1 Einführung

In städtischen Gebieten sind für Kommunen im zunehmenden Maße Aspekte, wie die Steigerung der Lebensqualität oder die Verringerung der Umweltbelastungen von großem Interesse. Dabei soll gleichzeitig aber eine gute Versorgung der städtischen Gebiete gewährleistet sein (Havers 2021, S. 11). Allerdings ist die Durchführung logistischer Tätigkeiten in städtischen Gebieten eine wachsende Herausforderung, gerade vor dem Hintergrund des steigenden und zunehmend kleinteilig werdenden Sendungs- und Warenaufkommens.

Über die letzten Jahrzehnte fanden logistische Leistungen, bis auf den Transport von Gütern, in die Stadt hinein und wieder hinaus in ihr kaum statt. Parallel mit dem Prozess der Suburbanisierung der Siedlungsstruktur erfolgte die Suburbanisierung der Logistik, bekannt als „Logistics Sprawl“ (Heitz et al. 2017; Ruesch et al. 2020). Logistikfunktionen, wie das Lagern, Kommissionieren, Umschlagen von Gütern, wurden aus der Stadt an den Rand und in den ländlichen Raum verdrängt. Die Planung von Logistikimmobilien, die als Logistikknoten diese Funktionen erfüllen, erfolgte über Jahrzehnte auf der „grünen Wiese“ mit hohen Flächenverfügbarkeiten und vorwiegend orientiert am Anschluss an Autobahnen. Daraus resultierten großflächige, in der Regel nur auf eine Ebene ausgelegte Logistikimmobilien, die nahezu ausschließlich durch LKW und leichte Nutzfahrzeuge angefahren und genutzt werden können.

Im Kontext der Anforderung an CO2-neutrale, saubere, sich in das Stadtbild einpassende Logistik rücken neue Transportmittel, wie Lastenräder, Schienenfahrzeuge und elektrische Leichtfahrzeuge, wieder in den Blickpunkt. Vor allem in hochverdichteten Räumen können die zuvor genannten Herausforderungen durch die klimaneutrale Zustellform Lastenrad mit effizienterer Routenwahl angegangen und aufgelöst werden (Knese et al. 2023, S. 6 ff.). Für deren effizienten Einsatz und für neue Geschäftsmodelle, die auf Logistikdienstleistungen mit engen Lieferzeitfenster setzen, werden zunehmend wieder Logistikimmobilien und Flächen in der Stadt benötigt. Vor allem der Umschlag in urbanen Gebieten birgt große Herausforderungen. Die Flächenverfügbarkeit für geeignete Standorte der Hubs ist gering. Daher werden aktuell verschiedene Ansätze verfolgt, kleinere Umschlagsplätze in die städtische Infrastruktur zu integrieren. Dabei werden meist stationäre (Bestandsimmobilien oder Parkhäuser) sowie semi-stationäre Mikrodepotarten (Container, Wechselbrücken oder Anhänger) eingesetzt.

Dieses Kapitel führt in die Grundlagen zu Logistikknoten im generellen ein, wird eine Übersicht über Logistiknoten im urbanen Kontext und der Radlogistik im Detail beschreiben, Betreibermodelle darstellen und die Umsetzung bis hin zu Entwurfsempfehlungen darstellen.

1.1 Grundfunktionen von Logistikknoten

Logistikknoten erfüllen verschiedene Funktionen in Logistiknetzwerken. Logistiknetzwerke verbinden Versender mit Empfängern und organisieren den Güterfluss zwischen diesen. Sie bestehen aus den Logistikknoten, die durch Kanten miteinander verbunden sind, Sie unterteilen sich in industrielle Distributionsnetzwerke, Zuliefernetzwerke, Handels-/Distributionsnetzwerke und Dienstleister-/Speditionsnetzwerke mit Raster- oder Hub-and-Spoke-Netzen (Fleischmann et al. 2008, S. 12 ff.; Bretzke 2015, S. 212 ff., 289 ff.). Für die Radlogistik sind insbesondere Distributionsnetzwerke (Abb. 8.1) und Dienstleister-/Speditionsnetzwerke (Abb. 8.2) relevant und werden hier zum Verständnis kurz vorgestellt.

Abb. 8.1
figure 1

Modellhafte Darstellung von Handels- und Distributionsnetzwerken. (Quelle: eigene Darstellung)

Abb. 8.2
figure 2

Schematische Darstellung von Dienstleister- und Speditionsnetzwerken. (In Anlehnung an Assmann 2020)

In Handels-/Distributionsnetzwerken bündeln Handelsinstitutionen ihre Lieferanten für die Belieferung (eigener) Filialen bzw. Kunden (e-commerce). Handelsnetzwerke verfügen in der Regel über Zentrallager, in denen die Beschaffung gebündelt wird und die Filialen beliefern (Bretzke 2015, S. 325 ff.). Daneben bestehen ein- und zweistufige Netzwerke, bei denen von weiteren Umschlagspunkten die Waren in der Fläche verteilt werden.

In Dienstleister-/Speditionsnetzwerken wickeln eigenständige Speditionen oder Systemdienstleister die Transporte für Handel und Lieferanten ab. Diese Netzwerke sind in der Regel multidirektional, kundenoffen und zeichnen sich durch eine many-to-many-Architektur mit hoher Flächenabdeckung aus. Transporte werden meist zweimal gebrochen (Definition s. u.), nach der Abholung und nach dem Hauptlauf vor der Feinverteilung. Die Grundstruktur von Dienstleisternetzen ist in Abb. 8.2 dargestellt. Der Hauptlauf zwischen den Knoten kann in zwei Grundformen ausgeführt werden (Bretzke 2015, S. 370), die untereinander kombinierbar sind:

  • Rasternetz – direkte Hauptlaufverbindungen zwischen allen Knoten oder

  • Hub-and-Spoke – Hauptläufe werden an zentralen Knoten unter Inkaufnahme von Umwegen von Sendungen gebrochen und so weiter verdichtet.

Innerhalb dieser Netzwerke können Logistikknoten verschiedene Funktionen erfüllen, Diese sind:

  • Bündeln

    Bündeln bezeichnet das Zusammenfassen von Sendungen oder Gütern aus verschiedenen Quellen bzw. von verschiedenen Versendern. An einem Logistikknoten werden z. B. die Sendungen verschiedener Versender aus der Region gebündelt und zusammen auf den Hauptlauf zu einem anderen Logistikknoten in einer anderen Region geschickt.

    Analog kann von Bündeln gesprochen werden, wenn an einem Logistikknoten Sendungen aus verschiedenen Hauptläufen zusammengefasst und gebündelt für ein bestimmtes Gebiet zugestellt werden. In beiden Fällen ist die Bündelung ein Vorgang der besonders bei Dienstleister- und Speditionsnetzwerken stattfindet.

  • Konsolidieren

    Der Begriff der Konsolidierung wird häufig synonym zur Bündelung genutzt. Er bezeichnet die Verladung bzw. den Umschlag der Güter von verschiedenen Güterflüssen auf ein Fahrzeug (Benjelloun et al. 2010). Der Term kann damit über das reine Bündeln hinaus gehen, genau dann, wenn er die Zusammenfassung von Güterflüssen verschiedener Systemdienstleister aus verschiedenen Netzwerken meint.

    Der oft genutzte Begriff White Label bezeichnet diese Konsolidierung in der Form, dass die Sendungen mehrerer Speditionen und Systemdienstleister konsolidiert und durch einen „neutralen“ Anbieter mit z. B. weißen Fahrzeugen zugestellt bzw. abgeholt werden. Die Sendungen werden durch den „neutralen“ Anbieter übernommen und unter seiner Organisation und Verantwortung zugestellt.

    Von der Konsolidierung ist kooperative Nutzung von Logistikknoten zu trennen. Kooperative Nutzung bedeutet, dass ein Umschlagsknoten durch mehr als einen Güterfluss von mehr als einem Logistiker (z. B. zwei Kurier-, Express-, Paket (KEP) Dienste), bei denen beide Güterströme strikt voneinander getrennt sind, genutzt wird (Bogdanski 2015, S. 52). Damit ist eine Konsolidierung auf einen Anbieter bzw. eine Mischung der Sendungen strikt ausgeschlossen.

