1 Einleitung

Der kooperative Betrieb der letzten Meile, v. a. bei der Realisierung von Mikro-Hubs, scheitert häufig außerhalb von Förderrahmen am Betrieb. Es besteht vielerorts die Herausforderung einen neutralen Betreiber zu identifizieren und aktivieren, der die erforderlichen Akteure zusammenbringt und zunächst das wirtschaftliche Risiko trägt. Aktuelle Beobachtungen zeigen, dass sich kommunale Akteure, vor allem städtische Betriebe, zunehmend solche Funktionen „zutrauen“. Welche Rollen es bei möglichen Betreibermodellen grundsätzlich gibt, wird in den folgenden Abschnitten aufgeschlüsselt. Die rechtliche Ebene ist am Beispiel Nordrhein-Westfalens dargestellt und kann in anderen Bundesländern abweichen.

Sowohl die Stadt oder eine städtische Tochter als auch privatwirtschaftliche Unternehmen, z. B. Immobiliengesellschaften oder ein zwischengeschalteter Dienstleister, können theoretisch die für die Ermöglichung des operativen Betriebs anfallenden Aufgaben übernehmen. Die zentralen Aufgaben der Betreibenden sind im „Handbuch Mikrodepots im interkommunalen Verbund“ ausführlich dargelegt.

Nach heutigem Stand haben die Gewährleistung des diskriminierungsfreien Zugangs zu Multi-User Mikro-Hubs sowie die Wahrung von Prozesshoheiten oberste Priorität. Die folgenden Ausführungen beschreiben daher Szenarien, die nur eine minimale Kooperation der Dienstleister voraussetzen und dadurch realistisch umzusetzen sind. Perspektivisch sollte jedoch ein enger(er) Verschnitt der betrieblichen Abläufe der unterschiedlichen Dienstleister das Ziel sein, um volle Synergiepotenziale im Multi-User Mikro-Hub auszunutzen.

2 Akteure und Betreibermodelle

Bei der Betrachtung verschiedener Betreibermodelle ist es wichtig, genau zu differenzieren, welche Akteure mitwirken (sollen).

Grundsätzlich bestehen keine Einschränkungen hinsichtlich verwendbarer Rechtsformen im Hinblick auf ein Betreiberunternehmen. Gesellschaftsrechtlich wird zwischen Personengesellschaften (z. B. GbR, OHG oder KG) sowie Körperschaften (z. B. GmbH, AG, Verein) unterschieden. Bei der Auswahl der gesellschaftsrechtlichen Rechtsform spielen regelmäßig haftungsrechtliche, steuerrechtliche sowie gesellschaftsrechtliche Fragestellungen eine Rolle. Auch können – sofern öffentlich-rechtliche Akteure (z. B. Kommunen oder Stadtwerke) an dem Betreiberunternehmen beteiligt sein sollen – öffentlich-rechtliche Vorgaben (z. B. § 108 Gemeindeordnung NRW) hinsichtlich möglicher Rechtsformen und deren Aufbau bestehen.

Denkbar sind drei Arten einer möglichen Gesellschafterstruktur für ein Betreiberunternehmen. Potenzielle Gesellschafter können rein private Akteure (z. B. KEP-Dienstleistern) oder öffentlich-rechtliche Akteure (z. B. Unternehmen der Stadtwerke) sein. Denkbar ist auch eine Partnerschaft bestehend aus privaten und öffentlich-rechtlichen Akteuren.

2.1 Private Akteure

Der Betrieb eines Mikro-Hubs durch einen privaten Akteur oder auch ein Zusammenschluss mehrerer privater Akteure (z. B. KEP-Dienstleistern, aber auch Investoren) ist zunächst problemlos möglich und in der Wirtschaft üblich. Ein solcher Zusammenschluss kann jedoch aus kartellrechtlicher Sicht problematisch werden, z. B. wenn eine Marktmacht ausgenutzt wird oder durch den Zusammenschluss Wettbewerber, z. B. durch einen nicht diskriminierungsfreien Zugang, ausgegrenzt werden.

Es sollte daher stets geprüft werden, ob ein solcher Zusammenschluss privater Akteure kartellrechtliche Relevanz aufweist, da dieser dann nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) anmelde- bzw. genehmigungspflichtig ist. Sofern private Akteure von staatlicher oder halbstaatlicher Seite mit dem Betrieb eines Mikro-Hubs beauftragt werden oder der Betrieb gefördert wird, können zudem vergaberechtliche Problematiken entstehen.

