1 Einführung

Spannend und schwierig an der Planung von urbaner Logistik und Radlogistik ist, dass in den Planungs- und Umsetzungsprozessen Akteure zueinander kommen und miteinander agieren (müssen), die traditionell wenig Berührungspunkte miteinander haben. Der Unterschied liegt dabei nicht nur in der Zielstellung auf das Gemeinwohl (Stadt) oder Gewinn bzw. betriebswirtschaftliches Überleben (Logistik) (Assmann und Behrendt 2019), sondern ebenso in den Planungsmethoden, -paradigmen und dem Umgang mit Stakeholdern.

Die Herausforderung in der Planung urbaner Logistik und Radlogistik ist aus der Perspektive der Logistik die Komplexität und Dynamik der Akteure. Die Stadt als Planungsbereich erzeugt durch die Vielfalt der Stakeholder, die in das Geschäftsmodell eingebunden sind, eine hohe Komplexität (Björklund et al. 2017), die in den bisherigen Logistikmodellen kaum bekannt war. Stakeholdermanagement in der Logistik befasste sich im Rahmen des Supply Chain Managements (Lieferketten bzw. Wertschöpfungsnetzwerkmanagement) mit der Organisation der Akteure entlang der Herstellung, des Vertriebs und des Transports eines Gutes. Akteure, die nicht direkt in die Lieferkette involviert sind, sind kaum von Interesse. Mit der Planung in der Stadt werden nun neue Akteure außerhalb der direkten Leistungserbringung für den Erfolg der Planung und damit der Gestaltung des Systems für eine effiziente Leistungserbringung relevant. In einer Stadtplanung und dem Städtebau unter marktwirtschaftlichen und demokratischen Bedingungen kann jede Person, natürlich oder juristisch, auf die Planung der Stadt Einfluss nehmen (Frick 2011, S. 165). Ein Faktor, der in der bisherigen logistischen Planung vernachlässigbar war, für die Urbane Logistik jedoch wesentlich ist.

Auf der Seite öffentlicher Akteure hat die Planung von Wirtschaftsverkehr und Logistik über Jahrzehnte, abgesehen von den fehlgeschlagenen City-Logistik-Konzepten der 90er-Jahre, keine oder nur eine sehr geringe Stellung eingenommen. Initiativen zur Integration der Logistikplanung in die Stadtplanung werden von Praktiker:innen nur graduell wahrgenommen (Hu et al. 2019). Dementsprechend besteht auch hier wenig Kenntnis über die Akteurslandschaft der Logistik, ihre Rollen, Bedürfnisse, Funktionsweisen und Möglichkeiten. Für die Erreichung einer nachhaltigen Logistik ist die Zusammenarbeit der drei Akteursgruppen Politik, Unternehmen und Logistik jedoch maßgebend (Gregori et al. 2011, S. 24). Besonders in dichteren Stadtbereichen, bei denen sich viele Nutzungsansprüche überlagern und gegenseitig in Wettbewerb oder Konflikt zueinander stehen, ist das Wissen um Stakeholder und ihre Einbindung essenziell, um langfristig gute Lösungen für Stadt und Logistik zu erzielen.

Dieses Kapitel wird deswegen einen Überblick über die Akteure geben, welche in die Planung und Ausführung urbaner Logistik, besonders Radlogistik, involviert sind. Zum zweiten wird es aufzeigen, wie diese Akteure in kommunale Verkehrs- und Logistikplanungsprozesse eingebunden werden können. Der letzte Abschnitt vertieft die Akteurseinbindung und stellt wesentliche Faktoren für erfolgreiche Prozesse aus Praxiserfahrungen dar. Die Planung selbst wird in Kap. 10 und 14 dargestellt.

2 Überblick Akteure der Urbanen Logistik auf städtischer Ebene

Die Komplexität der Planung der Urbanen Logistik liegt in der Heterogenität und Vielfalt der Akteurslandschaft begründet (Björklund et al. 2017). Wesentlich ist es deswegen einen Überblick über die verschiedenen Akteurstypen zu bekommen und ihre Rollen, Aufgaben und Hoheiten zu verstehen sowie anhand der ihnen als Akteur eines gewissen Typs eingeschriebenen Interessen Handlungsmotivationen zu antizipieren und geeignet in der Planung zu berücksichtigen.

Im Kern lassen sich drei Akteursklassen erkennen. Dies sind die Logistik mit allen Akteuren, die in direkter Verbindung zum Gütertransport stehen, die Stadt mit ihren administrativen und politischen Akteuren, welche direkt in Entscheidungen und Planungen eingebunden sind, diese initiieren oder legitimieren und drittens die Zivilgesellschaft. Die drei Klassen und ihre Akteure werden im Folgenden im Überblick beschrieben, um ein grundsätzlichen Verständnis zu erzeugen. Eine Übersicht der Akteure und ihrer leitenden Handlungsinteressen ist in Tab. 15.1 zu finden.

