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Psychisch Kranke und Behinderte

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Medizinrecht

Zusammenfassung

Die rechtliche Bewertung der Diagnose und Therapie einer psychischen Erkrankung folgt zwar den üblichen Regeln, ihr Gegenstand ist aber deutlich anders akzentuiert. Die Andersartigkeit zeigt sich in dreifacher Beziehung, nämlich bei der Mitwirkung des Patienten, bei der Offenheit ihm gegenüber und im Hinblick auf die Wirkung und Wirksamkeit psychopharmakologischer Mittel. Der psychisch Kranke kann nicht stets im gleichen Maße wie der sonst Kranke aufgeklärt werden und an seiner Therapie selbstverantwortlich mitwirken. Arzt und Gesellschaft müssen hier gelegentlich gegen seinen erklärten Willen auf eine Behandlung oder wenigstens auf eine Sicherung drängen.1 Allerdings darf man nicht umgekehrt daraus schließen, daß ein Patient, der die gebotene und notwendige therapeutische Maßnahme ablehnt, psychisch behindert ist. Die Behandlungsverweigerung kann zwar auf einer psychischen Erkrankung beruhen, ebensogut aber auch aufgrund einer gesunden Willenserklärung erfolgen. Die gegenwärtigen Rechtsprobleme der Psychiatrie liegen in Aufklärung und Einwilligung, im Recht des Patienten auf Einblick in die Unterlagen, in der Haftung und in der psychiatrischen Forschung.2 Dabei werden die rechtlichen Probleme von den naturwissenschaftlichen Ausgangsdaten noch verstärkt. Kausalitäten im psychischen Bereich können den naturwissenschaftlichen nur schwer gleichgestellt werden. Auch ist die Komplexität der Reaktion des menschlichen Organismus auf einen Eingriff oder ein Medikament im psychischen Bereich wohl noch gesteigert.

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Deutsch, E. (1999). Psychisch Kranke und Behinderte. In: Medizinrecht. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-08642-1_19

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