  • Verteilen

    In der Logistik ist der Begriff der Verteilerverkehre üblich. Dieser wird z. B. genutzt für LKW im Bereich 7,5 t–24 t zulässiges Gesamtgewicht (zGG.), die als Verteilerfahrzeuge bezeichnet werden. Das Verteilen bezeichnet das Aufbrechen eines Hauptlaufes mit großen Fahrzeugen in einzelne Sendungen die mit kleineren Fahrzeugen zu den Empfängern transportiert werden. Das Verteilen ist typisch für Distributionsnetzwerke in denen ein Hauptlauf für die Region an einem regionalen Logistikknoten aufgebrochen wird. In Speditions- und Dienstleisternetzwerken erfolgt auch die Verteilung des Hauptlaufs.

Weitere, relevante Begriffe sind:

  • Intermodale Verkehre bzw. intermodale Logistikknoten

    Der Begriff intermodal wird genutzt, wenn entlang einer Transportkette bzw. für den Transport eines Gutes durch ein Netzwerk mehr als ein Transportmittel zum Einsatz kommt. Ein intermodaler Logistikknoten ist somit dann gegeben, wenn Güter zwischen mindestens zwei unterschiedlichen Transportmitteln umgeschlagen werden. Dies ist z. B. der Fall, wenn der Umschlag von LKW auf Zug – also vom Verkehrsträger Straße auf den Verkehrsträger Schiene – erfolgt. Ein Umschlagsknoten wird nicht als intermodal bezeichnet, wenn nur zwischen verschiedenen Typen von Straßenbasierten Kraftfahrzeugen umgeschlagen wird (z. B. LKW zu Van). In der engen Definition von intermodal, Umschlag zwischen zwei Verkehrsträgern, zählt der Umschlag von einem LKW oder Van als Straßentransportmittel auf ein Lastenrad als Straßentransportmittel nicht als intermodal, da Radwege ein Teil der Straße sind. Wird die Radverkehrsinfrastruktur als separate Infrastruktur bezeichnet, dann kann von einem intermodalen Umschlag gesprochen werden. Eine Übersicht zu aktuellen Entwicklungen zu intermodalen Ansätzen der Radlogistik bietet Kap. 23.

  • Gebrochene und ungebrochene Verkehre

    Mit den Begriffen gebrochen/ungebrochen wird in der Logistik unterschieden, ob eine Transporteinheit an einem Knoten unverändert auf ein anderes Transportmittel umgeschlagen wird (ungebrochen), oder ob es geöffnet (gebrochen) wird und die einzelnen Ladungseinheiten/Sendungen auf andere Transportmittel umgeschlagen werden. Ein Wechselcontainer für Lastenräder, der am Hub beladen und in der Stadt als eine Einheit auf das Lastenrad gesetzt wird, ist ungebrochen. Werden hingegen die Pakete einzeln vom Van in das Lastenrad geladen, dann ist der Umschlag gebrochen.

1.2 Prozesse in Logistikknoten

In einem Logistikknoten können unterschiedliche Prozesse stattfinden. Die Typen der Prozesse in einem Knoten definieren dabei Anforderungen an dessen Gestaltung und auch die Funktion im Netzwerk. Standardprozesse, die in jedem Logistikknoten vorkommen, sind:

  • Umschlag

    Beim Umschlag handelt es sich um den Prozess der Aufnahme eines Gutes von einem Transportmittel in einen Logistikknoten sowie dessen Abgabe auf ein weiteres Transportmittel (Muchna et al. 2021, S. 89). Damit finden zudem die Prozesse der Entladung des Transportmittels sowie der Beladung des Transportmittels statt.

  • Lagern

    Bei dem Prozess des Lagerns verändert sich das Produkt nur in der zeitlichen Dimension, in dem diese vergeht (Illés et al. 2007, S. 8). Das Produkt liegt, einfach ausgedrückt, an einem festen Platz. Die Lagerung ist eine geplante Unterbrechung des Flusses einer Sendung von einem Versender zum Empfänger (Muchna et al. 2021, S. 89) und beträgt eine größere Zeiteinheit. Das Lager dient dazu, Ungleichmäßigkeiten in der Bereitstellung von Waren und deren Bedarf in Menge und/oder Zeit auszugleichen. Davon zu trennen ist das Liegen, welches eine ungeplante Unterbrechung des Flusses bezeichnet (Muchna et al. 2021, S. 89).

  • Kommissionieren

    Das Kommissionieren ist Teil eines Lagers und bezeichnet das Zusammenstellen von Waren aus einem bereitgestellten Artikelsortiment nach vorgegebenen Aufträgen zu einer Sendung bzw. einer Lieferung (Gudehus 2012, S. 707).

  • Wareneingang

    Im Wareneingang werden die Sendungen bzw. Lieferungen erfasst, die in einen Logistikknoten eingehen. Wesentliche Schritte sind die Warenannahme und die Wareneingangskontrolle. Dem schließt sich in Lagerknoten die Einlagerung und, je nach Lagerart, auch das Aufbrechen und die Vereinzelung der Güter auf Lagerplätzen an.

  • Warenausgang

    Im Warenausgang werden Waren aus dem Lager bzw. der Kommissionierung bereitgestellt, Qualität sowie Identität kontrolliert, die erforderlichen Dokumente erstellt und die Ware bzw. Sendung auf das vorgesehene Fahrzeug verladen.

2 Klassifizierung von (urbanen) Logistikknoten

In und um die Stadt gibt es eine Vielzahl an Ausprägungsformen von Logistikknoten. Sie unterscheiden sich in den darin durchgeführten Prozessen und ihrer Funktion im Logistiknetzwerk (siehe Abschn. 8.1.1 und 8.1.2). In Bezug auf die Radlogistik und die Planung von Stadt werden jedoch auch weitere Beschreibungsaspekte, besonders die Anforderung an Flächen, Erschließung und Lage im Stadt- bzw. Verdichtungsraum, relevant. Nicht alle dieser Knoten sind geeignet für die Radlogistik. Da selbst in der Fachwelt jedoch nicht immer eine kohärente Begriffsnutzung vorzufinden ist, wird dieser Abschnitt einen grundsätzlichen Überblick über Logistikknoten im urbanen Kontext auf Basis der Arbeiten von (Assmann 2020, S. 22 ff.; Kuchenbecker et al. 2023) geben. Die detaillierte Beschreibung der Logistikknoten der Radlogistik erfolgt in den folgenden Abschnitten.

Urbane Umschlagsknoten lassen sich sinnvoll durch zwei Dimensionen beschreiben. Dies ist die Lage des Knotens im Verdichtungsraum und die Funktion des Knotens im Logistiknetzwerk. Die Dimension der Lage ist durch zwei Pole charakterisiert (Behrends und Rodrigue 2019), zwischen denen weitere Ausprägungsformen vorzufinden sind:

  • Kernstadt: Knoten in verdichteten Räumen mit wenigen Flächenverfügbarkeiten, hohen Preisen und tendenziell hohen Verkehrsproblemen und schwierigen Bedingungen für die Logistik.

  • Peripherie/suburbaner Raum: Knoten auf der „grünen Wiese“ mit hoher Flächenverfügbarkeit, wenig Verkehrsproblemen, guter Erschließung an nationales Verkehrsnetz und geringen Schwierigkeiten für die Logistik.

Die zweite Dimension ist die Kernfunktion der Logistikknoten, die vier Ausprägungsformen aufweist:

  • Distributionsknoten (Auch Lagerknoten): Sie dienen der Bestandshaltung von Waren zur Versorgung von Personen und Wirtschaft. Damit einher gehen die Kernprozesse der Lagerung und Kommissionierung die beide entsprechende Platzanforderungen mit sich bringen.

  • Konsolidierungsknoten: Hier wird das Ziel verfolgt, verschiedene Güterflüsse über Unternehmen hinweg zu konsolidieren. Diese Knoten können intermodal ausgeführt sein und sowohl der Verteilung wie der Sammlung dienen.

  • Umschlagsknoten konzentrieren sich in erster Linie auf die Bereitstellung der Infrastruktur für den Warentransfer zwischen verschiedenen Transportmitteln, die Bündelung und Entflechtung von Flüssen für effiziente Transporte und/oder die Verknüpfung von Lang- und Kurzstrecken (Gudehus 2010). Lagerprozesse finden nicht oder nur sehr kurzfristig (maximal 1 Tag) statt. Umschlagsknoten lassen sich weiter in Verteilumschlagspunkt und Sammelumschlagspunkt differenzieren. Bei ersterem werden Waren vom Knoten abgeholt und bei den Empfängern verteilt, im letzteren erfolgt die Sammlung von mehreren Lieferstellen. Ein Umschlagsknoten ermöglicht beide Prozesse (Gudehus 2010, S. 893 f.).

