Zusammenfassung
Die großen Linien dessen, was ich in Ermangelung eines besseren Wortes wohl meine „Philosophie“ (oder — noch schlimmer! — meine „Weltanschauung“) nennen muß, sind im 9. Kapitel dargelegt worden. Die Worte „Philosophie der verschleierten Wirklichkeit“ fassen sie richtig zusammen. Wenn sie sich auch nicht ausschließlich auf die Betrachtung der zeitgenössischen Physik gründet, so nimmt sie doch die Zwänge ernst, die deren Grundlagen ihr auferlegen; der Inhalt der vorangegangenen Kapitel über die Untrennbarkeit, die Philosophie der Erfahrung und die vergeblichen Versuche Einsteins, einen rein physikalischen Realismus, der sich auf die Lokalisierbarkeit gründet, wiederherzustellen, beweist das. Wir haben gesehen, wie solche Zwänge in natürlicher Weise zur Erkenntnis führen, daß — wenn nicht noch ein subtiles Gegenargument vorgebracht wird — ein nicht-physikalischer Realismus schließlich die einzige Auffassung ist, die mit allen Tatsachen vereinbar zu sein scheint.
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Referenzen
Man kann es nicht oft genug sagen: Bei Problemen rein mathematischer Natur ist die Ubereinstimmung der Fachleute — per Definition! — leicht zu erreichen. Die Nichtexistenz restloser Übereinstimmung in bezug auf die hier gestellte Frage ist daher eine interessante Tatsache. Sie zeigt, daß es sich um ein intrinsisch schwieriges Problem handelt, das das einfache Niveau des Umgehens mit mathematischen Zeichen weit übersteigt, obwohl dieses Umgehen mit Formeln bei dem Studium dieser Fragen eine unersetzliche Rolle spielt. Die im folgenden angeschnittenen Themen sind zwar wesentliche Elemente einer vertieften Diskussion; sie haben aber doch nur relativ wenig Bedeutung für die allgemeinen Vorstellungen. Der Versuch einer Gesamtschau dieser letzteren im Licht der heutigen Physik wird im 13. Kapitel wieder aufgenommen.
Das bedeutet, daß er so viele verschiedene physikalische Größen messen könnte, wie es in der Theorie Kombinationen von mathematischen Symbolen von der Art gibt, die diese Theorie im allgemeinen zu physikalischen Größen in Beziehung setzt. (Hermitesche Operatoren).
Man könnte die gleichen Bemerkungen in bezug auf die Irreversibilität machen. Ohne auf die Einzelheiten dieses sehr verwickelten Problems einzugehen, kann man doch bemerken, daß für diesen Dämon die Irreversibilität ein in vieler Hinsicht weit weniger deutliches Phänomen ist als für uns. Auch hier geht es nicht darum, die Wirklichkeit von komplexen Wechselbeziehungen zu verneinen, die — im Gegensatz zu uns — der Dämon wahrnehmen könnte und die die Irreversibilität der — zum Beispiel — Vermischung von zwei Flüssigkeiten in seinen Augen weniger bedeutsam sein läßt als in unseren.
Die Quantentheorie der Messungen liefert dafür klare Beispiele. Der interessierte Leser, der über eine gewisse Kenntnis der modernen Physik verfügt, findet eine quantitative Erörterung dieses Themas und anderer Themen dieses Abschnitts in dem schon auf Seite 123 zitierten Buch des Verfassers. Dort finden sich auch Hinweise auf die Originalarbeiten.
Vergleiche zum Beispiel I. Prigogine in Connaissance Scientifique et Philosophie (ed.: Académie Royale de Belgique). Dieser Text enthält andere Literaturhinweise desselben Verfassers. Siehe auch I. Prigogine und I. Stengers: Dialog mit der Natur, Piper 1980
Vergleiche zum Beispiel La Nostalgie de l’Etre, P.U.F.
F. Alquié, loc. cit.
Ich bin mir der Tatsache bewußt, daß der Philosoph gewichtige Argumente anführen kann, die einen solchen Gebrauch des Begriffes der Wahrscheinlichkeit anfechten könnten. Dieser ist in der Tat auf die Induktion gegründet: man sollte ihn daher nur auf wiederholbare Vorgänge anwenden. Das rechtfertigt den Argwohn, den die Philosophen gegenüber dem, was nur wahrscheinlich ist, haben, und das ist es, was die Forderung nach Sicherheit, die sie seit Descartes bewegt, (in den Augen des Naturwissenschaftlers) respektabel machen muß. Aber diese Sicherheit hat noch keiner gewonnen. Sich mit dem einfach wahrscheinlichen zufrieden zu geben, ist also doch nicht so verrückt, wie sie sagen.
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© 1983 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
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d’Espagnat, B. (1983). Naturwissenschaft und Philosophie. In: Auf der Suche nach dem Wirklichen. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-05908-1_11
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