1 Einführung

Logistik ist auf den ersten Blick der einfache Transport von Waren von A nach B. Auf den zweiten Blick erkennt man jedoch eine sehr große Bandbreite an unterschiedlichen Ausprägungsformen der Logistik, die sich durch den Logistikprozess, transportierte Güter, eingesetzte Transportmittel, Form der Logistiknetzwerke, Geschäftsmodelle, Serviceangebote oder Versendende bzw. Empfangende unterscheiden können. Dieses Kapitel stellt die Vielfalt der urbanen Logistik mit Fokus auf die Radlogistik dar, beschreibt die Flüsse in der Stadt, stellt die einzelnen Logistiksektoren der Radlogistik vor und beschreibt die damit verbundenen Geschäftsmodelle.

1.1 Logistik in der Stadt

Logistik ist Teil der Stadt und in seinen unterschiedlichen Ausprägungsformen notwendig, um Wirtschaft, Verwaltung und Bevölkerung mit Gütern bedarfsgerecht zu den richtigen Kosten zu versorgen. Ein guter Überblick über die urbane Logistik lässt sich mit dem Modell urbaner Logistik (Behrends und Rodrigue 2019, S. 113; Assmann 2020) gewinnen (Abb. 7.1). Dies unterscheidet in zwei wesentliche Grundtypen von urbanen Logistikflüssen:

  • Produktionsbezogene Logistikflüsse (Industrie- und Terminaltransporte): Städte sind auch Orte der Produktion und damit Ort von Produktionsstandorten in globalen Wertschöpfungsnetzwerken. Obwohl die Produktion nicht an den lokalen Verbrauch gebunden ist, sind die erzeugten Güterflüsse von Teil der urbanen Logistik. Diese Flüsse verbinden Distributionsknoten (z. B. Zentrallager) mit Produktionsanlagen, Terminals wie Häfen, Flughäfen oder andere Regionen miteinander. Sie werden i. d. R. über längere Distanzen mit großen LKW (40t), Zügen oder Schiffen abgewickelt. Die entsprechenden Transporte finden vorwiegend im suburbanen Raum, am Stadtrand oder in Industrie- und Gewerbegebieten statt.

  • Konsumbezogene Flüsse finden zwischen Produktionsanlagen bzw. Distributionsknoten und Endkund:innen, teilweise über Zwischenstufen wie den Handel, statt. Sie finden im suburbanen Bereich, aber auch stark im kernstädtischen Bereich einer Stadt statt. Hier können auch kleinere Fahrzeuge, wie leichte Nutzfahrzeuge, LEVs oder PKW, zum Einsatz kommen.

Abb. 7.1
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Güterflüsse der urbanen Logistik. (Nach Assmann 2016, S. 67; Behrends und Rodrigue 2019, S. 113)

In den konsumbezogenen Flüssen zeigt sich eine weitere Vielfalt an unterschiedlichen Ausprägungsformen:

  • Belieferung des Handels: Dieser Bereich ist für einen Großteil der Güterflüsse verantwortlich. Er lässt sich teilen in Belieferungen von Handelsketten mit terminierten, zentral organisierten Logistikketten mit i. d. R. großen Logistikfahrzeugen und unabhängigen Händler:innen, welche ihre Versorgung selbst organisieren. Dafür werden eigene Fahrzeuge bzw. KEP-Dienste (siehe Bogdanski 2015, S. 20 ff.) und Stückgutlogistiker eingesetzt. Sie führen dadurch zu häufigeren Zustellungen pro Händler.

  • Belieferung von Endkonsument:innen. In dem Bereich erfolgt die Belieferung von Endkonsument:innen. Dazu zählen private Haushalte ebenso wie öffentliche Verwaltungen und Dienstleistungsbranchen (Assmann 2016, S. 67). KEP-Dienste, Post, Lieferungen im Bereich Hotel-Gastronomie-Catering (HoReCa) und Sammelgut sind hier vorzufinden.

  • Einkaufsfahrten: Diese Flüsse beschreiben den Transport von Gütern vom Handel nach Hause (Privatkund:in), inklusive dem Weg zum:r Händler:in. Sie können für einen großen Teil der Fahrten im Güterverkehr verantwortlich sein. Ihre Komplexität liegt in einer möglichen Multi- und Intermodalität sowie der Verknüpfung mit anderen Wegzwecken.

  • Essenslieferungen: Dieser Bereich beschreibt einen signifikanten Anteil der urbanen Güterflüsse. Dazu zählen sowohl die Versorgung von HoReCa wie auch die Lieferung von Nahrungsmitteln und Fertigessen an die Haustür. Der Bereich ist gekennzeichnet durch einen hohen Grad der Unvorhersehbarkeit und damit einhergehenden schnellen, kleinen Lieferungen.

Zwei weitere, relevante Logistikflüsse, die in dem Modell von (Behrends und Rodrigue 2019) nicht genannt werden, sind:

  • Baustellenlogistik, welche den Transport von Waren und Material von und zu Baustellen definiert (z. B. Ruhl et al. 2018, S. 6).

  • Entsorgungslogistik, welche das Einsammeln von Abfall, dessen Lagerung, Sortierung und Abtransport umfasst. Ein weiterer wichtiger Aspekt in diesem Segment beinhaltet darüber hinaus die Rückführung, Aufbereitung, Aufarbeitung und den Wiedereinsatz von Wertstoffen im Sinne einer Kreislaufwirtschaft (vgl. dazu z. B. Hohmann 2022).

Die sich auf die Konsument:innen beziehenden Flüsse werden durch eine Vielzahl verschiedener Logistiksektoren gehandhabt, die jeweils für bestimmte Versendende, Güterarten und Dienstleistungen die Abwicklungsprozesse übernehmen. Eine detaillierte Übersicht hierzu findet sich in Tab. 7.1. Die einzelnen Segmente sind ferner im nachfolgenden Abschn. 7.2 dargestellt.

Tab. 7.1 Relation von urbanen Güter- und Logistikflüssen. (Nach Assmann 2016, S. 67; Behrends und Rodrigue 2019; Bogdanski 2015, S. 20 ff.; Den Boer et al. 2017, S. 35 ff.)

1.2 Mengenmäßige Einordung der urbanen Logistik

Logistik findet in Städten statt und ist dabei wesentlich für deren Versorgung. Die Entwicklung der Verkehrsleistung ist dabei sehr dynamisch. Zwischen 2003 und 2019 ist ein Wachstum im Güterverkehr von 59 % (Nahverkehr) bzw. 44 % (Regionalverkehr) zu beobachten (DLR and DIW 2022). Dennoch ist es bisher für deutsche Städte sehr schwer, Logistik in der quantitativen Dimension zu erfassen. In vielen Städten ist nicht bekannt, wie viel Logistik stattfindet, auf welche Sektoren sie sich mit welchen Anteilen aufteilt und wo sich tatsächlich die Quellen und Senken befinden. Eine Datenbasis für den städtischen Güterverkehr fehlt (Havers 2021). Dies ist ein Problem für die Planung, denn ohne eine fundierte Beschreibung der IST-Situation lassen sich schwer Ursachen beziffern, Potenziale bestimmen und Maßnahmen berechnen und legitimieren.

Dieser Abschnitt nimmt dennoch eine grobe Einordnung auf Basis vorhandener Literatur vor, um ein grundsätzliches Verständnis bieten zu können. Eine Datengrundlage bietet die Erhebung Kraftfahrzeugverkehr in Deutschland 2010 (KiD2010 (Wermuth et al. 2012)), bei der im Jahr 2010 statistisch fundiert das Fahrverhalten von Privat- und Wirtschaftsverkehr erhoben wurde. Eine Folgeerhebung zur KiD2010 hat zum aktuellen Stand nicht stattgefunden.