  • Empfängerknoten: Sie dienen der zeitlich/räumlich versetzen Übergabe der Güter bzw. Sendungen an die Empfänger. Sie müssen eine kurzfristige Lagerung und Nutzbarkeit durch die Empfänger sicherstellen. Sie dienen vorwiegend der Verteilung von Sendungen, bei der diese gebündelt an einem Ort abgelegt und dezentral durch die Empfänger abgeholt werden.

Eine Übersicht und Klassifizierung ist in Abb. 8.3 dargestellt. Die einzelnen Ausprägungsformen werden in den folgenden Unterkapiteln näher beschrieben.

Abb. 8.3
figure 3

Klassifizierung von Umschlagsknoten im urbanen Kontext. (In Anlehnung an Assmann und Trojahn 2018; Assmann 2020, S. 24; Kuchenbecker et al. 2023, S. 24 ff.)

2.1 Distributionsknoten

Zentrallager (auch Distributionszentren/Logistikzentren genannt) stellen das fundamentale Bindeglied zwischen Produktion und Distribution dar (Rodrigue 2006) und haben eine zentrale Position im Layout. Ihre Funktion ist das Bündeln und Ausgleichen der Versorgungs- und Verteilungsströme. Sie treten selten auf und decken einen sehr großen räumlichen Bereich, teilweise über Ländergrenzen hinweg ab. Von Zentrallagern erfolgt in der Regel keine direkte Belieferung von Städten. Dies erfolgt dann ausgehend von Umschlagsknoten oder Regionallagern. Derartige Knoten haben in der Regel einen hohen Flächenbedarf, ein sehr hohes Verkehrsaufkommen und werden vorwiegend mit LKW mit 40 t zGG. und zum Teil im kombinierten Verkehr oder per Zug angedient. Sie können sich jedoch sehr wohl im Umkreis einer Stadt befinden und dort entsprechend Verkehre induzieren.

Regionallager übernehmen in Distributions- und Handelsnetzwerken i. d. R. die Organisation der Feinverteilung für eine bestimmte Region und führen vor Ort ein Lager (Assmann und Trojahn 2018). Sie übernehmen die Verteilung in einem Ballungsraum und dessen Umland. Sie liegen vorwiegend im suburbanen Raum und sind auf LKW-Transporte ausgelegt.

Urbane Depots bezeichnet im städtischen Raum liegende Logistikknoten mit Lagerung und häufig Kommissionierung. Sie dienen besonders der Versorgung des Ballungsraum und ermöglichen durch die Lage den Einsatz von kleineren Fahrzeugen in der direkten Belieferung von Endkunden oder der Versorgung von weiteren Knoten in der Kernstadt bei relativ kurzen Zeitfenstern. Urbane Depots können proprietär durch einen Logistiker oder als Multi-User Ansatz ausgeführt sein. Eine Sonderform von urbanen Depots sind Großhändler mit eigenen Auslieferungsfahrzeugen, die eine analoge Funktion erfüllen.

Mikro-Depots, modern auch als Darkstores bezeichnet, sind kleine Lager, vorwiegend in Kernstädten, von denen aus bestimmte Stadtgebiete aus beliefert werden. Ziel ist, durch die Lage sehr nah am Empfänger Produkte in sehr kurzer Zeit zustellen zu können. Diese Knoten ermöglichen durch die Wege auch den Einsatz von kleinen Transportmitteln, wie LEVs, Fahrrädern oder Lastenrädern. Darkstores werden häufig in Bestandsimmobilien eingerichtet.

Auch klassische Händler, besonders Einzelhändler, sind Logistikknoten in der Stadt. Sie dienen der Lagerung von Waren bis sie klassisch durch den Kunden selbst kommissioniert und dann nach Hause transportiert werden. Lage und Infrastruktur beeinflussen dabei ebenso dessen Transportmittelwahl. Zunehmend werden Einzelhandelsknoten auch als Lager für logistische Lieferungen an Empfänger genutzt, die durch die Handelskette, den Händler oder Logistiker organisiert werden.

Hinweis: Als Mikro-Depots werden in der Praxis häufig auch reine Umschlagsknoten (Mikro-Hubs, siehe Abschn. 8.2.3) bezeichnet. Dies stammt vermutlich daher, dass im Paketbereich auch die Umschlagszentren außerhalb der Stadt als Depot bezeichnet werden.

2.2 Konsolidierungsknoten

Urbane Konsolidierungsknoten konzentrieren sich auf die Rolle der Bündelung von Warenflüssen verschiedener Speditionen und Systemdienstleistern. Ein solcher Konsolidierungsprozess erfordert einen weiteren Betreiber, der ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Konsolidierung der Fracht hat. Diese Knotenpunkte benötigen dafür ausreichend Platz für Puffer- und Bündelungsprozesse.

Im englischen Sprachraum ist häufig der Begriff der Urban Consolidation Center (UCC, dt. Güterverkehrszentren, GVZ) zu finden. Sie befinden sich an der Peripherie einer Stadt. Ihre ursprüngliche Funktion bestand darin, als Umschlagplatz für Güter von Langstrecken-LKWs auf kleinere, besser ausgelastete LKWs für städtische Gebiete zu dienen. Der Standort ist i. d. R. gut für Lkw und den Fernverkehr erreichbar. Diese Anlagen unterliegen in der Regel keinen starken räumlichen Beschränkungen.

Eine weitere Form der Konsolidierungszentren stellen die sog. Micro-Consolidation Center (MCC) dar. MCC zielen analog auf die Konsolidierung von Flüssen ab. Sie sind deutlich kleiner, liegen im kernstädtischen Bereich und ermöglichen die Nutzung von kleineren Fahrzeugen für die Transporte. Da Puffer-, tlw. Lager und Bündelungsprozesse notwendig sind, sind MCCs von Natur aus stationär und meist in bestehenden Immobilien untergebracht. Die reine Form der Konsolidierung ist sehr selten. Eine abgewandelte aber häufige Form der MCC stellen regionale (Rad-)Logistiker dar. Diese erhalten an ihrem Standort Sendungen unterschiedlicher Versender und Speditionen und Systemdienstleister (im Nachauftrag) um diese in deren Auftrag zu verteilen. Dies kann, sofern Versender (rechtlich) und Logistik (organisatorisch) dies zulassen, konsolidiert geschehen, oder es werden für die unterschiedlichen Aufträge getrennte Touren gebildet. Konkrete Ausprägungsformen sind hier sehr stark abhängig von einzelnen Geschäftsmodellen der häufig kleinen oder mittleren lokalen Unternehmen.

2.3 Umschlagsknoten

Am Stadtrand bzw. dem suburbanen Raum befinden sich in Distributionsnetzwerken meist Cross-Docks oder Transshipmentknoten, welche den Umschlag vom Hauptlauf auf die Verteilerverkehre bestandslos ermöglichen. In Dienstleisternetzwerken sind dies sogenannte Hubs, in Paketnetzwerken auch Depots genannt (obwohl sie nicht lagern), welche die Sammlung und Verteilung der Sendungen einer Region organisieren (Fleischmann et al. 2008, S. 16). Diese Knoten sind LKW-orientiert, im Paketbereich werden auch häufig leichte Nutzfahrzeuge eingesetzt.

Urban Hubs sind analog zu Urban Depots zu betrachten, nur ohne Lagerung. Sie benötigen dadurch tendenziell weniger Fläche. Proprietäre und Multi-User-Ansätze sind hier ebenso möglich, die entweder durch Netzwerkdienstleister direkt oder deren Nachunternehmer betrieben werden.

Mikro-Hubs (oder auch Micro-Hubs) sind in erster Linie Umschlagsknoten von Systemdienstleistern in der Kernstadt bzw. für bestimmte Stadtgebiete mit einer geringen Distanz zu den Empfängern. Hier findet keine Lagerung statt. Sie werden genutzt, um andere Transportmittel, wie Lastenräder oder die Zustellung per Sackkarre umsetzen zu können. Umschlagtechnologie (Förderbänder, Gabelstabler o. ä.) wird in einem Mikro-Hub üblicherweise nicht installiert. Bei Mikro-Hubs haben sich in der Praxis proprietäre wie Multi-User- Ansätze durchgesetzt. Sie werden häufig stationär ausgeführt. Jedoch sind durch die Konzentration auf den reinen Umschlag auch mobile und halb-stationäre Lösungen, wie z. B. Anhänger, Wechselbrücken u. ä. vorkommend (Abb. 8.3).

2.4 Empfängerknoten

Empfängerknoten dienen der zeitlich und/oder räumlich versetzen Übergabe von Sendungen an die Empfänger. Hier sind besonders Paketautomaten und Paketshops zu nennen.