Tab. 15.1 Übersicht Planungsakteure der Urbanen Logistik. (Nach Ogden 1992; Müller und Volkamer 2006; Saliterer 2009; MDS Transmodal 2012; Bogdanski 2015)

2.1 Akteure der Logistik

In der Logistik zeigt sich ein breites Bild an verschiedenen Akteuren. Die Versender sind (Online-)Händler und Produzenten, welche ihre Güter an den Kunden oder die Kundin geliefert wissen wollen und dafür die Logistikdienstleistung beauftragen. Diese werden, bei großen Versendern meist aus der Zentrale heraus, für ein großes Gebiet and Systemdienstleister (3PL, 4PL) oder Speditionen vergeben. Die Vergabe folgt zwar strategischen Zielstellungen des Unternehmens wie z. B. CO2-Minderung, CO2-neutraler Versand, die aber durch die Auftragnehmer, die Systemdienstleister zu erfüllen sind. Reine Leistungskriterien wie Lieferqualität, Lieferzeit und Kosten dominieren jedoch weiterhin. Lokale und regionale, häufig mittelständisch geprägte Versender können sich mit ihrer Logistik gut an die Gegebenheiten vor Ort anpassen, bzw. tun dies durch die Verankerung im sozio-ökonomischen Geschehen der Region. Überregionale, nationale und internationale Versender organisieren zentral die Logistik für große Regionen. Von diesen wird bisher nahezu keine Rücksicht auf die Bedingungen einer einzelnen Kommune genommen.

Systemdienstleister und Speditionen organisieren den Transport der Güter von den Versendern zu den Empfängern. Die Versender sind ihre Kunden und zahlen für die Leistung. Die Empfänger zahlen, wenn sie für die Logistik zahlen, an den Versender. Auch wenn hin und wieder der Empfänger als Kunde oder Kundin bezeichnet wird, ist es aus Sicht der Logistik der Versender.

Die Systemdienstleister und Speditionen sind die „Architekten“ der Lieferkette und organisieren ein überregionales Transportnetzwerk (Kap. 7). Sie sind für die Auswahl der geeigneten Transportmittel, für den Grad der Bündelung von Sendungen, Handlingqualität und Kosten der Transporte, wie auch den Service, z. B. Sendungsverfolgung, Lieferzeitfenster, Differenzierung von Lieferoptionen etc., verantwortlich. Diese Unternehmen stehen zueinander im Wettbewerb (z. B. Preis, Qualität, Nachhaltigkeit) um weitere Versender als Kunden. Die Unternehmen haben eine Unternehmensstrategie mit teilweise ambitionierten Nachhaltigkeitszielen und verfügen über Strategie- und Planungsabteilungen, um die Wettbewerbssituation ihres Netzwerks zu verbessern, wozu auch die Gestaltung der letzten Meile entsprechend regionaler Besonderheit gehört. Sie sind geeignete Ansprechpartner. Um Logistik in einer Stadt/Region zu verändern, müssen jedoch ihre Änderungen im Logistiksystem in Einklang mit den Standards und Prozessen des Netzwerks gebracht werden.

Die Systemdienstleister beauftragen meist Nachunternehmer, welche mit häufig eigenen Fahrzeugen den konkreten Transport übernehmen. Diese vorwiegend kleinen und mittleren Unternehmen können damit Einfluss auf die tatsächliche Transportausübung nehmen, sind aber sehr eng in die Kosten- und Standardrahmen der Systemdienstleister eingezwängt. Die Fahrer:innen haben einen hohen Einfluss wie konkret das Fahrzeug gefahren und abgestellt wird, sind jedoch an die Vorgaben zu Stoppzeiten, Lieferzeiten und den Kostenrahmen je Sendung gebunden, damit sie für sich einen ausreichenden Gewinn erzielen können. Bei Systemdienstleistern ist ein tägliches Monitoring der Tour- und Lieferperformance der Nachunternehmen üblich. Nachunternehmen sind regional verankerte KMUs. Ihre Fahrer:innen sind in vielen Logistikbereichen inzwischen sehr stark migrantisch geprägt, was in kulturellen und motivationalen Faktoren in der Zusammenarbeit zu berücksichtigen ist.

Die Interessen der Empfänger liegen in der zeitnahen und zuverlässigen Zustellung zu einem angemessenen Preis. Sie können die Logistik aus eigener Kraft nur begrenzt beeinflussen und sind sehr stark von dem Angebot des Versenders bzw. des jeweiligen Logistiker abhängig. Gewerbliche Empfänger, besonders größere Unternehmen, haben mit der Gestaltung der Warenannahme, Bereitstellung von Ladezonen u. a. Mitteln einen gewissen Handlungsraum um Verkehre zu lenken und negative Faktoren zu begrenzen. Bei privaten Empfängern ist der Gestaltungsraum sehr stark auf das Angebot des Versenders an möglichen Logistikpartnern begrenzt. Lösungen, wie Paketstationen, CO2-neutrale Zustellung per Lastenrad, Zustellung zu Wunschzeitfenstern, sind nur möglich durch Empfänger auszuwählen, wenn sie auch aktiv durch den Logistikpartner im Netzwerk vorgehalten und durch den Versender auch angeboten werden. Deutlich wird dies z. B. am Blauen Engel für Lieferdienstleistungen. Empfänger können dies effektiv nicht nachfragen, wenn Systemdienstleister sich nicht zertifizieren lassen und Versender dies nicht in ihren (Web-)Shop einbinden.

