Folter ist unmenschlich und menschlich zugleich: unmenschlich im normativen Sinne, weil sie eine Normverletzung humanistischer Verhaltenserwartungen und Rechte darstellt, das heißt: Menschen nicht so behandelt werden, wie es unsere humanistische Kosmologie vorsieht. Menschlich ist Folter, weil sie von Menschen an Menschen vollzogen wird. Sie besteht aus Situationskonstellationen und -verkettungen, die organisational auf das Erzeugen von severe pain and suffering der Gefolterten hin strukturiert werden und eine kaum überbietbare Asymmetrie herstellen. Ausgangspunkt ist immer die Gefangenschaft, also die gewaltsam hergestellte Kontrolle über den Körper und dessen Umgebung. Diese Kontrolle, man kann auch sagen: die Macht darüber, einen Großteil der situativen Elemente zu gestalten, macht sich die Umweltoffenheit und leibkörperliche Verfasstheit des Menschen zunutze, um auf vielfältige Weise Schmerzen und Leiden zu erzeugen. Diese Vielfältigkeit wird durch das (teils schriftlich objektivierte) Wissen über ‚effektive‘ Foltertechniken, feindliche Eigenarten und rechtliche Normen relativiert, indem es als Rezeptwissen Handlungsorientierung gibt. Foltern ist soziales Handeln; und Foltersituationen sind soziale Situationen, in denen mindestens zwei sich als alter egos erfahrende Personen anwesend sind, sofern Gefolterte nicht zeitweise allein und vereinsamt zurückgelassen werden. Dem Bestreben, das feindlich verstandene Gegenüber in Leiden zu versetzten, ist – allen performativen Herstellungen von Andersartigkeit zum Trotz – eine Annahme von dessen Subjektivität und Leiblichkeit eingeschrieben. Auch die rituell-transformativen Anteile der Folter basieren in ihrer Semiotik auf dieser Annahme. Insofern foltern nicht nur Menschen Menschen, sondern erstere foltern zweite auch als Menschen im Sinne von handlungs- und interaktionsfähigen, fühlenden sowie denkenden Subjekten. So sehr Folternde auch darin ‚erfolgreich‘ sein mögen, mit ihrer vielfältigen Gewalt die Gepeinigten zu verletzen und zu traumatisieren, scheitern sie schließlich in der Herstellung absoluter Machtungleichheit, die den Gefolterten jegliche Eigenständigkeit raubt.

Ausgangspunkt für die vorliegende Untersuchung war die Frage, wie moderne Folter im Sinne interaktionistischer Soziologie als soziale Situation erfasst und beschrieben werden kann. Die obigen Beschreibungen sind eine erste, sehr allgemeine Antwort. Am Beispiel des US-Folterkomplexes des War on Terror habe ich die weiterführenden Fragen diskutiert, welche situativen Elemente die Foltersituationen als solche konstituieren, welche Wissensordnungen dabei relevant sind, inwiefern Gefolterte sich als handlungsfähige Subjekte erlebten und als solche von Folternden adressiert wurden. Im Folgenden möchte ich abschließend auf diese Fragen nochmals eingehen, die Ergebnisse dieser Untersuchung zusammenfassen sowie Ausblicke auf mögliche Anschlüsse geben.

1 Dezentralität und Verkettung

In Teil III (Kapitel 1014) habe ich primär auf Basis von Berichten von Folterüberlebenden und anderen Beteiligten versucht, ereignete Foltersituationen in Bezug auf ihre Elemente und deren Relationalität zu untersuchen. Dabei habe ich besonders die Dezentralität von Folter sowie die Verkettung von Situationen als raumzeitliche Einheiten hervorgehoben. Beide Aspekte sind eng miteinander verbunden. Mit Dezentralität von Folter meine ich, dass es kein raumzeitliches Zentrum der Folter wie etwa Verhörsituationen, keine zentralen Ausführenden der Foltergewalt sowie keine zentralen (oder einzeln zu betrachtenden) Foltertechniken gab. Das bedeutet erstens: Gefolterte machten Erfahrungen von severe pain and suffering nicht in einzelnen abgegrenzten Situationen. Es waren eben nicht nur Verhörräume die Rahmungen für Foltererfahrungen, sondern, wie ich in Anschluss an die totale Institution Goffmans (2016) gezeigt habe, auch der Gefängnisalltag mit seinen Regeln (s. Kapitel 11) sowie raumzeitliche Übergänge wie Transporte und degradierende Aufnahmeprozeduren (Goffman 2016: 27 ff.), die unter anderem erzwungene Nacktheit und Verletzungen der Autonomie des Selbst beinhalteten (s. Kapitel 10).

Zweitens ist die Folter auch deshalb dezentral, weil sie keineswegs als ein dyadisches Geschehen zwischen einer Folterer:in und Gefolterten zu verstehen ist; wenngleich die emische Foltertheorie der CIA eine dyadische Beziehung, die durch einen radikalen Machtgegensatz geprägt ist, als ‚effektives‘ Ideal imaginiert. Vielmehr konstituieren komplexe Konstellationen von situativen Elementen Foltersituationen als solche. Eine Unterscheidung zwischen beobachtenden Dritten und aktiv Beteiligten ist dabei nicht immer möglich. Menschliche Akteure mit ihren jeweiligen Wissensbeständen wie Verhörer:innen, (Mit-)Gefangene, linguistisches, medizinisches und psychologisches Personal haben allesamt auf ihre Weise Einfluss auf die Situationen. Guards und Verhörer:innen waren zumeist unmittelbar Gewaltausführende, wobei erstere zweiteren unterstellt waren und häufig in deren Auftrag handelten, auch über Verhörsituationen hinaus. Ärzt:innen beteiligten sich mit der relativen Sorge um die gefangenen Körper an der Folter, indem sie diese am Leben erhielten, medizinisch legitimierte Leidinduktionen vornahmen oder Behandlungen verwehrten (s. Abschnitt 14.3). Psychologisches und psychiatrisches Personal wiederum stellte vorranging Wissen über ‚effektive‘ Folter bereit (sowohl in Bezug auf individuelle Zu-Folternde als auch auf die Gefangenenpopulation als solche) und produzierte dieses Wissen auch quasi-experimentell durch Beobachtung (s. Abschnitt 14.4). Es war also nicht mit körperlicher Kopräsenz an Foltersituationen beteiligt, sofern es nicht wie im Fall Mitchell und Jessen zugleich ‚verhörend‘ tätig war. Aufgrund seiner zentralen Rolle in der Planung war diese indirekte Beteiligung nichtsdestotrotz prägend. Die hierarchisch niedrig gestellten Dolmetscher:innen waren dagegen im Normalfall weder Gewaltausführende noch -planende, hatten aber durch ihre zentrale Funktion bei der verbalen Kommunikation zwischen Personal und Gefangenen an den multilingualen Folterorten – insbesondere während Verhören – ebenfalls Einfluss auf den Verlauf von Foltersituationen (s. Abschnitt 14.5). Und selbst Mitgefangene konnten ungewollt zu Kompliz:innen der Folter werden, wenn degradierende Inszenierungen in Abu Ghraib vor ihren Augen durchgeführt wurden und diese Augen die scham- und leidproduzierende Wirkung verstärkten (s. Abschnitt 14.6). Schließlich war die Foltergewalt häufig technisch vermittelt, sodass Artefakte als ‚Vollstrecker‘ der Folter erscheinen (s. Abschnitt 14.2). Besonders deutlich ist das für die Folterinstrumente, die – sind sie erst einmal auf die Leibkörper der Gefangenen ausgerichtet – keinen anwesenden folternden Menschkörper mehr bedürfen: Das gilt vor allem für Fesseln, die über lange Zeiträume die Autonomie verletzen und durch erzwungene Körperpositionen extreme Schmerzen verursachen, für Klimaanlagen zum Wärmeentzug und Lautsprecher zur akustischen Überreizung.