Paketautomaten dienen der Hinterlegung von Sendungen an einem Ort, wo sie vom Empfänger ohne persönlichen Kontakt zeitversetzt abgeholt und zum Ziel gebracht werden. Sie können inzwischen als Einzel- und Mehrfachboxen in Gebäuden und Wohnhäusern vorgefunden oder als Großautomat im öffentlichen bzw. frei zugänglichen Stadtraum aufgestellt werden. Je nach Ausführung brauchen sie am Standort Strom- und Internetanschluss oder können sich autark damit versorgen. Die Nutzungsvarianten gehen inzwischen bei einigen Anbietern über die reine Übergabe von Paketen hinaus. Hier sind zum Beispiel auch Nachbarschafts- und Spintfunktionen denkbar und umsetzbar. Paketstationen sind auch mit anderen Logistikfunktionen wie z. B. einem Mikro-Hub kombinierbar (Abb. 8.4).

Abb. 8.4
figure 4

Mikro-Hub als Container mit Paketstation. (Foto: Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg)

Paketshops sind die manuelle Version von Paketautomaten. Hier werden Pakete in einem Geschäft o. ä. hinterlegt und dem Empfänger persönlich von Mitarbeitenden ausgehändigt. Die Aufgabe von Paketen (Versand)ist meist auch möglich. Paketshops sind häufig als Shop-in-Shop-Konzept in einem Geschäft ausgeführt und dienen als Nebenerwerb und „Frequenzbringer“.

3 Logistikknoten für die Radlogistik

Das Anwendungsszenario für Radlogistik ist vorwiegend in kernstädtischen Bereichen, die sich relativ hohen Stoppdichten und geringe Distanzen charakterisieren. Um Radlogistik zu ermöglichen, braucht es deswegen die Implementierung von Umschlagsknoten nah an Empfängern. Geeignete Umschlagsknoten für die Radlogistik sind:

  • Geschäfte des Einzelhandels,

  • Darkstores,

  • Micro Consolidation Centers und

  • Mikro-Hubs (teilweise auch als Mikro-Depot bezeichnet).

Urbane Hubs und Urbane Depots können es, je nach Lage und Sendungsstruktur, ebenso ermöglichen, dass von ihnen ausgehend einige direkte Touren zu Empfängern im Umkreis des Standorts per Lastenrad umgesetzt werden. Durch das große Serviceareal des Ballungsraums (oder großer Teile davon) und Aufgaben, wie der Belieferung von z. B. Mikro-Hubs und Empfängerknoten, ist jedoch ein überwiegender Lastenradeinsatz unrealistisch.

Die Knoten mit hoher Eignung für die Radlogistik unterscheiden sich in den wesentlichen Attributen der Organisationsform, der baulichen Ausprägung und der Güterflüssen. Tab. 8.1 gibt dazu eine Übersicht. Mikro-Hubs (und Depots) werden vorwiegend von Systemdienstleistern betrieben, zielen (aktuell) stark auf den Paketsektor und lassen sich tlw. auch mobil oder semi-stationär gestalten. Für Multi-User Ansätze wird ein neutraler Steller/Betreiber der Fläche nötig. Eine detaillierte Darstellung zu Geschäftsmodellen von Hubs der Radlogistik ist in Abschn. 8.5 zu finden.

Tab. 8.1 Charakterisierung urbaner Logistikknoten. (In Anlehnung an Assmann and Trojahn (2018))

Darkstores und Einzelhändler werden durch Handelsunternehmen betrieben. Bei Darkstores sind dies vorwiegend Akteure aus dem quick-commerce, im Einzelhandel etablierte Ketten oder inhabergeführte Unternehmen. Die Logistik wird bei Darkstores selbst ausgeführt und ist Teil des Geschäftsmodells. Im Einzelhandel ist auch die Beauftragung von Systemdienstleistern möglich, die nur für das Unternehmen fahren oder als lokaler (Rad-)Systemdienstleister dies in ihre Touren integrieren.

Die MCC in der Form der Radlogistiker werden betrieben von lokal verankerten Unternehmen. Sie können, je nach individuellem Geschäftsmodell, eine große Bandbreite an Güterflüssen abwickeln und entwickeln Angebot und Leistungsportfolio mit den regionalen Bedarfen und Aufträgen.

MCCs mit Radlogistik sind meist betrieben durch Unternehmen, die sich auf Transporte in Städten mit (Lasten-)Fahrrädern und teilweise mit E-Fahrzeugen/LEVs konzentrieren. Die Knoten können in bereits existierenden Gebäuden oder in ganz neuen Gebäuden umgesetzt werden. Genutzt werden gern alte Lagerhallen und Handelsflächen. Die logistische Ausstattung ist oft begrenzt, Rampen sind nicht immer vorhanden.

Mikro-Hubs genießen mehr Gestaltungsspielräume, da sie nur die Umschlagsfunktion erfüllen müssen. Der Umschlag lässt sich in vier verschiedene Ausführungsvarianten unterteilen, wobei die ersten beiden Varianten ebenso für die bereits dargestellten Umschlagsknoten relevant sind (Assmann et al. 2019):

  • Manueller Umschlag: Im Hub erfolgt manuelle Grobsortierung, d. h. die Sendungen für das Lastenrad werden aussortiert und der Relation für den Zulauf zum Umschlagsknoten zugeordnet sowie manuell in das Zulauffahrzeug verladen. Am Umschlagsknoten erfolgt die Entladung und Verbringung manuell. Im Umschlagsknoten werden abschließend die Touren durch die Fahrer:innen in der individuellen Reihenfolge beladen.

  • Der Einsatz von Gitterwägen kann den Aufwand des manuellen Umschlags deutlich reduzieren. Am Hub werden diese grob mit den Lastenradsendungen beladen. Die Nutzung von Gitterwägen benötigt Rampen am Umschlagsort und/oder Ladebordwände, damit diese in die Fahrzeuge herein- und aus diesen herausgerollt werden können.

  • Beim Einsatz von Wechselbrücken, LKW, Anhängern als Mikro-Hub stehen diese am Hub bereit und werden vorsortiert beladen. Vor Ort werden die semi-stationären Mikro-Hubs abgestellt und die Lastenradfahrer:innen führen eine manuelle Sortierung der Sendungen durch.

  • Der Einsatz von Wechselbehältern wird viel diskutiert und technisch von verschiedenen Herstellern von Lastenrädern angeboten. Hier wird der Wechselbehälter bereits am Hub für eine Tour in der richtigen Abfolge beladen. Anschließend wird er an den Umschlagsknoten gefahren und dort als geschlossene Einheit auf das Lastenrad verladen. Bisher ist dies jedoch nahezu nicht umgesetzt, da Fahrer:innen ihre Touren meist selbst zusammenstellen.

In Abhängigkeit der Umschlagsvariante lässt sich der Mikro-Hub gestalten. Tab. 8.2 stellt eine Übersicht über die drei Grundformen dar. Bei Mikro-Hubs werden die Sendungen i. d. R. bereits nach den Ausliefertouren sortiert angeliefert, was den Handlingaufwand verringert. Werden dafür Wechselbehälter oder einfache Kisten eingesetzt, dann ist ein mobiler Umschlag denkbar. Der Einsatz von Gitterwägen oder Rollbehältern eignet sich gut für den stationären Umschlag und bei Wechselbrücken, Anhängern oder LKWs wird von einem semi-stationären Umschlag gesprochen.

Tab. 8.2 Typen von proprietären Umschlagsknoten. (Auf Basis von Assmann et al. 2019)

4 Flächen für Umschlagsknoten

Die Verfügbarkeit von geeigneten Flächen ist die größte Barriere für die Umsetzung von Radlogistikkonzepten und der Erweiterung der Radlogistik in einer Stadt. Tab. 8.3 gibt deswegen, aufbauend auf den Arbeiten von (Assmann et al. 2019), einen Überblick zu geeigneten Flächen und der Nutzbarkeit für bestimmte Typen der Umschlagsknoten. Grundsätzlich sind die Flächen immer im Zusammenspiel mit Nutzung, Infrastruktur und Lage zu betrachten und dienen nur als Anfangspunkt für eine Suche und Planung.

Tab. 8.3 Übersicht zu Eignungsflächen für Mikro-Hubs

5 Betreibermodelle für Mikro-Hubs

In der Praxis gibt es ein breites Portfolio unterschiedlicher Lösungen, die sich hinsichtlich der zugrunde liegenden Betreibermodelle differenzieren lassen. Im Zusammenhang mit Mikro-Hubs kann grundsätzlich zwischen sog. Single-User- und Multi-User-Betreibermodellen unterschieden werden (Kuchenbecker et al. 2023):

  • Single-User Mikro-Hubs sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nur von einem Nutzer (bspw. ein KEP-Dienstleister) in Anspruch genommen werden, der i. d. R. auch gleichzeitig Betreiber des Mikro-Hubs ist. Diese Lösung liegt somit komplett in Hand eines Anbieters, der somit alle Entscheidungen selbst entsprechend der unternehmerischen Zielsetzung trifft.