Leerkamp et al. 2020 gibt auf Basis der KiD2010 den Anteil des Wirtschaftsverkehrs an der gesamten Fahrleistung eines Werktages in der Stadt mit KiD2010 22 % an. Von diesem knappen Viertel der täglichen Fahrleistung werden 67 % durch PKW, 22 % durch Nutzfahrzeuge < 3,5 t zGG. und nur 11 % durch Fahrzeuge > 3,5 t zGG (Schwerlastverkehr) erzeugt. Der hohe Anteil von PKW am Wirtschaftsverkehr wird von Gruber und Rudolph 2016, die ebenso mit dem Datensatz arbeiten, bestätigt. Weitere Auswertungen stellen z. B. vertieft die Handelsverkehre im urbanen Kontext dar (Seidel et al. 2013).

Einen Einblick in die Verteilung des Wirtschaftsverkehrs auf die Logistiksektoren geben drei Erhebungen, die in den Innenstädten von Düsseldorf (Leerkamp et al. 2020), Wiesbaden (Schäfer et al. 2019) und Amsterdam (Balm und van Amstel 2017) vorgenommen wurden (Abb. 7.2). Weitere vergleichbare Erhebungen, oder Erhebungen, welche die gesamte Stadt in den Blick nehmen, sind den Autor:innen nicht bekannt. Für Wiesbaden wurde durch (Altenburg et al. 2020) noch ein KEP-Anteil von 7 % bestimmt. Die wenigen vorhanden Daten zum urbanen Wirtschaftsverkehr zeigen jedoch, dass die Logistik nur einen kleineren Anteil am urbanen Wirtschaftsverkehr darstellt. Das breit diskutierte KEP-Segment kann plastisch als die Spitze des Eisbergs des urbanen Wirtschaftsverkehrs bezeichnet werden. Relevante Anteile des Wirtschaftsverkehrs stammen auch aus Logistikfremden Sektoren, die jedoch auch sehr hohe Potenziale zum Lastenradabsatz haben können.

Abb. 7.2
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Anteile des Wirtschaftsverkehrs in Beispielstädten. (Datenquellen: (a) Leerkamp et al. 2020; (b) Balm und van Amstel 2017; (c) Schäfer et al. 2019)

In Bezug auf den KEP-Sektor wurde weiterhin in mehreren Studien zur Stadtlogistik (Ninnemann et al. 2017; Bayer and Seidenkranz 2019; Altenburg et al. 2020) dargelegt, dass sich KEP-Senken stark in den kern- bzw. innerstädtischen Bereichen mit hohen Nutzungsdichten und hohem Gewerbeanteil konzentrieren. Damit folgt die KEP-Logistikkonzentration dem allgemeinen Muster von Stadtzentren, in denen sich Verkehr, Gewerbe, Handel und Aktivitäten konzentrieren und zu Nutzungskonflikten und Aushandlungsprozessen führen.

Auf Basis von Verkehrsmodellen lassen sich in Städten mit einem entsprechend vorliegendem Modell die Güterverkehrsmengen abschätzen und im Hauptverkehrsnetz abbilden. Diese Abbildung ermöglicht es, Verkehre auf den Korridoren zu planen, gibt jedoch keinen Einblick in die Aufteilung nach Logistiksektoren und vernachlässigt moderne Logistikkonzepte, wie z. B. Lieferdienste. Entsprechende Modelle stellen einen Planungsgrundlage dar, müssen jedoch in ihrer Limitation betrachtet werden.

2 Logistikbereiche der Radlogistik

Im Folgenden soll eine Übersicht zu städtischen Logistiksektoren gegeben werden, die sich besonders für die Nutzung von Lastenrädern zur Abwicklung güterbezogener Transport- und Logistikprozesse eignen.

Abgrenzend zur allgemeinen Darstellung der gewerblichen Lastenradnutzung im urbanen Wirtschaftsverkehr (vgl. hierzu Kap. 5) bezieht sich die nachfolgende Betrachtung dabei auf Logistikbereiche, deren Fahrtzwecke ausschließlich den kommerziellen Transport von Waren und Gütern umfassen und Teil der Beschaffungs-, Produktions-, Distributions- und Reverse Logistik sind (vgl. hierzu auch Güterwirtschaftsverkehr nach Bohne et al. 2021, S. 44).

Entsprechend werden der Personenwirtschaftsverkehr oder solche Logistikbereiche, bei denen zwar ein Warentransport stattfindet, sich der Fahrtzweck jedoch vorrangig auf die Erbringung einer Dienstleistung am Bestimmungsort bezieht (vgl. Dienstleistungsverkehr mit Waren nach Bohne et al. 2021, S. 45) auch bei gegebener Eignung für die Lastenradnutzung nicht näher betrachtet.

2.1 Post

Der Markt für Postdienstleistungen umfasst die gewerbliche Beförderung von Sendungen über das Briefnetzwerk und ist in lizenzpflichtige und nicht-lizenzpflichtige Postdienstleistungen unterteilt (Bundesnetzagentur 2023a):

  • Nicht-lizenzpflichtige Postdienstleistungen beinhalten die Beförderung von adressierten Zeitungen und Zeitschriften (siehe Abschn. 7.2.2), Briefsendungen über 1000 g (z. B. schwere Dokumente) sowie Katalogen und teil- oder unadressierten Sendungen (z. B. Werbesendungen und -broschüren). Bis einschließlich 2020 galt außerdem die Beförderung kleinformatigen Warensendungen als nicht-lizenzpflichtige Postdienstleistung. Da bei entsprechenden Sendungen jedoch keine Dokumente, sondern Waren als Inhalt im Vordergrund stehen, wird deren Beförderung auf Grundlage der EU-PaketVO seit 2021 als Paketdienstleistung klassifiziert. Dennoch werden kleinformatige Sendungen aufgrund der zustellbedingten Vorteile weiterhin größtenteils über das Briefnetz befördert (vgl. Abschn. 7.2.4).Footnote 1,Footnote 2 Der Umsatz im nicht-lizenzpflichtigen Bereich betrug im Jahr 2021 rund 1,04 Mrd. € bei einer Sendungsmenge von 4,6 Mrd. Stück. Kleinformatige Sendungen sind dabei entsprechend ihrer Klassifizierung nicht berücksichtigt.

  • Im Gegensatz dazu beziehen sich lizenzpflichtige Postdienstleistungen auf die Beförderung von Briefen mit einem maximalen Einzelgewicht von 1000 g. Der Umsatz im Jahr 2021 betrug 7,86 Mrd. €, wobei mit 6,70 Mrd. € (85,3 %) ein Großteil auf die Deutsche- Post-Gruppe entfiel. Das Sendungsvolumen lag bei insgesamt 12,20 Mrd. Sendungen. Etwa 93 % der Sendungen wurden von Geschäftskund:innen aufgegeben.

Zustelltouren im Postbereich sind charakterisiert durch hohe Stoppdichten (100–200) und geringe Distanzen zwischen den einzelnen Stopps. Die tägliche Gesamtfahrleistung ist abhängig von verschiedenen räumlichen Gegebenheiten und der daraus resultierenden Struktur und Dichte der Empfangenden. Entsprechend schwanken die Angaben in der Literatur zu täglichen Tourlängen in (sub-)urbanen Gebieten von beispielsweise 13 km (Wessels 2013) bis hin zu 30–35 km (FDT 2013). Ländliche Regionen weisen aufgrund der geringeren Dichte von Empfangenden entsprechend größere Tourlängen auf.

Aufgrund der günstigen Tourcharakteristik ist der Einsatz von zwei- und dreirädrigen (Post-)Fahrrädern im Postsegment weit verbreitet. Um Zusteller:innen zu entlasten und Zustellprozesse insgesamt zu beschleunigen, setzt die Branche dabei zunehmend auch auf Fahrräder mit elektrischer Trittunterstützung. Ein Beispiel dafür ist die Deutsche Post, die laut eigenen Angaben im Jahr 2021 bundesweit über 27.000 Posträder im Einsatz hat, von denen fast die Hälfte elektrisch unterstützt fährt (Deutsche Post DHL Group 2021).