2.2 Öffentlich-rechtliche Akteure

Öffentlich-rechtliche Akteure, wie z. B. Kommunen, können sich regelmäßig nur in einem sehr engen Rahmen, welcher in NRW in Bezug auf Gemeinden durch die §§ 107 ff. der Gemeindeordnung NRW vorgegeben wird, wirtschaftlich betätigen. Zunächst muss eine wirtschaftliche Betätigung durch einen öffentlich-rechtlichen Akteur überhaupt zulässig sein.

Unproblematisch sind i. d. R. einen öffentlichen Zweck erfüllende Tätigkeiten im Rahmen der sog. Daseinsfürsorge, Hierzu zählen bspw. die Strom- und Wasserversorgung oder die Erbringung des öffentlichen Verkehrs, der Abfallentsorgung oder Telekommunikation. Tätigkeiten außerhalb der Daseinsfürsorge sind dagegen nur möglich, wenn der öffentliche Zweck durch andere Unternehmen nicht besser und wirtschaftlicher erfüllt werden kann. Die Vorgaben der Gemeindeordnung gelten auch dann, wenn sich eine Gemeinde mittels einer privat-rechtlichen Person, bspw. in Form einer GmbH, wirtschaftlich betätigt, sich an einer solchen beteiligt oder sich mehrere öffentlich-rechtliche Akteure zusammenschließen.

Einer Gemeinde ist eine Beteiligung an Unternehmen grundsätzlich nur gestattet, wenn u. a. eine solche Beteiligung in einem angemessen Verhältnis zu ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit steht, ihre Haftung auf einen bestimmten Betrag begrenzt ist und diese sich nicht zur Übernahme von Verlusten in unbestimmter oder unangemessener Höhe verpflichtet (vgl. § 108 Gemeindeordnung NRW).

Ist die Gemeinde zu mehr als 50 % an einem Unternehmen beteiligt, muss zudem nach den Wirtschaftsgrundsätzen des § 109 GO NRW gearbeitet werden, wonach stets – solange hierdurch der öffentliche Zweck nicht beeinträchtigt wird – ein nachhaltiges Wirtschaften gefordert wird. Der Jahresgewinn soll hierfür so hoch sein, dass neben den notwendigen Rücklagen, die einen eigenständigen Fortbestand des Unternehmens sicherstellen sollen, ein Ertrag für den Haushalt der Gemeinde abgeworfen wird, der zumindest einer üblichen Eigenkapitalverzinsung entspricht. Vor diesem Hintergrund sollte stets geprüft werden, ob der Betrieb eines Mikro-Hubs nach dem jeweiligen Landesrecht zulässig ist. Ferner kann sich aus dem jeweiligen Landesrecht (z. B. § 8 Gemeindeordnung NRW) ein sog. Zugangsanspruch ergeben, der diskriminierungsfrei gewährt werden muss. Dies bedeutet, dass jedem KEP-Dienstleister nach festen Kriterien die Gelegenheit gegeben werden muss, Nutzer des Mikro-Hubs zu werden.

2.3 Private und öffentlich-rechtliche Akteure

Auch bei einer Zusammenarbeit von privaten und staatlichen Akteuren finden die vorgenannten landesrechtlichen Vorschriften bezüglich der Zulässigkeit einer wirtschaftlichen Betätigung Anwendung. Ferner können sich auch in diesem Zusammenhang vergaberechtliche Fragestellungen ergeben.

2.4 Exkurs: Betrieb eines Mikro-Hubs durch einen KEP-Dienstleister für andere KEP-Dienstleister

Grundsätzlich unterliegen private Akteure in der Auswahl ihrer Vertragspartner zwar keinen Beschränkungen (Privatautonomie), sodass ein KEP-Dienstleister – Akzeptanz der anderen KEP-Dienstleister unterstellt – auch Betreiber eines Mikro-Hubs sein kann. Der Betrieb durch einen KEP-Dienstleister, der zugleich Wettbewerber der anderen KEP-Dienstleister ist, kann jedoch sowohl betriebsinternen als auch externen Beschränkungen unterliegen.

In betriebsinterner Hinsicht muss sichergestellt sein, dass die Geschäftsgeheimnisse und das Know-How der jeweiligen Dienstleister (z. B. Prozesse und Mengen) hinreichend geschützt sind (z. B. durch räumliche und operationelle Trennung, Verschwiegenheitserklärungen und technische und organisatorische Schutzmaßnahmen).