2.2 Akteure der Politik und Verwaltung

In der Klasse der Akteure von Politik und Verwaltung ist eine große Heterogenität an Akteurstypen zu erkennen, die sich, je nach Stadt bzw. Region, auch sehr unterschiedlich ausprägen kann. So sind Gemeinden die Politikebene mit dem direktesten Kontakt zu Bürger:innen. Im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips, das leitend für Entscheidungsfindung und Politikstruktur in der EU ist, werden hier alle Entscheidungen und Planungen ausgeübt, die nicht effizienter auf einer höheren Politikebene ausgeübt werden können. Dies sind besonders die Bebauungsplanung, die Infrastruktur, die Verkehrsplanung, Wirtschaftsansiedlungen, Kultur und soziale Infrastrukturen, Ver- und Entsorgung, Gewerbesteuern und die Organisation der Stadtverwaltung.

Jede Stadt und Gemeinde ist unterschiedlich. Die Unterschiede in Gemeinden bestehen in dem Aufbau der Verwaltung, den Zuständigkeiten und Ansprechpartner:innen und der politischen Kultur. Darüber hinaus geben Landesbauordnungen, Kommunalverfassungsgesetze und weitere Landesgesetze unterschiedliche Rahmen, innerhalb derer sich Gemeinden, Städte und Regionen bewegen und organisieren können und so eine Heterogenität im Aufbau, der Terminologie und Detailausführung in Richtlinien und Vorschriften erzeugen.

Der Gemeinderat bzw. das Stadtparlament stellt das höchste Entscheidungsgremium einer Gemeinde dar. Als demokratisches Parlament spiegelt es den politischen Diskurs der Gemeinde ab und beschließt über den Haushalt, fasst gesetzlich verbindliche Entscheidungen zu der langfristigen Bebauung der Stadt (Flächennutzungsplanung) sowie der konkreten Bebauung mit Verkehrsinfrastrukturen und Gebäuden und beschließt strategische Papiere wie Verkehrsentwicklungs-, Klimaschutz- oder Stadtentwicklungskonzepte.

Die Ausführung der Beschlüsse und Planung unterliegt der Stadtverwaltung mit ihren Fachämtern, die durch Dezernent:innen (auch Beigeordnete, selten Stadträte genannt) geführt werden. Sie sind durch das Stadtparlament gewählt. Sie unterstehen als Mitglied der Verwaltung jedoch einem oder einer direkt gewählten Oberbürgermeister:in. Die Leitungsebene einer Stadt ist dementsprechend auch einer je Person politischen Prägung und Programmatik unterworfen, die zueinander im Widerstreit stehen können. Damit kann eine Maßnahme/Planung innerhalb der Verwaltung sowohl positiv wie negativ bewertet oder von einem Amt besonders gefördert, vorangebracht oder verzögert werden. Derartig widerstrebende Interessen innerhalb einer Organisation sind für Wirtschaftsakteure im eigenem Haus eher ungewohnt.

Die Themen des Wirtschaftsverkehrs, besonders der Radlogistik, sind aufgrund der Verwaltungsstruktur und politischen Präferenzen je nach Stadt in der Verkehrsplanung, in der Stadtplanung, im Klimaschutz/Umweltschutz, der Wirtschaftsförderung oder anderen Bereichen zu finden (Assmann und Bobeth 2018). Je nach Bereich, personeller Ausstattung und Priorität können Maßnahmen und Planungen zur Radlogistik von den einzelnen Bereichen unterschiedlich gut vorangetrieben werden.

In der Zusammenarbeit mit Stadt und städtischen Akteuren aus Politik und Verwaltung ist es deswegen essenziell, sowohl deren Zuständigkeiten sowie Interessen zu kennen. Auch wenn die grundsätzlichen Ziele (attraktive Stadt, prosperierende Wirtschaft, guter Handel etc.) geteilt werden, sind die konkreten Vorstellungen und Wege dahin gern zwischen einzelnen Akteuren in der Stadt sehr unterschiedlich. Die Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen und Planungen kann dadurch länger dauern, sich wandeln, aufgehalten werden, verschnellert werden und am Ende anders gestaltet sein, wie es zu Beginn angedacht war.

Für Logistikakteure, die traditionell mit politischen und lokalpolitischen Prozessen wenig Erfahrung haben, stellt sich damit auch die Frage, inwieweit sie sich in politische Prozesse einer Stadt hineinbegeben wollen oder können. Es ist nicht ihr Kerngeschäft. Als Alternative können sie auf beschlossene Pläne bzw. konkrete Umsetzungen warten, sich an Strukturen wie Wirtschaftsverkehrsrunden beteiligen oder mit Partner mit größerer lokal-politischer Perspektive wie (Immobilien-)Investoren, Kammern oder Wirtschaftsverbänden kooperieren.

2.3 Zivilgesellschaft & Wirtschaftsakteure

Die Stadtgesellschaft einer Stadt oder Region kann einen starken Einfluss auf die Etablierung von Radlogistik in einer Stadt nehmen. Dies reicht von Unternehmen und Konsumenten und Konsumentinnen, welche eine Nachfrage danach stimulieren, findigen Bürger:innen, die entsprechende Unternehmen gründen, bis hin zu Wirtschaftsverbänden und Kammern, die im Rahmen der Verbesserung des Stadtbilds und der Wahrnehmung der Stadt entsprechende Initiativen vorantreiben. Ein prominentes Beispiel ist hier die IHK Nürnberg, welche das Mikro-Depot Projekt in Nürnberg (Bayer und Seidenkranz 2019) mit vorangetrieben hat.