Drittens sind die Folterpraktiken nicht einzeln zu betrachten, sondern nur in ihrem Zusammenwirken verständlich. Praktiken, wie beispielsweise der Entzug von warmem Essen, das erzwungene Tragen von Windeln oder ‚weiblicher‘ Unterwäsche können in anderen Kontexten oder isoliert betrachtet wohl nicht als Folter klassifiziert werden. In Kombination mit anderen Gewaltpraktiken und Angriffen auf das Selbst, die gleichzeitig, vor- oder nachgelagert vollzogen werden, tragen sie aber zweifellos zu den qualvollen Erfahrungen bei. Auch sind die ‚homosexualisierenden‘, ‚feminisierenden‘ oder ‚animalisierenden‘ Inszenierungen auf weitere Gewalt angewiesen wie Schläge oder Immobilisierungen, um die performativen Handlungen erzwingen zu können (s. Kapitel 13). Ähnlich verhält es sich mit Schlafentzug, der erst durch verschiedene – für sich bereits leidvolle – körperliche Praktiken erzeugt wird wie erzwungene Mobilität, schmerzproduzierende Körperpositionen, dem Herstellen von starken akustischen Reizen (z. B. Schlagen gegen Zellentüren) oder ununterbrochene Verhöre über mehrere Tage.

Aus der Dezentralität der Foltergewalt folgt unmittelbar deren Verkettung. Diese Kettenmetapher habe ich in Anlehnung an Hoebel (2019) genutzt, wobei ich mit ihr weniger detaillierte Ereignisketten in den Blick genommen habe. Im Kontext dieser Untersuchung habe ich sie vielmehr benutzt, um zu verdeutlichen, dass für Gefolterte die Foltererfahrung grundsätzlich in der raumzeitlichen Verknüpfung von leidvollen Situationen besteht, denn in einzelnen qualvollen Momenten. Folternde wiederum nutzen dies unter anderem, indem sie bereits erfahrene Folter für instrumentelle Machtausübung durch Drohungen brauchbar machen. Außerdem rückbeziehen sie die verschiedenen Handlungen, mit denen sie Leiden auch außerhalb von ‚Verhören‘ herstellen – wie Soften-up-Gewalt -, immer wieder auf das Verhör und dessen vermeintliche Effektivierung (s. Kapitel 11). Dieses Vorgehen wurde in Guantánamo in hohem Maße standardisiert durch die Einführung des disziplinierenden Privilegiensystems, welches die räumliche Strukturierung des Gefängnisses mit Differenzierungen der Gefangenen entlang von ‚Kooperationsbereitschaft‘ und gestaffelten Zugangsrechten zu sogenannten comfort items (wie dem Koran oder Hygieneprodukten) verband. Auf diese Weise verknüpfen Folternde verschiedene Situationen planvoll miteinander, um die ‚Kooperation‘ der Gefangenen zu erreichen oder aus anderen Gründen Leid zu produzieren. Dabei boten das diskursive Wissen der organisationalen Dokumente – durchaus angewandte – Handlungsentwürfe, die eine relative Standardisierung bewirkten, nicht zuletzt durch die autorisierte oder unautorisierte Diffusion solcher Dokumente innerhalb des Folterkomplexes (s. Kapitel 9). Auch die Verschriftlichung ereigneter Situationen sowie der organisationale Austausch von Gefangenenkörpern, Personal, Wissen und Artefakten über das globale Netz des Folterkomplexes verkettet die Situationen. Letztlich ist es genau diese Verkettung, die es rechtfertigt, den US-Folterkomplex als einen Komplex zu bezeichnen.

Die oben genannten menschlichen Akteure haben ebenso erheblichen Einfluss auf den Verlauf von Foltersituationen wie Artefakte, räumliche und zeitliche Strukturen, welche unterschiedliche situative Sichtbarkeiten herstellen, oder Diskurse über die ‚Effektivität‘ und ‚Legalität‘ von ‚Verhörtechniken‘. Auch kommunikativ einbezogene Akteure wie Familienangehörige oder Gott können hochrelevant in die Situationen „verstrickt“ (Hoebel 2019: 56) werden. Folter besteht in der Konstellierung und zeitlichen Verkettung solcher Elemente. Sie findet – und das wird im hier untersuchten US-Fall besonders deutlich – in vorstrukturierten und organisational überformten Kontexten statt. Sie ist also nicht durch rein situative Dynamiken zu erklären, wie dies Randall Collins (2008) in seiner mikrosoziologischen Theorie für andere Gewaltformen bemüht.Footnote 1 Das bedeutet aber nicht, dass eine analytische Abkehr von einem engeren Situationsbegriff in Anschluss an Goffman (2001: 55) und eine Hinwendung zu einem sehr breiten Verständnis wie bei Adele Clarke (2012: 112) notwendig sei, um solche Formen organisierter Gewalt zu untersuchen. Denn ein Verständnis von sozialer Situation, das bei körperlicher Kopräsenz von Akteuren sowie der subjektiven Erfahrung der Präsenz eines sozialen alter egos in einer raumzeitlichen Einheit ansetzt (s. Kapitel 3), ermöglicht es erst, die spezifische Verkettung von (leidproduzierenden) Situationen durch Praktiken, Wissen, materielle, zeitliche und räumliche Strukturen zu erfassen.

Ich habe mich in dieser Untersuchung auf das ‚Innere‘ des US-Folterkomplexes konzentriert. In Bezug auf diesen Fall wäre an die obigen Überlegungen anschließend zu fragen, wie ‚äußere‘ (diskursive) Ereignisse im War on Terror Einfluss auf die Konstellationen der Foltersituationen nahmen. Bei dem Wandel des rechtlichen Status von Gefangenen ist dies recht offensichtlich. Beispielsweise schloss die CIA alle Blacksites in Guantánamo im Zuge des Verfahrens Rasul v. Bush. Denn es bestand die Sorge, das Urteil (Stevens 2004), das den Gefangenen des Lagers (trotz seiner Extraterritorialität) das Recht zu Habeas-Corpus-Petitionen gab, könne auch CIA-Gefangene betreffen (Raphael et al. 2019: 115). Der Einfluss öffentlich-medialer Diskurse auf das ‚Innere‘ des Folterkomplexes ist dagegen schwerer zu fassen, jedoch bieten die zahlreichen Verweise auf oder Kopien von Zeitungsartikeln und weitere Publikationen in den Fragmenten der innerbehördlichen Diskurse Hinweise auf einen solchen Prozess (z. B. OMS o. J.: 67; CIA o. J.c, 2003b, 2003c). Über den Fall des US-Folterkomplexes hinaus bieten sich die hier rekonstruierten Konstellationen und Verkettungen von Situationen als Ausgangspunkte für Vergleiche mit anderen Folterkomplexen oder ähnlichen staatlich-institutionell überformten und miteinander verbundenen Gewaltsituationen an. Über den bloßen Vergleich von einzelnen Foltertechniken und Gewaltpraktiken einerseits oder den politischen, rechtlichen und historischen Rahmungen andererseits hinausgehend, können Vergleiche der je spezifischen Konstellationen und Verkettungen von Gewaltsituationen einen wichtigen Beitrag leisten bei dem Unterfangen, organisierte Gewalt im Rahmen einer situationistisch orientierten Gewaltsoziologie (s. bspw. Hoebel/Malthaner 2019) besser beschreiben und erklären zu können.