  • Multi-User Mikro-Hubs sind dadurch gekennzeichnet, dass die Flächen von mehreren Nutzern (bspw. KEP-Dienstleistern oder einer Kombination aus KEP-Dienstleistern und Frischelogistik) als Umschlagpunkte für die letzte Meile in Anspruch genommen werden. In aller Regel fungiert ein neutraler Dritter als Betreiber. Dies kann z. B. auch ein kommunales Unternehmen sein.

In der Praxis existieren zeitgleich Mikro-Hubs beider Modelle. Im Folgenden werden die Merkmale der Single- und Multi-User-Hubs dargestellt.

5.1 Single-User-Mikro-Hubs

Unternehmen entscheiden sich häufig für die einfacher zu planenden und zu betreibenden Single-User-Hubs. Diese werden vollständig in Eigenregie des jeweiligen Unternehmens geplant und betrieben. In Berlin gehört ein Großteil der Single-User-Mikro-Hubs zur PIN AG und zu Hermes – sofern die e-Grocery-Standorte (in Abschn. 8.2.1 als Darkstores bzw. Mikro-Depots beschrieben) der Lieferdienste wie Getir und Flink nicht mit einbezogen werden. Diese Betreiber:innen haben ihre Flächen überwiegend in Bestandsimmobilien, die entsprechend umgenutzt werden. Diese Anpassung im Bestand geht mitunter mit Kompromissen einher.

Diese Single-User-Lösung reduziert die Zahl an Schnittstellen und Abstimmungsprozessen erheblich und maximiert gleichzeitig die Kontrolle über die Art der Ausgestaltung, die Lage und Betriebsdauer. In der Praxis zeigt sich, dass Single-User-Hubs über einen längeren Zeitraum betrieben werden. Flächenbezogene Synergien z. B. durch die gemeinsame Nutzung von Reparatur- oder Lademöglichkeiten, Aufenthaltsräumen etc. ergeben sich bei dieser Variante prinzipbedingt nicht.

Ein aktuelles Beispiel ist das Single-User-Hub des KEP-Dienstleisters DPD im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg. Dabei wird eine ehemalige Autowerkstatt als Mikro-Hub genutzt. Täglich werden hier ca. 400 Sendungen umgeschlagen. Für die Feinverteilung auf der letzten Meile kommen vier Lastenräder zum Einsatz. Die Belieferung des Hubs vom Depot aus erfolgt mit einem elektrisch angetriebenen Nutzfahrzeug. Der Standort wurde zudem mit einer Schnellladesäule sowie mit einer Akku-Wechselstation ausgerüstet.

5.2 Multi-User-Mikro-Hubs

Bei Multi-User-Mikro-Hubs schwankt die Zahl der nutzenden Unternehmen. Sie liegt i. d. R. zwischen zwei bis drei, es gibt aber auch Hubs mit mehr Nutzer:innen. Letztlich ist dies abhängig vom Flächenangebot und der Eignung aus Nutzer:innen-Sicht. Forschungsprojekte, die einem Multi-User-Ansatz folgen, gibt es in Berlin bereits seit 2018 (vgl. Beispiel). Im Gegensatz zu den Single-User-Varianten haben Multi-User-Hubs vorrangig temporären Charakter. Oftmals werden öffentliche Mittel aufgewendet, um ein solches Hub zu realisieren. Das ist ein Grund, warum nur wenige Hubs langfristig betrieben bzw. genutzt werden. Ein weiterer Grund hierfür liegt in der längerfristigen Verfügbarkeit geeigneter Flächen. Diese Flächen stehen somit häufig zeitlich nur eingeschränkt zur Verfügung und werden danach anderweitig genutzt bzw. mit einer lukrativeren und langfristigeren Nutzung belegt. Damit verkürzt sich auch der Zeitraum für die Nutzer:innen, indem sich die Anfangsaufwände – z. B. für die Prozessanpassungen – amortisieren. Nach Aussagen etlicher Betreiber:innen rentiert sich die Implementierung eines Mikro-Hubs vor allem in Bestandsimmobilien, wenn diese mindestens ein, besser zwei bis drei Jahre genutzt werden können.

Der Mangel an zentral gelegenen, verfügbaren sowie bezahlbaren Flächen mündet häufig in eine Multi-User-Hub-Lösung, die mittels 20-Fuß-Containern realisiert wird. Multi-User-Hubs werden in der Regel entweder von privaten Unternehmen, wie z. B. DB InfraGO AG oder von kommunalen Töchtern betrieben. Der Neutralität der Betreiber:in kommt ein großer Stellenwert zu, da es ansonsten nicht gelingt, Mitwettberber in einer Flächenkooperation an einem Standort zusammenzuführen und die notwendige Akzeptanz herzustellen.

Geförderte Multi-User-Standorte sind mitunter an Vorgaben hinsichtlich der Einnahmen und Vermietung gebunden. So darf z. B. kein Nutzungsentgelt bei den Nutzer:innen erhoben werden, lediglich eine Nutzungspauschale, um die laufenden Kosten zu decken. Je nach Förderbedingungen kommt es vor, dass Vorgaben bei der Belieferung zu erfüllen sind (z. B. die emissionsfreie Zustellung der Sendungen). Häufig ist es nicht möglich, die Kosten bzw. Einnahmen für den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem die Förderung ausläuft.

Ein Multi-User-Hub bietet prinzipbedingt mehr Möglichkeiten der zeitlich-räumlichen Integration von Nutzungen z. B. dadurch, dass die Fläche über den Tag hinweg von unterschiedlichen logistischen Nutzer:innen bespielt wird. Dabei sind die operativen Abläufe der Nutzer:innen entscheidend dafür, ob es gelingt, diese konfliktfrei an einem Standort zusammenzuführen. Die zeitlich-räumliche Integration weiterer Nutzungen ist gerade auch bei nicht-logistischen Funktionen (z. B. aus dem kulturellen Bereich) denkbar und in der Praxis auch in der Erprobung. Diese lassen sich mitunter einfacher mit den logistischen Nutzungen auf begrenzter Fläche kombinieren und können zudem zusätzliche Erträge zur Finanzierung des Mikro-Hubs liefern. Außerdem verbessern solche Nutzungen die Akzeptanz der Hubs bei der Bevölkerung im Quartier und schaffen einen Zusatznutzen für Teile der ansässigen Bevölkerung.

Ein prominentes Beispiel für ein solches Multi-User-Konzept ist das Projekt „Kooperative Nutzung von Mikro-Depots durch die Kurier-, Express-, Paket- Branche für den nachhaltigen Einsatz von Lastenrädern in Berlin“, kurz KoMoDo. In dem bisher einmaligen Forschungsprojekt beteiligten sich die fünf größten nationalen Paketdienstleister und damit überdurchschnittlich viele Dienstleister/Partner. Im Fokus standen die nachhaltige Auslieferung von Paketen auf den letzten Kilometern per Lastenrad sowie der Einsatz eines dienstleisteroffenen Systems von Mikro-Hubs für einen Stadtteil. Dabei betreibt jeder Dienstleister seine Prozesse eigenverantwortlich auf der gemeinsam genutzten Fläche. Hierbei handelte es sich um eine Flächenkooperation. Die Sendungen werden demnach nicht dienstleisterübergreifend konsolidiert und auch nicht von einem einzigen ausgewählten Dienstleister verteilt (häufig unter dem Begriff „White-Label“ diskutiert). Morgens werden die Mikro-Hubs von den einzelnen Unternehmen angesteuert, um die Sendungen zwischenzulagern bzw. auf die Lastenräder umzuschlagen. Im Tagesverlauf stellen die Fahrradkuriere mit den unternehmenseigenen Lastenrädern die Pakete in einem Radius von 3 km um den Standort am Prenzlauer Berg lokal emissionsfrei zu. Während der Förderphase des Projektes wurden von den Projektpartnern 160.000 Sendungen mit Lastenrädern im Zustellgebiet ausgeliefert (Weiterbetrieb 6 Monate nach Auslaufen der Förderung in Eigenregie der KEP-DL). Dafür sind täglich bis zu elf Lastenräder der Projektpartner für die Verteilung der Sendungen im Einsatz gewesen. Während des 10-monatigen Feldversuchs wurden ca. 38.000 km mit den Lastenrädern zurückgelegt und ca. 28.000 km konventionelle Fahrzeug-km eingespart. Dies entspricht einer Reduktion von ca. 11 t CO2.