Eine essenzielle Akteursgruppe sind (Immobilien-)Investoren. Diese treffen die Entscheidung für die konkrete Bebauung von Flächen, im Rahmen der beschlossenen Bauleitplanung, deren Ausführung, Preisgestaltung und die konkret darin einziehenden Nutzer:innen. Damit haben sie große Einflussmöglichkeiten, ob für die Logistik geeignete Flächen in der Stadt geschaffen und zu geeigneten Preisen angeboten werden. Die Renditeerwartung der Immobilienakteure ist, besonders bei Objekten in stark durch Handel, Wohnen und Büros nachgefragten Gebieten, nur selten mit der Zahlungsbereitschaft der Logistik für Flächen zu vereinbaren. Zum Teil wird hier Logistik auch noch als Wertminderung betrachtet, sodass selbst lang leer stehende Objekte nicht an die Logistik vermietet werden.

Ein natürlicher Partner der Logistik ist der Handel, wie auch die Gastronomie und andere Dienstleistungen. Dieser dient in der stationären Form als Senke für die Logistik, wo die Transportaufgaben der Logistik enden. Der Handel und andere Gewerbe brauchen eine schnelle, effiziente und zuverlässige Logistik, um Lager- und Transportkosten gering zu halten und dennoch ein breites Warensortiment mit hoher Attraktivität für Kunden und Kundinnen anbieten zu können. Besonders bei stationären Händlern vor Ort darf dies aber nicht das Einkaufserlebnis und die Lust, sich zum Geschäft zu bewegen, behindern. In neuerer Zeit werden neben der klassischen Abholung durch Privatkunden vermehrt auch Lieferangebote aufgebaut. Diese stellen einen zusätzlichen Logistikschritt dar, der private Fahrten substituiert und somit Einfluss auf das Verkehrsgeschehen der Stadt nimmt. Handel, Dienstleistung und Gastronomie können somit im Rahmend der Stadtgestaltung und Geschäftsmodellentwicklung fördernde Faktoren für die Etablierung von Radlogistik sein (Tab. 15.1).

Aus der Zivilgesellschaft heraus üben besonders Verbände eine starke Gestaltungsfunktion und in der Stadtpolitik ein. Förderlich für die Etablierung von Lastenrädern sind besonders Fahrrad-, Verkehrs- und Umweltverbände welche zum einen eine kommunale Stimme für bessere Infrastrukturen darstellen, aber auch vor Ort durch die Bereitstellung von (freien) Lastenradverleihsystemen eine grundlegenden Sensibilisierung und Bereitschaft für das Themenfeld erzeugen. Auch wenn durch diese kein Betrieb von Radlogistik zu erwarten ist, können sie zu einem freundlichen und offenen Klima in der Stadt bezüglich neuer Transportmittel beitragen und sind als Multiplikator für kommunale Initiativen denkbar.

3 Akteure in der Planung von urbanen Umschlagsknoten

Für den konkreten Fall der Planung von Logistikknoten in der Stadt, besonders Micro-Hubs, können innerhalb des Planungsprozesses eine Vielzahl von Stakeholdern relevant werden. In Tab. 15.2 sind diese in ihren Rollen dargestellt und sowohl Treiber für eine schnelle, erfolgreiche Umsetzung wie auch mögliche Barrieren dargestellt. Die Tabelle gibt damit einen vertiefenden Einblick zu der Akteurslandschaft oben, indem Treiber und Barrieren für eine erfolgreiche Planung am Beispiel differenzierter dargestellt werden.

Tab. 15.2 Übersicht über die Stakeholder bei der Planung von Micro-Hubs. (Quelle: Assmann et al. 2019)

4 Überblick bundesweiter Interessenvertretungen

In der Planung und Umsetzung von Radlogistik kann es sinnvoll bzw. vom Vorteil sein, auch landes- und bundesweit agierende Fachakteure einzubeziehen. Diese können als Kontaktvermittler:in, als Fachexpertinnen und Fachexperten, als Kommunikationspartner:in und in weiteren Rollen relevant werden. Im Folgenden wird eine, nicht abschließende, Übersicht der radlogistikrelevanten Verbände gegeben:

Radlogistik Verband Deutschland e.V. (RLVD)

Der Radlogistikverband Deutschland e.V. (RLVD) wurde im September 2018 in Berlin gegründet. Der RLVD will den Einsatz moderner Cargobikes und Lastenanhänger in der Logistik voranbringen und vertritt die Interessen der kleinen und mittelständischer Unternehmen, die Pioniere der Radlogistik sind. Der Einsatz moderner Cargobikes und Lastenanhänger in der Logistik bietet große Potenziale für Klimaschutz, Luftreinhaltung, urbane Lebensqualität und effiziente multimodale Logistiksysteme.

Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste (BdKEP)

Der Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste e.V. ist ein Zusammenschluss von Arbeitgebern der Kurier-Express-Paket-Dienste und Postdienstleister. 1990 wurde die Vorläuferorganisation BdK Bundesverband des Kurierwesens gegründet und hat ihren Sitz in Berlin.

Bundesverband Paket und Expresslogistik (BPEK)

Der Bundesverband Paket und Expresslogistik e.V. mit Sitz in Berlin vertritt die wirtschaftlichen und politischen Interessen international agierender Kurier-, Express- und Paketdienste gegenüber der Politik. Die Kernanliegen des Verbandes sind ein fairer Wettbewerb in den Paketmärkten und die Verkehrspolitik.