2.2 Pressedistribution

Der Pressedistributionsmarkt bildet ein Teilsegment des Postmarkts und umfasst die Zustellung von Anzeigenblättern sowie adressierten Zeitungen und Zeitschriften (Bundesnetzagentur 2021). Die Presseerzeugnisse lassen sich wie folgt unterscheiden (Eltges und Junk 2019; Niederprüm et al. 2022):

  • Zeitschriften sind broschierte, wöchentlich bis mehrmals jährlich erscheinende Druckschriften, die unterschiedliche Beiträge und Artikel zu für die Kund:innen oder die Branche spezifischen Themen beinhalten. Diese lassen sich weiter in Publikums-, Kund:innen- oder Fachzeitschriften gliedern, wobei die einzelnen Segmente sehr heterogen in Bezug auf deren thematische Ausrichtung, Publizität und Vertriebsstruktur sind.

  • Demgegenüber werden Zeitungen als ungebundene Druckschriften definiert, die in kurzen Zeitabständen erscheinen und Nachrichten oder Berichte zu aktuellen, die breite Öffentlichkeit betreffenden Ereignissen aus Politik, Wirtschaft, Kultur etc. beinhalten. Zeitungen lassen sich anhand ihrer Erscheinungsweise weiter in Tages-, Wochen- oder Sonntagszeitungen unterteilen. Bei Tageszeitungen wird außerdem zwischen regionalen und überregionalen Zeitungen unterschieden, wobei der Anteil regionaler Verlage deutlich höher ist. Regionale Zeitungen weisen darüber hinaus einen besonders hohen Abonnentenanteil von fast 90 % auf (vgl. hierzu auch BDZV 2021). Die Anzahl abonnierter, physisch zugestellter Tages- und Wochenzeitungen belief sich im Jahr 2021 auf 2,75 Mrd. Stück.

  • Als Anzeigenblätter werden vollständig werbefinanzierte, kostenlos verteilte Druckschriften mit lokal fokussierten Beiträgen, Kleinanzeigen und Werbebeilagen bezeichnet, die ähnlich zu regionalen Tageszeitungen in einem geografisch begrenzten Versorgungsgebiet verteilt werden.

Neben den genannten Merkmalen weisen die einzelnen Pressebereiche außerdem große Unterschiede bezüglich ihrer Zustellung auf (Eltges und Junk 2019; Niederprüm et al. 2022):

  • Der Zustellmarkt für Zeitungen ist stark segmentiert, da regionale Verlage häufig über eigene Zustellgesellschaften verfügen, die abonnierte Zeitungen unter Gewährleistung einer Frühzustellung (häufig 6:00 Uhr bis 6:30 Uhr) im jeweiligen Erscheinungsgebiet ausliefern. Die Zustellung erfolgt dabei mehrheitlich durch Minijobbende. Da die Frühzustellung von Postdienstleistern in der Regel nicht garantiert werden kann, spielen sie bei der Zeitungszustellung entsprechend nur eine untergeordnete Rolle.

  • Im Gegensatz zum Zeitungsbereich ist die Frühzustellung im Zeitschriftenbereich nicht relevant. Entsprechend gibt es in diesem Segment nur wenige Vertriebsgesellschaften, die jeweils einen kleinen Teil der Zeitschriftenmengen in begrenzten Zustellgebieten ausliefern. Der Großteil der abonnierten Zeitschriften (ca. 90 %) wird stattdessen über Postdienstleister (Tageszustellung) ausgeliefert.

  • Anzeigenblätter werden, sofern dies nicht durch ein Verbotsschild am Briefkasten untersagt wird, ebenfalls tagsüber, meist ein- bis zweimal wöchentlich (meist mittwochs und/oder samstags) an alle Haushalte innerhalb eines Versorgungsgebiets verteilt. Die Zustellung erfolgt in der Regel durch Schüler:innen (ab 13 Jahre) und erwachsene Minijobbende.

Die Zustellung abonnierter Presseerzeugnisse weist, insofern nicht sogar bereits durch Postdienstleister abgewickelt, ähnliche Tourcharakteristika wie bei der Briefzustellung auf. Entsprechend finden (Lasten-)Fahrräder auch in diesem Segment eine breite Anwendung. Neben zustellbedingten Vorteilen profitieren vor allem Zustellgesellschaften dabei von einer höheren Flexibilität bei der Personalsuche, da auch Personen ohne Führerschein berücksichtigt werden können.

2.3 KEP

Der Markt für Kurier-, Express- und Paketsendungen (KEP) umfasst den Transport einzelner, kleinformatiger Sendungen, welche in der Regel unter dem Gewichtsbereich des Stückgutmarkts (31,5 kg) liegen. Besonders verstärkt durch die dynamischen Entwicklungen im E-Commerce unterliegt dieses Marktsegment seit Jahren einem überproportionalen Wachstum. Im Jahr 2021 erreichte der Gesamtumsatz der KEP-Branche dadurch ein neues Allzeithoch von 26,9 Mrd. €, was einer Sendungsmenge von rund 4,51 Mrd. Sendungen (davon über 85 % Paketsendungen) entspricht (BIEK 2021).Footnote 3

Die einzelnen Teilsegmente des KEP-Markts unterscheiden sich vorrangig hinsichtlich ihrer Sendungsstruktur sowie in Bezug auf Art und Umfang der durchgeführten Transportleistungen (Arnold et al. 2008a, S. 782 f.; BIEK 2021; Bundesnetzagentur 2023b):

  • Kurierdienstleistungen umfassen den individuellen Transport einzelner, meist kleinformatiger Sendungen (häufig bis 3 kg), wobei ein Großteil auf den B2B-Bereich entfällt. Die Abholung und Zustellung der Sendungen erfolgt in der Regel durch einen einzelnen Kurierdienst, der die Sendungen per Direktfahrt zu einem vereinbarten Zeitpunkt (meist am gleichen Tag) zustellt. Die Sendungen werden permanent begleitet, sodass ein Zugriff auf sie jederzeit möglich ist.

    Neben wenigen, auch international agierenden Großunternehmen mit eigenen Transportnetzen ist das Marktsegment geprägt durch eine Vielzahl regional agierender Einzelunternehmer:innen und Vermittlungszentralen.

  • Das Dienstleistungsangebot der Expressdienste umfasst den Transport von Gütern, welche in der Regel keinen Gewichts- oder Maßbeschränkungen unterliegen. Die Sendungen sind dabei ebenfalls durch eine verbindliche Zustellzeit sowie eine jederzeitige Zugriffsmöglichkeit gekennzeichnet, werden jedoch nicht direkt, sondern netzwerkgebunden über einen oder mehrere zusätzliche Umschlagsknoten zugestellt. Die Beförderung von Expresssendungen wird häufig über die Zustellnetzwerke großer Paketdienstleister abgewickelt. Am deutschen Markt gibt es darüber hinaus auch einige mittelständische Unternehmen, die sich zu Verbünden zusammengeschlossen haben (vgl. dazu auch Bundesnetzagentur 2021).

  • Im Gegensatz zu Kurier- und Expressdiensten ist der Paketmarkt nicht an der (Eil-)Zustellung von Einzelsendungen ausgerichtet, sondern umfasst die mengenorientierte Lieferung von volumen- und gewichtsmäßig beschränkten Kleingütern (standardisierte Paketgrößen, Gewichtsbereich in der Regel bis 31,5 kg bzw. maximal 70 kg). Weiterhin unterliegen Paketsendungen keinen garantierten Zustellzeiten, werden jedoch häufig am nächsten bzw. innerhalb weniger Werktage zugestellt. Einzelne Liefertouren umfassen in der Regel 80 bis 100 Stopps bei einer durchschnittlichen Tourlänge von 50 bis 80 km. Der deutsche Paketmarkt wird von insgesamt 6 Logistikdienstleistern (Amazon, DPD, Deutsche Post DHL, GLS, Hermes und UPS) dominiert, die zusammen 98 % aller Paketsendungen befördern.Footnote 4 Der Großteil der Sendungen (ca. 71 %) entfällt auf den B2C-Bereich.

