Skip to main content

Strategische Entscheidungen

  • Chapter
Interne Unternehmensrechnung

Part of the book series: Springer-Lehrbuch ((SLB))

  • 62 Accesses

Zusammenfassung

Die RBS GmbH ist ein kleineres Unternehmen in der Unterhaltungsbranche. Es ist spezialisiert auf Kassettenrecorder. Am 6. April treffen sich der Geschäftsführer Rolf B. Schnellast, Carmen Hohenberg in ihrer Eigenschaft als Produktmanager, die für Controlling und Kostenrechnung zuständige Brigitta Barig (von den übrigen liebevoll BB genannt) und der Produktentwickler Vinzenz Urban, das “Genie”, zu einer Strategiesitzung. Diese wurde auf Verlangen von Carmen Hohenberg einberufen, weil sie zur Auffassung kam, daß das “Genie” ein tolles neues Produkt erdacht habe, dessen Markteinführung diskutiert werden sollte.

Rolf B. Schnellast eröffnet die Sitzung kurz nach 9 Uhr und bittet Urban, kurz sein neues Produkt vorzustellen. Urban: “Wie Sie alle wissen, arbeite ich bereits seit längerem an einer Idee zur Miniaturisierung unserer tragbaren Kassettenrecorder. Die Probleme liegen einmal im Antrieb, der noch immer viel zu bewegungsempfindlich ist, und dann im relativ hohen Stromverbrauch, was viele Batterien benötigt, und die sind wiederum schwer. Ich experimentiere dabei mit Supraleitern und mit den bekannten Masse-Bewegungszusammenhängen. Darf ich Ihnen das ein bißchen näher erklären: Also, die Supraleiter sind erst kürzlich ...” “Zur Sache, bitte. Was haben Sie erreicht?” fällt ihm Rolf B. ins Wort. Urban ist ob der Uninteressiertheit des Geschäftsführers einigermaßen pikiert. Naja.

Er fährt fort: “Wie Sie glauben. Also, die Sache ist die: Wenn man die Temperatur im Inneren des Recorders entsprechend kontrolliert, kann man unter Ausnutzung der physikalischen Leitereigenschaften, die Berechungen habe ich mit dabei. Dann kann man ...” Rolf B. wird nun wirklich ungeduldig. Urban mag ja wirklich ein “Genie” sein, aber Rolf B. hat um 11 Uhr einen Auswärtstermin. Urban bringt es nun auf den Punkt: “Ich bin natürlich noch nicht soweit, daß der Entwurf wirklich technisch ausgereift wäre — ich brauche dafür maximal noch ein Jahr -, aber im jetzigen Stadium kann ich einen Kassettenrecorder bauen, der etwa genauso groß ist wie die Kassette.” Carmen Hohenberg als Produktmanager kann sich nicht zurückhalten: “Der earman ist geboren! Wir brauchen dazu nur noch Minikassetten.” Rolf B. schaut streng in ihre Richtung.“Entschuldigung”, sagt Carmen.

Rolf B. gibt das Wort an BB weiter: “Was wird das kosten?” BB beginnt: “Ich habe die letzten Konstruktionszeichnungen von Urban letzte Woche bekommen.” Sie teilt ein Blatt mit nachstehender Rechnung aus.

Rolf B. sieht sich diese Zahlen an: “Was soll das sein, Vollkosten oder Grenzkosten?” BB erwidert: “Grenzkosten natürlich. Vollkosten machen doch überhaupt keinen Sinn, die Anlagen und die Organisation, das ist ja alles schon da, der Mini-Kassettenrecorder ist ein Zusatzprodukt.” Rolf B. fragt, ob BB zumindest schätzen könnte, wie hoch die vollen Kosten wären. BB ist natürlich auf diese, von einem typisch Unverständigen eingebrachte, Frage vorbereitet.“Ja, wenn Sie die Fixkosten dazurechnen wollen, kommen wir auf etwa 400 plus minus das Stück. Aber willkürlich...” “Um Gottes willen!”, stöhnt Carmen.“Das bringen wir am Markt nie unter.”

Rolf B. versucht, Ordnung in die Sitzung zu bringen. Er fragt Carmen, was denn ein möglicher Marktpreis wäre. Sie sagt: “Das ist eigentlich sehr schwer zu sagen. Es hängt von der Marktlage insgesamt ab, wir müssen mindestens 20.000 Stück rechnen, ... aber wir wissen auch nicht, was die Konkurrenz tut, ... Sagen wir einmal, 350.” Rolf B. versucht, konstruktiv zu sein: “Was sagt unser ‘Genie’ dazu: Ist es möglich, die Konstruktion abzuändern, vielleicht gibt es Bestandteile in anderen Kassettenrecordern, die wir nutzen könnten. Wir sind doch Spezialisten für Minispulen. Oder, was halten Sie davon, können wir etwas fremdfertigen lassen?” Während das “Genie” grübelt, überlegt er weiter und beginnt, die Rechnung, die BB vorgelegt hat, zu hinterfragen: “Haben Sie wenigstens berücksichtigt, daß uns der Mini-Kassettenrecorder den Markt für die derzeit kleinsten tragbaren Kassettenrecorder zerstören kann? Und übrigens, wie ist es mit dem Einkauf? Von wem werden wir die neuen Teile beziehen? Da gibt es doch die Vorbau AG, die immer wieder klagt, daß sie benachteiligt sei, weil die Transportkosten für die Teile, die sie uns schicken, so hoch sind. Wenn wir von denen beziehen, könnten wir doch auf die billigeren Container umsteigen, oder?”