2 Folterwissen und Psychologisierung

Im II. Teil dieser Untersuchung (Kapitel 79) bin ich der Frage nachgegangen, wie sich das diskursive Folterwissen in den organisationalen Dokumenten zusammensetzt und wie es diffundierte (oder ‚floss‘). Der US-Fall ist hier eine Besonderheit, weil eine Vielzahl von – ursprünglich geheimen – staatlichen Dokumenten öffentlich verfügbar ist, die die Autorisierung von Folter durch Regierungsstellen sowie Militär und CIA nachvollziehbar machen, und dabei die Vorstellung von der Folter als Einzelfälle, durchgeführt von „a few bad apples“ (Wolfowitz zit. n. McCoy/Perl 2019: 66), ad absurdum führen. Folterwissen verbreitete sich innerhalb des Folterkomplexes vor allem durch autorisierende Memoranden, cables und E-Mails sowie durch Personalreisen an verschiedene Folterorte. Zu denken ist hier besonders an das Bemühen von General Miller, die Folter- und Gefängnispraktiken aus Guantánamo mittels Dokumenten und Personalschulungen in den Irak zu ‚exportieren‘, oder kurz: „to GITMOize the operation“ (Karpinski zit. n. Taguba/Karpinski 2004: 92)“.

In Kapitel 7 und 8 habe ich die schriftliche Kommunikation innerhalb der CIA (in Form von cables) sowie zwischen der CIA und dem US-Justizministerium (in Form der Torture Memos des OLC) um den Fall Abu Zubaydah als methodischen Ausschnitt gewählt. Dabei habe ich die enthaltene emische Foltertheorie als „Interdiskurs“ (Link 2012: 58) rekonstruiert. Dieser Diskurs konstellierte Wissen aus psychologischen, geheimdienstlichen, juristischen und medizinischen Diskursen zu einer „Phänomenstruktur“ (Keller 2008: 86), welche die autorisierte Folter als ‚effektiv‘, ‚notwendig‘, ‚legal‘ und ‚unschädlich‘ konstruierte. Dabei nutzten die autorisierenden Juristen des Justizministeriums rechtliches Wissen aus anderen liberal-demokratischen Folterkomplexen (Nordirland, Israel), was auch einen Beitrag zur Angleichung von Foltertechniken über die einzelnen Komplexe hinweg leistete. Eine besonders wichtige Funktion nimmt in diesem Interdiskurs die diskursive Vermeidung von Schmerz als ‚Körper-Selbst-Scharnier‘ (Inhetveen 2017: 104) und die Rezeption psychologischen Wissens ein.

Aufgrund dieser neuen Zurückhaltung wird der Strafrichter, der unmittelbare Anatom des Leidens, von einer ganzen Armee von Technikern abgelöst: Aufseher, Ärzte, Priester, Psychiater, Psychologen, Erzieher; allein durch ihre Gegenwart beim Verurteilten singen sie der Justiz das Loblied, dessen sie bedarf: sie garantieren ihr, daß es ihrer strafenden Tätigkeit letztlich nicht um den Körper und den Schmerz geht (Foucault 2015: 19).

Diese Worte schreibt Foucault in „Überwachen und Strafen“ in Bezug auf den Wandel des europäischen Strafstils im 18. Jahrhundert von äußerst gewaltvollen rituellen Strafspektakeln wie der Marter hin zu einem scheinbar „‚körperlosen‘ Strafsystem“ (Foucault 2015: 19), bei dem der leibliche Schmerz beseitigt ist. Obwohl Foucault Folter als Teil des schwindenden Rechtssystems des Ancient Regime behandelt, lässt sich das Zitat in mancher Hinsicht auf moderne Folter übertragen. Mit Rejali (1994) ist davon auszugehen, dass Folter gleichsam eine Transformation durchlief, anstatt im Zuge dieses Wandels aufzuhören zu existieren; ein Wandel, der als Teil des Zivilisationsprozesses im Sinne Elias (1988a, 1988b) verstanden werden kann, bei dem die Sichtbarkeit von Leiden verdrängt und Schmerz zunehmend als rein negativ aufgefasst wurde (s. Abschnitt 4.2).

Das obige Zitat auf moderne Folter umzumünzen ist denkbar einfach: „strafende“ Tätigkeit ist zu ersetzten mit folternder ‚Verhörtätigkeit‘, „Verurteilte“ mit Gefolterten, „Strafrichter“ mit Folterknecht als „Anatom des Leidens“. Letzter ist ebenfalls durch eine „Armee von Technikern abgelöst“ worden; im Falle des untersuchten Folterkomplexes sind diese nicht „Erzieher“ und „Priester“, aber sehr wohl „Aufseher, Ärzte“ und insbesondere „Psychiater, Psychologen“. Sie garantieren mit „ihrer Gegenwart“, dass es bei der Folter nicht um den Körper und den Schmerz geht. Auch bedarf die Justiz genau dieses „Loblied[es]“. Die Folterpraktiken im War on Terror erzeugten jedoch sehr wohl Schmerzen und wurden am Körper der Unterworfenen vollzogen. Auch hatten sie mitunter Aspekte von rituellen und strafenden Spektakeln sowie Darstellungen von Souveränitätsmacht. Diese Analogie betrifft also vor allem die emische Foltertheorie. Das „Loblied“ ist deshalb wichtig, weil nur so unter der Bedingung der globalen Anti-Folternorm Folter als Nicht-Folter legalisiert werden kann. Die entsprechende ‚Garantie‘, dass nicht Schmerz und Körper im Vordergrund stehen und die Folter daher nichts mit den ‚barbarischen‘ Methoden der Vorzeit zu tun habe, schufen insbesondere das psychologische Personal als Träger:innen psychologischen Wissens. In dieser Theorie zielen die Foltertechniken nicht auf die Verletzung des anatomischen Körpers, sondern darauf, über die Beeinflussung der Wahrnehmung der Gefolterten leibliche und psychische Leiden zu verursachen. Selbst solche Methoden, die direkten gewaltsamen Körperkontakt zwischen Gefolterten und Folternden bedürfen, wie „walling“ (Bybee 2002: 2) oder „waterboarding“ (Bybee 2002: 4), werden so begründet. Die hier untersuchten Dokumente schließen dabei Schmerz immer wieder als leiblichen Effekt der autorisierten Foltertechniken explizit aus. Stattdessen erfüllten Begriffe wie „discomfort“ (z. B. Mitchell 2002: 2) oder „surprise“ (z. B. Bybee 2002: 2) die Funktion, die angezielten Effekte zu umschreiben. Diese Effekte sind in der emischen Theorie bloß Zwischenziele, die nützlich seien, um eine extrem asymmetrische und zumeist dyadische Beziehung zwischen Gefolterten und Folterer:in zu etablieren, die mit den psychischen Zielzuständen „learned helplessness“ und „dependence“ (CIA 2004a: 1) umschrieben werden. In dieser Theorie, wie auch in den Folterpraktiken, kam eine Konditionierungslogik über eine Belohnung/Strafe-Logik zum Einsatz (mitunter wurde sich auch explizit auf Pavlov berufen, s. Mitchell et al. 2017: 272 ff.; Jessen et al. 2017: 157 ff.). Mit dieser diskursiven Vermeidung von Schmerz unter Einbezug von psychologischem Wissen betreibt die CIA-Foltertheorie gleichsam eine ‚Psychologisierung‘ der Folter und ist dabei Teil eines übergeordneten historischen Prozesses, in dem sich die kulturellen Vorstellungen von Schmerz und Leid wandelten.

Was Foucault (2015: 43) für jene ‚Techniker‘ feststellt, dass diese nämlich nicht „maskieren“ können, dass es auch bei dem neuen Strafstil um eine „Technologie der Macht über den Körper“ (Foucault 2015: 43) geht, gilt in ähnlicher Weise auch für die CIA-Foltertheorie: Auch ihr misslingt die Invisibilisierung des Körpers, auf den die Folter sich letztlich richten muss, auch wenn Schmerzzufügung (oder Körperkontakt) ausgeschlossen wird. Insofern besteht die ‚Psychologisierung‘ nicht so sehr darin, dass die autorisierten Foltertechniken grundlegend von ‚physischer‘ Folter verschieden seien, sondern bloß in der expliziten Theoretisierung von Leidinduktion mittels psychologischer Begriffe, der organisationalen Einbindung von Psycholog:innen und der Legitimierung der Folter durch die so geschaffene ‚Schmerzlosigkeit‘. In Anschluss an diese Überlegungen ist zu fragen, wie sich Elemente dieser psychologisierten Foltertheorie außerhalb sowie nach dem CIA-Folterprogramm des War on Terror fortsetzen. Ich habe bereits angedeutet, dass im Gerichtsverfahren Salim v. Mitchell die Angeklagten Mitchell und Jessen in ihren Aussagen auf Elemente der Foltertheorie verwiesen, nämlich auf die Vermeidung von Schmerz (s. Einleitung zu Kapitel 7) und die Feindkonstruktion (s. Einleitung zu Kapitel 13). Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch der Versuch der Verteidigung, mittels eines psychologischen Gutachtens Zweifel darin zu streuen, dass die diagnostizierte PTSDFootnote 2 des Klägers und Folterüberlebenden Salim auf die autorisierten CIA-Foltertechniken zurückzuführen sei; seine traumatischsten Erlebnisse bestünden stattdessen in Anwendungen unautorisierter Techniken oder falschen Anwendungen der enhanced interrogation techniques (Pitman et al. 2017). Dieses Vorgehen impliziert, dass die Angeklagten nicht der Folter verurteilt werden könnten, solange nicht das folterbedingte Leiden eindeutig durch eine PTSD-Diagnose dauerhaft sichtbar gemacht würde sowie ein kausaler Zusammenhang zwischen spezifischen Foltertechniken und der Diagnose bewiesen sei. Daher ist diese Argumentation auch als ein direkter Verweis auf die rechtlichen Bestandteile der emischen Foltertheorie zu lesen, die dauerhafte Traumatisierungen oder Persönlichkeitsveränderungen als Bedingung dafür sieht, situatives Leiden in Foltersituationen als severe mental pain and suffering zu begreifen. Die in Kapitel 8 rekonstruierte Phänomenstruktur der emischen Foltertheorie bietet eine Grundlage, um solche Verweise auf und Kontinuitäten mit dem diskursiven Folterwissen über das ‚Innere‘ des Folterkomplexes hinaus zu erfassen.

In Kapitel 9 habe ich diese psychologischen Theoretisierungen von Folter in Kontinuität mit Diskursen des Kalten Krieges sowie in Bezug zu dem militärischen Teil des US-Folterkomplexes gesetzt. Dabei wurde deutlich, dass sowohl die Handlungsentwürfe der CIA als auch die der militärischen Organisationen, insbesondere in Guantánamo (JTF-GTMO), auf Wissen zurückgriffen, das im Kalten Krieg produziert und über die SERE-Trainingsmethoden weitergegeben wurde. Vereinfacht verlief dieser Prozess des reverse engineering wie folgt: Leibliche Foltererfahrungen von ehemaligen US-Kriegsgefangenen des Koreakrieges (1950–1953) wurden mittels Verhören und Interviews durch Militärgeheimdienste zu organisationalem Wissen objektiviert und durch Verhaltensforscher zur Theoretisierung von ‚Feindmethoden‘ genutzt. Dieses theoretische Wissen ‚floss‘ sowohl in die CIA-Foltertheorie des Kalten Krieges als auch in die SERE-Trainingsprogramme, bei denen Soldat:innen jenen Feindmethoden ausgesetzt wurden, um sie auf mögliche Kriegsgefangenschaft vorzubereiten. Die autorisierten Foltertechniken im War on Terror schließlich beruhten im Wesentlichen auf diesen Trainingsmethoden, mit denen SERE-Personal auch Verhörer:innen des Folterkomplexes direkt trainierten. Das ist zum einen interessant, weil der Prozess des reverse engineering eine Annahme von grundsätzlicher Gleichartigkeit der feindlichen Anderen bezüglich deren Verletzlichkeiten impliziert. Denn die Logik dahinter war, dass Techniken, die ‚effektiv‘ bei den ‚eigenen‘ Soldat:innen seien, dies auch bei den Feinden sein müssten. Zum anderen ist jener Prozess wissens- und körpersoziologisch interessant, weil er mit verschiedenen Wissenstransformationen verbunden ist: von leiblichen Erfahrungen und inkorporiertem Wissen über dessen Objektivierung, Diskursivierung und Theoretisierung hin zur Anwendung als ‚defensive‘ Trainingsmethoden, die wiederum inkorporiertes Wissen bei den SERE-Absolvent:innen erzeugen, und schließlich zur Wendung als ‚offensive‘ Foltertechniken. Ich konnte diesen Prozess in Abschnitt 9.1 nur andeuten, weshalb sich eine detaillierte Untersuchung dieses Zusammenhangs anbietet. Wie Rejali (2009: 383) schreibt: „A full history of these [SERE] programs has yet to be written“. Da wichtige Dokumente wie konkrete Trainingsunterlagen klassifiziert und unzugänglich sind, wird dies wohl auch in absehbarer Zeit nicht möglich sein. Aber Dokumente wie das vorgestellte Verhörprotokoll der US Air Force sind in den staatlichen National Archives zugänglich und bieten eine Datengrundlage, auf Basis derer zumindest die militärgeheimdienstliche Objektivierung der Erfahrungen von ehemaligen Kriegsgefangenen des Koreakrieges rekonstruierbar ist.