(Lasten-)Fahrräder werden im KEP-Bereich traditionell vor allem von regional agierenden Kurierdiensten (z. B. Stadtkurier:innen) genutzt. Die täglichen Fahrleistungen sind dabei häufig nur bedingt im Voraus planbar und starken Schwankungen unterlegen, übersteigen jedoch selten 100 km (Gruber et al. 2014). Vor dem Hintergrund der steigenden Sendungsmengen und den dadurch zunehmenden lieferverkehrsbedingten Herausforderungen werden jedoch auch im Paketbereich vermehrt Lastenräder eingesetzt. Laut BIEK (2021) hat sich die KEP-Branche dabei in den letzten Jahren zu einem Schlüsselkunden für die Lastenradindustrie etabliert und die Entwicklung von Lastenrädern entsprechend branchenspezifischer Anforderungen (z. B. hinsichtlich Zuverlässigkeit, Wetterschutz, Ladevolumen, Ergonomie etc.) maßgeblich beeinflusst.

2.4 Verbundzustellung

2.4.1 Brief- und Warensendungen

Beschleunigt durch die voranschreitende Digitalisierung und den stetig wachsenden Onlinehandel unterliegen die Märkte für Post- und KEP-Dienstleistungen stark gegenläufigen Entwicklungstrends in Bezug auf Umsatz und Sendungsmengen (Niederprüm 2020). So ist der KEP-Markt seit Jahren einem kontinuierlichen Wachstum ausgesetzt, durch das sich die Sendungsmengen zwischen 2011 und 2021 nahezu verdoppelt haben. Demgegenüber verzeichnet der Postmarkt zunehmend rückläufige Sendungsmengen. Während 2011 im lizenzpflichtigen Bereich noch 16,6 Mrd. Sendungen pro Jahr zugestellt wurden (Bundesnetzagentur 2015), belief sich die Sendungsmenge in 2021 nur noch auf 12,2 Mrd. Sendungen pro Jahr (Bundesnetzagentur 2023a).

Angesichts dieser Entwicklung sind Postunternehmen zunehmend bestrebt, Zustelldienstleistungen für Brief- und Paketsendungen zusammenzulegen und somit Kosteneinsparungen aus den resultierenden Verbund- und Dichtevorteilen zu erzielen (Haucap et al. 2022). Als Beispiel für eine erfolgreiche Anwendung gilt die Deutsche Post DHL, die das Modell der Verbundzustellung vor allem in ländlichen und suburbanen Räumen mittlerweile seit Jahren verstärkt umsetzt und nach eigenen Angaben bereits über die Hälfte der rund 55.000 Zustellbezirke im Verbund beliefert (Deutsche Post AG 2022).

Reine KEP-Dienstleister sehen diese Entwicklung jedoch als kritisch an, da sie laut Haucap (2022) keine vergleichbaren Kosteneinsparungen durch die Verbundzustellung erzielen können und folglich ein Wettbewerbsnachteil gegenüber der Deutschen Post AG entsteht. Dies liegt vor allem darin begründet, dass die Deutsche Post AG der einzige Postdienstleister ist, der sowohl auf dem Brief- als auch Paketmarkt aktiv ist und gleichzeitig in beiden Märkten die größten Umsatz- und Mengenanteile aufweist (Haucap et al. 2022).

Im urbanen Kontext kommt es vor dem Hintergrund der vergleichsweise hohen Briefmengen und sehr hohen Paketmengen insbesondere bei der (Lasten-)Fahrradzustellung aufgrund der begrenzten Transportkapazitäten eher zu Verbundnachteilen. Daher werden Post- und Paketsendungen in der Regel über getrennte Zustellnetze abgewickelt. Hierbei ist es jedoch erforderlich, zwischen Paketsendungen im klassischen Sinne und kleinformatigen Warensendungen (Warenpost) zu unterscheiden. Letztere werden von der Bundesnetzagentur zwar als Pakete klassifiziert, lassen sich aufgrund der geringen Größe sowie des geringen Gewichts jedoch häufig per Briefkasteneinwurf zustellen und ähneln somit im Zustellprozess eher großformatigen Brief- oder Pressesendungen (Niederprüm 2020). Entsprechend lassen sich durch die gemeinsame Zustellung von Brief- und Warenpost mit dem (Lasten-)Fahrrad auch in urbanen Gebieten Verbundvorteile realisieren.

2.4.2 Brief- und Pressesendungen

Ein ähnlicher Negativtrend in Bezug auf die Sendungsmengen zeichnet sich auch bei adressierten Zeitungen und Zeitschriften ab (Eltges und Junk 2019). Um der daraus resultierenden Verteuerung von Zustellprozessen entgegenzuwirken, weiten viele Vertriebsgesellschaften ihr Geschäftsfeld unter anderem auf die Zustellung von Postprodukten aus (Eltges und Junk 2019). In ländlichen Regionen werden die Sendungen dabei üblicherweise per Frühzustellung im Verbund zugestellt, wohingegen in urbanen Gebieten jeweils eigene Zustellnetze für die Frühzustellung von Zeitungen bzw. Tagzustellung von Postsendungen genutzt werden (Niederprüm et al. 2022).

2.5 Lebensmittellogistik und -lieferdienste

Anhand der Struktur der Empfangenden lässt sich der Markt für Lebensmittellogistik grob in die Teilmärkte Einzelhandel und HoReCa (B2B-Segment) sowie Heimzustellung (B2C-Segment) untergliedern.

2.5.1 B2B-Segment

Die Teilmärkte im B2B-Bereich lassen sich in Anlehnung an Den Boer et al. (2017) und Balm et al. (2018) wie folgt beschreiben:

  • Einzelhandel: Die Belieferung großer Einzelhandelsgeschäfte umfasst den Lebensmitteltransport von einem Großhandel zu einzelnen Supermärkten und wird zumeist über das Teilsegment der KonsumgüterkontraktlogistikFootnote 5 abgewickelt (vgl. auch Leerkamp et al. 2020, S. 20). Die Transporte sind durch ein sehr hohes Sendungsvolumen sowie eine geringe Stoppdichte (häufig ganze Lkw-Ladungen je Supermarkt) gekennzeichnet und sind somit nicht für die Abwicklung mit dem Lastenrad geeignet. Demgegenüber steht die Belieferung kleiner, spezialisierter Fachgeschäfte (z. B. Bio-Supermärkte, Feinkostgeschäfte), deren Anzahl besonders in urbanen Gebieten aufgrund eines gesteigerten Bewusstseins gegenüber Nachhaltigkeit und gesunder Ernährung sowie damit einhergehender Veränderungen im Essverhalten (z. B. erhöhte Nachfrage nach vegetarischen/veganen, regionalen und Bio-Produkten) zunimmt. Diese Geschäfte erhalten eine Vielzahl kleinvolumiger Sendungen von verschiedenen, häufig regionalen Lieferant:innen und eignen sich somit potenziell für die Belieferung mit dem Lastenrad. Auch die Belieferung durch KEP-Dienste steigt in diesem Segment zunehmend an (Leerkamp et al. 2020).