Carmen überlegt: “Durch den wesentlich geringeren Strombedarf ersparen sich die Konsumenten doch etliches an Batterien. Vielleicht könnten wir damit einen höheren Preis rechtfertigen. Und wie ist es mit der Entsorgung? Das Gerät ist doch so viel kleiner und daher weniger umweltbelastend.” Urban ist sich da nicht so sicher, er denkt an die Dämmung.

Rolf B. wirft noch ein: “Herr Urban, wie zukunftsträchtig ist diese Idee? Glauben Sie, daß auch die Konkurrenz auf dieselbe Idee kommen könnte? Dann müßten wir wohl auf jeden Fall einsteigen, sonst überrennen uns die anderen.” Das letzte stimmt Carmen Hohenberg wieder versöhnlich, sie findet diese Idee ja so chic. Urban runzelt die Stirn.

Alle schauen nun BB an. Sie sagt aber: “Was soll das alles? Ich bin für die Kostenrechnung verantwortlich. Das sind doch alles Probleme, die nicht in meinen Zuständigkeitsbereich fallen.” Rolf B. spricht nun etwas aus, was er sich schon öfter gedacht hat: “Was machen Sie dann überhaupt? Die normalen Probleme, die Sie mit Ihrer Kostenrechnung lösen können, haben wir doch praktisch überhaupt nicht. Unsere Fertigung ist stark automatisiert, unsere Produkte innovativ und auf Nischen ausgerichtet.” BB macht noch einen Versuch: “Beschäftigen Sie doch Helmut Frank mit diesem Problem, der ist für die investitionsrechnerischen Belange zuständig.” Rolf B. meint nur: “Der macht doch nur abgeschlossene Projekte. Erst kürzlich haben wir eine neue NC-Maschine beschafft. Dafür hat er gute Entscheidungsgrundlagen geliefert. Aber Produkteinführungen, das sollten Sie machen. Treffen wir uns in drei Wochen wieder. Alle überlegen bis dahin, wie wir weiter vorgehen, und Sie, Frau Barig, schauen, ob Sie Zahlen liefern können, mit denen wir etwas anfangen können.” Es ist 10 Uhr 12, und Rolf B. Schnellast hat noch Zeit für seinen diesmal wirklich verdienten Morgenkaffee.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 54.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Literaturempfehlungen

Allgemeine Literatur

  • Cooper, R., und R.S. Kaplan: The Design of Cost Management Systems, Englewood Cliffs, NJ 1991.

    Google Scholar 

  • IFUA Horváth & Partner GmbH (Hrsg.): Prozeßkostenmanagement, München 1991.

    Google Scholar 

  • Porter, M.A.: Competitive Advantage, New York 1985; deutsch: Wettbewerbsvorteile, Frankfurt 1986.

    Google Scholar 

  • Shank, J.K., und V. Govindarajan: Strategic Cost Management, New York et al. 1993.

    Google Scholar 

Spezielle Literatur

  • Franz, K-P.: Moderne Methoden der Kostenbeeinflussung, in: Kostenrechnungspraxis 1992, S. 127 – 134.

    Google Scholar 

  • Seidenschwarz, W.: Target Costing, München 1993.

    Google Scholar 

  • Shank, J.K.: Strategic Cost Management: New Wine, or Just New Bottles?, in: Journal of Management Accounting Research, Fall 1989, S. 47 – 64.

    Google Scholar 

  • Steinmann, H, U. Guthunz und F. Hasselberg: Kostenführerschaft und Kostenrechnung, in: W. Männel (Hrsg.): Handbuch Kostenrechnung, Wiesbaden 1992, S. 1459 – 1477.

    Chapter  Google Scholar 

  • Young, S.M., und F.H. Selto: New Manufacturing Practices and Cost Management: A Review of the Literature and Directions for Research, in: Journal of Accounting Literature 1991, S. 265 – 298.

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 1995 Springer-Verlag Berlin Heidelberg

About this chapter

Cite this chapter

Ewert, R., Wagenhofer, A. (1995). Strategische Entscheidungen. In: Interne Unternehmensrechnung. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-07987-4_6

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-07987-4_6

  • Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg

  • Print ISBN: 978-3-540-58947-1

  • Online ISBN: 978-3-662-07987-4

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics