Element nur eines unter vielen, so käme die heimische Liberalisierung der Vertriebswege der Industrie wohl entgegen. Klarer würde jedenfalls, welch unnötig hoher Anteil des Arzneimittelbudgets heute in Deutschland auf die Vertriebskosten entfällt. Ist eine Rationalisierung, wie in diesem Fall, wohl unvermeidlich, so wäre dies ein Schritt zu mehr Wettbewerb dort, wo erforderlich.

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  21. Mittlerweile ist es geradezu chic am deutschen Gesundheitswesen kein gutes Haar mehr zu lassen. Dies ist zwar nicht durchgängig ungerechtfertigt, insbesondere die Kontrolle der Qualität als einer wesentlichen, den Preis rechtfertigenden Determinante lässt mangels Standards und Vergleichbarkeit erheblich zu wünschen übrig, jedoch schadet es der Gesamtheit aller Akteure, wenn wir damit nichts anderes erzielen, als die unaufrichtige Selbstlegitimation fragwürdiger ausländischer Systeme zu untermauern. Dort ist Kritik entweder systemimmanent ohnehin mangels struktureller Freiräume wirkungslos oder findet aus Gründen der Staatsräson nur hinter verschlossenen Türen statt. Wir sollten erkennen, dass wir statt regelmäßiger Reformen pro Legislaturperiode endlich dahingehend Fortschritte erzielen, dass nur Staatsferne und die sozialethisch instrumentalisierte Kraft des Wettbewerbs qualitätsfördernd, angebotssichtend und „gerecht“ entlohnend wirken kann.

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  22. Die verbreitet schattenwirtschaftliche Form der Nachfrage nach medizinischen Dienstleistungen zusammen mit zwar rechtlich theoretisch „starken“, durch Finanznot jedoch handlungsbeschränkten Krankenkassen weitgehend ohne Vertrauen der Bevölkerung, die zu Barzahlungen genötigt wird, die oft in keinem Verhältnis zu den auf ehrlicher Grundlage erzielbaren Einkünften stehen, lahmen das System ebenso wie eine zu effizienzsteigernden Reformen unfähige Politik, die oft schon nach wenigen Monaten an der Macht das Vertrauen ihrer Wähler verspielt. Wie eine EU-Integration von Staaten wie Rumänien oder Bulgarien oder der Slowakei funktionieren soll, wo Armut, Korruption und Misswirtschaft blühen bleibt ebenso abzuwarten wie die Beantwortung der Frage, wer dies wie bezahlen möchte oder muss.

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Stein, H., Danner, G. (2002). Harmonisierung in der EU und ihre Konsequenzen. In: Schöffski, O., Fricke, FU., Guminski, W., Hartmann, W. (eds) Pharmabetriebslehre. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-09257-6_16

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