  • HoReCa: Ähnlich zum Einzelhandel wird die Versorgung des HoReCa-Bereichs sowohl durch Großhandel als auch kleine, spezialisierte Fachhändler:innen durchgeführt. Erstere beliefern vorrangig größere HoReCa-Standorte und Kantinen (z. B. in Büros, Krankenhäusern, Altersheimen oder Schulen) mit portionierten Mahlzeiten und frischen Lebensmitteln, wobei die Belieferung häufig über den Teilmarkt der allgemeinen Stückgutlogistik abgewickelt wird (Leerkamp et al. 2020). Im urbanen Raum sind die Liefertouren durch eine relativ geringe Stoppdichte (ca. fünf bis zehn Stopps) mit moderatem Sendungsvolumen pro Stopp gekennzeichnet. Je nach Anzahl und Größe der zu beliefernden Einrichtungen werden für den Transport in der Regel leichte Nutzfahrzeuge oder kleine Lkw (7,5 t zGG) verwendet, die in Abhängigkeit der transportierten Lebensmittel oder Speisen an zusätzliche Temperatur- oder Handhabungsanforderungen angepasst sind. Für die Belieferung kleinerer Kantinen oder Veranstaltungen werden darüber hinaus auch Pkw sowie vereinzelt Lastenräder eingesetzt. Ein Beispiel dafür ist das österreichische Start-Up Rita bringt’s. Der Lieferdienst setzt vollständig auf die Auslieferung mit Lastenrädern und hat nach Angaben auf der unternehmenseigenen Webseite darüber bereits das Catering für Veranstaltungen mit bis zu 600 Teilnehmer:innen abgewickelt.

    Im Gegensatz dazu werden vor allem gehobene HoReCa-Standorte durch eine Vielzahl spezialisierter Fachhändler:innen mit hochwertigen, häufig lokal bzw. regional erzeugten Produkten beliefert. Aus Sicht der Lieferant:innen sind die Liefertouren durch ein geringes Sendungsvolumen sowie eine geringe Stoppdichte (häufig auch Punkt-zu-Punkt-Verkehre) gekennzeichnet und ähneln somit dem Kurier- und Expresssegment. Entsprechend bietet besonders die Auslieferung lokaler Produkte ein hohes Verlagerungspotenzial auf das Lastenrad. Um dabei auch temperaturgeführte Transporte zu ermöglichen, entwickeln bereits einige Lastenrad- und Aufbautenhersteller Lösungen für klimatisierte (Wechsel-)Container. Neben der Belieferung mit frischen Lebensmitteln eignen sich entsprechende Systeme beispielsweise auch für den Pharma-Transport.

2.5.2 B2C-Segment

Im B2C-Bereich wird zwischen der Heimzustellung von Lebensmitteln (Online-Lebensmittelhandel) sowie der Lieferung von bereits zubereiteten Speisen (Essenslieferdienste) unterschieden. Besonders der Online-Lebensmittelhandel unterliegt seit einigen Jahren einem überdurchschnittlichen Marktwachstum und galt vor allem während der Corona-Pandemie als ein wesentlicher Wachstumstreiber für den deutschen Online-Handel. Ebenfalls verstärkt durch die Pandemie lässt sich darüber hinaus auch bei Essenslieferdiensten ein anhaltendes Wachstum beobachten. Eine detaillierte Übersicht zu aktuellen Marktzahlen und -prognosen sowie relevanten Agierenden wird in Miller (2023) gegeben.

Die beiden Teilmärkte lassen sich wie folgt unterscheiden (Den Boer et al. 2017; IFH Köln 2022; Miller 2023):

  • Online-Lebensmittelhandel: Die Lieferungen im Markt für Online-Lebensmittelhandel bestehen größtenteils aus Waren, die dem allgemeinen Sortiment des stationären Lebensmitteleinzelhandels entsprechen. Dazu gehören sowohl frische Lebensmittel und Getränke als auch Produkte aus dem Nonfood-Bereich wie beispielsweise Körperpflegeprodukte, Reinigungsmittel oder Tierfutter. Bezogen auf Produktangebot und Lieferstruktur lässt sich der Markt in drei Teilbereiche untergliedern: Einzelhandelslieferung, Quick-Commerce und Lieferung von Kochboxen (Meal Kits).

    Im Segment der Einzelhandelslieferungen werden die Bestellungen über einen Online-Shop des:r jeweiligen Einzelhändler:in ausgelöst und mit eigener Flotte zu einem vereinbarten Zeitpunkt zugestellt. Die Lieferzeit beträgt in der Regel mehrere Tage, obwohl vereinzelt auch Same-Day-Lieferungen angeboten werden.

    Der Bereich Quick-Commerce umfasst ebenfalls die Lieferung von Einzelhandelsprodukten, zielt jedoch auf Einhaltung deutlich geringerer Lieferzeiten ab (wenige Stunden bis Minuten). Anbietende betreiben dafür entweder sogenannte Ghost- bzw. Dark-Stores (siehe Abschn. 7.3.1.8) oder holen die Waren direkt von einem nahe gelegenen Supermarkt ab. Zur Einhaltung des Lieferzeitversprechens werden Bestellmengen und Zustellradius in diesem Segment stark beschränkt.

    Kochboxen beinhalten Rezepte sowie eine darauf abgestimmte Menge frischer Lebensmittel und werden häufig über ein Abo-Modell in regelmäßigen Zeitabständen (z. B. wöchentlich) an eine:n Endkund:in geliefert. Dabei wird die Zustellung der Kochboxen besonders bei großen Anbietenden zunehmend über KEP-Dienstleister abgewickelt.

    Neben Kochboxen werden zunehmend auch sogenannte Biokisten (häufig auch Öko- oder Gemüsekisten) im Rahmen verschiedener Abo-Modelle angeboten. Im Gegensatz zu Kochboxen werden die Lebensmittel (regional und saisonal, insbesondere Gemüse und Obst, vereinzelt Fleisch, Molkereiprodukte, Back- und Teigwaren oder Getränke) direkt durch einzelne Anbietende (Direktvertrieb) oder einen Zusammenschluss dieser in Form von Verbänden vermarktet und regional an die jeweiligen Endkund:innen geliefert. Ein prominentes Beispiel ist der Verband Ökokiste e.V., der nach eigenen Angaben als Zusammenschluss von rund 50 regional agierenden Biokiste-Lieferant:innen deutschlandweit über 80.000 Kund:innen beliefert. Dabei werden aufgrund der geringen Tourlängen und Sendungsvolumina zunehmend auch Lastenräder genutzt (siehe hierzu Knoop 2021).

  • Essenslieferdienste: Essenslieferdienste umfassen die Zustellung von zubereiteten Mahlzeiten an Endkund:innen. Traditionell erfolgen dabei sowohl der Bestellvorgang (via Telefon oder Webseite) als auch die Lieferung direkt über das jeweilige Restaurant. Seit Beginn der 2000er-Jahre entstanden daneben vermehrt digitale Plattformen, die das Angebot verschiedener Restaurants bündeln und den Bestellprozess zentralisieren. Zu Beginn agierten diese Plattformen lediglich als Vermittelnde zwischen Kund:innen und Restaurants, wobei letztere die Speisen weiterhin eigenverantwortlich auslieferten. In den letzten Jahren hat sich das Geschäftsmodell dieser Plattformen jedoch weiterentwickelt und beinhaltet mittlerweile neben der reinen Vermarktung der Gastronomiebetriebe auch die Organisation und Abwicklung der Lieferprozesse. Dafür vermitteln die Plattformen zwischen Restaurants und (meist freiberuflichen) Fahrenden, die Bestellungen in der Regel mit eigenen Fahrzeugen beim jeweiligen Restaurant abholen und anschließend zum:r Endkund:in transportieren (vgl. dazu auch Alvarez-Palau et al. 2022).

Lieferdienste im B2C-Segment, insbesondere Essenslieferdienste und Quick-Commerce, zeichnen sich durch kleinformatige, zeitkritische Sendungen aus, die hochfrequent in einem begrenzten Zustellgebiet per Direktverkehr ausgeliefert werden. Typische Fahrzeuge in diesem Segment sind (Lasten-)Fahrräder und motorisierte Zweiräder sowie vereinzelt auch Kleinwagen und leichte Nutzfahrzeuge (vgl. auch Gruber et al. 2015).