Im Hinblick auf externe Faktoren ist zu berücksichtigen, dass zwischen den Akteuren kein Austausch von Markt- und sonstigen Informationen stattfindet, da ansonsten kartellrechtliche Probleme auftreten können. Bereits der Einsatz einer Videoüberwachungsanlage oder elektronischer Zugangs- und Schließsysteme kann dazu führen, dass der Betreiber die vorgenannten Informationen erlangt.

Beispiel: Vertragsgestaltung Mikro-Hub

Im Falle des Betreibermodells „Immobil (Multi-User)“ stellt der Betreiber den KEP-Dienstleistern die Räumlichkeiten zur Verfügung, welche dann dort selbst ihre eigenen logistischen Prozesse durchführen. Im Wesentlichen ist die Leistung, die der Betreiber gegenüber den KEP-Dienstleistern erbringt, auf die Bereitstellung und Wartung einer geeigneten Immobilie beschränkt, sodass es sich bei den zwischen Betreiber und KEP-Dienstleistern abzuschließenden Verträgen um herkömmliche Gewerbemietverträge handelt.

Sollten daneben noch weitere Dienstleistungen (z. B. Lagerung, Kommissionierung) durch den Betreiber an die KEP-Dienstleister erbracht werden, müssen hierüber separate Dienstleistungsverträge geschlossen werden; auch können dann ggf. weitere rechtliche Regelungen z. B. das „Lagerrecht“ des Handelsgesetzbuch (HGB) relevant werden. Um eine Immobilie als Mikro-Hub nutzen zu können, schließt der Betreiber seinerseits mit dem jeweiligen Immobilieneigentümer einen Gewerbemietvertrag ab, in dem auf jeden Fall die Untervermietung gestattet sein muss.

Bezüglich der Laufzeit der „Betreiberverträge“, welche – wie bereits festgestellt – im Ergebnis zu-nächst herkömmliche Gewerbemietverträge sind, existieren keine gesetzlichen Regelungen über eine etwaige Dauer. Grundsätzlich könnte ein solcher Vertrag auch ohne feste Laufzeit, dann jedoch mit entsprechenden Kündigungsfristen, geschlossen werden. Allerdings bietet sich die Vereinbarung einer festen Laufzeit an, da hierdurch eine Planbarkeit gewährleistet werden kann, die insbesondere in Bezug auf die Amortisation von Anfangsinvestitionen wichtig ist. Im Logistikbereich verbreitet sind Laufzeiten von 3 bis 5 Jahren, jedoch sind auch Laufzeiten von 10 Jahren nicht unüblich. Generell gilt jedoch, dass kürzere Laufzeiten in der Regel attraktiver für Vertragspartner sind.

3 Betriebsszenarien

Jedes Mikro-Hub entsteht in einem einzigartigen Wirkungsgefüge aus öffentlichen und privaten Akteuren. Folglich kann es nicht die eine Betreiberstruktur geben, da diese in Abhängigkeit zu den lokalen Bedingungen und den zusammentreffenden Akteuren steht. Eine individuelle Konzipierung ist erforderlich (vgl. Gade et al. 2022; Stiehm et al. 2019).

Sowohl die Stadt oder eine städtische Tochter als auch ein privater Akteur, z. B. Immobilieneigentümer oder ein zwischengeschalteter Dienstleister, können theoretisch die für die Ermöglichung des operativen Betriebs anfallenden Aufgaben übernehmen. Kern der Aufgaben eines Betreibers sind die folgenden:

  • Vermietung einer hergerichteten, „warmen Immobilie“, d. h. konkret Vermietung von Teilflächen an die potenziellen Nutzer (hier vorrangig: KEP-Dienstleister)

  • Gewährleistung eines Facility Managements vor Ort

Oberste Priorität hat die Gewährleistung des diskriminierungsfreien Zugangs zum Mikro-Hub, sodass die Interessen aller KEP-Dienstleister gleichwertig gewahrt werden und eine effiziente, zielgerichtete Nutzung des Hubs stattfindet.