6 Aufbau und Gestaltung von Umschlagsknoten

Der Aufbau und die Gestaltung von Umschlagknoten für Lastenradkonzepte können in der Umsetzung die unterschiedlichsten Ausprägungsformen annehmen. Zuerst werden die Herausforderungen der verschiedenen Typen vorgestellt um nachfolgend idealtypische Beschreibungen vorzunehmen.

6.1 Herausforderungen des urbanen Umschlags

Die Integration von Umschlagsknoten in Form von Containern, Wechselbrücken oder Anhängern in das bestehende Stadtgefüge ist allerdings oftmals schwer umsetzbar. Für deren Platzierung müssen beispielsweise Nebenstraßen oder öffentliche Flächen herangezogen werden, was potenziell einen negativen Eingriff in das Stadtbild bedeuten kann. Bestandsimmobilien oder Parkhäuser dagegen können durch eine Umwidmung zu Logistikflächen sofort genutzt werden und sind vor allem schon in die Stadt eingebunden. Hier bedarf es also keiner zusätzlichen Flächenbereitstellung. Eine schnelle Realisierung des Hubs ist daher problemlos möglich, wenn Flächen zur Verfügung stehen. Die Realisierung ist aufgrund ihres einfachen Aufbaus aber grundsätzlich auch für die semi-stationären Varianten machbar, sobald eine geeignete Abstellfläche gefunden ist. Für Platzieren und Abstellen sollten vorab Genehmigungen von den zuständigen kommunalen Stellen eingeholt werden. In Hinblick auf Ausstattung und Gestaltung sind Container, Wechselbrücken und Anhänger flexibler handzuhaben. Der zur Verfügung stehende Raum kann auf die jeweilige Zustellsituation angepasst werden und modular verändert werden. Bestandsimmobilien oder Parkhäuser hingegen besitzen vorgegebene Grundrisse, die nur schwer veränderbar sind. Räumlichkeiten, die für Regale, Lagermöglichkeiten oder das Abstellen von Lastenrädern angedacht sind, können sich als unpassend für interne Prozesse erweisen. Dies lässt sich auch auf Zufahrt und Erreichbarkeit der Hubs übertragen. Durch die Flexibilität in der Platzierung von Containern/Wechselbrücken/Anhängern können Anfahrtswege und umliegende Gebiete in die Planung einbezogen und so die Erreichbarkeit verbessert werden. Für Bestandsimmobilien oder Parkhäuser ist der Standort bereits festgelegt. Beispielsweise müssen für in Innenstädten gelegene Bestandsimmobilien Zufahrtsbeschränkungen oder bei Parkhäusern Höhenbeschränkungen und Steigungen bedacht werden, die mit konventionellen Transportern oder mit Lastenrädern nicht befahrbar sein können.

Werden die laufenden Kosten für die jeweiligen Varianten betrachtet, ist festzuhalten, dass diese für den Aufbau und das Einrichten von Wechselbrücken, Anhänger oder Container im Vergleich zu Bestandsimmobilien oder Parkhäusern geringer ausfallen. Grund dafür sind vor allem monatliche Miet- und Nebenkosten städtischer Immobilien.

Aufgrund der Flächenverfügbarkeit in Containern/Wechselbrücken/Anhängern sind nur geringfügige Lagermöglichkeiten für Waren, aber auch für Lastenräder vorhanden und sollten vor Einrichtung der Mikro-Hubs geprüft werden. Hinzu kommen Witterungsschutz und Sanitär- bzw. Umkleideräume als weitere Herausforderung. Bei wenig Nutzfläche sind diese beiden Punkte oftmals nicht oder nur schwer umsetzbar. Immobilien besitzen dagegen deutlich mehr Lagerfläche und bieten trotz der geringen Flexibilität meist großzügigere Umschlagsflächen sowie Räumlichkeiten, die Mitarbeitern für Pausen oder als Umkleideraum zur Verfügung gestellt werden können. Des Weiteren sind meist auch Sanitärräume in zuvor genutzten Ladenflächen integriert. Zum Schutz der Mikrodepots vor Vandalismus oder Beschädigung sollten zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden. Diese besitzen oftmals schon eine bestehende Überwachungseinrichtung. Für Containern/Wechselbrücken/Anhänger muss diese erst installiert werden (Assmann et al. 2020, S. 14 ff.; Knese et al. 2023, S. 13 ff.).

Insgesamt existieren also viele verschiedene Hemmnisse und Herausforderungen für die Umsetzung und den Betrieb von Mikrodepots. Diese können zusammengefasst nochmals Tab. 8.4 entnommen werden.

Tab. 8.4 Übersicht zu Umsetzbarkeit von verschiedene Mikro-Hub Typen. (In Anlehnung an Knese et al. 2023)

6.2 Idealtypische Gestaltung von Mikro-Hubs

Die grundsätzlich benötigten Funktionsflächen bleiben i. d. R. jedoch bestehen. Nachfolgend werden auf Basis von (Stiehm et al. 2019) relevante Aspekte für die Planung und Gestaltung von stationären Mikro-Hubs in Bestandsimmobilien beschrieben. Auf Besonderheiten der Multi-User-Nutzungsform wird ebenfalls eingegangen.

Bei Mikro-Hubs kann zwischen vier Grundplanungsflächen differenziert werden. Diese ergeben sich aus den logistischen Anforderungen des Umschlagsknotens. Die Grundplanungsflächen sind:

  • Lager- und Abstellflächen,

  • Wege- und Umschlagsflächen,

  • Verkehrsflächen und

  • Sozialflächen.

Lager- und Abstellflächen

Lager- und Abstellflächen werden für die Zwischenpufferung von Transportgütern bzw. Sendungen sowie dem sicheren Abstellen von Transportmitteln in unproduktiven Neben- und Ruhezeiten benötigt.

Eine synergetische Nutzung der Lager- und Abstellflächen, bei der tagsüber die Fläche zur Zwischenpufferung von Sendungen und außerhalb der Zustellzeiten zum Abstellen der Transportmittel genutzt werden, reduziert den Flächenbedarf.

Wege- und Umschlagsflächen

Zu den Wege- und Umschlagflächen gehören sämtliche Flächen, die zur Be- und Entladung des Versorgungsfahrzeugs benötigt werden, sowie die Wege- bzw. Verbindungsflächen, die einen reibungslosen Ablauf im Mikro-Hub sicherstellen. Die Wege- und Verbindungsflächen müssen von den Lager- und Abstellflächen abgegrenzt sein, d. h. es dürfen keine Güter oder Transportmittel dauerhaft abgestellt werden. Zu den Umschlagflächen zählen darüber hinaus Laderampen, die den Einsatz von schwereren Versorgungsfahrzeugen mit Ladebordwand ermöglichen und den Umschlagsprozess, im Vergleich zum händischen Umschlag, beschleunigen. Abhängig vom Sendungsaufkommen, sind Laderampen Anforderungen an potenzielle Mikro-Hub Bestandsimmobilien.

Verkehrsflächen

Die Verkehrsflächen sind für die an- und abliefernde Versorgungsfahrzeuge relevant und bilden die Schnittstelle zur öffentlichen Straßeninfrastruktur. Der Flächenbedarf der Verkehrsfläche richtet sich nach dem Versorgungskonzept sowie den dafür eingesetzten Fahrzeugen. Berücksichtigt werden hierbei Rangier- und Wenderadien und bei Multi-User Mikro-Hub Konzepten auch eine möglichst reibungsfreie An- und Ablieferung von mehreren Fahrzeugen gleichzeitig.

Sozialflächen

Sanitär- und Aufenthaltsräume werden zu den Sozialflächen gezählt. Die Flächen sind jedoch nicht zwangsläufig als Teil des Mikro-Hubs einzuplanen, da diese auch in räumlicher Nähe zum Mikro-Hub, wie bspw. in einem anderen Stock im gleichen Gebäude, mitgenutzt werden können. In Multi-User Mikro-Hubs können diese Flächen kooperativ durch alle teilnehmenden Unternehmen genutzt werden, sodass sich Flächeneinsparungen ergeben können.