3 Asymmetrie, Handlungsfähigkeit und Intentionalität

Folter ist trotz ihrer extremen Asymmetrie nicht als ein Gegensatz zu sozialer Interaktion zu sehen, wie dies insbesondere Sofsky (1996) pointiert postuliert. Sie ist nicht sozialtheoretisch zu exotisieren (wie auch andere extreme Gewaltformen wie Gruppenvergewaltigungen, s. Wolters 2022: 282). So kann sichtbar werden: Gefolterte sind nicht vollkommen passive Opfer; und Folternde üben nicht Allmacht aus. Dieses Argument und die Frage danach, inwieweit sich Gefolterte vor dem Hintergrund der immensen Machtdifferenz von Foltersituationen als handlungsfähige Subjekte erfahren sowie inwieweit sie als solche in der Foltergewalt adressiert werden, zog sich durch die gesamte Untersuchung. Bezogen auf mögliche Widerständigkeiten habe ich diese Frage vor allem in Kapitel 12 diskutiert.

Zunächst gilt erneut festzuhalten, dass die Folter im War on Terror äußert asymmetrische Situationen schuf, in denen von Gefangenschaft, physischer Gewalt, Isolation, Deprivationen aller Art, Degradierungen und weiteren Verletzungen durch „Aktionsmacht“ (Popitz 1992: 43) Gepeinigte sich als ohnmächtig erlebten. Insbesondere bei Transporten mussten Gefolterte sich als zur Passivität verurteilt erfahren, das heißt als Subjekte, mit denen etwas getan wird und die vollständig den Anderen ausgeliefert sind (s. Kapitel 10). Dass es dennoch analytisch unzureichend ist, Gefolterte per se als „Objekt(e) und nicht Partner des Handelns“ (Grüny 2004: 192) zu begreifen, kann sowohl von Seiten der Folternden als auch der Gefolterten begründet werden.

Eine völlige ‚Objektivierung‘ der Gefolterten aus Sicht der Täter:innen ist nicht denkbar, da Folter auf das subjektive Erfahren von Schmerzen und Leiden zielt. Insofern basiert sie auf einer grundlegenden „leibkörperlichen Reziprozität“ (Breger 2022: 98) und Perspektivenübernahme, die mit der Annahme einer Leiblichkeit und Subjektivität des zu folternden alter egos einhergeht. Darüber hinaus adressieren Folternde die Zu-Folternden als handlungsfähige Subjekte und die Gewalt zielt teils auf das Herstellen gewünschten Verhaltens und nicht nur auf passives Erleiden oder auf Verletzung von Handlungsfähigkeit (z. B. in Form von Immobilisierungen). Die Adressierung von agency geschieht über instrumentelle Macht, die „über Subjekte ausgeübt wird, die prinzipiell im gleichen Sinne handlungsfähig sind wie die Machtausübenden“ (Popitz 1992: 79). Durch Drohungen, die die verschiedenen Formen der Aktionsmacht ergänzen, werden Gefolterte zu Handlungen gezwungen. Im untersuchten Fall betraf das beispielsweise das auf Verhaltenssteuerung ausgelegte Privilegiensystem in Guantánamo, das vor allem aus der permanenten Drohung von Deprivationen bestand, oder die erzwungenen ‚homosexuellen‘ Inszenierungen in Abu Ghraib und andere Formen der erzwungenen Agentschaft. Auch wenn solche instrumentellen Machtausübungen häufig ‚erfolgreich‘ waren, sind die Folternden entgegen der emischen Foltertheorie jedoch nicht dazu in der Lage, volle Kontrolle auszuüben und das Verhalten der Gefangenen quasi-mechanisch zu manipulieren (wohl aber situativ deren Körper).

Aus Sicht der Gefolterten erscheint somit ihre Handlungsfähigkeit als höchst ambivalent. Einerseits wenden die Folternden nicht bloß die leibliche Erfahrung der Unterlegenen gegen diese selbst, sondern im oben beschriebenen Sinne auch deren agency (s.a. Sussman 2005). So müssen Gefolterte, wie beispielsweise Slahi (2017: 281), an sich selbst verunreinigende Handlungen vornehmen (s. Abschnitt 11.2). Andererseits können Gefangene sogar widerständige Praktiken entwickeln, individuell und besonders kollektiv (sobald gegenseitige Wahrnehmbarkeit die Kommunikation zwischen Gefangenen zulässt). In Gebeten (s. Abschnitt 12.3), Hungerstreiks (s. Abschnitt 12.5) und Gehorsamsverweigerungen (s. Abschnitt 12.4) können die Leidenden sich als eigenständig Handelnde erleben, die Situationen zeitweise transformieren sowie mitunter die folternden Organisationen vor Handlungsprobleme stellen. Sogar bloß innerlich vollzogene Handlungen wie Verarbeitungen von den wenigen zur Verfügung stehenden Informationen und Wahrnehmungen, mit denen die Gefolterten der sensorischen Deprivation und raumzeitlichen Desorientierung entgegenwirken, können als Widerständigkeiten verstanden werden, weil sie die angestrebte Wirkung der Folter und damit den absoluten Machtanspruch der Folternden unterlaufen (s. Abschnitt 12.2). Die grundsätzliche Asymmetrie der Foltersituationen gefährden solche Vorgänge freilich nicht. Dennoch sind sie als „mikrorevolutionäre Ereignisse“ (Därmann/Wildt 2021: 7) ernst zu nehmen. Bei einer theoretisch fixierten Handlungsunfähigkeit und Passivität von Gefolterten geraten diese Ereignisse jedoch allzu schnell aus dem Blick. Stattdessen gilt es, sie auch in anderen Situationen extremer Gewalt und Machtungleichheit vermehrt sichtbar zu machen, wie dies insbesondere Iris Därmann (2021) fordert.