Da in erster Linie die Prozesshoheiten der verschiedenen Nutzer des Mikro-Hubs gewahrt werden, hat der Betreiber erst einmal keine weiteren Aufgaben zu übernehmen. Synergien, die unter den Nutzern im Multi-User-Betrieb entstehen, werden z. B. durch die Nutzung eines gemeinsamen Anbieters für Lastenräder oder Ladeinfrastruktur bereits erzielt. Die Entwicklung weiterer Synergien fallen nicht zwangsweise in den Aufgabenbereich des Betreibers und können flankierend von weiteren Akteuren eingespielt werden.

Wie die Ausführungen erkennen lassen, ist das einfachste Szenario, wenn der Eigentümer selbst das Multi-User-Mikro-Hub herrichtet und betreibt (Abb. 9.1). Er schließt entweder a) einen Einheitsmietvertrag mit allen Nutzern des Mikro-Hubs als gleichwertige Mieter oder b) bilaterale Mietverträge mit den Nutzern, die über entsprechende Sonderkündigungsrechte bei Ausscheiden einzelner Nutzer verfügen (Abb. 9.1).

Abb. 9.1
figure 1

Szenario A – Alles aus einer Hand. (In Anlehnung an Stiehm et al. 2021)

Der Stadt kommen in diesem Szenario, wenn auch flankierend, ebenfalls umsetzungsrelevante Aufgaben zu. Sie unterstützt bei der Fördermittelbeantragung zur baulichen Realisierung des Mikro-Hubs und schafft ordnungs- bzw. verkehrsrechtliche Rahmenbedingungen für einen störungsfreien Betrieb. Darüber hinaus fungiert sie als Kümmerin und zentrale Ansprechpartnerin für Umstände, die nicht bi- oder trilateral unter den KEPs bzw. mit Eigentümerin gelöst werden können. Als zentrale Dialogführerin ist sie ebenfalls für die notwendige strategische Weiterentwicklung des Mikro-Hubs verantwortlich.

Betriebsnotwendige Services – wie Angebot und Wartung von Fahrzeugen sowie das Angebot und Laden von Akkus – wird über weitere Dienstleister zugekauft. Hier ist im Sinne von Synergieeffekten, auch aus wirtschaftlicher Sicht, zu einer Einigung auf gemeinsame Serviceanbieter unter den Nutzern des Mikro-Hubs geraten, allerdings verhandeln diese in letzter Instanz bilateral ihre Serviceverträge aus.

Falls sich der Eigentümer nicht auf eine vertragliche Konstellation mit verschiedenen Nutzern einlässt, ist ein zwischengeschalteter Betreiber bzw. Einheitsmieter erforderlich. Hier kann die Stadt bzw. eine stadtnahe Tochter als kostenneutrale Einheitsmieterin auftreten oder auch ein privatwirtschaftlicher Akteur, der hier jedoch i. d. R. höhere Renditeerwartungen ansetzt. Aktuelle Beispiele zeigen, dass z. B. Wirtschaftsbetriebe als städtische Tochter diese Rolle einnehmen können und auf eigenes Risiko Immobilien für ein Multi-User Mikro-Depot anmieten (z. B. Duisburg). Dem Einheitsmieter kommen hier vor allem die administrative Weitervermietung sowie die Gewährleistung eines Facility Managements zu (Abb. 9.2).

Abb. 9.2
figure 2

Szenario B – Eigentümer und Betreiber getrennt. (In Anlehnung an Stiehm et al. 2021)

Falls in Szenario B die Rolle des Betreibers bzw. Einheitsmieters von der Stadt selbst übernommen werden sollte, können diese Funktionen auch zusammengeführt werden. In der Regel kann es aber hier innerhalb der Verwaltung verschiedene Zuständigkeiten geben, z. B. zwischen Wirtschaftsförderung und Stadtplanung für das Mikro-Hub-Management sowie dem Betreiber im Bereich Liegenschaften- bzw. Gebäudemanagement.

4 Fazit

Für die Umsetzung von Mikro-Hubs, und in Teilen auch anwendbar auf Mikro-Depots, besteht eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten zur Regelung des Zusammenspiels verschiedener Stakeholder. In Abhängigkeit der Betreiberstruktur gibt es passende Konstrukte der Vertragsgestaltung, welche es besonders auch öffentlichen Akteuren ermöglichen, Mikro-Hubs zu etablieren. Hier lohnt sich ein Blick auf bestehende Best Practices und vor allem auf Beispiele, die ohne Förderung funktionieren. Die mögliche Rolle von stadtnahen Organisationen oder Tochtergesellschaften sollte individuell vor Ort besonders geprüft werden.