Diese beschriebenen Flächen werden in der Anordnungsstrukturplanung (Layoutplanung) detaillierter ausgestaltet und dimensioniert. Grundlage für die Grob- und Feinlayoutgrobplanung sind die logistischen, technischen, organisatorischen und baulichen qualitativen und quantitativen Anforderungen der am Multi-User Mikro-Hub teilnehmenden Unternehmen. Darüber hinaus sind die Parameter Sendungsaufkommen und Sendungsstruktur, die über den Mikro-Hub umgeschlagen werden sollen, von hoher Relevanz. Die sich hieraus ergebenden Flächenbedarfe und die tatsächlich zur Verfügung stehende Flächen von Bestandsimmobilien müssen harmonisiert werden und stehen bei der Standortsuche (vgl. Kap. 10 und 11) in wechselseitiger Beziehung. Das Layout wird zusätzlich anhand der Prozessfolge und eines gerichteten Materialflusses der teilnehmenden Unternehmen geplant. Die Grob- und Feinlayoutgrobplanung erfolgt i. d. R. als Variantenplanung, die jeweils untereinander verglichen und kriterienbasiert bewertet werden.

Insbesondere bei der Planung von Multi-User-Mikro-Hubs ist dies ein iteratives Vorgehen mit hohem Abstimmungs- und Koordinierungsaufwand zwischen allen Beteiligten. Bei dieser Betriebsvariante müssen bei der Layoutplanung weitere Besonderheiten berücksichtigt werden. Hierzu zählen die Separierbarkeit der Abstell- und ggfs. Umschlagflächen sowie eine reibungslose Nutzung der Verkehrsflächen bei der An- und Ablieferung. Die Unterteilbarkeit der Flächen hat unternehmensinterne und rechtliche Anforderungen. Die Gründe hierfür sind, dass die teilnehmenden Unternehmen die Prozesshoheit und die Sichtbarkeit bewahren. Ebenfalls relevant ist die ausreichende Dimensionierung der Verkehrsflächen, damit es zu keinen betrieblichen Verzögerungen kommt, wenn mehrere Versorgungsfahrzeuge gleichzeitig das Mikro-Hub beliefern.

Ein idealtypisches Layout einer Multi-User-Mikro-Hub Bestandsimmobilie ist in Abb. 8.5 dargestellt. Erkennbar sind die vier Grundplanungsflächen sowie die räumliche Separierung der teilnehmenden Unternehmen, die eine Flächenkooperation eingegangen sind, aber ihre Prozesshoheiten bewahren.

Abb. 8.5
figure 5

Visualisierung eines idealtypischen Layouts einer Mikro-Hub-Immobilie. (Quelle: Fraunhofer IML)

7 Genehmigungsbedürfigkeit und -fähigkeit

Ein entscheidender Faktor für die Entwicklung und Umsetzung des Mikro-Hub-Konzeptes ist die Auswahl geeigneter Standorte. Dabei stellt ein Mikro-Hub zwei wesentliche Anforderungen an einen Standort: Er muss relativ nah zum Kunden liegen und eine Anlieferung per Lkw ermöglichen. Hinzu kommt, dass bevorzugt auf vorhandenen Objektbestand zurückgegriffen und grundsätzlich keine neuen Immobilien errichtet werden sollen. Ob sich ein Standort für die Entwicklung eines Mikro-Hubs eignet, ist im Wesentlichen nach dem Bauplanungs- und Bauordnungsrecht zu beurteilen. Dieser Abschnitt bietet auf Basis von (Stiehm et al. 2019) einen Überblick über wichtige Aspekte, die bei der Auswahl eines geeigneten Standortes zu beachten sind.

7.1 Genehmigungsbedürftigkeit

Zunächst sind die verfahrensrechtlichen Fragen in den Blick zu nehmen. Dies betrifft zum einen die Frage, ob überhaupt eine Baugenehmigung einzuholen ist; zum anderen die Anforderungen an den Bauantrag (Abb. 8.6).

Abb. 8.6
figure 6

Drei zentrale Aspekte zur Genehmigungsbedürftigkeit. (Quelle: eigene Darstellung)

Bestandsschutz

Sofern ein möglicher Standort bereits bebaut ist, stellt sich als Erstes die Frage: Genießt das Objekt Bestandsschutz? Mit Beantwortung dieser Frage wird – insbesondere in zeitlicher Hinsicht – eine wichtige Weiche für das weitere Vorgehen gestellt, weil hiervon wesentlich abhängt, ob bzw. in welchem Umfang eine Baugenehmigung eingeholt werden muss oder die Zulässigkeit des Vorhabens bereits verbindlich geklärt ist.

Eine bauliche Anlage genießt Bestandsschutz, wenn eine wirksame Baugenehmigung vorliegt und das Gebäude genehmigungskonform errichtet ist oder der Nachweis erbracht werden kann, dass das Gebäude und die Nutzung zu irgendeinem Zeitpunkt den gesetzlichen Anforderungen genügten. Aufgrund des Bestandsschutzes gilt die bestehende bauliche Anlage samt ihrer bestandsgeschützten Nutzung als legalisiert. Das bedeutet, der Eigentümer hat einen Anspruch darauf, das Gebäude in seiner Substanz zu erhalten und die genehmigte Nutzung grundsätzlich ungestört weiterzuführen. Dies gilt grundsätzlich selbst dann, wenn sich die Rechtslage zwischenzeitlich verschärft hat und das Gebäude (oder die Nutzung) nicht der aktuellen Rechtslage entspricht.

Im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht haben die Behörden zwar bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, beweisbelastet ist aber der Eigentümer. Eine lückenhafte oder nicht vorhandene Dokumentation geht zu seinen Lasten. Daher sollte immer die Hausakte herangezogen werden, um die Genehmigungshistorie einer Immobilie zweifelsfrei aufzuarbeiten.

Baugenehmigung

Genießt eine bauliche Anlage keinen Bestandsschutz, greift die originäre Genehmigungsbedürftigkeit nach den Landesbauordnungen. Demnach bedürfen die Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und Beseitigung von Anlagen grundsätzlich der Baugenehmigung.

Das Bauordnungsrecht ist Ländersache. Je nach Bundesland können die Genehmigungsvorbehalte und Verfahrensarten abweichend geregelt sein. Länderspezifische Besonderheiten – insbesondere für den Katalog genehmigungsfreier Vorhaben – sind daher im Einzelfall zu beachten.

Allerdings gilt der Bestandsschutz nicht grenzenlos, deshalb kann selbst bei bestandsgeschützten Gebäuden die Genehmigungsbedürftigkeit unter gewissen Umständen wieder aufleben:

Dies kann zum einen der Fall sein, wenn eine Immobilie über einen längeren Zeitraum leer steht. Wird die Nutzung eines Gebäudes endgültig aufgegeben, entfällt auch die ursprünglich erteilte Baugenehmigung und infolge dessen der durch sie vermittelte Bestandsschutz. Eine endgültige Nutzungsaufgabe wird durch den Leerstand aber nur indiziert. Maßgeblich ist insoweit vielmehr, ob zusätzlich ein hinreichend eindeutiger (ggf. durch schlüssiges Verhalten geäußerter) Wille vorliegt, die Immobilie dauerhaft nicht mehr nutzen zu wollen.

Zum anderen kann eine Baugenehmigung erforderlich werden, wenn die neue Nutzung der Immobilie nicht mehr von der bisherigen Baugenehmigung gedeckt ist. Von einer über den Bestandsschutz hinausgehenden Nutzungsänderung ist auszugehen, sobald die Nutzung die tatsächliche Variationsbreite überschreitet und der neuen Nutzung unter städtebaulichen Gesichtspunkten eine andere Qualität zukommt. Anhaltspunkte zur Beurteilung der städtebaulichen Qualität bieten sowohl die Vorgaben des Bauplanungs- als auch des Bauordnungsrechts. Beispielsweise liegt eine relevante Nutzungsänderung jedenfalls dann vor, wenn die neue Nutzung unter eine andere bauplanungsrechtliche Nutzungskategorie fällt (vgl. insbesondere: Lager und Logistik).

Bauantrag

Sofern eine (neue) Baugenehmigung erforderlich ist, muss sie bei der zuständigen Behörde durch Einreichung eines Bauantrags mit allen für seine Bearbeitung sowie für die Beurteilung des Bauvorhabens erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) förmlich beantragt werden. Im Zusammenhang mit der Bauantragsstellung ist insbesondere auf die eindeutige Kennzeichnung des Vorhabens zu achten. Die Art der baulichen Nutzung ist von erheblicher Bedeutung für die baurechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens. Daher sollte bereits bei der Erstellung des Bauantrags die Art der baulichen Nutzung als eigene Nutzungstypologie definiert und die wesentlichen Aspekte in der Betriebsbeschreibung dargestellt werden.

