Zusammenfassung
Die präzise inhaltliche Umschreibung des Rechtsstoffes, der dem Ordnungsbegriff „Handelsrecht“ zuzuweisen ist, fällt schwer. Eine formale Anknüpfung an die kodifikatorische Klammer, das Handelsgesetzbuch, liegt zwar nahe, scheidet aber aus, weil es bereits auf den ersten Blick Materien aufnimmt, die dem Gesellschaftsrecht zuzuordnen sind. So mögen die Regelungen des Zweiten Buches des Handelsgesetzbuches zur Offenen Handelsgesellschaft, zur Kommanditgesellschaft und zur Stillen Gesellschaft zwar historisch mit einer gewissen Berechtigung in das Handelsgesetzbuch aufgenommen worden sein,1 sie bilden jedoch aus heutiger Sicht wegen ihrer Zuordnung zum Gesellschaftsrecht einen systematischen Fremdkörper.2 Das gilt entsprechend für die Bestimmungen zu den Handlungsgehilfen (§§ 59 bis 83 HGB). Sie beinhalten eine allgemeine arbeitsrechtliche Materie, deren Einfügung in das Handelsgesetzbuch nur historisch verständlich ist, da zur damaligen Zeit ein allgemeines Arbeitsvertragsrecht fehlte.3
Aus dem Schrifttum zur Ausbildung: Raisch, Die rechtsdogmatische Bedeutung der Abgrenzung von Handelsrecht und bürgerlichem Recht, JuS 1967, S. 533 ff.; K. Schmidt, Vom Handelsrecht zum Unternehmens-Privatrecht?, JuS 1985, S. 249 ff.; Wolter, Was ist heute Handelsrecht?, Jura 1988, S. 169ff.
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Reference
Das Handelsgesetzbuch und sein historischer Vorläufer, das Allgemeine Deutsche Handelsge- setzbuch (ADHGB), waren bewußt als Gegenstück zur „Gewerbeordnung“ konzipiert worden.
Bei historischer Betrachtung umfaßte das Handelsrecht indessen auch das Recht der Handelsgesellschaften. Eine Sonderstellung nahm jedoch von Beginn an die Erwerbs-und Wirtschaftsgenossenschaft ein, die nicht den Handelsgesellschaften zugeordnet wurde. Die gesetzestechnische Eingliederung der Handelsgesellschaften in das Handelsgesetzbuch wurde bereits durch die eigenständige Kodifikation für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung in dem GmbH-Gesetz durchbrochen. Die ursprüngliche Integration der Aktiengesellschaft in den §§ 238 ff. HGB a.F. wurde im Jahre 1937 mit der Schaffung des Aktiengesetzes aufgehoben.
Eine parallele Regelungstechnik ist in der Gewerbeordnung anzutreffen. Dort sind in den §§ 105 ff. GewO ebenfalls zahlreiche Bestimmungen für die Arbeitsverhältnisse der „gewerblichen Arbeitnehmer“ anzutreffen, die systematisch einen Fremdkörper darstellen und nicht dem Gewerberecht, sondern dem Arbeitsrecht zuzuordnen sind.
Siehe z.B. Röhricht in: Röhricht/Graf v. Westphalen Einleitung Rdnr. 29 f.
Ausführlich aus historischer Sicht Raisch Die Abgrenzung des Handelsrechts vom Bürgerlichen Recht, 1962.
Siehe Canaris § 1 I lb, S. 2.
Weiterführend z.B. Preis ZHR Bd. 158 (1994), 567 ff.
Einem abweichenden (objektiven) Ansatz folgt demgegenüber das Immaterialgüterrecht, das mit den verschiedenen Gesetzen (z.B. Urhebergesetz, Kunsturhebergesetz, Markengesetz, Patentgesetz) an das geschützte Recht anknüpft.
So für die ganz h.M. z.B. Canaris § 1 I,S. 1; Enneccerus/Nipperdey Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts Bd. I, 15. Aufl. 1959, § 1 II 2a, S. 2; Medicus Allgemeiner Teil des BGB, 7. Aufl. 1997, § 2II la, S. B.
Vertiefend z.B. Röhricht in: Röhricht/Graf v. Westphalen Einleitung Rdnr. 1 ff.; Zöllner ZGR 1983, 82 ff.
Hierfür vor allem K. Schmidt § 3, S. 48 ff.; ders. JuS 1985, 249 ff.; ders. DB 1994, 515 ff.; ders. ZIP 1997, 909 (909 f.).
Das wird in der Regierungsbegründung zum Handelsrechtsreformgesetz ausdrücklich festgehalten, siehe BT-Drucks. 13/8444, S. 22 f.
Stellvertretend für die Gegenposition Canaris § 1 III la, S. 9 f.; Zöllner ZGR 1983, 82 ff.
Siehe z.B. Canaris § 12 III 3, S. 192f.; Heymann/Horn Einleitung I Rdnr. 6; Röhricht in: Röhricht/Graf v. Westphalen Einleitung Rdnr. 28.
So in der Konsequenz auch Canaris § 12 III 3, S. 192.
Canaris § 1 III 3, S. 16; siehe auch Röhricht in: Röhricht/Graf v. Westphalen Einleitung Rdnr. 32.
Siehe näher Neuner ZHR Bd. 157 (1993), 243 ff.; sowie Henssler ZHR Bd. 161 (1997), 13 (29 ff.).
Zur Vertiefung siehe aus neuerer Zeit z.B. K Schmidt ZHR Bd. 161 (1997), 2ff.
Hierzu im Überblick z.B. Bülow/Artz JuS 1998, 680 ff.; Herber NJW 1998, 3297 ff.; Saenger Festschrift für Leser, 1998, S. 199 ff.; K Schmidt NJW 1998, 2161 ff.
Weitergehende Überlegungen zu einer Reform des Handelsregisterrechts haben sich bislang noch nicht zu konkreten parlamentarischen Gesetzgebungsinitiativen verdichtet; siehe hierzu im Überblick unten § 3 E, S. 52.
Näher unten § 2 E I, S. 17 f.
Siehe unten § 4 C II 2 d, S. 71 f.
Hierzu im Überblick Götz NJW 1992, 1853 ff.; sowie vertiefend z.B. Lutter JZ 1992, 593 ff.
ABI. EG Nr. L 11 vom 13. Januar 1968, S. 8; auszugsweise abgedruckt im Anhang 2, S. 241 f.
ABI. EG Nr. L 382 vom 31. Dezember 1986, S. 17; abgedruckt im Anhang 2, S. 242 ff.
Siehe im einzelnen die Angaben unten in § 3 Fn. 6, S. 30.
ABI. EG Nr. L 395 vom 30. Dezember 1989, S. 36.
ABI. EG Nr. C 168 vom 3. Juni 1998, S. 13.
Näher hierzu Freitag EuZW 1998, 559 ff.
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Oetker, H. (1999). Das Handelsrecht als Sonderprivatrecht. In: Handelsrecht. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-07728-3_1
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