Zusammenfassung
Die staatliche Sozialpolitik hat die Qualität der kapitalistischen Industriegesellschaft entscheidend verändert. Nach Meinung des Verfassers werden Leistungen und Ergebnisse der neuzeitlichen staatlichen Sozialpolitik unzureichend und in ihren qualitativen Wirkungen unzutreffend charakterisiert, wenn sie überwiegend und nicht nur für das 19., sondern auch für das 20. Jh. darin gesehen werden, das kapitalistische System funktionsfähig gemacht und stabilisiert zu haben.1 Zwar hatten nachweislich bestimmte Träger politischer Verantwortung und bestimmte gesellschaftliche Gruppen mit der staatlichen Sozialpolitik die Absicht verbunden, das gegebene Gesellschafts- und Wirtschaftssystem ohne Veränderungen seiner tragenden Elemente und seiner Substanz zu sichern. Die Sozialpolitik hat jedoch — insbes. in Verbindung mit der Durchsetzung der parlamentarischen Demokratie — so viel Eigendynamik gewonnen, daß sie über die Funktion der Systemerhaltung längst hinausgewachsen und zu einer wirksamen gesellschaftsgestaltenden Kraft geworden ist.2 Die Sozialgesetzgebung ist nicht etwas, “das der kapitalistischen Gesellschaft aufgezwungen wurde durch die unausweichliche Notwendigkeit, das ständig zunehmende Elend der Massen zu lindern”, sondern “der kapitalistische Prozeß der Kraft seiner automatischen Wirkungen den Lebensstandard der Massen hob hat außerdem noch die Mittel und den Willen für diese Gesetzgebung bereitgestellt” (Schumpeter 1950, S. 208).
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Albers, W., 1977a, Grenzen des Wohlfahrtsstaates, in: B. Külp, H. D. Haas (Hg.), Soziale Probleme der modernen Industriegesellschaft, SVSP, Bd. 92 NF, Berlin, S. 935 ff.
Bethusy-Huc, V. v., 1976, Das Sozialleistungssystem der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl., Tübingen
Havemann, R., 1985, Challenge of the Welfare State — An Appraisal and Some New Directions, Arbeitspapier Nr. 173 des Sonderforschungsbereiches 3, Frankfurt/M.
Heimann, E., 1980, Soziale Theorie des Kapitalismus, Frankfurt/M.
Lampert, H., 1992c, Die soziale Dimension gesellschaftlichen Wirtschaftens, in: A. Rauscher (Hg.), Die gesellschaftliche Verantwortung der Kirche, Donauwörth, S. 123 ff.
Lampert, H., 1995a, Voraussetzungen einer Sozialstaatsreform — Kritische Anmerkungen zur aktuellen Diskussion über den Umbau des Sozialstaats, in: JbNöSt 1995, S. 513 ff.
Lampert, H., 1995b, Die Sozialstaatskritik auf dem Prüfstand, in: Wirtschaftsdienst 1995, S. 504 ff.
Lampert, H., Englberger, J., Schüle, U., 1991, Ordnungs- und prozeßpolitische Probleme der Arbeitsmarktpolitik in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin
Stützel, W., 1978, Sicherung der Sozialen Marktwirtschaft durch eine konsequente Ordnungspolitik, in: Ludwig-Erhard-Stiftung (Hg.), Fundamentalkorrektur statt Symptomtherapie, Stuttgart, S. 19 ff.
Vaubel, R., 1990, Sozialpolitik für mündige Bürger: Option für eine Reform, Baden-Baden
Author information
Authors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 1996 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
About this chapter
Cite this chapter
Lampert, H. (1996). Bilanz der staatlichen Sozialpolitik. In: Lehrbuch der Sozialpolitik. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-08339-0_18
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-08339-0_18
Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-540-61374-9
Online ISBN: 978-3-662-08339-0
eBook Packages: Springer Book Archive