Sich in der Debatte zu Professionalisierung bezogen auf die Soziale Arbeit zu verorten, ist – ehrlicherweise gesagt – kein einfaches Unterfangen. Denn die Diskussion, ob Soziale Arbeit eine Profession ist, wird seit Jahrzenten hartnäckig und zugleich kontrovers geführt. Professionsforschung allgemein betrachtet untersucht das Handeln und Wirken und wie dieses in vorhandene institutionelle und organisationale Strukturen eingebettet ist. Das soll vorliegend ebenso geschehen. Wie einleitend erwähnt, gehe ich davon aus, dass die Soziale Arbeit als Profession gilt, dabei orientiere ich mich an einem Verständnis, dass Soziale Arbeit als eine «integrative Handlungswissenschaft» verstanden werden kann (Mühlum, 2009, S. 93) und lege folglich den Fokus auf das professionelle Handeln und die diesbezüglich vorhandenen und benötigten Handlungskompetenzen.

Um die Leserschaft an meine professionstheoretische Positionierung heranzuführen, folgt zuerst eine kursorische Übersicht zu ausgewählten professionstheoretischen Debatten. Es geht mir um die grösseren Linien und das Nachskizzieren von professionstheoretischen Ansätzen, welche dabei helfen, meinen professionstheoretischen Zugang einordnen zu können. Danach folgt die ausführliche Darlegung des ausgewählten professionstheoretischen Standpunktes, von welchem aus ich mich der Forschungsfrage und folglich dem beruflichen Verständnis in Felde der Palliative Care nähere.

In der Forschungslogik gilt es, der Empirie ihren Raum zu lassen und die Daten für sich und objektiv sprechen zu lassen. Auch wenn vorliegend hauptsächlich eine professionstheoretische Perspektive eingenommen wird, so wird trotzdem versucht, die wichtigen Diskussionen rund um die Effektivität und Nützlichkeit der Sozialen Arbeit in der Palliative Care zumindest ansatzweise im Schlusskapitel darzulegen. Denn wie sich später herausstellen wird, bieten die erhobenen Daten nicht nur viel Analysepotenzial für einen professionstheoretischen Zugang. Infolge des sich vornehmlich in Deutschland und Österreich entwickelnden Berufsprofils der Sozialen Arbeit in Palliative Care und den jüngst durch die Pandemie angestossenen internationalen und nationalen Debatten über die Effektivität von Sozialer Arbeit im Felde von Sterben und Tod zeigt sich, dass ebenso eine Analyse des Datenmaterials mit einem ökonomischen und utilitaristischen Zugang (exemplarisch Kant 1779, Bentham, 1789) angezeigt ist. Die aktuell noch offenen Aspekte betreffend des Qualitätsnachweises und der Wirkung von Sozialer Arbeit in der Palliative Care (Schumacher, 2021, S. 284 f.) sowie die Haltung nach einer gesteigerten Nutzung für die Gesellschaft, untermauern, dass diese Zugänge sich ebenfalls als ertragreich für das professionelle Handeln erweisen. Ich werde das gegen Schluss andiskutieren, der Hauptfokus bleibt auf dem professionstheoretische Zugang und dieser wird nun ausgeführt.

4.1 Kursorischer Überblick zum professionstheoretischen Potenzial der Sozialen Arbeit

Einen ersten Grundstein für die Professionalisierungsdebatte legte 1915 Abraham Flexner mit einer Keynote, welche später als Aufsatz mit dem Titel «Is Social Work a Profession?» erschien. Darin findet sich die Aussage, dass «(…) all the established and recognized professions have a definite and specific end: medicin, law, engeering – one can draw a clear line of demarcation about their respective fields» (Flexner 1915, in Knoll, 2010, S. 87). Professionen verfügen nach Flexner über eine klare Markierung (line of demarcation) und können so ihr Feld, womit das Tätigkeitsfeld gemeint ist, eingrenzen. Für die Soziale Arbeit stellt er wenige Sätze später in seiner Rede klar, dass diese sichtbare und deutliche Markierung bei ihr fehle. Diese Ansicht ist für die Soziale Arbeit in der Palliative Care aktueller denn je, da bei ihr genau diese Markierung ebenfalls (noch) fehlt.

Rund 50 Jahre nach Flexner nahm die Professionalisierungsdebatte der Sozialen Arbeit einen breiten aber auch misslichen Verlauf. Blau (2018) führt in Anlehnung an Bommes & Scherr (2000) aus, dass sich die Debatte um die Professionalisierung zwischen «Inanspruchnahme eines Selbstverständnisses als Profession, der Kritik dieses Anspruches und einer Beschreibung der Sozialen Arbeit, als ein Beruf, der sich noch im Prozess der Professionalisierung befindet» bewegt (S. 236). Überblicksmässig dazu werden seit den 1970er Jahren folgende professionstheoretische Ansätze wissenschaftssoziologisch und -theoretisch bezogen auf die Soziale Arbeit diskutiert:

Merkmals- bzw. kriteriengeleiteter, funktionsbezogener, systemtheoretischer, machttheoretischer, interaktionistischer sowie krisentheoretischer- bzw. auch bekannt als strukturtheoretischer Ansatz (Blau, 2018 S. 14 f.; Knoll, 2010 S. 69 f., Dewe & Otto, 2018). Knoll führt noch einen weiteren Ansatz ins Feld, jenen des «reflexiven Professionsansatz[es] und der Habitualisierung» (S. 99). Dieser Ansatz bezieht Argumentationen von Dewe, Ferchoff & Scherr (2002) und Bourdieu (1970) mit Fokus auf den Habitusgedanken, sowie von Oevermann (1996; 2002) mit dem Arbeitsbündnis mit ein und legt den Fokus besonders auf das Momentum der Professionalität als Metareflexivität.

Seit den 1970er Jahren wird aber nicht nur über die professionelle Verortung der Soziale Arbeit theoretisch nachgedacht wird, sondern es werden immer wieder Vergleiche mit anderen Professionen, vornehmlich der Rechtswissenschaft und der Medizin, als Grundlage herangezogen werden, um Soziale Arbeit als Profession zu beweisen bzw. ihr diesen Status abzuerkennen. Etzioni (1969) legt dar, dass Soziale Arbeit als «Semi-Profession» gilt, weil sie nicht alle Merkmale erfülle, die zu einer Profession gehören würden. Er reiht sich damit einerseits in eine Argumentationsschiene ein, die später auch von Schütze (1992) und Dewe & Otto (2018) ansatzweise vertreten wird. Schütze spricht von sog. «bescheidenen und stolzen» Professionen und bezeichnet die Soziale Arbeit als «bescheidene Profession» (1992). Die Medizin sowie die Rechtswissenschaft werden als sog. «höhere Professionen» bzw. «old-established-professions» (Dewe & Otto, 2018, S. 1199) betitelt. Diesen Professionen wird ein hoher Status verbunden mit grösserem beruflichem Ansehen und weitgehendster Autonomie in ihrem Handlungsfeld zugeschrieben, weshalb sie argumentativ vielfach als Kontrastierungsfolien für die Soziale Arbeit dienen und teils dafür sorgen, dass theoretische Diskussionen in End- oder Deprofessionalisierungsdebatten für die Soziale Arbeit müden. In Anlehnung an Dewe & Otto (2018) kann hier angemerkt werden, dass diese «old established-professions» die Bedingungen, unter denen sie ihre «Relevanzkriterien» für ihr Handeln und Wirken realisieren, internalisiert haben, ohne diese kritisch zu hinterfragen (S. 1198).

Ebenso zeigt sich, dass in den letzten Jahrzehnten der öffentliche Diskurs um die Soziale Arbeit so weit geführt wird, dass einerseits von einer Minderwertigkeit des Berufes an sich und des Berufsbildes spricht, welcher teilweise auch durch eine Selbstdemontage von Seiten der Sozialarbeitenden ausgeht. Andererseits wird von einer starken, sich stetig noch mehr etablierenden Anerkennung und Wertschätzung der Sozialen Arbeit gerade für neuere Handlungsfelder und diesbezüglichen Zielgruppen gesprochen. So z.B für Menschen mit einer Beeinträchtigung, suchtabhängige Personen, traumatisierte und psychisch belastete Kinder und Jugendliche (Mühlum 1996, S. 115) oder für ältere und alte Menschen (Meyer, 2019). Besonders das Alter und das Lebensende im Alter werden immer stärker als professionell gestalt- und bearbeitbare Lebensphase anerkannt (Stadelmann & Kessler, 2021). In dem Sinne erlagt die Soziale Arbeit eine immer stärkerer Relevanz in gewissen Gebieten und dort auch für die gesellschaftliche Problembearbeitung.

Schütze, welcher später als ein favorisierter Zugang von mir behandelt wird, spricht der Sozialen Arbeit, im Gegensatz zu Etizioni, klar ein Potenzial zur Professionalisierung zu. Etizioni verbleibt bei seinem merkmalsorientierte Professionsmodelle und stellt spezifische und herausragende Merkmale in das Zentrum, über welche eine Profession verfügen bzw. nach welchen sie auch handeln muss. Knoll (2010) führt die gesamte Merkmalsliste mit 14 Punkten im Detail aus.Footnote 1 Im Folgende nur eine Auswahl von sechs Punkten:

  1. (1)

    Grundlage ist eine theoretische, wissenschaftlich fundierte Ausbildung

  2. (2)

    wissenschaftliches, systematisches Fachwissen wird mittels spezieller Verfahren vermittelt und angeeignet

  3. (3)

    ein abgegrenztes Handlungsproblemfeld, das eine herausragende Bedeutung für die Gesellschaft hat und mit eigenen fachlichen Standards bearbeitet wird

  4. (4)

    professionelles Handeln ist nicht standardisierbar

  5. (5)

    Professionsautonomie ohne Weisung durch andere Berufe

  6. (6)

    hohes soziales Ansehen

Jeder Beruf muss die genannten sechs und die neu weiteren Merkmale aufweisen, um im merkmalsorientierten Verständnis als Profession zu gelte (2010, S. 89–90). Die nun von mir genannten Merkmale sind schwierig bis gar nicht für die Soziale Arbeit auszumachen. Ihr deswegen des Statuts als Profession abzusprechen, greift aber deutlich zu kurz und das möchte ich betonen. Exemplarisch seien die Punkte (6) und (12) genannt: Die Soziale Arbeit hat aufgrund ihrer Zielsetzung, einen gelingenden Alltag für ihre Klientel herzustellen bzw. diese zu einem solche hinzuführen und in der Bewältigung zu unterstützen, verschiedentlich in einen Dialog mit anderen Berufen wie der Medizin, Psychologie oder der Rechtswissenschaft bis hin zur Gesellschaft als solcher, womit v. a. normative Vorstellungen gemeint sind, zu treten. In diesem Dialog, welcher durchaus spannungsreich sein darf, kann es zu An- und Zuweisungen durch andere Berufsgruppen kommen. Müller (2012) zeigt hierzu nachvollziehbar auf, weshalb merkmalsorientierte Professionsmodelle sich nicht zur Bestimmung von Professionen wie jene der Sozialen Arbeit eignen. Er führt trefflich aus, dass diese zu deskriptiv sowie theoretisch wenig fundiert sind und die gesellschaftliche Bedeutung der Entwicklung von Professionen nicht ausreichend zu erklären vermögen (S. 957). Für die Soziale Arbeit ist aber die gesellschaftliche Komponente von immenser Bedeutung, denn sie fusst auf einem reflexiven Verhältnis zur Gesellschaft und zum Staat und zu den diesbezüglichen Entwicklungen. Sie braucht diese Kontextualisierung und wie vorliegend auch ersichtlich wird, sie braucht diese gesellschaftliche Komponente auch im Bereich der Palliative Care.

In die gleiche Epoche wie das Merkmals- gehört auch das Expertenmodell. Dieses vielfach für die Soziale Arbeit kritisierte Modell greift zwar zu kurz, denn es setzt Professionalität mit Expertentum gleich (Müller, 2012, S. 956). Dadurch, dass Menschen in einer Gesellschaft auf spezifisches Wissen und deren Dienstleistungen angewiesen sind, wird dieser Konnex auch begründet und auf den ersten Blick nachvollziehbar. Soziale Berufe können sodann auch von Expertinnen und Experten ausgeführt werden, doch ihnen ist eine spezifische Reflektiertheit des Wissens immanent, denn es gilt, sich mit ungewissen und unbestimmten Problemen auseinanderzusetzen. Blau führt hier in Anlehnung an Schützeichel (2007) aus, dass diese Probleme in ihrer Sozial-, Sach- und Handlungsdimension unbestimmt, komplex und nicht zwingend routiniert und standardisiert ablaufen (S. 13 bzw. S. 567). Aber genauso könnte man wie folgt argumentieren: Das Expertenmodell ermöglicht, sich der Diskussion rund um Professionsautonomie zu stellen und diese mit einer weiteren Perspektive anzureichern – nämlich jener der Positionierung in einem Feld mit der Orientierung am eigenen Expertinnen- bzw. Expertenstatus, welcher ursprünglich anderen (Leit-)Professionen zugeschrieben wird.

Ein weiterer Ansatz, als jener über die Merkmale oder den Expertenstatus findet sich über die Darlegung von methodischen Vorgehensweisen. Die Supervision als professionelles Reflexions- und Kontrollgefäss, die Lebensweltorientierung (Grunwald & Thiersch, 2011) sowie die Biografiearbeit (Miethe, 2017) gelten als essenzielle Methoden, welcher sich die Soziale Arbeit systematisch bedient und was ihr eigentlich zu einer starken professionellen Anerkennung verhilft. Motzke spricht hierbei von Praxistheorien, zu welcher sie zusätzlich noch das Case-Management und die klientenzentrierte Gesprächsführung zählt (2014, S. 54). Folglich verfügt die Soziale Arbeit eigentlich über eine Exklusivität hinsichtlich ihres Handlungsbereichs, was ihre Anerkennung als Profession rechtfertigt. In den 1980er und frühen 1990er Jahren begannen sich die professionstheoretischen Diskussionen deshalb auf das Wirken und Tun von Seiten der Sozialen Arbeit zu konzentrieren. Dewe & Otto sprechen davon, dass das zentrale Thema nun die «Qualität der Zuständigkeit» und nicht mehr die «Exklusivität der Zuständigkeit» sei (2018, Hervorhebung im Original, S. 1195). So gewinnen strukturtheoretische und interaktionistische Ansätze an Bedeutung, denn diese fokussieren auf mögliche und zu realisierenden Handlungsspielräume und -möglichkeiten. Die «Logik sozialarbeiterischen Handelns» (Knoll, 2010, S. 88) und damit die Praxis und die verschiedenen Handlungsfelder rückten in das Zentrum. In diese Zeit sind die theoretischen Arbeiten von Schütze (1992/1996) und Oevermann (2002, 2009) einzuordnen. Sie sprechen beide von einem Orientierungs- und Handlungsbereich und das dort die Soziale Arbeit « (…) wissenschaftlich als auch praktisch ausgebildete Berufsexperten gesellschaftlich lizenzierte Dienstleistungen für ihnen per gesellschaftlichem Mandat anbefohlene Klienten bzw. Abnehmer […]» (1992, S. 135) erbringt. Lizenz und Mandat erhalten im interaktionistischen Ansatz wesentliche Bedeutung, denn über das Mandat bekommen die Professionen die Definitionsmacht über ihre Sachverhalte und Dienstleistungen in ihrem Bereich. Unter Lizenz wird die formale Berechtigung verstanden, Handlungen auszuführen, die an eine Fachausbildung geknüpft sind (Blau, 2018, S. 19). In Anlehnung an Blau (2018), welche sich auf Motzke (2014) bezieht, bedeutet das weiterführend:

Mit dem Fokus auf diese ausgewählten professionstheoretische Zugänge rückt die innere Logik des professionellen Handelns in das Zentrum (S. 27). In dem den Professionellen die Möglichkeit geboten wird, über ihre Tätigkeiten und über ihre eigene Idee des Tätigseins zu sprechen, steht das professionelle Handeln im Zentrum – und auf dieses Wirken sollen verschiedene, aber nicht willkürliche professionstheoretische Perspektiven gelegt werden. Der strukturtheoretische Ansatz setzt, wie später im Detail beschrieben wird, auf die stellvertretende Deutung von Krisen und deren Bewältigung durch Professionelle. Der interaktionistische Ansatz fokussiert die Anforderungen des professionellen Wirkens in vorhandenen Strukturen – und unter diesem Gesichtspunkt kann professionelles Handeln auch, wie Schütze (1992) es formuliert, sog. «Paradoxien» unterliegen, die es mit besonderer Sensibilität anzugehen gilt. Nebst diesen beiden Ansätzen bekommen auch das Wirken und Tun von Seiten der Sozialen Arbeit in den 1990er Jahren ein Gewicht. Diese orientieren sich an einem Dialog zwischen der Klientin bzw. dem Klienten und der Fachperson selbst. Dieser Dialog, welcher sich auch unter dem Stichwort «Beziehungsarbeit» manifestiert, bedarf eines fachlichen und wissenschaftlichen, aber zugleich ebenso eines empathischen und – wo möglich – nicht standardisierbaren Vorgehens und Verstehens. Die Verbindung zwischen Fachlichkeit bzw. Theorie und Praxis bekommt sodann im «reflexiv habituisierenden Professionsansatz» ein grösseres Gewicht und ist an die Erwartung geknüpft, dass die Agierenden in ihrem Handlungsfeld eine «fachliche Haltung» haben müssen (Knoll, 2010, S. 101; Otto & Dewe, 2011b).

Fast parallel, jedoch, wie sich heute herausstellt, mit deutlich grösseren Folgen für die aktuelle Professionsdebatte der Sozialen Arbeit, verfolgte Staub-Bernasconi in den 1990er Jahren erstmals ihre Argumentation, dass Soziale Arbeit, gerade weil sie aus den sozialen Bewegungen in Not- und Krisenzeiten entstanden sei, und die vorherrschenden gesellschaftlichen Strukturen hinterfrage, sich als Menschenrechtsprofession verorten lasse. Das Credo «Entstehen von sozialer Gerechtigkeit durch professionelles Tun» (1995, S. 67) lässt sich, so Staub-Bernasconi, nur dann verwirklichen, wenn generelle und spezielle Fachkompetenzen der Sozialen Arbeit immer im Lichte der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen betrachtet werden. Die Soziale Arbeit verfügt demnach über einen zentralen Auftrag, nämlich als «Menschenrechtsprofession» die Wahrung, aber auch die Durchsetzung der Menschenrechte für die Gesellschaft. Diesen Auftrag kann und muss sich die Soziale Arbeit selbst geben, sie muss nicht warten, bis «ihr nationale oder lokale Auftraggeber die Legitimation zum Denken und Handel geben» (ebd., S. 68). Die dazu nötigen wissensbasierten Handlungstheorien und -praktiken hat sie entsprechend selbst zu entwickeln. Staub-Bernasconi zeigt hiermit einerseits deutlich auf, dass die Soziale Arbeit ohne Platzanweisungen auskommt bzw. sich diese selbst geben kann und andererseits orientiert sie sich, so deutet ich dies, an einem reflexiven Professionsverständnis. Das wiederum kann vorliegend insbesondere in Verbindung mit dem «reflexiv-habituisierenden Professionsverständnis», wie es Knoll (2010) und auch Otto & Dewe (2011) favorisieren, verbunden werden.Footnote 2 Auf den strukturtheoretischen bzw. krisentheoretischen Professionsansatz nach Oevermann (2009; Parsons 2005) sowie den interaktionistischen Ansatz nach Schütze (1992) wird vorliegend detailliert Bezug genommen, ebenso auf den in der Professionsforschung von Knoll benannten reflexiv-habitualisierenden Ansatz (2010). Mit dieser Auswahl wird sich an Dewe & Otto orientiert, die davon ausgehen, dass mit diesen Ansätzen eine «Differenzierung und zugleich eine Empirisierung» der Professionsdebatten gegenständlicher und reflexiver zu untersuchen seien (2018, S. 1191).

Vorliegend wird somit nicht eine theoretische Positionierung im Professionalisierungsdiskurs eingenommen, von der aus den Analysen getätigt werden, sondern es werden ausgewählte professionstheoretische Positionierungen verbunden. Dieses eklektische Vorgehen (Zierer, 2009, S. 929, Wipert, 2001) kann ein ambitioniertes Wagnis seinFootnote 3, denn das Vorgehen bildet Denk-, Arbeits- und zugleich Vorgehensweise in einem. Das ich das nicht alles leisten kann, soll hier betont werden. Doch ich habe mich bezogen auf die Auswahl geeigneter Professionstheorie eklektisch orientiert: Nach Prüfung von verschiedenen Inhalten oder Teilen bzw. Auszügen davon wurde eine Auswahl getroffen und diese miteinander verbunden. Das Zusammentragen von verschiedenen Ideen und Positionen birgt die Gefahr, sich in den späteren Analysen des Datenmaterials schwieriger festlegen zu können und verschiedene Lesearten zuzulassen. Genauso kann jedoch argumentiert werden, dass dieses Vorgehen sich für Handlungsfelder, die für die Soziale Arbeit noch von jüngerer Existenz sind, starke Inter- und Multiprofessionalität besitzen und strukturell noch nicht gefestigt sind, anbietet. Das vorliegend ausgewählte Arbeitsfeld der Palliative Care, welches die psychosoziale Begleitung und Betreuung von Menschen am Lebensende in das Zentrum stellt, erfüllt diese Beschreibung. Zudem kann mit dem Vorgehen dem Umstand besser Rechnung getragen werden, dass über die theoretischen Zugänge auch genügend interpretativer Raum geschaffen wird, welcher für eine fachliche Diskussion um das Ergründen und Explizieren des beruflichen Handelns nötig ist. In Anlehnung an Zierer (2009), welcher Eklektizismus argumentativ mit hermeneutischem Vorgehen gleichsetzt, zeigt sich zudem gut, dass gerade in den Sozialwissenschaften diese Methode bezogen auf theoretische Erörterungen weiterverbreitet ist, als angenommen wird. Ferner wird vorliegend mittels der dokumentarischen Methode rekonstruktiv und deutend gearbeitet (Nohl, 2017), was ebenfalls als weiteres Indiz für eine deutenden Positionierung ist. Nach dem soeben aufgeführten Überblick zum Potenzial von Professionstheorien gilt es nun, die theoretische Fokussierung auf die auserwählten professionstheoretischen Ansätze zu erläutern.

4.2 Strukturtheoretischer und interaktionistischer Ansatz als favorisierte Zugänge

Wie in der Einleitung ersichtlich, liegt das Erkenntnisinteresse auf der Rekonstruktion des professionellen Handelns und auf dem Selbstverständnis von im Feld tätigen Fachpersonen der Soziale Arbeit in Palliative Care. Nachfolgend werden auch die professionstheoretischen Positionen dargelegt, welche mit einem Fokus auf das berufliche Handeln einhergehen. Denn das Handeln an sich und das Handeln-Können haben nicht nur einen Einfluss auf die professionelle Identität, sondern ebenso darauf, wie Fachpersonen der Sozialen Arbeit ihren Tätigkeits- und Wirkungsbereich selbst beschreiben und somit sich auch zu ihrem beruflichen Selbstverständnis äussern.

Für die vorliegende Forschung bedarf es eines professionstheoretischen Zugangs, welcher auf Vorgehensweisen, Handlungen und zu erbringenden Leistungen im Handlungsfeld abstellt und die Rekonstruktion von Begründungen und Handlungsmustern zulässt. Wie Knoll (2010) in Anlehnung an Schütze (1992) bezogen auf Professionstheorien formuliert, bietet ein professionstheoretischer Zugang «Aufschluss darüber (…), wie die Komponenten konkreter Professionalität in direkten Kernaktivitäten und Handlungssituationen rekonstruktiv zu thematisieren sind» (S. 88). Dabei ist es das Ziel, herauszufinden, ob in unterschiedlichen «Handlungs- und Berufsfeldern der Sozialarbeit eine spezifische Einheit im sozialarbeiterischen Handeln ausgemacht werden kann» (ebd. 89). Da vorliegend für das Handlungsfeld der Palliative Care das spezifische berufliche Handeln für die Soziale Arbeit aus Sicht der Fachpersonen selbst näher bestimmt wird, braucht es Überlegungen aus den bisherigen professionstheoretischen Debatten und eine Festlegung, welcher professionstheoretischer Zugang wohl am anschlussfähigsten ist. Wie bereits erwähnt, sind Dewe & Otto (2018) der Meinung, dass es bei professionstheoretischen Diskursen nicht nur um das Belegen der Zuständigkeit einer Profession für bestimmte Tätigkeiten, sondern um deren Qualitäten der Zuständigkeit gehen muss. Das Agieren einer Fachperson in einem Feld und die dort vorhandenen strukturellen bzw. institutionellen Rahmenbedingungen gewinnen an Bedeutung und Einfluss. Daraus folgt, dass nun auch die Logik und Binnenstruktur «sozialpädagogischen Handelns im Spannungsfeld von allgemeiner Wissensapplikation und Fallverstehen» gewichtig werden (S. 1195). Dieses Spannungsfeld führt zu den von Schmidt (2008) in Anlehnung an Parson dargelegten Paradoxien. «Handlungsanforderungen und – ziele sind in Widersprüche verstrickt, welche – aufgrund ihres strukturellen Charakters – nicht auflösbar, wohl aber bewältigbar sind» (Hervorhebung im Original, S. 844). Die in der Praxis Tätigen sind mit diesen Paradoxien konfrontiert und müssen damit umgehen – und das wirkt sich auf das professionelle Handeln aus. Aus den bekannteren professionstheoretischen Ansätzen kommen für die vorliegenden Forschung der strukturtheoretische (Oevermann) sowie der interaktionistische (Schütze) Ansatz in Frage. Beide stellen eine Handlungsorientierung in der Praxis in den Vordergrund – und um diese geht es mir.

Die strukturtheoretische Professionstheorie nach Parsons (1968) ist vorliegend als Grundlage zum strukturtheoretischen Zugang zu lesen. Denn Parson stellt die Frage ins Zentrum, welche Aufgaben ein bestimmter Beruf übernimmt. Ist dieser in der Gesellschaft relevant und wenn ja, welche Funktionen werden, nur durch diesen Beruf ausgeübt bzw. welche «Funktionen werden durch dessen Professionalisierung sichergestellt?» (Knoll, 2010, S. 90 in Anlehnung an Parsons). Parson geht somit von einem in der Gesellschaft vorhandenen Bedürfnis nach Spezialistinnen und Spezialisten aus, welche bestimmt Aufgaben bzw. Funktionen über ihr Handeln wahrnehmen, die von Individuen nicht selbst ausgeführt werden können. Wie später Schütze (1984/2021) fokussiert sich auch Parson auf Personen, welche spezifische Aufgaben oder eben Funktionen ausüben, was ihnen eine Relevanz verleiht. Ebenfalls wird dann der Profession durch die Gesellschaft selbst eine sog. «Professionsautonomie verliehen, die mit eigenen Organisationsstrukturen (z. B. Kammern, Berufsverbände) sich selbst mittels Aus- und Weiterbildung, Berufsethik mit Standesgerichten kontrollieren und so in der Gesellschaft Integrität und Fachkompetenz zusichern soll» (ebd., 2010, S. 91). Parsons strukturfunktionalistischer Ansatz kommt – zumindest auf den ersten Blick – ohne machttheoretische Positionierung aus. Im Fokus steht, dass eine Profession nachweisen kann, dass sie eine zentrale Funktion für bzw. in der Gesellschaft einnimmt, die von keiner anderen Profession so eingenommen werden kann und in Anlehnung an Knoll «ohne die das Funktionieren dieser Gesellschaft nicht mehr sichergestellt werden kann» (2010, S. 91). Eine Profession mehrheitlich oder nur über die wahrgenommene Funktion zu definieren, hat auch Klüsche (1990) versucht. Für ihn übernimmt die Soziale Arbeit verschiedene Dienste, die entweder «soziale Stützfunktion», «Kriseninterventionsfunktion» oder «Erziehungsfunktion» bezeichnet werden können (S. 51). Als abschliessend sei die Aufzählung nicht zu verstehen, führt Klüsche weiter aus, womit er meint, dass weitere Funktionen hinzukommen können. Wendt kritisiert, dass keine einzelne Funktion von Klüsche als identitätsstiftendens Merkmal betrachtet werden kann (1995, S. 22), womit er nicht ganz unrecht hat. Auch die Psychologie beispielsweise übernimmt Kriseninterventionsfunktion, wenngleich auf einer therapeutischen und eben nicht psychosozialen Ebene. Besonders in der heutigen Zeit ist die Frage der Macht und damit auch des Einflusses für ein bestimmtes bzw. in einem bestimmten Wirkungsfeld für eine Profession zentral. Es wird nicht nur danach gefragt, welche Rolle und damit welche Funktion eine Profession einnimmt, sondern ob sie einen Einfluss auf das gesamte Gesellschaftssystem hat – und ob sie diesen Einfluss auch beweisen und so für sich reklamieren kann (Knoll, 2010, S. 92). Gelingt es einer Profession, eine Machtposition für sich zu definieren und einzunehmen, gelingt es dieser Profession auch, sich Einfluss auf gesamtgesellschaftliche Bereiche zu sichern. Wie sich später zeigt, spielen Machtpositionierungen im Feld der Palliative Care eine bedeutendere Rolle, insbesondere, wenn es um die Akzeptanz der Begleitung und auch der damit in Zusammenhang stehenden zu bewältigenden Aufgaben am Lebensende geht. Die Medizin ist im Felde der Betreuung sterbenskranker Menschen eine unumstrittene Profession und hat sich nebst einem Wissensvorsprung ebenfalls eine gesellschaftlich akzeptierte Machtvorstellung gesichert. Diese schwindet auch nicht, sondern, im Gegenteil, mündet gar teils noch immer in ein Monopol der Zuständigkeit (ebd., 2010, S. 93). Parson kann somit, gerade wenn es um das Verhältnis zwischen der Medizin und der Sozialen Arbeit im Handlungsfeld der Palliative Care geht, herangezogen werden, doch um das professionelle Handeln gegenständlicher zu beschreiben, reichen seine Position nicht aus.

Oevermann (2009/1996), welcher sich auf Parson bezieht, priorisiert die Praxis bzw. die Handlungspraxen der Fachpersonen. Er geht damit einen wesentlichen Schritt weiter in Bezug auf das alltägliche Tätigsein. Motzke führt aus, dass das Professionalisierungsmodell nach Oevermann als das einflussreichste für die Soziale Arbeit bezeichnet werden kann (2014, S. 203), womit sie nicht unrecht hat. Oevermann verfolgt den Ansatz, die dem professionellen Handeln innewohnenden Elemente und die Struktur dahinter zu thematisieren. Es geht nicht darum, die Funktion, Vorgehensweisen oder Methoden, wie es Parson macht, zu fokussieren, sondern, wie es Olk (1986) in Anlehnung an Oevermann formuliert, «die widersprüchliche Einheit von universalisierter Regelanwendung auf wissenschaftlicher Basis einerseits und hermeneutischem Fallverstehen andererseits» (S. 24) zu ergründen und später zu etablieren. Übersetzt werden kann das wie folgt: Einerseits gibt es Regeln bzw. allgemeine Grundsätze, welche wissenschaftlich geprüft sind und generell ihre Gültigkeit entfalten und wichtig sind. Andererseits sind ein fallspezifisches Verstehen und Vorgehen dem Handeln immanent. «Es geht hier also sowohl um das Verallgemeinerte der Theorie als auch um das Konkrete der Lebenspraxis» (Knoll, 2010, S. 95). Oevermann stellt damit die Strukturlogiken von professionellem Handeln in den Mittelpunkt (1996, S. 71). Ausgangspunkt für ihn bilden Krisen, welche vom Individuum nicht mehr selbst bewältig werden können und die sodann an Professionelle zur Bearbeitung delegiert werden. Oevermann (2013, S. 125) differenziert dabei drei sog. «Foci», womit er Gründe meint, welche überhaupt erst zur Delegation der Krisenbewältigung führen. Einer dieser Foci bzw. ein Funktionsfokus lässt sich besonders gut auf das Arbeitsfeld der Palliative Care transferieren (Abbildung 4.1).

Abbildung 4.1
figure 1

Auszug eines Funktionsfokus für die professionelle Bearbeitung von Krisen (vgl. Oevermann, 2013, S. 125)

Der Fokus Aufrechterhaltung- und Wiederherstellung liefert eine Struktur, welche sich im Dilemma um «Hilfe und Kontrolle» manifestiert (Motzke, 2014, S. 204). Ein Arbeitsbündnis zwischen Klientel und Professionellen ist geprägt von diesem Dilemma, sich zwischen Hilfestellungen und Kontrollmechanismen und Kontrollanwendung zu bewegen. Ein für die Soziale Arbeit besonders herausfordernde Situation, zumal bei ihr auch gewisse Leistungen von immaterieller Wertigkeit vorhanden sind und es somit nicht einfach wird, zwischen Hilfeleistung und Kontrolle zu unterschieden. Eine Hilfeleistung kann sein, die «leibliche und/oder psychosoziale Integrität» wiederherzustellen, aufrechtzuerhalten oder zu erzeugen (Oevermann, 2009, S. 118 und Motzke, 2014, S. 94). Diese passt zur Profession der Medizin genauso wie zur Sozialen Arbeit. Beide haben das Ziel der Wiederherstellung der Autonomie in der Lebenspraxis der Klientel (ebd., 2014). Allerdings differenzieren sich die beiden Professionen in ihren Vorgehensweisen zur Bewältigung der Krisen, was sodann auch ihr je spezifisch professionelles Handeln ausmachen soll. Die spezifische Vorgehensweise von Seiten der Sozialen Arbeit zeigt sich in den jeweilig vorhandenen Problemlösungstypen (Nagel, 1997, S. 52, in Anlehnung an Oevermann,1996).

Die Klientel ist aufgrund von aktuellen oder bereits länger andauernden Krisen nicht mehr selbst in der Lage, nach eigenen Problemlösungen zu suchen und/oder Lösungen auch umzusetzen. Für dieses Vorgehen hat sich bei Oevermann der Ausdruck «stellvertretende Deutung» manifestiert.Footnote 4 Es geht damit um eine Vermittlung zwischen Wissenschaft und Praxis bzw. Lebenspraxis – und mit der stellvertretenden Deutung wird diese Vermittlung, wie Knoll ebenso ausführt, für das professionelle Handeln konstitutiv (2010, S. 95). Allgemeines und zugleich Individuelles müssen sich aufeinander beziehen können. Die Soziale Arbeit versucht stets, die Lebenswelt ihrer Klientinnen und Klienten zu verstehen und in eine Fachsprache zu transferieren und somit das Individuelle anzugehen sowie zugleich die vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse und Expertisen in die Lebenswelt ihrer Klientinnen und Klienten zu übertragen. Dabei müssen einerseits fachspezifisches Handeln und Wissen, aber ebenso wissenschaftlich überprüfbare Vorgehen und auch fallübergreifende Vorgehensweise beachtet werden. Andererseits bedarf es nicht standardisierter, wo möglich auch nicht routinierter Vorgehensweisen, um die Probleme zu lösen (Oevermann, 2009, S. 115 f.; Motzke, 2014, S. 94–95).