Die Frage nach erzwungenen Handlungen und der Anwendung instrumenteller Macht ist zudem mit einem heiklen Problem verbunden, nämlich mit der Rolle der Informationsgewinnung als Intention der Folter. In der Literatur gibt es zurecht Vorbehalte gegenüber der Vorstellung von Folter als Mittel des Verhörs, weil eine solche Vorstellung tendenziell der Rationalisierung der Folterverantwortlichen im Sinne des spekulativen ticking bomb scenario folgt. Informationsgewinnung sei ein bloßer Vorwand für die Folter (s. Abschnitt 3.5). Zugleich muss aber analytisch der Relevanz der intelligence-Produktion in verbalen Interaktionen in Verhörsituationen Rechnung getragen werden, um die Dynamik des US-Folterkomplexes zu verstehen. In der Anfangszeit der verschiedenen Folterorte wurde häufig von hierarchisch höheren Stellen Druck auf Informationsgewinnung ausgeübt, was eine Verstärkung oder Fortsetzung der Gewalt zur Folge hatte (s. bspw. Helgerson 2003: 23). Auch war die Folter meistens auf vermeintliche ‚Effektivierung‘ der Verhöre ausgerichtet, das heißt auf das Herstellen von ‚Kooperationsbereitschaft‘ der Gefangenen. Das rationalisierende Ziel der Erlangung nachrichtendienstlich relevanter und zutreffender Informationen verblieb zwar in weiter Ferne. Jedoch konnte Verhörpersonal mitunter ‚nützliche‘ und erwünschte intelligence produzieren; nicht zutreffende, wohl bemerkt. ‚Nützlich‘ waren bestimmte Informationen in dem Sinne, als dass sie in anderen Situationen Verwendung fanden; zum Beispiel zur Belastung anderer Gefangener in anschließenden (und somit verketteten) Verhörsituationen oder aber – wie im Fall al-Libi – gar zur Rechtfertigung eines Angriffskrieges (s. Abschnitt 12.1). Wenn Scarry (1992: 70 f.) schreibt, dass der Informationsgehalt einer erzwungenen Aussage nicht wichtig sei, sondern nur der Akt der Unterwerfung, der damit verbunden ist, so hat sie sicher recht für viele Foltersituationen sowie grundsätzlich in dem Sinne, als dass Gefolterte zumeist das sagen, was sie glauben, dass das Verhörpersonal hören will. Jedoch können die Inhalte der erpressten Aussagen sehr wohl relevant sein, da sie, wie oben beschrieben, als folgenschweres Wissen im Folterkomplex zirkulieren können. Das rationalisierende Ziel der geheimdienstlichen Informationsgewinnung war aber entgegen organisationaler Vorgaben längst nicht immer auf situativer Ebene handlungsleitend. Intentionale Leidinduktionen wurden von Folternden auch zum Erzwingen von bloßen Geständnissen, zu Trainingszwecken für neue Verhörer:innen (Rasul et al. 2004: 75), zum gemeinsamen Spaß, sowie aus Wut oder als Strafe vollzogen. Auch bedeutet die oben erläuterte Relevanz der Informationsgewinnung nicht, dass ich die experimentellen (Denbeaux et al. 2015) und ‚dekulturalisierenden‘ (Sironi/Branche 2002: 540) Anteile der Folter leugne. Verschiedene Intentionen und Ziele können sich überlagern (Inhetveen et al. 2020: 11 ff.), wie allein die Zielkette der emischen Foltertheorie zeigt (s. Abschnitt 8.4). Wie auch bezüglich der Handlungs(un-)fähigkeit von Gefolterten sind theoretische Setzungen über den einen Zweck moderner Folter analytisch nicht hilfreich.

4 (Un-)Gleichartigkeiten und Entmenschlichungen

Der Folterkomplex des War on Terror war von einem politischen Ausnahmezustand infolge der Terroranschläge vom 11. September 2001 gerahmt, der die Autorisierung von Folter ermöglichte. Damit verbunden war die Konstruktion eines feindlichen Anderen (islamistische Terroristen, insbesondere Al-Qaida-Anhänger) – eines außergewöhnlichen Feindes, dessen Bekämpfung außergewöhnliche Maßnahmen bedürfe. Man müsse sich nun daher „in the shadows“ (Cheney zit. n. Cheney/Russert 2001) bewegen, wie es der damalige Vizepräsident Cheney ausdrückte, und – eine weitere häufig verwendete Metapher – die ‚Handschuhe‘ ausziehen, das heißt: (männliche) Härte zeigen. Entsprechend seien die Gefangenen in Guantánamo „the worst of the worst“ (Rumsfeld zit. n. Seelye 2002). Solche Rhetoriken und Politiken der Ausnahme als legitimatorischer Rahmen von Folter sind durchaus typisch für Folter in modernen liberal-demokratischen Demokratien (Rejali 2007). Besonders am US-Fall war jedoch, dass für die außergewöhnlich verstandenen Feinde sogar eine rechtliche Kategorie (unlawful combatant) geschaffen wurde, die sie außerhalb des humanitären Rechts der Genfer Konventionen verortete. Mit der Feindkategorie, mit der Menschen zu Zu-Folternden markiert wurden, war zudem die Zuschreibung von besonderem Wissen verbunden: Wissen über die feindlichen Netzwerke und Pläne sowie inkorporiertes Wissen über Widerstandstechniken gegen ‚Verhöre‘.

Wie ich in Kapitel 13 diskutiert habe, kamen zu diesem diskursiven, den Foltersituationen vorgelagerten, Othering Verweise auf Andersartigkeit in der Semiotik der Foltergewalt hinzu. Gefolterten wurden religiöse Artefakte und Riten verwehrt, sie mussten ‚weibliche‘ Unterwäsche tragen, wurden sexualisierter Gewalt durch weibliches Verhörpersonal ausgesetzt und zur Beteiligung an grotesken Inszenierungen von Homosexualität und Tierhaftigkeit gezwungen. Diese Praktiken zielten auf unterschiedliche Verunreinigungen und Degradierungen entlang der antagonistischen Differenzierungen Islam/USA, Frau/Mann, Hetero-/Homosexualität sowie Tier/Mensch. Zugrunde lagen mindestens teilweise Zuschreibungen über kulturell-geschlechtlich spezifische Verletzlichkeiten ‚muslimischer Männer‘, die zur ‚Effektivierung‘ der Leidinduktion adressiert wurden. Solche Bestandteile der Folter entsprachen im Wesentlichen nicht der auf psychologischen Universalien ruhenden emischen Foltertheorie, weshalb nur sehr vereinzelte Hinweise auf solche Praktiken in den militärischen Handlungsentwürfen zu finden sind (s. Abschnitt 9.3). Zugleich stellte solche Gewalt die kulturelle Andersartigkeit performativ her und machte die Feindlichkeit des Gegenübers sichtbar. Durch diese kollektiven Zuschreibungen wurden die Gefolterten nicht bloß als Individuen, sondern auch als Stellvertreter der „‘gemeinte[n]‘ Gruppe“ (Reemtsma 1991b: 18) adressiert. Solche performativen Folterpraktiken stellen ferner nicht nur symbolische Distanz zwischen Folternden und Gefolterten her. Zweitere sollten auch durch rituelle Transformationen auf Distanz ‚zu sich selbst‘ gebracht werden; das heißt: entlang ihrer (zugesprochenen) Identitäten als muslimisch, männlich, heterosexuell sowie menschlich verletzt werden, indem sie sich als unislamisch, feminisiert, homosexualisiert sowie animalisiert erfahren sollten.

Besonders die degradierenden Performanzen in Abu Ghraib werden häufig als Entmenschlichung gedeutet (s. bspw. Binder 2013: 329; Spens 2014). Die vielfältigen Formen des gewaltsamen Otherings sind aber prinzipiell durch den notwendigen intersubjektiven Charakter der Folter begrenzt (s.a. Breger 2022). Eine Entmenschlichung ist zumindest im Sinne eines Aberkennens von Subjektivität und Menschlichkeit daher nicht vorstellbar.Footnote 3 Das zeigen gerade die erzwungenen ‚animalisierenden‘ Inszenierungen, in denen Gefangene sich ‚wie Hunde‘ verhalten mussten und an Hundeleinen gehalten wurden. Denn um jemanden mit derartigen Praktiken degradieren zu können, muss dessen zu verletzende Menschlichkeit und Subjektivität prinzipiell anerkannt werden. Das heißt wiederum nicht, dass keine Dehumanisierung in anderem Sinne stattfand. Zu verwerfen ist der Begriff für den untersuchten US-Fall allein deshalb nicht, weil er eine wiederkehrende Deutung im Feld darstellt. Wie ich in Abschnitt 13.3 geschrieben habe, umschreiben Folterüberlebende häufig ihre Erfahrung (unabhängig von ‚animalisierenden‘ Inszenierungen) damit, nicht ‚wie ein Mensch‘, sondern ‚wie ein Tier‘ behandelt worden zu sein. Sie meinen damit die Autonomieverletzung durch Fesselung, das gewaltsame Rasieren von Kopf und Gesicht oder die Zurschaustellung in Käfigen. Aber auch ehemalige Mitglieder von an Folterorten tätigem Personal nutzen den Begriff „dehumanization“ (z. B. Lakemacher 2010b; Corsetti 2013) um die Folter zu bezeichnen. Diese Verwendung des Begriffs verweist offensichtlich auf humanistische Verhaltenserwartungen, die die Folter mit ihren diversen Leidinduktionen auf vielfältige Weise verletzt.