7.2 Genehmigungsfähigkeit

Sind die verfahrensrechtlichen Fragen geklärt, stellt sich als nächste Frage: Ist das Vorhaben zulässig? Ein Vorhaben ist zulässig, wenn ihm keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Inhaltlich sind insbesondere die Vorschriften des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts sowie ggf. das Baunebenrecht (z. B. das Denkmalschutzgesetz) zu prüfen.

Bauplanungsrecht

Das Bauplanungsrecht enthält die grundlegenden Bestimmungen darüber, ob und in welchem Umfang ein Grundstück bebaut werden darf und insbesondere welche Nutzungen darauf zulässig sind. Es bestimmt daher wesentlich die Entwicklungsmöglichkeiten eines Standortes. Wichtig ist zunächst zu klären, in welchem planungsrechtlichen Bereich sich das Grundstück befindet. Das Baugesetzbuch unterscheidet dabei den qualifizierten Planbereich, den Innenbereich und den Außenbereich. Jedes Vorhaben liegt zwingend in einem dieser Bereiche, seine planungsrechtliche Zulässigkeit hängt davon ab, in welchem, wobei der Außenbereich für die vorliegende Bewertung zu vernachlässigen ist.

Unabhängig davon, ob sich der jeweilige Standort im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder im unbeplanten Innenbereich befindet, muss das Vorhaben verallgemeinert gesprochen mit seiner Umgebung verträglich sein und der vorhandenen planungsrechtlichen Gebietsqualität entsprechen. Beispielsweise dürfte die Entwicklung eines Standortes innerhalb eines Gebietes, das als Gewerbegebiet ausgewiesen ist, regelmäßig unproblematisch sein. Innerhalb eines reinen Wohngebiets könnte sich eine entsprechende Entwicklung hingegen als schwierig darstellen. Interessant ist in diesem Zusammenhang beispielsweise die Frage, ob die Paketzustellung eines privaten Dienstleisters der Festsetzung „Sondergebiet Post“ entspricht.

Da Mikro-Hubs zweckmäßigerweise relativ nah zum jeweiligen Kunden liegen müssen, ist davon auszugehen, dass Standorte regelmäßig in der Nachbarschaft sensibler (Wohn-)Bebauung liegen. Planungsrechtlich ist deshalb von besonderer Bedeutung, ob es sich bei Mikro-Hubs um eine Nutzung handelt, die „das Wohnen nicht (wesentlich) stört“.

Die Bewertung eines Gewerbebetriebs als störend oder nicht (wesentlich) störend, ist im Ausgangspunkt auf eine branchenspezifisch-typisierende Betrachtung des Störpotenzials zu stützen. Maßstab ist somit, ob ein Betrieb der betreffenden Branche „erfahrungsgemäß“ geeignet ist, das Wohnen erheblich zu stören. Eine typisierende Betrachtungsweise verbietet sich erst dann, wenn der zur Beurteilung stehende Betrieb zu einer Branche gehört, deren übliche Betriebsformen hinsichtlich des Störgrades eine große Bandbreite aufweisen, die von nicht wesentlich störend bis störend oder sogar erheblich belästigend reichen kann.

Obwohl das Bauplanungsrecht im Wesentlichen durch eine typisierende Betrachtung gekennzeichnet ist, beurteilt sich die planungsrechtliche Zulässigkeit baulicher Anlagen auch anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls (Gebot der Rücksichtnahme). Daher können Mikro-Hubs, obwohl sie grundsätzlich der Gebietsqualität entsprechen, im Einzelfall unzulässig sein, wenn von ihnen unzumutbare Belästigungen oder Störungen ausgehen. Inhaltlich dürften hierbei die zusätzlichen Lärmimmissionen des Mikro-Hubs eine wesentliche Rolle spielen. Dies gilt umso mehr, wenn das Gebiet bereits erheblich vorbelastet ist. Dabei unterscheidet das Baurecht zwischen Lärmimmissionen, die von der Vorhabenfläche selbst ausgehen und solchen, die durch den vorhabenbezogenen Zu- und Abfahrtsverkehr auf öffentlichen Straßen verursacht werden. Um hier möglichen Konflikten vorzubeugen, sollte insbesondere die wegemäßige Erschließung bei der Entwicklung in den Blick genommen werden und eine belastbare Datengrundlage für die sachverständige Bewertung mittels Verkehrs- und Lärmgutachten geschaffen werden.

Bauordnungsrecht

Das Bauordnungsrecht ist vor allem ein entscheidender Faktor für die konkrete bauliche Umsetzung von Mikro-Hubs in Bezug auf die Gefahrenabwehr. Es bestimmt die diesbezüglichen Anforderungen an das einzelne Baugrundstück sowie an die Errichtung, bauliche Änderung, Nutzungsänderung, Instandhaltung und den Abbruch der einzelnen baulichen Anlagen.

Eine wesentliche Thematik des Bauordnungsrechts im Allgemeinen und im Hinblick auf die Realisierung von Mikro-Hubs im Besonderen sind die Anforderungen an den Brandschutz. Neben konkreten Anforderungen an die Beschaffenheit einzelner Bauteile und technischer Anlagen ist unter anderem die Gewährleistung ausreichender Rettungswege zwingend erforderlich. Im Einzelnen dürfte die Begutachtung durch einen Brandschutzsachverständigen erforderlich werden, der insbesondere etwaige Brandgefahren bewertet, die bei der Lagerung von feuergefährlichen Gütern bestehen. Zudem ist im Einzelfall zu prüfen, ob aufgrund der Art oder des Umfangs der ausgeübten Nutzung gesteigerte Anforderungen an den Brandschutz zu stellen sind. Beispielsweise bestehen etwa besondere Anforderungen an den Brandschutz im Industriebau oder wegen des erhöhten Gefahrenpotenzials bei Sonderbauten. Daneben sind unter anderem die Vorschriften zu den Abstandsflächen, der Nachweis ausreichender Stellplätze und die Barrierefreiheit zu beachten.

Baunebenrecht

Bei der Entwicklung von Bestandsimmobilien ist ein besonderes Augenmerk auf das Denkmalschutzrecht zu richten. Die Unterschutzstellung eines Gebäudes kann weitreichende Einschränkungen für bauliche Änderungen zur Folge haben oder sie gänzlich ausschließen. Soll ein Gebäudedenkmal entwickelt werden, ist immer die Eintragung in der Denkmalliste einzusehen. Nur aus der Eintragung kann der Umfang und die Reichweite des Denkmalschutzes eindeutig ermittelt und die Entwicklungsmöglichkeiten des Objektes bewerten werden. Ferner ist zu beachten, dass auch im Umfeld eines Baudenkmals Einschränkungen der Baufreiheit möglich sind (sog. Umgebungsschutz).

Exkurs: Straßen- und Wegerecht

In diesem Zusammenhang kann es zudem durchaus sinnvoll sein, die Erschließung sowie gegebenenfalls eine zweckmäßige Umgestaltung der öffentlichen Verkehrsflächen frühzeitig mit der Gemeinde abzustimmen und erforderliche Maßnahmen in einem städtebaulichen Vertrag zu koordinieren. Namentlich kommen vor allem die Ausweisung von Park- bzw. Ladezonen, die Einrichtung von Fahrradwegen oder eine Absenkung des Bordsteins in Betracht.

Soll darüber hinaus die öffentliche Verkehrsfläche – beispielsweise der Gehweg – durch das Mikro-Hub in Anspruch genommen werden, ist zu beachten, dass hierfür grundsätzlich eine Sondernutzungserlaubnis nach der StVO erforderlich ist.

Insoweit sind auch konzeptbezogene verkehrsrechtliche Sonderregelungen (beispielsweise die Einfahrtserlaubnis in Fußgängerzonen oder eine Mitbenutzung der Busspur durch Lastenfahrräder) gemeinsam mit der zuständigen Straßenverkehrsbehörde zu erarbeiten.

8 Fazit

Logistik nimmt eine verstärkte Rolle im städtischen Verkehr, und besonders bei seiner Problemwahrnehmung, ein. Radlogistik ist ein Instrument zur Lösung von Problemen, welches jedoch erfordert, dass in Städten Umschlags- und Lagerflächen wieder (städtebaulich) geplant und umgesetzt werden. Dabei ist in der Planung wie auch bei der Umsetzung die Vielfalt der der Logistikknoten mit unterschiedlichen Funktionen, Flächenbedarfen und Betriebsmodi zu differenzieren. Es gibt nicht den einen Umschlagspunkt für die Radlogistik, sondern ein breites Portfolio, das integriert mit der Stadtlogistik zu betrachten und zu verbessern ist.