Die spezifischen Vorgehensweisen für eine Profession realisieren sich im Arbeitsbündnis, welches Oevermann als Kern des professionalisierten Handels ansieht (1996, S. 115) und das Klient bzw. Klientin sowie Professioneller bzw. Professionelle gemeinsam eingehen. In diesem Bündnis realisieren sich Handlungen, aber eben auch spezifische Handlungsproblematiken. Dadurch, dass die Soziale Arbeit sich mit Krisen, deren Deutungen sowie mit verschiedenen Lösungsmöglichkeiten und natürlich verschiedenen Zielgruppen auseinandersetzt und sodann auch Entscheidungen fällen muss, steht sie ständig in einem Dilemma, was ihre professionellen Handlungen, Zielsetzungen und die Bedürfnisse der Klientel anbelangt. Für Oevermann lässt sich dieses Dilemma über die stellvertretende Deutung lösen, indem die Professionellen ein Verstehen anwenden, was über das reine Fallverstehen hinausgeht und gleichzeitig empathie- und abstraktionsfähig bleibt (Knoll, 2010, S. 96). Die Anforderungen sind komplex, doch gerade diese lassen bilden wesentliche Abgrenzungsmerkmale von der Profession der Medizin.

Genau diese stellvertretende Deutung und das damit nötig werdende regelgeleitet Verhalten basierend auf Wissen und Kompetenzen von Seiten der Sozialen Arbeit in Kombination mit einem Fallverstehen sorgt dafür, dass Oevermanns Modell wichtige Grundlagen für die Professionalisierung der Sozialen Arbeit liefert.Footnote 5 «Die stellvertretenden Deutung ist eine, wenn auch eine ganz zentrale Kernaktivität der Sozialen Arbeit» (1992, S. 133, hervorgehoben im Original) so formuliert es Schütze. Da Oevermann wie auch ich in meiner Forschung das alltägliche Handeln ins Zentrum stellen, nehme ich seine Position als Basis und reichere diese mit jener von Schütze an, welcher das professionelle Handeln und die damit verbundene Interkation verbindet.

Schütze spricht von sog. unaufhebbaren Dilemmata, welche sich auch als professionelle Paradoxien lesen lassen (Schütze, 2021, S. 242). Im Grunde hat sich jede Profession mit Paradoxien bezogen auf das professionelle Handeln zu befassen. Definieren lassen diese sich nach Schütze (2021, 2000 sowie in Anlehnung an Riemann 2000 und Gildemeister 1983) wie folgt:

«Professionelle Paradoxien sind unaufhebbare Schwierigkeiten bzw. Dilemmata des Handelns in professionellen Arbeitsbereichen, die auf diesem Handeln innewohnenden, widerstrebenden, sachlogischen Anforderungen beruhen». (2021, S. 242)

Die Fachpersonen der Sozialen Arbeit sind in ihrer Praxis oftmals damit konfrontiert, Prognosen oder Handlungspläne, wie auch Strategien zur Bewältigung der Problemlagen ihrer Klientinnen und Klienten, auf vager bis unsicherer «empirischer Basis» zu formulieren. Es ist nicht zweifelsfrei möglich, Verhaltensweisen oder Entwicklungspotenziale von Klienten im Detail abzuschätzen. Daraus folgert Schütze, dass die Paradoxien nicht aufgehoben, aber umsichtig bearbeitet werden können (2021, S. 243). Nicht nur die Soziale Arbeit hat mit solche du weiteren Paradoxien und unsicherer Prognosen zu kämpfen, sie ist aber in besonderem Masse betroffen, da sie in ihrer alltäglichen Praxis oft «gezwungen ist, eine Prognose auf schwankender empirischer Basis zu formulieren» (ebd., 2021, S. 243) und Lösungsansätze abzuleiten. An dieser Stelle sei bereits erwähnt, dass im Feld von Sterben und Tod Prognosen gegenüber Klientinnen und Klienten besonders grossen Schwankungen unterliegen. Tagtägliche Unsicherheiten in der Begleitungsdauer, ständiges hin und her bezogen auf den Entscheid Intervention oder Zurückhaltung sowie das Anwenden von Routineverfahren versus Handlungssensibilität für den Einzelfall, sind an der Tagesordnung. Diese wie auch weitere Paradoxien zählt bezüglich des Wirkens der Sozialen Arbeit auf (ebd., 2021, S. 244). Welche Paradoxien sich im professionellen Handeln von Seiten der Sozialen Arbeit in der Palliative Care finden lassen, dazu soll die vorliegende Forschung einen Beitrag leisten.Footnote 6

Wichtig zu erkennen ist, dass die Soziale Arbeit durch ihre zahlreichen Paradoxien veranlasst wird, ihre Reflexionsfähigkeit in Form von Supervision voranzutreiben (2021, S. 242). Schütze – als Vertreter des interaktionistischen Ansatzes – kann somit bereits jetzt als weiterer gewinnbringender professionstheoretischer Zugang angesehen werden, da er nicht nur das Benennen von Paradoxien in den Vordergrund stellt, sondern ebenso das vielschichtige und selbstkritisch bearbeiten ebendieser.

Bei Schütze verfügen Professionen über einen definierten «Orientierungs- und Handlungsbereich» (1992, S. 135). Zu diesem Bereich gelangen die Berufsgruppen, indem sie eine bestimmte Dienstleistung erbringen, für die sie eine Lizenz und ein Mandat erhalten. Letzteres erhalten sie, wenn die Dienstleistung an bestimmten Menschen erbracht werden und sie dafür über die Eingangsvoraussetzungen, wozu eine spezifische Ausbildung gehört, verfügen. Die Lizenz wird verliehen, wenn nachgewiesen werden kann, dass für die Dienstleistung, welche erbracht wird, ein abgrenzbarer Orientierungs- und Handlungsbereich besteht. Dieser wird mit der Gesellschaft und anderen Handlungsbereichen ausgehandelt (1992, S. 132). Als Beispiel: Ein Arzt bzw. eine Ärztin hat den Auftrag, Dienstleistungen für die Gesundheit an der Bevölkerung zu erbringen. Dafür bekommt er bzw. sie von der Gesellschaft eine Lizenz, z. B. eine Praxis zu gründen, und mittels Mandats werden ihm bzw. ihr die Patientinnen und Patienten anvertraut (Knoll, 2010, S. 97). Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, dass Schütze der Sozialen Arbeit zuschreibt, dass sie keine «stolze Profession», dafür eine mit hohen Professionalisierungschancen sei. Etwas abschätzig nennt er sie in einem Aufsatz 1992 «bescheidene Profession» und formuliert: «Den Grund dafür sehe ich in den Paradoxien, welche «sich in der Sozialen Arbeit zu «besonders hartnäckigen und Handlungs- und Interpretationsproblemen» entwickeln können (Knoll, 2010, S. 98, zit. nach Schütze, 1992, S. 137). In seiner Positionierung nimmt die Soziale Arbeit einen (noch) nicht vollständig autonomen und eigens kontrollierbaren Sinnbezirk ein. Sie hat jedoch ein Mandat und eine Lizenz für die Problembearbeitung und orientiert sich an berufsethischen Grundlagen. Zudem ist die Soziale Arbeit auch von sozialstaatlichen Rahmenbedingungen geprägt und abhängig, wenn sie ihren Aufgaben und der Problembearbeitung nachgeht. Sie kann sich davon nicht freisprechen und hat Leistungen zu erbringen, über welche andere Instanzen entscheiden (Blau 2018, S. 27 in Anlehnung an Müller 2012, S. 961). Auch des kann dazu führe, dass das Bearbeiten von Paradoxien erschwert ist. Die Soziale Arbeit muss sich dabei nicht davon lösen, staatliche Aufgaben zu übernehmen. Sie begibt sich damit auch nicht zwingend in ein Abhängigkeitsverhältnis, sondern sorgt eher dafür, dass das System der Sozialstaatlichkeit auch funktioniert.

Was nun aber noch weiter auffällt ist, dass im Zusammenhang mit der Interaktion und dem Erbringen von lizenzierten Dienstleistungen sowie der Mandatierung dafür an das professionelle Handeln selbst hohe Ansprüche gestellt sind. Damit Fallverstehen und Wissensapplikation gleichzeitig und zielführend passieren kann und die Adressatinnen und Adressaten davon auch profitieren können, braucht es nicht nur ein professionelles Agieren, sondern auch eine Haltung, die sich diesen Umständen bewusst ist. Ein Weg dafür kann in der ständigen «Selbstvergewisserung und Selbstreflexion» (Schütze, 1992, S. 163) gesehen werden. Professionelles Handeln und fachliche Haltung erhalten so einen Konnex. Diesen Konnex nehme auch ich vorliegend zum Anlass, um meine bisherige theoretische Position, welche aus der Verbindung von struktur- und interaktionstheoretischen Ansätzen besteht mit einer weiteren professionstheoretischen Perspektive anzureichern.

4.3 Reflexiv-habitueller Ansatz als ergänzender Zugang

Es wurden bereits ein strukturtheoretischer sowie ein interaktionistischer Professionsansatz skizziert. Beide liefern bezogen auf das professionelle Handeln wegweisende Eckwerte, um dieses gegenständlicher sowie auch professionstheoretischer zu fassen. Die gewählte Fragestellung soll wird damit mit der «stellvertretenden Deutung» (Oevermann, 1996) und den «Paradoxien» (Schütze, 2021) des sozialarbeiterischen bzw. sozialpädagogischen Handelns bearbeitet. Der Leserschaft könnte somit der Gedanke kommen, mittels der dargelegten professionstheoretischen Perspektiven liessen sich nachfolgend das Datenmaterial und die Fragestellung ausreichend beantworten. Das ist korrekt, wenn der Fokus in erster Linie auf das eigenen und professionelle Fallverstehen sowie auf das Bearbeiten von alltäglichen Paradoxien wie den Umgang mit unbestimmten fallspezifischen Prognosen ausgerichtet ist. Da es mir vorliegend auch um das Reflektieren der eigenen Praxis von Seiten der Fachpersonen der Sozialen Arbeit geht, stellen sich ebenso Fragen bezogen auf die fachliche Haltung bzw. den erworbenen Habitus. Dieser Begriff stammt ursprünglich aus dem lateinischen und kann allgemein mit Haltung bzw. einer erworbenen ethischen oder fachlichen Haltung übersetzt werden kann (Gebauer, 2022, S. 41).

Die Profession bzw. die Professionellen der Soziale Arbeit müssen vielschichtig denken und handeln können; es kann sein, dass sich Antworten auf fallspezifische Fragen überraschend, unklar oder erst im Nachhinein finden lassen. Dennoch muss gehandelt werden – Knoll spricht hier vom «Handlungszwang», dem alle Professionen unterliegen. Die Soziale Arbeit ist diesem besonders ausgeliefert, hat sich doch ständig zwischen staatlichen geforderten und individuell zu ermöglichenden Leistungen zu vermitteln. Dabei kann es sein, dass sie mit Haltungsfrage konfrontiert wird, die diametral zu ihren eigene professionellen Wert- und Haltungseinstellungen stehen. Insbesondere bei grosser Unsicherheit werden professionelles Denken und Handeln, Praxis und Theoriedenken, aber genauso individuelles Erfahrungswissen, Empathie und womöglich auch Intuition zentral (2010, S. 100). Das bedeutet: Es geht in der Praxis nicht nur darum, formales, durch die Aus- oder Weiterbildung erworbenes Wissen anzuwenden, sondern bewusst einen Theorie-Praxis-Transfer herstellen zu können, welcher in der Interaktion praktische Tätigkeiten und theoretisches Wissen sowie eine Haltung verbindet (ebd., S. 101). Oevermann bedient sich unter Bezugnahme auf Pierre Bourdieu (1970) nicht nur dem Ausdruck Habitus, sondern benennt ihn als «zentralen Strukturort der Vermittlung von Theorie und Praxis» (1996, S. 80). Hierin wird auch vorliegend eine wichtige Verbindung gesehen, dass der strukturtheoretische Ansatz sich auch mit einem reflexiv-habituellen Ansatz ergänzen lässt. Der Begriff Habitus definiert sich als

«(…) durch Lernen erworbene, aufeinander bezogene und in der Regel unbewusste Wahrnehmungs-, Denk-, Urteils- und Handlungsmuster, die den spontanen Praktiken sozialer Akteure im Rahmen sozialer Strukturen und Institutionen zugrunde liegen» (Eckhart, 2014. S. 155).

Unter Habitus lässt sich somit eine fachliche Haltung verstehen, die durch Erzeugung der Praxis hergestellt wird. Es geht um «einverleibte Gewohnheiten und Routinen, also [um] die subjektiven Grundlagen der selbstverständlichen Alltagspraktiken» (ebd., S. 155, in Anlehnung an Bourdieu, 1974). Hierin findet sich bereits ein erster Eckpunkt in Bezug auf die vorliegend angewendet Methode zur Auswertung der Daten. Die dokumentarische Methode legt ihren Fokus auf das «atheoretische Wissen», welches sich in der Herstellung von handlungspraktischen Sinneinheiten eröffnet, den Akteurinnen und Akteuren jedoch meist nicht im Bewusstsein selbst zugänglich ist und somit auch nicht von diesen expliziert wird (Przyborski & Slunecko, 2020, S. 5). Gewohnheiten und Routinen bilden solche inkorporierten Sinneinheiten – und diese gehören ebenfalls zum professionellen Selbstverständnis nebst Fachwissen. Der Habitus bezieht sich auf folglich auf die ganze Person – und nicht nur auf ihr professionelles Handeln und ihr damit verbundenes Fachwissen. Es geht darum, all das, was womöglich im Verlaufe des bisherigen Lebens verinnerlicht wurde, wozu Umgangsformen, Sprache, eigener Lebensstil, Lebenserfahrung sowie berufliche Einbettung gehören, zu erfassen. All diese Dinge führen auch dazu, dass in jedem sozialen Handeln sich «subjektive Anteile» finden lassen, die als inkorporierte Struktur von den «Existenzbedingungen geprägt sind, unter denen Subjekte ihren Habitus erworben haben» (Gebauer, 2022; S. 42; Effinger,2021, S. 208 f.). Professionen bzw. Orte, wo Professionen hegemonial oder auch in Kooperation gemeinsam wirken, können solche Existenzbedingungen bilden und damit sich direkt auf das professionelle und das eigene, womöglich persönliche Handeln auswirken. Die Soziale Arbeit ist ständig gefordert, fall- und situationsbezogenes Verstehen anzuwenden; hierbei ist der erworbene Habitus bedeutsam und damit wird auch die Überleitung zum professionellen Handeln und später zum professionellen Selbstverständnis nachvollziehbar.

4.4 Dem eigenen Tätigsein bewusst werden

«Erst wer die eigene Arbeit als professionelle Soziale Arbeit versteht, kann diese auch selbstbewusst als Profession vertreten» (Karges & Lehner, S. 452).

Dieser Satz findet sich in einem 2005 veröffentlichtem Fachartikel von Karges & Lehner. Ob sich die Autorinnen der Stärke dieses Satzes für die Soziale Arbeit damals bewusst waren, verbleibt offen. Für die vorliegende Forschung und für das Erkenntnisinteresse ist er zentral, denn über das Verstehen der eigenen Tätigkeit und der damit verbundenen Begründungen und Orientierungsmuster soll vorliegend besser verständlich werden, wie Fachpersonen der Sozialen Arbeit ihre Arbeit in der Palliative Care verstehen. Damit das erreicht wird, beschreite ich den Weg, aus den ausgewählten Professionstheorien und dem damit zusammenhängenden theoretischen Verständnis von Sozialer Arbeit Anhaltspunkte für das professionelle Handeln abzuleiten. Damit die Handlungsperspektive klar verständlich ist, wird nun das professionelle Handeln gegenüber der Profession, der Professionalität und der Professionalisierung dargelegt und dann auf das Handeln bzw. die Handlungslogiken und das professionelle Selbstverständnis eingegangen.

In der Berufssoziologie wird unter Profession eine «besondere Klasse von Berufen» verstanden (Müller, 2012, S. 955). Diese Berufe haben gewisse Standards erreicht und über diese lassen sie sich als Profession definieren. Freidson (1988) führt aus, dass Profession als Synonym für Beruf verwendbar sei. Eine Profession führt nach ihm eine Art von Arbeit aus, die nur durch sie sich vollbringen lässt und zugleich «komplex und nach Ermessen zu erledigen» sei. Die Arbeit, welche von Professionellen ausgeführt wird, sei zudem wichtig für «das Wohlergehen von Individuen oder der Gesellschaft» und von «besonderem Wert für ihre Klienten» (Freidson zit. nach Wendt, 1995, S. 23). Dewe & Otto formulieren es allgemeiner und zeigen auf, dass «Professionen als Instanzen einer Begründung von Entscheidungen der Lebenspraxis» bezeichnet werden. Gemeint ist damit, dass Professionen dort wirken und Begründungen für lebenspraktische Entscheidungen liefern, wo Subjekt selbst nicht mehr in der Lage sind oder sein können, die für sich nötigen Entscheidungen zu fällen, oder in denen ihnen als Laien diese nicht zugestanden werden bzw. zwar zugänglich sind, aber sie nicht über die eigene Fähigkeit verfügen, Entscheide zu fällen (2018, S. 1192). Profession meint somit «die Sphäre der Berufspraxis», in welcher sich «das berufspraktische Handeln vollzieht» (Becker-Lenz & Müller, 2009a, S. 195). Für dieses berufspraktische Handeln können sich je nach eingenommener Theorieposition unterschiedliche Professionsverständnisse ergeben, wie später ausgeführt wird.

Professionalisierung hingegen meint, dass für gewisse «Berufsgruppen spezifische Handlungsprozesse» existieren, die zur Etablierung einer Profession gehören (Müller, 2012, S. 955). Professionalisierung bezeichnet demnach einen Prozess, welcher den Fokus auf die «Verberuflichung einer Tätigkeit» legt (Müller, 2015, S. 242). Diese Prozesse können auch ambivalent verlaufen, was sich in den Ausdrücken De-, Entprofessionalisierung oder Semi-Profession zeigt. Wird Profession definiert als Beruf mit hochgradig spezialisiertem Wissen, einer längeren zu absolvierenden Ausbildung sowie verbunden mit hohem Prestige und Einkommen, wie es Büschges (2007a, S. 514) ausführt, so kann das für die Soziale Arbeit gemessen an diesen Merkmalen problematisch sein. U. a. führen diese Aspekte sodann auch zur Bezeichnung «Semi-Profession» (Motzke, 2014, S. 73). Die Prozesse führen aber auch dazu, dass sich bestimmte Berufsgruppen für die Ausübung ihres Tätigkeitsbereichs ein «staatlich lizenziertes Kompetenzmonopol» und auch eine sog. «Berufsdomäne» sichern (Dewe & Otto, 2018, S. 1198). Die wohl bekanntesten Vertreter sind die Medizin und die Juristerei.

Unter Professionalität kann ein Zustand «gesteigerter Berufsförmigkeit» (Schmid, 2008, S. 842) verstanden werden. Es ist ein Agieren, welches unter gewohnheitsbedingten, szenischen, komplexen und situativen Anforderungen zustande kommt. Dewe & Otto definieren Professionalität als «habituisierten, szenisch-situativ zum Ausdruck kommenden Agierens unter typischerweise sowohl hochkomplexen wie auch paradoxen Handlungsanforderungen» (2018, S. 1191). Müller (2012) führt aus, dass «Professionalität» zu beschreiben danach verlange, Eigenschaften oder Merkmale auszumachen, die sowohl als «Legitimation fachlicher Ansprüche» und als «selbstkritische Massstäbe» gelten können (S. 955). Zudem gehört nach Freidson auch die «Eigenkontrolle» als zentrales Prinzip zur Professionalität (1994, S. 173) – womit gemeint ist, dass Professionelle ihre eigene Arbeit auch selbst kontrollieren können. Diese beiden Aspekte sind für die Soziale Arbeit nicht einfach auszumachen, denn gerade ihr fällt es schwer, ihre Tätigkeiten und Wirkungen über die ganze Lebensspanne so in Worte zu fassen, damit einerseits verständlich wird, was ihr Wirkungsfeld ist, und andererseits, worin genau ihr Expertentum besteht. Dieser Umstand kann in Anlehnung an Müller im Vergleich zu anderen Berufen zu «Legitimationsschwierigkeiten» führen. Und diese wiederum können auch machttheoretische Diskussionen nach sich ziehen, welche sodann auch in Wertigkeitsdebatten müden. Wendt führte 1995 aus, dass Professionalität sich «in der Wahrnehmung der Gelegenheiten und in der personen- und situationsgerechten Anwendung des Könnens» zeige (S. 23). Pantucek geht gar noch einen Schritt weiter in der Diskussion um Professionalität in der Sozialen Arbeit und bezeichnet die Frage danach als «Evergreen, die professionelle Identität bleibt notorisch theoretisch ungeklärt» (2007, S. 38). Auch Müller hielt 2012 fest, die Frage, ob die Soziale Arbeit sich als Profession etablierte und damit Professionalität innehabe, sei umstritten (S. 955), obwohl er selbst nicht diese Position vertritt.

Was nun in der Theorie und auch in der Praxis immer wieder spannungsreiche fachliche Diskussionen sorgt, ist der Begriff des «Berufs». Dieser ist, in Anlehnung an Motzke (2014), als «vielschichtige Begrifflichkeit» (S. 74) bekannt, wird aber jeweils nicht immer professionstheoretisch benutzt. Bei den «Berufen» kann es sich um Professionen handelt, doch insbesondere, wenn es um die Bestimmung von gewissen Kriterien in Bezug auf Berufe geht, kann es problematisch werde. Diese Thematik wurde bereits beim merkmalsorientierten Ansatz (vgl. 4.1), welcher Merkmale oder eben Kriterien vorlegt, die ein Beruf zu erfüllen hat, ausgeführt.

Die Diskussion um die Frage nach der Professionalisierung ist von der Bezeichnung Profession und Professionalität abzugrenzen. Die Professionalisierung meint einen Prozess, welcher dazu führt, dass «menschliche Arbeit sich die Attribute eines Berufs zulegt» (Biermann, zit. in Motzke, 2014, S. 75) und beginnt, «ethische Verantwortung sowie sich ihrer gesellschaftlichen Bedeutung bewusst» (ebd., S. 76) zu werden. Dieser Prozess kann als Verberuflichung bezeichnet werden, welcher sich an keiner statischen Professionsdebatte, sondern an Entwicklungen orientiert. Das führt dazu, dass die Begriffe zwar nicht direkt als Synonyme gehandelt werden, doch eng verbunden sind. Professionalisierung meint, dass Berufe als «funktionalistisch und (…) zwingend notwendig» angesehen werden und als Antwort auf heranwachsenden «Leistungsanforderungen» (Motzke, 2014, S. 77; Biermann, 2006) einer modernen, oder in den Worten von Beck (1980), einer risikoreichen Gesellschaft angesehen wird. Die Tatsache, dass wir in dieser risiko- und spannungsreichen Gesellschaft leben, führt zur ständigen Ausdifferenzierung neuer Aufgaben und gleichzeitig zu einem Gefühl der Kollektivität, da jeder bzw. jede in der Gesellschaft diesen Risiken ausgesetzt ist oder zukünftig sein kann. Diese Risiken können als Motor für die Entwicklung und damit für die voranschreitende Professionalisierung angesehen werden.

Die Professionalisierung ist auch mit bekannten Gründungsfiguren, die eng mit der Entstehungsgeschichte der Sozialen Arbeit bzw. Sozialpädagogik verbunden sind, verknüpft. So lässt sich festhalten, dass A. Salomon der Soziale Arbeit die Kompetenz zuschreibt, «Verschiedenes für verschiedenartige Menschen zu tun» und sich somit am Einzelfall orientiere (1925, S. 60) – und genau darin ihre Spezialität auch liegt und sie eben keine standardisierte und routinierte Vorgehensweise abspult. Auch G. Bäumer (1962), die den Fokus auf die Schaffung von verschiedenen Institutionen und die «Verstaatlichung von sozialen Aufgaben» (Müller, 2012, S. 960) legte, beschreibt, warum sich Soziale Arbeit durchaus als Beruf etablierte und weiter auch als Profession zu gelten habe. Nach Bäumer hat dieser Ausbau eines Staates zum Sozialstaat der Sozialen Arbeit an Wichtigkeit verliehen und dazu geführt, dass sie ihre Strukturen ausbaute und noch mehr professionalisierte. Diese sowie auch die oben erwähnten Ansichten führen dazu, dass man Professionalisierung auf der Ebene der gesellschaftlichen Entwicklungen und der Berufsentwicklung an sich betrachten kann, was meint, dass eine Entwicklung vom Laien- zum Expertenwissen und damit auch zu einem Erbringen von Dienstleistungen erfolgt. Ebenso lässt sich Professionalisierung auf der Ebene des individuellen Agierens und damit der Ausübung der Berufsrolle konturieren – und das ist vorliegend auch von Interesse. Pfadenhauer (2003) beschreibt diesen Prozess als «berufsbiografische Herausbildung eines bestimmen professionellen Habitus» (S. 15), womit sie auf die praxisbezogenen handelnden Ebenen und damit auf die Aspekte des Tätigseins und dessen Reflexion verweist. Pfadenhauer führt verständlich aus, dass Berufe somit auch über ihr eigenes, für sich definiertes autonomes Handeln eine Professionalisierung durchmachen und damit als Profession bezeichnet werden können (2003, S. 30). Dieses Handlungswissen ist aber nicht immer zugänglich und womöglich auch erst auf den zweiten Blick professionell, weshalb es nun zuerst gilt, das professionelle Handeln theoretisch und an den wissenschaftlich recherchierten Verständnissen zu umreissen.

4.4.1 Professionelles Handeln und Handlungskompetenzen

Wenn von einem professionellen Umgang oder Handeln in der Praxis der Sozialen Arbeit gesprochen wird, so lässt sich damit assoziieren, dass das Handeln bzw. die Tätigkeit ganz spezifische Kriterien und Kompetenzen zu erfüllen hat – was umgangssprachlich, aber auch fachlich als Expertise bezeichnet wird. In der Sozialen Arbeit unterliegt das professionelle Handeln einer doppelten Kontextgebundenheit. Einmal ist es das Situative, womit Ziel und Zweck einer Handlung gemeint sind, und zum anderen ist es der Kontext, die institutionelle Eingebundenheit (Heiner, 2012). Liegen diese beiden Aspekte vor oder lassen sich diese bestimmen, so kann im Sinne der aristotelischen Handlungstheorie von Handlungskompetenz gesprochen werden, die das professionelle Handeln strukturieren (Motzke, 2014, S. 85). Diese Handlungskompetenzen bestimmen gemäss Wildfeuer (2009, S. 48) auch das Anforderungsprofil von Fachpersonen. Wie jedoch an vorangegangener Stelle bereits ausgeführt, reicht der merkmalsorientiere Ansatz, wonach eine Profession gewisse Merkmale oder Kompetenzen zu erfüllen hat, für die Soziale Arbeit und damit für ihr Wirken definitiv nicht aus. Es fehlen wichtige Kontextualisierungen. Damit ist nicht nur die institutionelle gemeint, sondern zugleich die historisch-gesellschaftliche Dimension (Knoll, 2010, S. 90) sowie das sich in der Beziehung zwischen Klientel und Fachperson manifestierende Bündnis, in Anlehnung an Oevermann (1996) auch «Arbeitsbündnis» genannt. Es geht um das strukturbedingte bzw. um spezifisches anforderungsbedingtes Handeln (vgl. Motzke, 2014 in Anlehnung an Parsons) – oder in Anlehnung an Feth (2003) und sein Konzept der Lebensführung: Ein «angemessenes berufliches Handeln», das die Voraussetzung zur professionellen Anerkennung erfüllt (vgl. auch Student et al., 2020, S. 121). Handlungskompetenzen tragen zu einer gelingenden professionellen Praxis bei bzw. stellen diese auch in einem gewissen qualitativen Masse sicher. Heiner (2012, S. 614) legt für die Soziale Arbeit eine übersichtliche Einteilung vor, welche sich an vier Handlungstypen und dazugehörigen Handlungskontexten orientiert. In Abbildung 4.2 sind diese zusammenfassend dargestellt.

Abbildung 4.2
figure 2

Handlungstypen und dazugehörige Kontexte (vgl. Heiner, 2012, S. 614 f.)

Es zeigt sich, dass von Seiten der Sozialen Arbeit sehr unterschiedliche Unterstützungsleistung erbracht werden, umso auch die unterschiedlichen Lebenslagen von Adressatinnen und Adressaten gerecht zu werden. Die Handlungstypen bewegen sich auf unterschiedlichen Ebenen und setzen bei individuellen, aber auch generellen Themen, wie Bildung und Erziehung an. Es zeigt sich weiter, dass an Handlungskompetenzen sehr heterogene Anforderungen gestellt werden (Heiner, 2012, S. 622). Dieser Konnex bedeutet, Handlungskompetenzen und professionelles Handeln sind und müssen eng verwoben, damit Handlungen auch ihr volles Potenzial ausschöpfen können. Das Wissen bezogen auf den Handlungstyp und die dazugehörige Anwendung gilt es nicht nur zu verbinden, hier manifestieren sich auch in der Umsetzung die bereits erwähnten Paradoxien. Wie später in Abschnitt 5.4 ausgeführt, verfügt die Soziale Arbeit im Feld der Palliative Care zwar über ein Tätigkeits- bzw. Berufsprofil, die darin aufgelisteten Fähigkeiten und Kompetenzen gleichen aber eher einer einem Katalog mit einer fast zufällig wirkenden Aufzählung und nicht einer gegenständlich, für das vorliegenden Handlungsfeld spezifisch bezogenen und empirisch untermauerten Benennung von Handlungskompetenzen. Es wird deshalb wichtig sein, die vorliegend generierten empirischen Ergebnissen vor diesem Hintergrund des Berufsprofils ebenfalls zu deuten umso auch den Paradoxien und der Bearbeitung dieser näherzukommen.

Was nun für die vorliegende Forschung von zentraler Bedeutung ist, ist die Tatsache, dass soziale Berufe und insbesondere die Soziale Arbeit kein physisches Produkt herstellen. Ihre Handlungskompetenzen und die damit verbundene Qualität zeigen sich nicht an einem sichtbaren Fabrikat, sondern sie beziehen sich auf den Handlungsvollzug als solchen. Das Vollziehen und damit das Sicherstellen professioneller Praxis müssen demnach über Handlungskompetenz geschehen, die im besten Falle einen positiven Effekt auf das Gegenüber bzw. die Klientel haben (Wildfeuer, 2011, S. 1795 f.). Mögliche positive Effekte können exemplarisch die selbstständige Lebensgestaltung, das Erlangen von Lebensqualität, Reintegration in die Gesellschaft sowie Wiedererlangung eines positiven Selbstwerts sein. Motzke (2014), welche in ihrer Forschung den Fokus auf die sozialhistorische Rekonstruktion der Sozialen Arbeit als Profession legt, führt aus, dass unter Bezugnahme auf die aristotelische Handlungstheorie sich «bestimmte Tätigkeitstypen der Handlungen» für die Soziale Arbeit ausmachen lassen. Diese Tätigkeitstypen weisen bezogen auf das professionelle Handeln Merkmale auf, wie «Personalität, Situationsabhängigkeit, Hyperkomplexität und Unwiederholbarkeit» (S. 45). Die für die Umsetzung dieser Merkmale benötigen Fähigkeiten und Kompetenzen lassen sich als spezifische Handlungskompetenzen für die Professionellen der Sozialen Arbeit ausmachen (S. 46). In Anlehnung an die soeben gemachten Ausführungen bedeutet das, dass professionelles Handeln in der Sozialen Arbeit zugleich methodisches Handeln ist (Heiner, 2012).

Auch Parson wirft bei seinem strukturfunktionalistischen Ansatz die Frage nach dem professionellen Handel und den dafür benötigen Kompetenzen auf. Indem Probleme, welche für die Gesellschaft bzw. das Individuum relevant sind, durch professionelles Wirken bzw. Handeln bearbeitet werden, wird eine Profession überhaupt (erst) relevant. Es kommt gar so weit, dass ihr durch diese Problemlösefähigkeit, welche nur sie erreichen kann, der Status der Professionsautonomie zugesprochen wird (Knoll, 2010, S. 91). In der strukturfunktionalistischen Professionstheorie wird, so unterstellen Otto & Dewe, das professionelle Handeln allerdings stark durch «Erfolge» legitimiert, womit gemeint ist, dass es Professionen gelungen ist, die Öffentlichkeit zu überzeugen, dass nur sie gewisse Tätigkeiten kompetent oder eben professionell, wie es auch in der Umgangssprache heisst, ausüben können und sie selbst zudem die Standards für ihre Kompetenzen festlegen (2018, S. 1198). Erfolge könnten in der Palliative Care und insbesondere in Situationen mit zeitlich beschränkter Dauer schwer erkennbar sein, der Begriff «Erfolg» stellt sich damit eher als schwierig anschlussfähig dar.

Eingänglicher ist es, wenn die Zusammenarbeit zwischen Klientel und Professionellen in das Zentrum des Handelns rückt. Die Sozialen Arbeit hat zwar ihre eigenen Standards, welche sie auch festlegen kann, aber bei ihr ist professionelles Handeln kontextgebunden und immer auch in Kooperation bzw. in Koproduktion mit dem Gegenüber, der Klientin bzw. dem Klienten, zu realisieren. In dem Sinne wird sozialpädagogisches Handeln auch als Aushandeln vollzogen – und dabei ist das Ausmachen von Erfolgen alles andere als simpel.Footnote 7 Dieses Allianz zwischen Klientel und Professionellen stellt, wie bereits erwähnt, Oevermann mit dem Arbeitsbündnis in das Zentrum (1996, S. 115). Dieses Bündnis oder auch ganz einfach diese Beziehung zwischen Klientel und Professionellen ist geprägt von Individualität, Fallspezifität, Ungewissheit und Unbestimmbarkeit, womit hohe Anforderungen an die Handlungskompetenzen und damit an das professionelle Handeln in der Praxis gestellt werden. Schützeichel geht gar so weit, dass er in Anlehnung an Abbott (1988) aufzeigt, dass die Unbestimmbarkeit den Kern des professionellen Handelns ausmacht. Der Grund dafür, dass professionelles Handeln schwer kontrollier-, standardisier- und messbar ist, liegt darin, dass auch die Praxis und die damit verbundenen Umstände diffus, vielschichtig und unspezifisch sein können (2007, S. 567). Wie später in meinen Ausführungen ersichtlich, wird die Unbestimmbarkeit insbesondere für das Feld der Palliative Care bedeutend. Nur schon die Zielsetzung – und damit das Realisieren von Erfolgen auf nicht zukünftig Geschehnisse, sondern unmittelbar auf den Moment – kann das professionelle Handeln von Seiten der Fachpersonen sehr fordern.