Besonders in innenstadtnahen Gebieten sind die Transporte außerdem durch eine hohe Sichtbarkeit und einer damit verbundenen Markenassoziation gekennzeichnet. Zudem besteht aufgrund der hohen Dichte an Anbietenden ein intensiver Wettbewerb. Angesichts des wachsenden Umweltbewusstseins vieler Konsument:innen sowie der für das Marktsegment besonders relevanten Akzeptanz der Kund:innen ist auch der Online-Handel zunehmend bemüht, seine Lieferflotte auf nachhaltige Verkehrsmittel wie Lastenräder oder elektrifizierte Leichtfahrzeuge umzustellen.

2.6 Stückgut

Als Stückgüter werden nachfolgend Waren verstanden, dessen Transport- und Logistikprozesse über allgemeine bzw. spezielle Stückgutverkehre abgewickelt werden (Arnold et al. 2008b, S. 962; Kienzler et al. 2019):

Im allgemeinen Stückgutverkehrs werden einzeln etikettierte Trocken- und Stapelgüter der Industrie- und Konsumgüterwirtschaft (i. d. R. aus den Bereichen FMCG, Wohnen/Freizeit, Elektronik) auf Europaletten oder in Wechselbehältern transportiert. Der spezielle Stückgutverkehr umfasst besondere Stückgüter wie hängende Kleidung, High-Tech-Güter oder Möbel, bei deren Transport zusätzlich spezielles Equipment (z. B. Stangenelemente, gepolsterte Innenräume) notwendig ist. Die Sendungsgrößen im Stückgutverkehr weisen eine sehr heterogene Struktur auf und decken einen Gewichtsbereich von ca. 31,5 kg bis zu 2500 kg ab. Die entsprechenden Waren werden sowohl an private Haushalte (B2C), als auch an Unternehmen (B2B) versendet. Die Lieferungen werden durch Stückgutspediteure hauptsächlich mit kleinen Lkw (zGG. 7,5 t) durchgeführt und weisen durchschnittliche Transportlängen von 45–60 km auf. Aufgrund des steigenden Anteils an Sendungen aus dem Onlinehandel über Gewichtsbereich des KEP-Markts sowie aufgrund der hohen Anzahl mittelständischer Unternehmen mit geringen Sendungsmengen (vor allem FMCG-Bereich) werden jedoch auch zunehmend Fahrzeuge im unteren Nutzlastbereich (z. B. leichte Nutzfahrzeuge bis 3,5 t zGG.) eingesetzt.

Laut Leerkamp (Leerkamp et al. 2020) besteht im Stückgutsegment ein hohes Interesse an Sendungsbündelungen, um die Auslastung der Fahrzeuge und damit die Wirtschaftlichkeit der Transporte insgesamt zu steigern. Insbesondere durch die Zunahme an Sendungen mit fixem Lieferzeitpunkt (Terminsendungen) sowie Lieferzeitbeschränkungen in Innenstädten werden Spediteure in Städten jedoch häufig gezwungen, Lieferungen an Subunternehmen (Kienzler et al. 2019) auszulagern oder mehrere, schlecht ausgelastete Fahrzeuge gleichzeitig einzusetzen (Leerkamp et al. 2020). Zudem spielen Umweltauflagen und Emissionsvorschriften eine immer größere Rolle, da Städte zunehmend Maßnahmen zur Luftreinhaltung und Lärmminderung ergreifen.

Lastenräder bieten vor diesem Hintergrund vor allem für Lieferungen in innenstadtnahe Bereiche ein hohes Verlagerungspotenzial, da sie im Allgemeinen von Lieferzeit- und Zufahrtsbeschränkungen ausgenommen sind und im Vergleich zu unausgelasteten Lkw erhebliche Kosteneinsparungen erzielen können. Darüber hinaus ermöglichen Lastenräder aufgrund ihrer Flexibilität und Manövrierfähigkeit einen effizienteren Zugang zu schwer erreichbaren Empfangenden (z. B. bei Einbahnstraßen, beschränkten Durchfahrtshöhen oder Brückenlasten, Engstellen).

2.7 Baustellenlogistik

Die Baulogistik umfasst im Allgemeinen alle erforderlichen Leistungen zur Ver- und Entsorgung einer Baustelle (vgl. Ruhl et al. 2018, S. 6). Vor dem Hintergrund des Güterwirtschaftsverkehrs betrifft dies vor allem Prozesse zur termin- und mengengerechten Versorgung der Baustelle mit den erforderlichen Materialien (Bau- und Betriebsstoffe sowie Materialfluss- und Produktionsmittel), unmittelbar auf der Baustelle stattfindende Transportprozesse sowie die Entsorgung von Bauabfällen (vgl. Helmus et al. 2009, S. 28, 32–33)

Abgrenzend zu den bereits beschriebenen Logistiksektoren weist die Baulogistik einige spezifische Merkmale auf (Berden et al. 2018):

  • Jede Baustelle erfordert eine eigenes, selten übertragbares Logistikkonzept.

  • Baustellen werden je nach Bauphase unregelmäßig beliefert. Sie sind besonders zu Beginn sehr materialintensiv, wohingegen die Materialflüsse gegen Ende des Bauvorhabens kleinvolumiger, jedoch auch deutlich heterogener werden (Balm et al. 2018).

  • Bauvorhaben werden zu großen Teilen sequenziell durchgeführt, weshalb sich Verzögerungen auf alle nachfolgenden Aktivitäten auswirken. Entsprechend ist eine termingenaue Bereitstellung der benötigten Materialien von hoher Bedeutung.

  • Die Bauindustrie ist sehr fragmentiert. An einem Bauvorhaben sind eine Vielzahl verschiedener Unternehmen, Zulieferer und Logistikdienstleister beteiligt.

In Kombination mit der anhaltenden Zunahme der städtischen Bevölkerung, aus der eine Vielzahl an Bauaktivitäten (sowohl Neubau als auch Sanierung und Instandhaltung von Gebäuden und Infrastruktur) resultiert, ergeben sich aus den distinktiven Merkmalen von Bauvorhaben insbesondere im städtischen Raum eine Reihe an Herausforderungen für deren Belieferung. Dazu gehört zum einen, dass Einrichtungsflächen für Baustellen häufig auf öffentlichen Flächen errichtet werden müssen und dabei zu erheblichen Beeinträchtigungen für den umliegenden Verkehr, limitierten Optionen für die Zwischenlagerung von Materialien sowie begrenzten Zufahrts- und Parkmöglichkeiten führen (Leerkamp et al. 2020).

Zudem sind einzelne Bauphasen durch eine große Vielfalt verschiedener Materialien gekennzeichnet, welche von diversen Lieferanten zu unterschiedlichen Zeitpunkten bereitgestellt werden müssen (Balm and van Amstel 2018). Infolgedessen sind Bündelungseffekte nur eingeschränkt realisierbar, was wiederum eine hohe Anzahl an Lieferfahrten generiert (Leerkamp et al. 2020). Insbesondere in späteren Bauphasen bieten laut Balm et al. (2018) leichte elektrische Nutzfahrzeuge, darunter auch Lastenräder, ein großes Potenzial für die effiziente und stadtverträgliche Versorgung von Baustellen mit leichten Baumaterialien sowie die Beförderung von Materialien oder Werkzeugen auf oder zwischen benachbarten Baustellen. Praktische Umsetzungen können bisher jedoch kaum beobachtet werden.

3 Geschäftsmodelle in der Radlogistik

Radlogistik lässt sich in verschiedenen Geschäftsmodellen und Organisationsformen der Logistik umsetzen. Das Kapitel gibt dazu einen Überblick und stellt die einzelnen Erscheinungsformen der Unternehmen der Radlogistik dar und beschreibt sie.