Dehumanisierung kann also sehr unterschiedliche Dinge bedeuten. In Bezug auf Folter wird er häufig verwendet, ohne zu präzisieren, was mit ihm gemeint ist (z. B. Mackert 2011: 450–453; Heredia 2010: 166–173). Teilweise benutzen Publikationen den Begriff sogar derart selbstverständlich, dass er – obwohl Teil der Überschrift – gar nicht (San Juan 2010) oder nur einmal (Kumar 2017) im eigentlichen Text auftaucht. Es ist also sinnvoll, diesen Begriff stärker zu differenzieren (s.a. Breger 2022: 91 f., 107 f.). Zu nennen wäre erstens Dehumanisierung, wie sie in der Sozialpsychologie in Anschluss an Herbert Kelman (1973) als Voraussetzung extremer Gewalt wie Genozide (s. z. B. Gwinn et al. 2013; Rai et al. 2017; Steizinger 2018; Over 2021; kritisch zu dem Begriff insb. Lang 2010) diskutiert wird.Footnote 4 Dort erscheint Dehumanisierung primär als ein Nicht-Wahrnehmen von menschlichen Eigenschaften wie Subjektivität vonseiten der Gewalttäter:innen. Davon zu unterscheiden wäre zweitens die Dehumanisierung, die Judith Butler (2004: XVI) in Anschluss an Agamben (2012) auf den rechtlichen Status der Guantánamo-Insassen bezieht. Durch den Ausschluss aus dem humanitären, internationalen Recht der Genfer Konventionen, die ja gerade das ‚Menschliche‘ als Grundlage haben, werden rechtlich undefinierte und in diesem Sinne entmenschlichte Subjekte geschaffen. Drittens ist das ‚Wie-Ein-Tier‘- und ‚Unmenschlich‘-Behandelt-Werden, das die Gefolterten erfahren mussten, ebenso wie die Kehrseite dieser Erfahrung (das entsprechende Verhalten von Menschen anderen Menschen gegenüber) eine weitere Form der Dehumanisierung, die wie die rechtliche im Kontext humanistischer Kosmologie zu sehen ist.Footnote 5 Viertens sind davon performative Akte zu unterscheiden, in denen Menschen als Nicht-Menschen bezeichnet werden oder sich an ‚animalisierenden‘ Inszenierungen beteiligen müssen. Auch diese letzte Form verweist auf das Mensch/Tier- oder auch Mensch/Gegenstand-Verhältnis der humanistischen Kosmologie.

Diese verschiedenen Formen von Entmenschlichungen mögen empirisch häufig gemeinsam auftreten (so wie die drei letztgenannten in der Folter im War on Terror). Eine analytische Trennung ermöglicht es aber erst, diese Prozesse nach ihrem Zusammenwirken sowie nach ihrer Relevanz für Gewalt zu befragen. Vor diesem Hintergrund bieten sich Vergleiche von Folter mit anderen Formen von Gewalt an, die ein Aberkennen oder Nicht-Wahrnehmen von Subjektivität seitens der Täter:innen wahrscheinlicher machen, wie beispielsweise das Schlachten von Tieren (oder auch zwischenmenschliche Gewalt, die umgangssprachlich als ‚Abschlachten‘ bezeichnet wird). Aber auch Vergleiche mit nicht gewaltvollen Situationen sind denkbar, in denen sich ein situatives Ausschalten von „leibkörperlicher Reziprozität“ (Breger 2022: 98) vollzieht, wie bei chirurgischen Operationen, in denen der Patient:innenkörper (nicht zuletzt durch technische Apparate) temporär ‚objektiviert‘ und somit ‚entsubjektiviert‘ wird (Hirschauer 2004: 83 f.). Die hier grob umrissenen Formen der Dehumanisierung und ihr Verhältnis zu Gewalt können zudem in Bezug gesetzt werden zu verschiedenen Arten der „Humandifferenzierung“ (Hirschauer 2017), das heißt: den heterogenen Praktiken, die Menschen und deren Körper voneinander differenzieren und in Gruppen einteilen, wozu auch die rechtlich-politische Feindkonstruktion des War on Terror gehört.

5 (Un-)Sichtbarkeiten

Vor dem Hintergrund ihrer historischen Delegitimierung (s. Kapitel 4) findet moderne Folter, insbesondere in liberal-demokratischen Staaten, im Geheimen statt und wird von den politischen Verantwortlichen gewöhnlich geleugnet. Zwar praktizieren Staaten sie teils als ‚offenes Geheimnis‘, machen sie also partiell sichtbar, um eine generelle Drohung an Dritte zu kommunizieren (s. z. B. Reemtsma 2013: 472); im hier untersuchten Fall zeigt sich dieser Punkt in den Bildern von gefesselten Insassen in Käfigen, die das US-Verteidigungsministerium aus Guantánamo veröffentlichte (s. Abschnitt 5.3). Dennoch streben moderne Folterkomplexe prinzipiell nach Invisibilisierung. Dies hat zur Folge, dass Foltertechniken bevorzugt werden, die weniger Spuren am Körper hinterlassen (clean torture), um Menschenrechtsmonitoring durch NGOs und andere Akteure zu unterlaufen (Rejali 2009). Wie ich in Kapitel 7 und 8 gezeigt habe, gingen die Versuche der Invisibilisierungen im US-Fall noch weiter. Der innerbehördliche Diskurs im Zuge der Autorisierung der CIA-Folter mit seinen rechtlichen Argumenten, der diskursiven Vermeidung von Schmerz sowie der ‚psychologisierenden‘ Theoretisierung von enhanced interrogation techniques zielte auf die Legalisierung von Folter als Nicht-Folter, also auf die Invisibilisierung der Folter als solche und als körperliche Gewalt schlechthin (s.a. Abschnitt 15.2). Trotzdem ist moderne Folter – im hier untersuchten Fall und darüber hinaus – keine „unsichtbare […] Gewalt“ (Hilbrand 2015). Denn letztlich scheitern die Versuche der Invisibilisierung, wie auch die Versuche der Herstellung absoluter Übermacht scheitern (s. Kapitel 12 & 15.3). Zum einen kann die Folter durchaus Spuren am Körper der Gefolterten hinterlassen, die über medizinische Untersuchungen forensische Beweise liefern können (s. bspw. in Bezug auf Abu Ghraib: Keller 2006). Zum anderen gelang es der Bush-Administration und der CIA trotz aller Bemühungen nicht, das Folterprogramm des Geheimdienstes vor der Öffentlichkeit zu verbergen; und sogar der spätere Präsident Obama („We tortured some folks“, zit. n. Lewis 2014) ordnete nach langem Zögern die vermeintlichen ‚Verhörtechniken‘ öffentlich als Folter ein.