Zukunft Fahrrad

Bundesweiter Verband, der nach eigener Aussage die innovativen Unternehmen der Fahrradbranche vertritt. Dazu gehören viele Händler und Dienstleistungsanbieter, die auch einen starken Fokus auf dem gewerblichen Einsatz von Fahrrädern und Lastenrädern haben.

Bundesverband Deutscher Postdienstleister

Dieser Verband ist der breiten Öffentlichkeit wenig bekannt. Er vertritt überwiegend die Anliegen der Deutschen Post/DHL.

Speditions- und Logistikverbände

In der deutschen Speditions- und Logistiklandschaft besteht eine ausgeprägte Verbändelandschaft. Der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) e.V. ist der Dachverband der Speditionen, der Architekten der Lieferkette. Der Wirtschaftsverband Bundesverband der Transportunternehmen (BVT) e.V. ist eine politische Vertretung für Frachtführer. Er setzt sich für die Belange und Rechte kleiner und mittlerer Transportunternehmen ein. Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V. ist der Berufsverband des Transportlogistikgewerbes in Deutschland. Er vertritt die Interessen der deutschen Güterkraftverkehrsunternehmen gegenüber der Politik. Der BGL verfügt über Landesverbände in vielen Bundesländer. Die Bundesvereinigung Logistik (BVL) versteht sich als Expertennetzwerk für Logistik und Supply Chain und hat den Austausch zwischen Wirtschaft, Logistik und Wissenschaft im Fokus.

Logix – Initiative Logistikimmobilien

Die Logix Initiative hat sich aus vielfältigen Branchenvertretern zusammengeschlossen. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, die Akzeptanz und den Stellenwert von Logistikansiedlungen in Fachkreisen und Öffentlichkeit zu erhöhen und dem schlechten Image entgegenzuwirken. Gleichzeitig will sie den Dialog zwischen den Interessengruppen fördern, die direkt oder indirekt mit Logistikimmobilien befasst sind.

5 Akteursmanagement in der kommunalen Planung

Häufig wollen Städte Programme zur Radlogistik anstoßen. Direkten Einfluss auf den Güterverkehr können Städte über die Setzung des Rechtsrahmens, die Verkehrsplanung und den eigenen Einfluss als Empfänger nutzen. In vielen Fällen ist die Kommune selbst jedoch nur mittelbarer Akteur im Güterverkehrssystem der Stadt und deshalb auf die Zusammenarbeit mit den unmittelbaren Akteuren angewiesen, können aber als Impulsgeber auftreten und einen Rahmen für den Austausch relevanter Akteure schaffen.

Eine Vielzahl von Planungsleitfäden befasst sich damit, wie ein erfolgreiches kommunales Akteursmanagement gestaltet werden kann. In vielen Städten findet der Leitfaden für nachhaltige urbane Mobilitätspläne – Sustainable Urban Mobility Plans (SUMP) – (Rupprecht Consult 2019) als Grundlage einer strategischen Mobilitätswendung Anwendung. Wie auch der sektorspezifischere Leitfaden nachhaltige Urbane Logistik (Novelog 2019), beschreibt dieser vor allem einen Planungsverfahren, das die relevanten Akteure einbindet, um so ein von möglichst vielen akzeptiertes Vorgehen zu entwerfen.

Die SUMP-Guidelines liegen inzwischen in einer zweiten erneuerten Fassung vor und teilen den Planungsprozess in die folgenden vier Phasen und zwölf Schritte ein:

  • Vorbereitung und Analyse

    • Arbeitsstrukturen entwickeln

    • Planungsrahmen festlegen

    • Mobilitätssituationen analysieren

  • Strategieentwicklung

    • Szenarien erstellen und gemeinsam bewerten

    • Leitbild und Strategie mit Interessenträger:innen entwickeln

    • Ziele und Indikatoren festlegen

  • Maßnahmenplanung

    • Maßnahmenpakete mit Interessenträger:innen auswählen

    • Arbeitsschritte und Zuständigkeiten vereinbaren

    • Beschluss und Finanzierung vorbereiten

  • Umsetzung und Monitoring

    • Umsetzung sicherstellen

    • Kontrollieren, anpassen und kommunizieren

    • Evaluation und Erkenntnisse gewinnen

Da die SUMP-Guidelines vor allem den Personenverkehr adressieren, werden hier vor allem die Beteiligung der Öffentlichkeit, organisierte Interessengruppen der Zivilgesellschaft und die Beteiligung politischer Gremien der Kommune verstanden. Die SULP-Guidelines (siehe auch Kap. 14) bauen auf der gleichen Aufteilung des Planungsprozesses auf und spezifizieren diesen für die Planung des Wirtschaftsverkehrs. Die Beteiligung der Betroffenen Verkehrsteilnehmenden (u. a. Radlogistik-Unternehmen, allg. Speditionen) kann hier deutlich gezielter erfolgen.

Das Zentrale Instrument des Akteursmanagements ist in beiden Leitfäden die sogenannte „Akteursplattform“. Es handelt sich um ein Gremium, in dem wichtige Fragen mit allen Akteursgruppen diskutiert werden können. Vielerorts wurden vergleichbare Gremien als „Güterverkehrsrunde“, „Runder Tisch Wirtschaftsverkehr“ oder unter ähnlichen Titeln gegründet. Das Gremium dient als Wegbereiter für Initiativen und Projekte in Städten und Kommunen sowie dem Erzeugen von „Commitment“ und Akzeptanz für Maßnahmen bei Praxispartnern und in der Verwaltung. Zu den Aufgaben des Gremiums können ggf. auch die Begleitung oder Steuerung von Umsetzungsprozessen und die Prüfung der Zielerreichung zählen.

Die SULP-Guidelines geben konkrete Empfehlungen zur Zusammensetzung der Akteursplattform. Demnach sollen bis zu 28 % der Teilnehmenden Interessenträger:innen entlang bestehender Lieferketten (Spediteure, Transportunternehmen, Empfänger:innen), bis zu 28 % von Behörden (z. B. auch Bundes- oder Landesebene), bis zu 36 % anderen Interessenträger:innen und bis zu 8 % Experten und Expertinnen in dem Gremium vertreten sein. Als besonders relevant wird die Leitung der Akteursplattform gesehen. Eine geeignete Person müsse als überparteilich wahrgenommen werden. Geeignet seien deshalb besonders Expert:innen oder externe Gutachter:innen (Novelog 2019). Akteure der Radlogistik werden in den SULP-Guidelines nicht gesondert erwähnt, sollten aber in diese Runden aufgenommen werden.

Die Akteursbeteiligung wird in den SULP-Guidelines als andauernde Aufgabe während des Planungsprozesses verstanden. Bei der Beschreibung der einzelnen Planungsschritte wird teilweise ausgeführt, welche Fragen mit der Akteursplattform abzustimmen sind.

Häufig initiierten Kommunen Maßnahmen der Radlogistik im Rahmen der Erstellung eines Wirtschafts-, Güterverkehrskonzepts oder umfassender strategischer Planwerke. Die genannten Leitfäden sind insbesondere für die Erstellung solcher strategischen Planwerke gedacht. Wenn Kommunen einzelne Pilotprojekte initiieren wollen, kann es teilweise sinnvoll sein, gezielt einzelne Akteure zu beteiligen, statt eine umfassende Akteursplattform zu bilden. Gerade bei gewerblichen Akteuren hat es sich bewährt, das direkte Gespräch zu suchen, da in größeren Runden teilweise weniger offen gesprochen wird.

Um ein dauerhaftes Akteursmanagement dauerhaft zu gewährleisten, ist die Schaffung einer Beauftragung oder Stabsstelle innerhalb der Verwaltung geeignet (beispielsweise als „Güterverkehrsbeauftragte“).

Vielfach findet das Thema Urbane Logistik auf kommunaler Ebene nicht die notwendige Beachtung. Ein kommunaler Verantwortlicher für den Wirtschaftsverkehr kann die Moderation von Beteiligungsprozessen übernehmen, wobei er aus Neutralitätsgründen bei wichtigen Kernschritten von Externen begleitet werden sollte. Wirtschaftsverkehrsbeauftragte sind zentrale Ansprechpartner auf kommunaler Ebene für das Thema Logistik auf der letzten Meile, koordiniert die geplanten und umzusetzenden Maßnahmen, steuert den Austausch der Verwaltung mit allen relevanten Stakeholdern und ist somit zentraler Ansprechpartner für Logistikunternehmen und weitere wichtige Akteure. Diese Stellen fungieren auch als Anlaufstelle für die Akteure der Radlogistik und koordinieren häufig Akteursplattformen oder Güterverkehrsrunden.

6 Effektive Einbindung von Logistikakteuren

Wie bereits eingangs in diesem Kapitel beschrieben, besteht in der urbanen Logistik eine große Heterogenität und Vielfalt der Akteurslandschaft. Unterschiedliche Akteure verfolgen dabei eigene Interessen und haben eigene spezielle Handlungsrationalitäten. Gleichzeitig bestehen vielfältige Lösungsansätze für die Urbane Logistik sowie die effektive Einbindung der Radlogistik in die Prozesse der Urbanen Logistik. Weiterhin ist zu beobachten, dass Lösungsansätze für die Verbesserung der Urbanen Logistik und insbesondere für die Einbindung der Radlogistik sich zum Teil noch in der Erprobungsphase befinden. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass unterschiedliche Strukturen und Gegebenheiten in jeder Stadt und Kommune unterschiedliche städtebauliche Ansätze und unterschiedliche logistische Konzepte erfordern. Dies alles erzeugt einen hohen Koordinationsaufwand, der eine effektive und zielgerichtete Beteiligung aller relevanten Stakeholder unabdingbar macht. Folgend sind wesentliche Faktoren für eine effektive Einbindung dargestellt.

6.1 Zielgerichtete, umfängliche Stakeholderbeteiligung

Ziel einer effektiven und zielgerichteten Stakeholder-Beteiligung ist es, frühzeitig die individuellen Strukturen, Belange und Anforderungen der beteiligten Stakeholder- bzw. Interessengruppen zu identifizieren und in der Maßnahmenentwicklung und -umsetzung zu berücksichtigen. Dabei gilt es, kausale Zusammenhänge und Interdependenzen zwischen den Stakeholder-Gruppen aufzudecken, die sich aus der Komplexität der Akteure in der Urbanen Logistik ergeben. Wichtig ist vor allem die Überwindung einer rein sektoralen Betrachtung. Daher gilt es, alle Stakeholder-Gruppen, beispielsweise aus den Bereichen Logistik, Stadtplanung, Stadtentwicklung und Verkehrsplanung zu berücksichtigen. Gleichzeitig ist wichtig, parallel laufende Prozesse zu beachten, wie beispielsweise Verkehrsentwicklungs- und Planungsaktivitäten, die in neue Verkehrs- und/oder Logistikkonzepte münden. Somit steigen die Chancen, Lösungen zu entwickeln und umzusetzen, die passend für die individuelle Stadt sind und lokale Bedarfe berücksichtigen. Es sei hier noch einmal auf die Übersicht der Akteure in der urbanen Logistik in Tab. 15.1 verwiesen.

Auf Grund der sehr unterschiedlichen Interessenslagen der unterschiedlichen Akteure in der Urbanen Logistik empfiehlt es sich, in der Kommunikation und Moderation von Einbindungsmaßnahmen auf externe und neutrale Dritte zurückzugreifen. Diese unabhängigen Dritten können neutral gegenüber allen Beteiligten agieren. Dies erhöht das Vertrauen in die Prozesse der Stakeholder-Beteiligung und erlaubt auch für Städte und Kommunen eine sinnvolle Reflexion und Einordnung eigener Anforderungen und Belange.

In der Konzeptionierung und Umsetzung von Lösungsansätzen für eine Verbesserung der Urbanen Logistik unter Einbindung der Radlogistik gilt es, von Beginn an wirkungsvolle Kommunikationsprozesse zu etablieren, um Folgeschritte in ihrer Wirkung bewerten zu können und Folgeprozesse möglichst reibungslos zu verknüpfen. Aber auch nach der Implementierung von Lösungen erlaubt eine effektive Stakeholder-Einbindung die strukturierte Erfassung von Erkenntnissen für eventuell notwendige Anpassungen. Unter Einbindung der relevanten Akteure ist anhand von Indikatoren zu prüfen, ob eingeführte Lösungen die gewünschte Wirkung erzielen.

Eine zielgerichtete Identifikation und Einbindung von relevanten Akteuren trägt auch dazu bei, Herausforderungen der Urbanen Logistik strukturiert zu bearbeiten. Eine dieser zentralen Herausforderungen ist die Verfügbarkeit von passenden und zuverlässigen Daten über die Prozesse der Urbanen Logistik. Auch hier ist es sinnvoll, externe und neutrale Dritte in die Koordinierung der Erfassung und Erhebung von Daten unterschiedlicher Akteursgruppen einzubinden.

6.2 Elemente einer mehrstufigen Stakeholderbeteiligung

In der Planung und Umsetzung von Beteiligungsprozessen hat sich vielfach ein mehrstufiger Ansatz bewährt. Ein entsprechender mehrstufiger Ansatz kann beispielsweise eine Auftaktsitzung, eine Beteiligungsrunde mit Fokus auf die lokalen Herausforderungen, eine Beteiligungsrunde mit Fokus auf die Lösungsentwicklung sowie eine Abschlussveranstaltung beinhalten.

6.2.1 Auftaktveranstaltung

Die Auftaktveranstaltung dient dem Agenda-Setting. Dabei gilt es, allen relevanten Akteuren die Inhalte und den Ablauf des Projektes offenzulegen sowie einen gemeinsamen Kurs für die Durchführung abzustecken. Relevante Themen für die Auftaktsitzung ergeben sich aus den Bereichen der innerstädtischen Anlieferung sowie weiterer spezifischer Transportthemen. Nachfolgend gilt es, auf interessierte externe Akteure zugehen und diese enger in die Prozesse einzubinden. Beteiligte der Auftaktsitzung sind Vertreter aus allen relevanten Bereichen der Stadtverwaltung, stadt- und wirtschaftsnahe Organisationen sowie ausgewählte Logistikakteure. Die Ziele der Auftaktsitzung können die Identifikation und Diskussion relevanter Konzepte, die Auswahl von Themen für die weitere Bearbeitung, die Vorstellung eines Spektrums von Lösungsansätzen, die Identifikation weiterer relevanter Akteure sowie die Definition relevanter Datenbedarfe für den Fortgang der Planung und Umsetzung von Maßnahmen der Urbanen Logistik sein (Kuchenbecker et al. 2023).

6.2.2 Beteiligungsrunden

Eine erste Beteiligungsrunde, die in der Regel im Workshop-Format durchzuführen ist, widmet sich Themen der Problemanalyse. Dabei werden Anforderungen der Akteure sowie Herausforderungen einer möglichen Umsetzung identifiziert und mit den Beteiligten im Detail diskutiert. Gleichzeitig werden Chancen einer Umsetzung kommuniziert und diskutiert. Die Ergebnisse der ersten Beteiligungsrunde sind mit ausschlaggebend für die Auswahl und Gestaltung möglicher Maßnahmen.

Die zweite Beteiligungsrunde, die auch im Workshop-Format durchgeführt wird, widmet sich dezidiert der Lösungsentwicklung. Dabei wird ein aus den Anforderungen abgeleitetes Set an Maßnahmenbündeln vorgestellt und mit Hilfe der Expertise der Teilnehmenden auf die lokalen Bedürfnisse zugeschnitten und angepasst.