3.1 Organisationsform

3.1.1 Logistikdienstleister

Der Begriff der Logistikdienstleister ist ein Sammelbegriff für Unternehmen, die logistische Dienstleistungen anbieten. Sie lassen sich entsprechend des Umfangs der Dienstleistung klassifizieren (Tab. 7.2). Dafür hat sich die PL-Terminologie etabliert, welche eine gute Abgrenzung des jeweiligen Leistungsumfangs bietet. Die etablierten Organisationsformen der Radlogistik werden, aufbauend auf dieser Klassifikation, im Folgenden dargestellt.

Tab. 7.2 Klassifikation von Logistikdienstleistern. (Quelle: Leitner 2015, S. 16 f.; Muchna et al. 2021, S. 123)

3.1.2 Einzelunternehmer:innen

Einzelunternehmer:innen sind vorwiegend Fahrer:innen, die selbstständig auf Rechnung für andere Transporteure oder Spediteure fahren. Im Fall der Radlogistik erbringen sie die Transportdienstleistung mit (Lasten-)Rädern. Dazu zählen selbstständige Radkurier:innen und in einigen Fällen auch Fahrer:innen die für Plattformdienste fahren. Einen vertieften Einblick zu Radkurier:innen bietet (Gruber 2015).

3.1.3 Subunternehmer/Nachunternehmer/Servicepartner

Diese Organisationsform bezeichnet vorwiegend kleine und mittlere Unternehmen, die über einen eigenen Fuhrpark mit Fahrer:innen verfügen und Transporte bzw. Zustellungen auch auf der letzten Meile für Spediteure oder Systemdienstleister ausführen. Bei einigen Unternehmen stellt dies nur einen Teil der Geschäftstätigkeit dar (siehe Radlogistiker), bei anderen ist es das originäre Geschäftsmodell.

Diese Unternehmen können für einen oder mehrere Spediteure oder Systemdienstleister tätig sein. In diesem Fall sind die Aufträge und Güterflüsse getrennt zu halten und Fahrzeuge, Kleidung, Scanner und ähnliches Equipment passend zu den Auftraggeber:innen einzusetzen.

Der Bereich der Nachunternehmen wird mit prekären Arbeitsverhältnissen assoziiert. Der Mindestlohn, Verfahren der Qualitätssicherung und Zertifizierung wie die Präqualifizierung (Kap. 2) und andere Brancheninitiativen sichern jedoch inzwischen erfolgreich Lohn- und Sozialstandards. Nachunternehmen sind in der Regel lokal angesiedelt, zahlen vor Ort Steuern und stellen inzwischen für Migrant:innen einen guten Einstieg in den Arbeitsmarkt dar.

3.1.4 (Rad-)Kurierdienstleister

Fahrradkurier:innen betreiben seit Jahrzehnten Radlogistik. Sie transportieren in vielen Städten Sendungen in persönlicher Begleitung von Versendenden direkt zu Empfangenden. Radkurier:innen wurden häufig für kleine, eilige Sendungen eingesetzt und können durch den Einsatz von Lastenrädern ihren Einsatzbereich und ihren Umsatz steigern (Gruber 2015). Kurierdienstleister bieten darüber hinaus auch häufig feste Zustelltouren mit Lastenrädern an, wo Waren von lokalen Versendenden ausgefahren werden. Bei vielen Kurierdienstleistern kommen sowohl Kraftfahrzeuge wie PKW wie auch Fahrräder zum Einsatz. Daneben bestehen die reinen Radkuriere, die als Unternehmen ausschließlich per Fahrrad oder Lastenrad zustellen.

In der konkreten Organisation von Radkurieren gibt es verschiedene Erscheinungsformen. Kollektive von Kurier:innen stellen einen Zusammenschluss selbstständiger Radkurier:innen dar, welche in dem Kollektiv als juristische Person gemeinsam ihre Leistung anbieten und gemeinsam das Unternehmen organisieren. Viele Radlogistikfirmen sind als klassisches Unternehmen mit Geschäftsführung und Fahrer:innen als Angestellten (und Teilzeitkräften) organisiert. Weiterhin sind Vermittlungsagenturen zu finden. Diese akquirieren Aufträge und stellen sie auf einer Plattform bzw. über eine Disposition an selbstständige Fahrer:innen zur Verfügung. Letztere verdienen an den Fahrten, sind aber anders als bei Kollektiven nicht in die Organisation der Auftragsakquirierung eingebunden.

3.1.5 Lokale Radlogistiker

Mit der Renaissance der Radlogistik hat sich diese Organisationsform etabliert. Lokale Radlogistiker sind vorwiegend kleine und mittlere Unternehmen, die in einer bestimmten Stadt oder Region Logistikdienstleistungen ausschließlich oder überwiegend mit Lastenrad anbieten. Die Unternehmen sind meist inhaber:innengeführt mit angestellten Fahrer:innen. Ihr Leistungsspektrum ist differenziert zwischen den Akteur:innen ausgeprägt und umfasst Kurierdienste, Transporte für lokale Einzelhändler:innen, Lebensmittellieferungen wie Biokisten, Pharma, Paketzustellungen, Fullfillment und einiges mehr. Die Unternehmen bieten häufig einen Mix der unterschiedlichen Angebote an und orientiert sich an lokalen Bedarfen. Bei Leistungen wie der Paketzustellung treten sie auch als Nachunternehmen von Systemdienstleistern oder Plattformdiensten auf.

Der Vorteil dieser Organisationsform liegt in der lokalen und regionalen Verwurzelung sowie der schnellen Anpassungsfähigkeit an regionale Bedürfnisse. In dem sehr preissensitiven Logistikmarkt geht die geringe Größe aber auch mit geringer Kapitalkraft und damit größeren Herausforderungen in der Expansion oder Innovation einher.

3.1.6 Spedition

Speditionen sind Logistikdienstleister, die den Warenfluss von den Versendenden bis zu den Empfangenden organisieren und dafür Transport, Umschlag und bei Bedarf Lagerung und andere Services anbieten und tlw. weitreichende Speditionsnetzwerke vorhalten. Sie werden auch als Architekt:innen der Lieferkette bezeichnet und kombinieren bei Bedarf den Transport auf Land, Wasser und in der Luft. Speditionen sind etabliert im Bereich der Massegüter, der Stückgüter (auf standardisiert Ladungsträgern) und selten dem Transport von Paketen. Die Rolle und Aufgabe des Spediteurs ist in § 453ff HGB und den Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen definiert (Muchna et al. 2021).

Speditionen beauftragen für den Transport i. d. R. Frachtführer:innen, gesonderte Transporteure oder auch Nachunternehmer genannt, oder führen in selteneren Fällen den Transport selbst aus. Radlogistik ist somit kein Kern des Geschäftsmodells, kann jedoch eine wesentliche Rolle in der Organisation der Transporte auf der letzten Meile spielen.

3.1.7 KEP-Dienste

Unternehmen im Kurier-, Express und Paketmarkt verfolgen eines oder mehrere der Geschäftsfelder Kurier, Express oder Paketbeförderung. Paketdienste sind spezialisiert auf den Transport von Stückgütern bis 31,5 kg Gewicht und geringer Vereinheitlichung der Maße der Transportgüter. Sie verfügen über ein weitreichendes, internationales Logistiknetzwerk mit sehr standardisierten Prozessen zur Sicherung hoher Produktivität und Qualität. Der Markt in Europa ist geprägt von wenigen, großen Akteuren. Die Akteure unterscheiden sich in ihren Geschäftsmodellen. Sie fokussieren sich stark auf Business-to-Business (B2B)- oder Business-to-Customer (B2C)-Leistungen, obwohl häufig beides vorkommt. Einige Anbieter ermöglichen auch Customer-to-Customer-Transporter.

KEP-Dienste organisieren den Hauptlauf zwischen Hubs und die Verteilung, Sammlung von Gütern. Während die Hubs und IT-Systeme eigene Anlagen sind, werden die Transporte meist durch Nachunternehmen durchgeführt.