Im Zusammenhang mit den Handlungskompetenzen ist auch die Frage nach Möglichkeiten und Orten zu stellen, wo diese Handlungskompetenzen ausgeübt werden können. Für Juristinnen und Juristen kann so ein «Ort» beispielsweise das Gericht oder als Möglichkeit das Verfassen von Gerichtsurteilen sein. Im Zusammenhang mit der Sozialen Arbeit ist es deutlich schwierig, einen Ort oder gerahmte Möglichkeiten auszumachen, was auch Müller (2012) ausführt. Damit wird erneut deutlich, dass nicht nur die Vielfalt der Tätigkeiten, sondern auch die dafür nicht vorhandenen oder speziell auszumachende Orte dazu führen, dass der Sozialen Arbeit, wie dies bereits Karges & Lehner 2005 formulierten, etwas «Unspezifisches und auch Naturwüchsiges» anhaftet, was dazu führt, dass «Grenzen zu benachbarten Berufen, aber auch zu Laien- oder Ehrenamtsarbeit als fliessend wahrgenommen werden» (S. 450). Dieser Umstand lässt sich wohl auch für das Handlungsfeld der Palliative Care nicht wegdiskutieren.

Folgt man Oevermann (2009/1996), so verbindet er nicht nur das professionelle Handeln mit den Handlungskompetenzen, sondern er stellt die stellvertretenden Deutungen von Problemen und die Bewältigung dieser in das Zentrum und benennt damit auch einen Ort des Geschehens von professioneller Praxis (S. 79). Nach ihm ist das Ziel professionellen Handelns der Sozialen Arbeit die Wiederherstellung von Autonomie der Lebenspraxis von Adressatinnen und Adressaten – oder in den eigenen Worten von Oevermann:

«Professionelles Handeln ist wesentlich der gesellschaftliche Ort der Vermittlung von Theorie und Praxis unter den Bedingungen der verwissenschaftlichen Rationalität, das heisst unter Bedingungen der wissenschaftlich zu begründenden Problemlösung in der Praxis» (1996, S. 80).

Knoll führt in Anlehnung an Oevermann aus, dass bei Oevermann eine Gleichzeitigkeit von Entscheidungs- und Handlungszwang mit einem erhöhten Begründungszwang umgesetzt werden muss. Deshalb braucht es hierfür eine Umsetzungsmöglichkeit, welche in der sog. Kunstlehre gesehen werden kann. Unter Kunstlehre kann die Methoden bzw. das methodische Vorgehen der Soziale Arbeit verstanden werden, welches sich beispielsweise in individuellen und gruppenspezifischen Beratungsleistungen, präventiven Angeboten sowie Reintegrationsmassnahmen zeigt (2010, S. 96). Wie sich später in der Analyse der Gesprächsdaten zeigt, finden sich Belege für die Anwendung der sog. Kunstlehre und es lassen sich Begründungen für das professionelle Handeln herleiten.

Das professionelle Handeln der Sozialen Arbeit an sich bedarf besonderen Könnens, um auch dann handlungsfähig zu bleiben, wenn der Fall einer Klientin oder eines Klienten besonders prekär, schwierig, unter Zeitdruck oder gar von grosser Unsicherheit und tagtäglichen anderen Vorkommnissen geprägt ist. Dies stellt hohe Anforderungen an die Professionellen und auch an die Profession selbst – und insbesondere die Professionellen zugleich auch Übersetzungsleistungen und damit ein ausgeprägtes Fallverstehen erbringen (Knoll 2010, S. 98, in Anlehnung an Heiner, 2004, S. 19). Die «stellvertretende Deutung» nach Oevermann (2009), welche auch als Kunstlehre zu bezeichnen ist, sowie ein spezifisches Fallverstehen werden zu gleichen Teilen für das professionelle Handeln unersetzlich. Beides hat zur Folge, dass dieses Handeln damit weder einfach beschreibbar, geschweige denn standardisierbar wird. Was ebenso feststellbar ist, ist die Tatsache, dass sich Fachpersonen der Sozialen Arbeit zum einen auf wissenschaftliches Wissen und professionelle Handlungsmethoden stützen, zum anderen aber, dass sie, wohl mehr als andere Professionen, sich auch bewusster und unbewusster Alltagstheorien und des Erfahrungswissens bedienen, wenn sie die Bearbeitung von sozialen Problemlagen ihrer Klientel angehen. Engelke (2004) spricht hier vom sog. Interdependenzmodell. Das Modell wird vorliegend nicht näher ausgeführt, aber der Verweis, welchen Engelke macht. Das Alltagswissen, welches sich aus Wissensbeständen aus anderen Berufsgruppen, wie Pflege, Psychologie, Pädagogik oder Medizin nährt, kann und darf genauso für die Bearbeitung von sozialen Problemen herangezogen werden, wie jenes der professionellen Handlungs- und Methodenkompetenzen und damit der in der Ausbildung vermittelten Inhalte. Die Soziale Arbeit ist stets gefordert, eine Vermittlungsrolle einzunehmen.

Persönliche Wissensbestände können zudem auch ein gewisses Kriterium für das professionelle Handeln entfalten. Es hat sich im Verlaufe der Professionalisierung der Sozialen Arbeit die Überzeugung durchgesetzt, dass personale Fähigkeiten und Kompetenzen ebenso zu den Schlüsselqualifikationen für das professionelle Handeln gehören wie ausbildungstechnische. So schreiben Becker-Lenz & Müller (2009) in Anlehnung an v. Spiegel (2008), dass «die wesentliche[n] Kompetenzmerkmale, die von hoher Ethik durchdrungene Persönlichkeit des Sozialarbeiters […], dessen technisch-instrumentelle Fertigkeiten, eher Ausdruck seiner Persönlichkeit sind als Techniken im engeren Sinne» (S. 98). Die eigene Persönlichkeit, die Einstellungen zu bestimmten Themen, womöglich das Milieu bzw. die Umgebung, wo man sich privat und beruflich bewegt, sowie die sich im Verlaufe des Lebens und der Aus- und Weiterbildung angeeignet Selbstkonzept haben einen direkten Einfluss auf das professionelle Handeln (Effinger, 2021 S. 209). Transferiert auf das vorliegende Feld kann das Folgendes bedeuten: Das Sterben, damit verbundene persönliche Ansichten, Einstellungen und Erlebnisse wirken auf das Verständnis der professionellen Begleitung ein, obwohl zugleich auch eine offene, fachlich verständnis- und fürsorgliche sowie ethisch professionell legitimierbare Haltung gefordert wird.

Engelke, Spatscheck und Borrmann liefern vier Modelle bezogen auf das professionelle Handeln der Sozialen Arbeit bzw. das Professionsverständnis – und eines davon ist meiner Meinung nach besonders anschlussfähig für die soeben ausgeführte Diskussion. Das «normativ-ontologischen Modell», welches die Autoren auch als «traditionell-altruistisch» und als auf Fürsorge (2009, S. 419) basierend ausgerichtetes Modell bezeichnen. In Abbildung 4.3 sind diese zusammenfassend dargestellt.

Abbildung 4.3
figure 3

Professionsverständnis der Sozialen Arbeit nach Engelke et al. (2009) S. 419)

Bei diesem Modell zeigt sich, dass die Professionellen sich nicht nur durch die Ausbildung, sondern infolge einer individuellen Berufung für ihren Beruf entscheiden, sowie ebenso ihr Tätigsein selbst mandatieren, nebst dem, dass sie durch den Auftraggebenden mandatiert werden – dies im Gegensatz zu Modellen, wo die durch die Ausbildung erworbene Eignung sowie ein fremdes, durch den Aufraggebenden erhaltenes Mandat für das Tätigsein bestehen. Dies ist z. B. beim kritisch-rationalen Modell vorhanden (vgl. ebd, 2009, S. 420 f.). Mit der ethischen Ausrichtung an einer «Werttranszendenz» zeigen Professionelle, dass sie Erfahrung jenseits der eigenen Erfahrungsräume und den empirischen Rationalitäten und der Wertigkeit an sich anerkennen. In Anlehnung an Kant (1781) werden Bedingungen anerkannt, derer es bedarf, damit Erfahrungen überhaupt gemacht werden können.Footnote 8 Mit dem professionellen Habitus der Problemdeutung und -lösung lehnt sich das normativ-ontologische Modell an sinnadäquate Vorgehensweisen an, was meint, dass es darum geht, Deutungen von Problemen und der Suche nach Lösungen mehr Raum zu geben (Kurz, 2007, S. 500). Hier zeigt sich erneut die Anschlussfähigkeit von Oevermann mit der stellvertretenden Deutung.

Da ich in den Gesprächen mit den Fachkräften der Sozialen Arbeit nach deren individuellen und womöglich kollektiven Begründungen suche, um ihr professionelles Handeln besser zu konturieren, muss auch geklärt werden, wie sie dieses herstellen und was sie darunter verstehen. In dem Sinne orientiere ich mich nebst dem professionellen Handeln am Begriff des beruflichen Selbstverständnisses.

4.4.2 Professionelles Selbstverständnis als Kernbegriff

Von Anfang an betonte ich die Auffassung, dass das berufliche und damit professionelle Selbstverständnis ein wesentlicher Bestandteil der professionellen Identität von Fachkräften der Sozialen Arbeit ist. Dies ergibt sich insbesondere aus, einer Gleichstellung von Beruf und Profession, was darauf hinweist, dass berufliche und professionelle Aspekte als deren Umsetzung betrachtet werden können. Zudem und in Anlehnung an Albert (2006) orientiere ich mich daran, «unter professioneller Identität die Gesamtheit der persönlichen Merkmale im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit» zu verstehen. Über die reflexive Wahrnehmung der eigenen Rolle und über das eigene Handeln wird das professionelle Selbstverständnis ständig weiter geschärft. Zu dieser Annahmen haben mich insbesondere die empirisch untermauerten Ausführungen von Karges & Lehner (2005), die Ausführung von Mühlum (1994) sowie jene von Gerull (2009) gebracht. Gerull versteht den Aspekt, das eigene Handeln als professionelle Soziale Arbeit zu verstehen, als Voraussetzung dafür, damit überhaupt von professioneller Identität gesprochen werden kann (S. 130).

Den Fachpersonen die Möglichkeit zu bieten, sich selbst über ihr eigenes Tun und damit auch über die Idee des eigenen alltäglichen Tätigseins zu äussern, kommt einer Bestandsaufnahme gleich. Mühlum führt aus, dass eine Bestandsaufnahme zugleich «Wegweisung in Identitätsfragen der Sozialen Arbeit» sein könne (1995), aber ebenfalls zu einer Stärkung eines positiven Selbstbildes führe (S. 115–116). Die Soziale Arbeit hat mit Fremdwahrnehmungen, die teils abwertend bis hin zu platzanweisend sind, zu kämpfen. Mit platzanweisend ist gemeint, dass ihr Tätigkeiten und Rollen von Seiten der Gesellschaft bzw. deren Entwicklung wie auch von Seiten anderer Professionen als gegeben betrachtet oder zugeschrieben werden. Fremddefinitionen bzw. Vorstellungen über das Tätigsein und den Wirkungsbereich von Sozialer Arbeit werden in der Praxis und der Öffentlichkeit Selbstdefinitionen vielfach vorgezogen. Dies führt einerseits bei den Fachpersonen selbst zu problematischen Situationen; sie bekunden Mühe, ihr eigenes Tätigsein Dritten gegenüber zu erklären. Wie an anderer Stelle ausgeführt, kann das in wissenschaftlichen oder professionstheoretischen Debatten gar in Diskussionen zu «De- bzw. Entprofessionalisierung» (Dewe &Otto, 2018, S. 1195) münden. Die von Mühlum (1995) eingangs erwähnte Bestandesaufnahmen und das soeben ausgeführte Bewusstwerden zeigen einen Konnex zwischen dem professionellen Selbstverständnis und der Identität als Sozialarbeiterin bzw. Sozialarbeiter – und zwar in dem Sinne, dass über das professionelle Selbstverständnis und die damit verbundenen Erzählungen von Tätigkeiten, fachliche und auch persönliche Kompetenzen, Aushandlungsprozesse, das Definieren des eigenen Wirkungsbereiches und die kritische Selbstreflexion die berufsspezifischen Anforderungen nicht nur benannt, sondern explizit erkannt werden. Das wiederum zeigt, dass das professionelle Selbstverständnis im vorliegenden Handlungsfeld bewusster gemacht und gestärkt werden kann. Für Mühlum (1995) hängt «die professionelle Identität ja nicht zuletzt von der Wahrnehmung – durchaus auch im Sinne der Bewusstwerdung, sowie davon, sie selbstbewusst und methodensicher anzuwenden, statt sich selbst zu entwerten», ab (S. 124). Diesem Gedanken wird auch vorliegend gefolgt. Der Fokus liegt zwar auf dem Selbstverständnis, aber um dafür eine nachvollziehbare Begriffsbestimmung für die vorliegende Forschung zu liefern, wird hier dennoch auf die Identität eingegangen, damit eine ausgewogene Definition vorgelegt werden kann.