Da ich mich in dieser Untersuchung auf das ‚Innere‘ des US-Folterkomplexes konzentrierte, habe ich Sichtbarkeiten vor allem situativer Elemente der Foltersituationen analysiert (s. Abschnitt 14.6). Erfahrungen von Entblößung, des Angesehen-, Beobachtet- und Fotografiert-Werdens ebenso wie cavity searches stellten einerseits gewaltsam leidvolle Sichtbarkeit der Gefolterten her. Andererseits war der Entzug von optischen Reizen wichtiger Teil der Folter. Situativ wie auch in organisationalen Dokumenten wurde zudem versucht, Folterpraktiken wie Fesselungen, cavity searches oder erzwungene Rasur hinter medizinischen, hygienischen oder sicherheitstechnischen Rationalisierungen zu invisibilisieren. Gleichzeitig konnten Gefangene an Folterorten des War on Terror durch gegenseitige Sichtbarkeit sowie in wenigen Fällen durch Unsichtbarmachung von Gegenständen (Verstecken) Widerständigkeiten entwickeln.

Über solche situativen Dynamiken von Zeigen und Verbergen, Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit hinaus war der Aspekt der Invisibilisierung von Folter in dieser Untersuchung vor allem methodisch relevant. Das Scheitern der Invisibilisierung oder – andersherum formuliert – die relativ erfolgreiche Sichtbarmachung des Folterkomplexes durch NGOs, Journalist:innen, Anwält:innen, Whistleblower, Folterüberlebende und ehemaliges Personal von Folterorganisationen ist die empirische Bedingung meiner Untersuchung gewesen. Daran anschließend können die Politiken der Sichtbarmachung selbst als empirischer Gegenstand in den Blick genommen werden. Insbesondere die politischen und rechtlichen Praktiken in Bezug auf den Freedom of Information Act (FOIA), der den Zugang zum größten Teil der hier verwendeten Daten überhaupt erst ermöglicht hat, bieten sich als Forschungsthema an. Zu fragen wäre am Fall des War on Terror oder darüber hinaus, wie Akteure, etwa NGOs oder Journalist:innen, dieses Gesetz nutzen, um ursprünglich geheime, staatliche Praktiken öffentlich sichtbar zu machen und zu skandalisieren sowie, wie die entsprechenden Behörden dies zu verhindern suchen oder darauf reagieren.Footnote 6 Während die häufigen Schwärzungen in solchen deklassifizierten Dokumenten für mich stets ein methodisches Problem darstellten, sind die Zensurpraktiken ebenfalls eine eigene Untersuchung wert. Die Soziologin Elspeth Van Veeren (2019) argumentiert, dass solche Redigierungen wichtiger Teil von staatlich-geheimdienstlichen Diskursen um Sicherheit und Geheimhaltung sind. Bei Buchveröffentlichungen, in denen Mitglieder von militärischen Spezialeinheiten von Operationen im War on Terror berichten, seien Schwärzungen von großen Teilen des Manuskriptes durch staatliche Behörden (in diesem Fall das US Defense Office of Prepublication and Security Review) nicht bloß Unsichtbarmachungen von klassifizierten Informationen, sondern auch Praktiken, die durch das Verbergen der Wörter den Insider-Status der Autor:innen herstellen und sichtbar machen. An solche Überlegungen anschließend können die Zensurpraktiken daraufhin untersucht werden, was von den jeweiligen Behörden als zensierenswert erachtet wird und was nicht. Hierzu bieten sich solche Diskursfragmente an, die entweder mindestens zwei Mal (und beim zweiten Mal mit weniger Redigierungen) veröffentlicht wurden, oder hinter deren Schwärzungen man durch Kontextinformationen ‚blicken‘ kann (s.a. Fußnote 114, S. 111).Footnote 7

Die hier untersuchten militärischen und geheimdienstlichen Folterprogramme gehören im WesentlichenFootnote 8 der Vergangenheit an (zumindest deutet alles darauf hin). Auch die nicht umgesetzten Pläne Donald Trumps, die Folter mit seiner Präsidentschaft zu reaktivieren (McCarthy 2016) und Guantánamo wieder mit Gefangenen zu füllen (Borger 2018), konnten daran nichts ändern, was auch daran liegen mag, dass zuvor die Obama-Administration im War on Terror eine Hinwendung zum Targeting Killing durch bewaffnete Drohnen vollzogen hatte (Hajjar 2017b: 67 f.). Die öffentliche Sichtbarkeit des Folterkomplexes hat sich seitdem sogar noch erhöht, wie eine ganze Reihe von jüngeren Dokumentar- und Spielfilmen beweist.Footnote 9 Diese stellen die Perspektive der Gefolterten und ihrer Angehörigen in den Mittelpunkt und stehen so Fiktionalisierungen wie der TV-Serie „24“ (Fox TV 2001) gegenüber, die in der frühen Phase des War on Terror die Rationalisierung von Folter als notwendiges Mittel des Verhörs reproduzierten und so an der Invisibilisierung von Folter als Folter teilhatten (Hajjar 2017a).

Dass die Invisibilisierung der Folter im War on Terror also scheiterte, ändert freilich nichts an der anhaltenden Normalität der Folter als zwischenmenschliches politisches Handeln. Populistische Politiker wie Trump, Jair Bolsonaro oder Rodrigo Duterte loben sogar explizit den vermeintlichen Nutzen von Folter, ohne diese sprachlich hinter Euphemismen wie enhanced interrogation techniques verschleiern zu wollen (Inhetveen 2024). Zudem ist die Gefahr nicht gebannt, dass im Sinne der emischen Foltertheorie vermeintlich weniger körperliche und hinter ‚psychologisierenden‘ Theoretisierungen versteckte Folterpraktiken liberal-demokratischer Staaten auch in Zukunft weniger als Folter wahrgenommen werden als ‚klassischere‘ Methoden der Schmerzzufügung. Vor allem in politischen Ausnahmezuständen und bei Konstruktionen außergewöhnlicher Feinde ist die Gefahr staatlich organisierte Folter gegeben. Aber auch ohne die besondere politisch-rechtliche Autorisierung im Zusammenhang eines Ausnahmezustands ist staatliche Gefangenschaft stets ein möglicher Ausgangspunkt für Foltergewalt. Dass diese Gewalt sich auch aus Elementen zusammensetzen kann, die für sich genommen nicht als Folter klassifiziert werden können, ist eine Erkenntnis dieses Buches. Insofern verstehe ich dieses auch als einen Beitrag zur Sichtbarmachung moderner Folter, wenngleich es keine neuen Enthüllungen über den US-Folterkomplex beinhaltet. Die fortlaufende Sichtbarmachung und Problematisierung ist nötig, um die Hoffnung aufrecht zu erhalten, dass die Diskrepanz des Menschlichen, mit dem ich dieses Schlusskapitel eingeleitet habe, sich reduziert oder gar schließt, dass also menschliches Verhalten menschlich wird.