3.1.8 Plattformdienste und Quick Commerce

Plattformdienste sind in der Zustellung von Mahlzeiten etabliert. Sie bieten als Unternehmen eine Online-Plattform an, auf der Versendende ihre Ware anbieten können und organisieren den Bestell-, Zahlungsabwicklungs- und Auslieferungsprozess. Sie fungieren dabei als Plattform bei der sowohl ausreichend Anbietende (Restaurants, Cafés), Kund:innen und Transporteur:innen eingebunden sein müssen, um ein erfolgreiches Geschäft zu ermöglichen. Für die Auslieferung werden häufig Fahrer:innen mit Fahrrad, speziellen Delivery Bikes oder andere Transportmittel eingesetzt. Diese sind entweder bei der Plattform angestellt, auch in Teilzeit, geringfügig, oder agieren als selbstständige Einzelunternehmer:innen.

Plattformdienste bieten Restaurants, Café etc. eine einfache Option, einen zusätzlichen Absatzkanal einzurichten und Kund:innen die Möglichkeit der Bestellung und Lieferung anzubieten. Dafür entrichten die Versendenden einen nicht unwesentlichen Anteil des Umsatzes der Bestellung an die Plattform.

Plattformdienste für Mahlzeiten zählen zum Quick Commerce, bei dem auf Zuruf innerhalb von Minuten bis wenigen Stunden Waren, Mahlzeiten u. ä. zugestellt sein müssen. Während der Corona-Pandemie wurden On-demand-Lieferdienste populär, welche die Zustellung von vorwiegend Lebensmitteln aber auch weiteren Gebrauchsgüterm innerhalb von Minuten oder Stunden etablierten. Die Zustellung erfolgt dafür ausgehend von Darkstores, kleinen Lagern in der unmittelbaren Umgebung, mit Fahrrädern, Lastenrädern und ähnlichen Fahrzeugen.

In diesem Segment lang etabliert sind Essenslieferdienste, z. B. für Pizza, die ausgehend von einer eigenen Küche mit meist eigener Flotte und Fahrer:innen (teilweise auch selbstständig) innerhalb kurzer Zeit Mahlzeiten ausliefern. In urbanen Gebieten sind hier vermehrt Delivery Bikes im Einsatz.

4 Dienstleistung

In der Radlogistik und urbanen Logistik kristallisieren sich zudem verschiedene Dienstleistungsformen heraus, die sich nicht eindeutig und den Organisationsformen mit ihren dezidierten Geschäftsmodellen zuordnen lassen. Diese Dienstleistungen sind hier, nicht abschließend, vorgestellt.

4.1 Empfängergestützte Konsolidierung

Bei der auf Empfänger:innen gestützte Konsolidierung findet die Konsolidierung im Auftrag der Empfangenden, privat wie gewerbliche Akteur:innen, statt. Das verbreitete Konzept fokussiert den Paketsektor und versucht das Problem zu lösen, dass Privat- wie Gewerbekund:innen von verschiedenen Dienstleistern zu verschiedenen Zeitpunkten beliefert werden. Ein neutraler, dritter Logistikdienstleister schaltet sich hier dazwischen. Die Sendungen werden an diesen Konsolidierungsdienstleister geliefert, dieser konsolidiert, auch über mehrere Tage, die Sendungen für eine:n Empfänger:in und stellt diese dann zusammen, häufig auch zum Wunschzeitpunkt zu.

Das Besondere ist, dass die Konsolidierungsdienstleister durch die Empfangenden bezahlt werden. Diese Dienstleistung ist in der Preisbildung der Versendenden bei Bestellung und Versand nicht abgebildet. Die von den Versendenden beauftragten Logistikdienstleister liefern die Sendungen nicht zum:r Empfänger:in selbst, sondern an die Adresse des Konsolidierungsdienstleisters. Für die Logistikdienstleister gilt das Paket dort als zugestellt. Die konsolidierte Zustellung ist ein Extraservice der entsprechend extra gezahlt wird. Der Vorteil für gewerbliche Empfänger:innen wie z. B. Einzelhändler:innen liegt in der Reduktion des Handlingaufwands, da nur noch einmal am Tag eine Warenannahme stattfindet, diese planmäßiger stattfindet oder weniger Unterbrechungen des Kontakts zu Kund:innen auftreten. Bei privaten Empfänger:innen ist es besonders die Auswahl von Zeitfenstern und die Sicherheit, dass Pakete auch ankommen und nicht Wege zu verschiedenen Pick-up-Points notwendig werden.

Beispiele für eine funktionierende Konsolidierung, die auf die Empfänger:innen gestützt ist, stellen der Kiezbote in Berlin und incharge in Düsseldorf dar. Bei beiden Anbietern werden auch Lastenräder für die Zustellung der Sendungen genutzt.

4.2 Urban Fulfillment

Fulfillment im E-Commerce beschreibt alle Aktivitäten nach der Bestellung die dazu führen, dass die Kund:innen auch ihre Ware bekommen. Dies sind mindestens Lagerung, Kommissionierung, Versand und Auslieferung. Die Auslieferung wird standardmäßig durch einen Logistikdienstleister, wie z. B. KEP-Dienste oder Speditionen, übernommen. Es ist darüber hinaus auch üblich, dass die weiteren Aktivitäten der Lagerung, Kommissionierung und des Versands durch den Logistiker ausgeführt werden.

Für Radlogistiker ergibt sich hier das Potenzial über den reinen Transport hinausgehende logistische Dienstleistungen anzubieten. Sind ausreichend Flächen für Lagerung und Kommissionierung vorhanden, dann kann dies als weiteres Leistungsspektrum z. B. durch Kurierdienstleister oder lokale Radlogistiker angeboten werden. Der Vorteil ist, dass die Lagerhaltung nah an den Endkund:innen erfolgt und so kurze Lieferzeiten (z. B. same day) realisiert werden können.

Urban-fulfillment-Konzepte sind auch mit der auf die Empfangenden gestützte Konsolidierung kombinierbar. Der Dienstleister übernimmt hier nicht nur die Konsolidierung für die Empfangenden, sondern auch (Teile) der Warenhaltung, die bedarfsgerecht (mit den eingehenden Sendungen) abgerufen werden. Quick-Commerce und dark stores basieren auf dem Konzept des urban fulfillments, das durch eine:n Akteur:in proprietär umgesetzt wird. Urban fulfillment selbst kann aber auch durch Gewerbe- und Handelsunternehmen umgesetzt werden und ermöglicht es in Objekten in der Stadt Lagerflächen zu reduzieren, um z. B. mehr Platz für Verkaufsflächen zu schaffen.

4.3 Reverse Logistik

Das große Feld der Reverse Logistik wird dominiert von der Entsorgungslogistik. Dazu zählt jedoch ebenso die Retourenlogistik, die im E-Commerce einen hohen Stellenwert einnimmt. Retouren sind die Rücksendungen von Waren, meist Paketen, an die Empfangenden. Im Paketbereich erfolgt die Abholung direkt durch die zustellenden Logistikdienstleister. Die Retourenlogistik erfolgt dadurch integriert in die Logistikprozesse entweder im Rahmen einer Auslieferungstour oder von Abholtouren bei Versendenden und Knoten von Empfangenden.

Ein weiteres Feld innerhalb der Reverse Logistik stellt die Mehrweg- und Recyclinglogistik dar. Radlogistik ist hier nicht geeignet für großvolumige Transporte, die besonders im Industrie- und Gewerbekontext mit Mehrwegbehältern und -ladungsträgern anfallen. Es bestehen jedoch Einsatzszenarien in der Übernahme der Recyclingprozesse von kleinen und mittleren Unternehmen, wie Einzelhändler:innen, Restaurants, Büros etc. und Privatpersonen. Für diese wird, je nach Bedarf, die Abholung von Mehrwegverpackungen, Altpapier und Altkleidern sowie deren ordnungsgemäße Rückführung organisiert und durchgeführt.