Das Definieren der eigenen beruflichen oder professionellen Identität ist für die Soziale Arbeit Herausforderung und fast schon Daueraufgabe zugleich. So formuliert Kleve (2000) etwas pessimistisch, dass sich die Soziale Arbeit in einem «permanenten Übergang» befindet und diese damit verbundenen ständigen Ambivalenzen gar zu einem «Kennzeichen für ihre Identität der Identitätslosigkeit» würden (S. 138). Karges und Lehner (2005) halten ebenfalls fest, dass Fachpersonen der Sozialen Arbeit sich «überwiegend über Beschreibung ihres alltäglichen Handelns» definieren (S. 449) und somit praxisbezogene Tätigkeiten als zum Berufsbild dazugehörend definieren. Sie machen sodann später in der Konklusion ihrer Ergebnisse deutlich, dass die Frage nach der beruflichen Identität eng an das eigene Handeln und die Existenz eines Berufsbildes geknüpft ist.

«Die berufliche Identität kann verstanden werden als das Gefühl der Zugehörigkeit zu und der Einigkeit mit einer bestimmen Berufsgruppe, als das Bewusstsein des eigenen berufsspezifischen Könnens, das Wissen um die Fähigkeit zur Bewältigung berufsspezifischer Anforderungen sowie berufsbezogener perspektivischer Überlegungen.» (Karges & Lehner, 2005, S. 450)

Diese Aussage ist geleitet von der These, dass ein definiertes Berufsbild zu einer «grösseren Statussicherheit und zu einer besser ausgeprägten beruflichen Identität» beiträgt (S. 450). Übersetzen lässt sich dies wohl damit, dass es auch um eine Image-Frage geht. Zudem kann die Suche nach der beruflichen Identität immer auch geprägt sein von Selbst- und Fremdwahrnehmung sowie individuellem und kollektivem Selbstbild (Mühlum, 1995, S. 117). Bereits 1994 stellte Mühlum an einer Fachtagung die Frage, wovon sich denn junge Sozialarbeitende im Beruf leiten lassen und ob es so etwas wie ein übergreifendes Selbstverständnis der in der Sozialen Arbeit Tätigen überhaupt gäbe.Footnote 9 Bourmer (2012) greift diese Frage Jahre später wieder auf und betont, dass berufliche Identität ein Konstrukt bzw. ein Kunstbegriff sei (S. 20). Das Arbeitsfeld, worin die Fachpersonen tätig sind, sowie deren Arbeitsformen und Haltung seien aber der Beschreibung ihrer Identität immanent und hier tut sich oftmals auch ein grösseres Problem auf (Nodes 2001, zit. in Bourmer, 2012). Diese Vielfalt an Aufgaben in der Sozialen Arbeit, welche sich ständig (weiter-)entwickeln und wandeln, weil sie mit dem Wandel der Gesellschaft und deren Individualisierung bzw. in Anlehnung an Ulrich Beck (1980) oder Robert Castel (2003) mit der Pluralisierung von Lebensstilen und deren vermehrten gesellschaftlichen Risiken zusammenhängen, bedeutet, dass die vielfach kritisierte «Allzuständigkeit» der Sozialen Arbeit Realität ist. Die Grenzen zu anderen Berufen und deren Tätigkeiten, aber auch zur Ehrenamtlichkeit oder, wie wir in der Schweiz sagen, Freiwilligenarbeit, werden bzw. sind unklar und fliessend.Footnote 10 Dieser Umstand führt nicht nur zu Unsicherheit bezogen auf die eigenen beruflichen Tätigkeiten und damit auf die eigene Praxiszuständigkeit, sondern es führt auch zu einer Unsicherheit bezogen auf die eigene «berufliche Ein- und Wertschätzung» (ebd.). Und das kann dazu führen, dass jede Generation von Tätigen in der Sozialen Arbeit sich auf die Suche nach einer jeweiligen «eigenen Selbstvergewisserung» mache und deshalb auch die Soziale Arbeit mit einer jeweiligen «erneuerten Professionalität (Hervorhebung im Original)» konfrontiert werde (Wendt 1996, S. 28; Mühlum 1995, S. 115).

Das bei den Professionellen der Sozialen Arbeit eine grosse Unsicherheit hinsichtlich der eigenen beruflichen Zuständigkeit vorhanden ist und diese eigentlich nie ganz abgelegt werden kann, zeigt sich auch darin, dass die eigene Identität nicht immer klar und deutlich beschrieben werden kann. In der Studie von Karges & Lehner (2005) wurden die Teilnehmenden u. a. zum Berufsbild und zu dessen Merkmalen befragt. Es stellt sich heraus, dass mehr als ein Drittel das Berufsbild über die eigenen Tätigkeiten und deren Vollzug an Aufgaben erläutern. Hierbei machen die Sozialarbeitenden aber in ihren Angaben keine Differenzierung zwischen Leitzielen, bzw. in Anlehnung an Heiner (2010) wie auch von Spiegel (2011) könnte man sagen, zwischen Arbeitsprinzipien und tagtäglichen Handlungen. So werden Förderung der Selbstbestimmung, Hilfe zur Selbsthilfe und täglichen Aufgaben, wie «individuelle Beratung, Netzwerk- oder Gremienarbeit sowie finanzrechtlichen Abklärungen», aufgezählt bzw. benannt, ohne spezielle Kontexte. Folgt man Heiner (2010), so erstaunen die Ergebnisse eher nicht, weil Arbeitsprinzipien «durch ihre grundlegenden Aussagen zugleich Sicherheit und Orientierung (…) und Leitlinien für berufliches Alltagshandeln» sind (S. 41). Gemäss v. Spiegel müssen diese aber «zusätzlich über Handlungsregeln situations- und fallbezogen konkretisiert werden» (S. 249). Übersetzt bedeutet dies, dass das Nennen von Arbeitsprinzipien nachvollziehbar im Sinne der Sicherheit ist, aber erst das Realisieren, womit die Interaktion zwischen Klientinnen und Klienten, Institutionen und das Handeln nach berufsethischen Aspekten gemeint sind, dazu führt, dass die Tätigkeiten beschreibbarer werden und diese auch zu einem geschärften Selbstverständnis beitragen.

Die Daten von Karges & Lehner zeigen weiter, dass sich «das Berufsbild je nach Schwerpunkt und Zielgruppe» unterscheidet – und darin sehen beide eine Bestätigung dafür, dass sich das berufliche Selbstverständnis «zielgruppen- und arbeitsfeldspezifisch» ausbildet (S. 451). Hier lässt sich auch eine Verbindung zu Wendt (1995) erkennen. Im Zusammenhang mit der Identität bzw. der professionellen Identität betonen Karges & Lehner im Fazit, dass diese sich darin zeigen kann, den «spezifisch sozialarbeiterischen Beitrag für soziale Tätigkeiten» herauszustellen, womit gemeint ist, dass das deutlich sichtbar gemacht werden soll, «weshalb Sozialarbeit nicht von anderen Berufsgruppen und auch nicht von Laien geleistet werden kann», gleichzeitig plädieren aber beide am Schluss auch dafür, stärker herauszuarbeiten, was «arbeitsfeldübergreifend identitätsstiftend» sein kann (Karges & Lehner, 2005, S. 455). Karges und Lehner stellen nie ganz klar, wie sie das professionelle Selbstverständnis von der professionellen Identität wirklich abgrenzen. Dies passt auch zu den Ergebnissen, was Bourmer in seiner Analyse aufzeigt. Die Begrifflichkeiten «professionelle Identität» sowie «berufliches Selbstverständnis» werden häufig als Synonyme verwendet (2012, S. 28). Auch Staub-Bernasconi (1995) wirft die Frage auf, ob eine Profession eigentlich ein «professionelles Selbstverständnis» brauche und sie sich über diese «Introspektion», was übersetzt werden kann mit «auf das eigene Bewusstsein gerichtet» (Duden online), definiere, oder ob es noch andere Aspekte gäbe. Sie stellt im Weiteren fest, dass insbesondere für die Soziale Arbeit nicht nur das eigene, sondern auch das «professionelle Fremdverständnis», welche sie weiter als «fremdverordnete Bescheidenheit» bezeichnet (S. 57–58), konstitutiv ist. Mit «fremd» meint Staub-Bernasconi die gesellschaftlichen Bewegungen, Krisen und Nöten, welche auf die Soziale Arbeit von aussen (ein-)wirken und ihr auch Felder für das Tätigsein eröffnen. Mit «Bescheidenheit» verbindet sie zudem eine Entwicklung, welche infolge der steigenden globalen Krisen der letzten Jahrzehnte durch Migration, Kriege, Sucht und Armut – heute könnte auch eine Pandemie dazu zählen – die Soziale Arbeit massgeblich dahingehend beeinflusste, dass sich auf diese bzw. auf deren Wirken eine bescheidenere und vorgeschriebener Sichtweise etabliert (S. 59). Es zeigt sich somit, dass das professionelle Selbstverständnis von Fachpersonen immer wieder Gegenstand von Empirie, aber auch theoretischen Diskussionen ist.

Nach diesen Ausführungen ist es alles andere als einfach, darzulegen, welcher Begriffsbestimmung zum professionellen Selbstverständnis nun gefolgt wird. Wie eingangs von Kapitel 4 erwähnt, orientiere ich mich an strukturtheoretischen, interaktionistischen und reflexiven Ansätzen – letzter Ansatz daher, weil zunehmende berufliche Erfahrung zu einem Habitus führen können oder professionelle bereits einen eigenen Habitus in Form von persönlichen Haltungen einbringen und der Habitus somit „eine Mischung aus Wissen, Berufsroutine und reflektierten Wertvorstellungen“ (Heiner, 2007, S. 215) darstelle. Für Heiner sind die im Arbeitsfeld bzw. im Beruf gemachten Erfahrungen zentral – diese beeinflussen massgeblich die Entstehung eines Habitus und dieser wiederum ist abhängig vom professionellen Handeln und dem diesen innewohnenden Selbstverständnis. Diese drei von mir gewählten professionstheoretischen Ansätze dienen dazu, Begründungen und Orientierungsmuster einzuordnen, damit die genannten Handlungen und Tätigkeiten besser in Bezug auf das professionelle Selbstverständnis verortbar werden.

Damit das gelingt, versuche ich, persönliche und berufliche Merkmale in den Erzählungen, eigene Einschätzungen über die eigene Rolle und die tagtäglich ausgeführten Tätigkeiten und Erfahrungen, persönliche Werthaltungen, vorgegebenen und/oder eigene Zielsetzungen, aber auch Erfahrungen im Verlaufe der beruflichen Tätigkeit in Hospizen oder Palliativ-Institutionen zu betrachten. Dabei lasse ich mich von der Erzählung als Bestandsaufnahme (vgl. dazu u.a. Mühlum, 1995), der Selbst- und Fremdwahrnehmungen sowie der allgemeinen und fachspezifischen Wissensapplikation leiten.