6.2.3 Abschlussveranstaltung

Eine Abschlussveranstaltung schließt den Prozess der Stakeholder-Beteiligung für eine Projektphase ab. Kernthemen der Abschlussveranstaltung sind die Darstellung der wichtigsten Ergebnisse sowie der gewonnenen Erkenntnisse aus dem Projektverlauf. Idealerweise wird aus dem einmal durchgeführten Beteiligungsprozess ein wiederkehrender Dialogprozess etabliert, beispielsweise in Form eines Runden Tisches – siehe dazu auch unten.

Mit den unterschiedlichen Schritten einer Stakeholder-Einbindung wird Transparenz in Prozessen hergestellt und die Akzeptanz von umzusetzenden Maßnahmen erhöht. Dabei ist es wichtig, dass sich die einzelnen Stakeholder-Gruppen in allen Beteiligungsschritten wiederfinden und erhaltener Input zielgerichtet in die weiteren Bearbeitungsschritte und Beteiligungsstufen eingebettet wird.

6.3 Begleitende Erhebungen

Neben dem beschriebenen mehrstufigen Prozess der Stakeholder-Einbindung haben sich im Bereich der Urbanen Logistik weitere begleitende Erhebungen bewährt, die die zielgerichtete Erfassung und Analyse der Anforderungen von unterschiedlichen Stakeholder-Gruppen erlauben. Dies sind zum einen Online-Befragungen und zum anderen Experteninterviews.

Mit Hilfe von Online-Befragungen können die Anforderungen und Rahmenbedingungen kleinteiliger Stakeholder-Gruppen (bspw. des lokalen Einzelhandels) gezielt abgefragt werden. Der Fokus der Befragung sollte entsprechend auf lokale Unternehmen gelegt werden. Herausforderungen der Erhebung sind zum einen die Verfügbarkeit von Kontaktdaten der Befragungsteilnehmenden sowie ein vielfach geringer Rücklauf bei der Beantwortung von Fragebögen. Um die Verfügbarkeit von Kontaktdaten von potenziellen Befragungsteilnehmenden zu verbessern, empfiehlt sich im Beteiligungsprozess die frühzeitige Klärung von möglichen Datenquellen. Diese könnten von Seiten der Städte und Kommunen oder beispielsweise von Industrie- und Handelskammern (IHK) zur Verfügung gestellt werden. Zur Verbesserung der Rücklaufquote bei der Beantwortung von Online-Erhebungen wird empfohlen, die Versendung der Einladung zu Teilnahme an der Erhebung durch offizielle Stellen auf Seiten der Städte und Kommunen vorzunehmen. Im Übrigen wird für die Vorbereitung und Durchführung von Online-Befragungen auf die gängigen Methoden und Anforderungen der quantitativen empirischen Sozialforschung verwiesen.

Mit Hilfe von Expert:inneninterviews können vertiefte Facetten von Einzelmeinungen sowie das hoch spezialisierte Fachwissen von Einzelakteuren eingeholt werden. Zur Durchführung der Interviews wird die Verwendung von Interviewleitfäden empfohlen. Darüber hinaus wird für die Vorbereitung und Durchführung von Expert:inneninterviews auf die gängigen Methoden der qualitativen empirischen Sozialforschung verwiesen.

6.4 Die Einbindung iterativ und spiralförmig gestalten

Die beschriebenen Maßnahmen und Schritte zur Stakeholder-Einbindung werden vielfach in einem iterativen Prozess in einer Art Spirale durchgeführt. Dies erlaubt immer wieder Rückkopplungen und Anpassungen sowohl in der Zielsetzung als auch in der Maßnahmenplanung. Neben den beschriebenen Prozessen der Kommunikation und Moderation umfassen solche iterativen Prozesse in der Regel eine Ist-Aufnahme oder Bestandsanalyse, die eigentliche Lösungsentwicklung sowie Umsetzung und die strukturierte Überprüfung der Zielerreichung anhand von operationalisierten Zielen und Indikatoren. Für das iterative und spiralförmige Vorgehen in der Planung und Umsetzung von Maßnahmen der Urbanen Logistik sei an dieser Stelle auch auf den Living-Lab-Ansatz verwiesen, der vielfach für den Bereich der urbanen Logistik adaptiert wurde.

In der Planung und Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Urbanen Logistik muss es den beteiligten Stakeholdern klar sein, dass es kaum möglich ist, frei übertragbare und für alle Kommunen gleichsam wirksame Lösungen im Detail zu entwickeln. Diese müssen vielmehr jeweils konfektioniert und gemeinsam mit den Akteuren vor Ort abgestimmt, auf die jeweilige Situation angepasst und konkretisiert werden. Dies unterstreicht noch einmal die hohe Bedeutung einer zielgerichteten Stakeholder-Einbindung.

7 Fazit

Die Planung in der Urbanen Logistik erfolgt häufig durch Interaktion zwischen Stadt und Logistik. Sie benötigt dabei die Kenntnis der jeweiligen anderen Domäne und deren Bedürfnisse und Anforderungen. Essenziell für den Erfolg ist zudem häufig die Einbindung und Beteiligung von weiteren Akteuren. Im Vergleich zu den meisten Stadtplanungsprozessen, wo besonders Bürger:innen beteiligt werden, unterscheidet sich die Planung Urbaner Logistik durch die Einbindung einer Vielzahl von Wirtschaftsakteuren, die in strukturierten Formen und Prozessen erfolgen sollten. Dieses Kapitel zeigt dafür sowohl die Vielfalt der Akteure und gibt weiterführend praktische Empfehlungen für effektive Einbindung in Planungsprozesse.