4.1 Überblick

Die Einführung einer weltweiten Mindeststeuer für multinationale Konzerne soll durch ein Gespann aus vier Regelungen erreicht werden. Unterschieden werden muss zwischen den sog. GloBE Rules („GloBE-Regeln“) und einer ergänzenden „Subject to Tax Rule“ („STTR“) auf DBA-Ebene. Die GloBE-Regeln bestehen aus der vorrangig anzuwendenden „Income Inclusion Rule“ („IIR“) als einer Art Hinzurechnungsbesteuerung, welche von einer ebenfalls auf DBA-Ebene umzusetzenden „Switch-over Rule“ („SOR“) flankiert werden kann, und der nachrangig anzuwendenden „Undertaxed Payments Rule“ („UTPR“), die länderabhängig entweder als Betriebsausgabenabzugsbeschränkung oder in einer vergleichbaren Form (z. B. einer Quellenbesteuerung mit Abzugsverfahren) ausgestaltet werden soll.Footnote 1 Diese Regeln bilden die Grundlage der vorliegenden Arbeit und sollen daher im Folgenden vorgestellt werden.

4.2 Die GloBE-Regeln

Die GloBE-Regeln haben im Statement vom 8.10.2021 den Status eines „common approach“ erhalten. Dies bedeutet, dass die Mitglieder des IF weder rechtlich noch politisch verpflichtet sind, die GloBE-Regeln umzusetzen.Footnote 2 Entscheiden sie sich jedoch dazu, haben sie die Regeln im Einklang mit den Ergebnissen des IF zu Säule 2 umzusetzen und zu verwalten – dies schließt die Modellregeln und die hierzu entwickelten Leitlinien des IF ein.Footnote 3 Im Übrigen haben sie die Anwendung der GloBE-Regeln (inkl. der Rangfolge in der Regelanwendung und etwaiger „Safe Harbours“) durch andere IF-Mitglieder anzuerkennen.Footnote 4

Die GloBE-Regeln ermöglichen die Erhebung einer sog. Top-up Tax, wenn der länderbezogen ermittelte effektive Steuersatz eines multinationalen Konzerns unterhalb der Mindeststeuersatzes i. H. v. 15 % liegt. Der Begriff der Top-up Tax ist hierbei von dem der Mindeststeuer zu unterscheiden. Die Erhebung der Top-up Tax ist der Mechanismus, um die Differenz zwischen der effektiven Steuerbelastung und der anvisierten Mindestbesteuerung eines multinationalen Konzerns auszugleichen. Anders als noch in den Vorentwürfen verbindet die GloBE-Regeln ein gemeinsamer Anwendungsbereich und dieselbe Methode zur Ermittlung des effektiven Steuersatzes und der zu erhebenden Top-up Tax, welche sowohl im Rahmen des Tatbestandsmerkmals der Niedrigbesteuerung als auch auf Ebene der jeweiligen Rechtsfolge von entscheidender Bedeutung sind.Footnote 5 Die am 20.12.2021 veröffentlichten Modellregeln, die die Umsetzung der GloBE-Regeln nach der grundsätzlichen Einigung des IF in den Statements vom 1.7.2021 und 8.10.2021 nun konkret festschreiben und den IF-Staaten als Vorlage zur nationalen Umsetzung dienen sollen,Footnote 6 gliedern sich in zehn Kapitel. Diesen entsprechend wird nachfolgend zunächst der persönliche Anwendungsbereich der GloBE-Regeln (Kapitel 1) dargestellt. Es folgen sodann Ausführungen zur Feststellung des wesentlichen Tatbestandmerkmals der Niedrigbesteuerung durch Berechnung des effektiven Steuersatzes (Kapitel 3 bis 5) und zur Ermittlung der Top-up Tax (Kapitel 5). Anschließend wird auf die Anwendung der IIR, SOR und UTPR eingegangen, welche in den Modellregeln grundsätzlich in Kapitel 2 geregelt sind. Es folgen zuletzt Ausführungen zum Steuerverfahren (Kapitel 8) und zu den Übergangsvorschriften (Kapitel 9), auf welche allerdings teils schon in den vorhergehenden Ausführungen eingegangen wird. Auf die besonderen Regelungen zu Unternehmenskäufen, -veräußerungen und Joint Ventures (Kapitel 6) wie auch bestimmten Steuerregimen (Kapitel 7) soll lediglich am Rande eingegangen werden. Im Übrigen enthält Kapitel 10 zahlreiche Definitionen, die nachfolgend immer wieder herangezogen werden.

4.2.1 Persönlicher Anwendungsbereich

Die GloBE-Regeln finden gemäß Art. 1.1 der ModellregelnFootnote 7 grundsätzlich nur Anwendung auf Konzerneinheiten („Constituent Entities“)Footnote 8 von multinationalen KonzernenFootnote 9, die in mindestens zwei der vorausgegangen vier Wirtschaftsjahre einen Konzernumsatz i. H. v. mindestens 750 Mio. Euro in ihren Konzernabschlüssen ausgewiesen haben.Footnote 10 Damit orientieren sich die GloBE-Regeln in gewissem Maß an den Bestimmungen zum Country-by-Country Reporting („CbCR“) des BEPS-Aktionspunkts 13Footnote 11 und schränken den Anwendungsbereich der GloBE-Regeln erheblich ein.Footnote 12 Ausweislich des IF-Statements vom 8.10.2021 wird diese Einschränkung jedoch dadurch relativiert, dass Länder die IIR auch unabhängig von dieser Umsatzschwelle auf bei ihnen ansässige Konzernobergesellschaften („Ultimate Parent Entities“, kurz „UPE“)Footnote 13 von multinationalen Konzernen anwenden dürfen.Footnote 14 Unter anderem auch deswegen kommt den Konzernobergesellschaften im Rahmen der GloBE-Regeln und insbesondere der IIR eine besondere Bedeutung zu. Weniger bedeutsam sind dagegen die Einheiten des Konzerns, die von der Anwendung der GloBE-Regeln nach Art. 1.5 ausgenommen werden („Excluded Entities“).Footnote 15 Hierzu gehören einerseits staatliche Einrichtungen, internationale Organisationen, Non-Profit-Organisationen sowie Pensions- bzw. Investmentfonds und Immobilien-Investmentvehikel in der Funktion als Konzernobergesellschaften (Art. 1.5.1), andererseits die von diesen gehaltenen, qualifizierten Holdinggesellschaften.Footnote 16 Für Joint Ventures („JV“)Footnote 17 und ihre Tochtergesellschaften („JV Subsidiaries“) ordnet Art. 6.4.1 (a) an, dass diese ebenfalls in den Anwendungsbereich der GloBE-Regeln fallen, wobei die Kapitel 3 bis 7 und Art. 8.2 für die Ermittlung der Top-up Tax so anzuwenden sind, als ob das Joint Venture und seine Tochtergesellschaften die Konzerneinheiten eines separaten multinationalen Konzerns bilden und das Joint Venture die entsprechende Konzernobergesellschaft ist.

4.2.2 Feststellung der Niedrigbesteuerung durch Berechnung des effektiven Steuersatzes

Eine Konzerneinheit gilt als niedrig besteuert und löst dadurch die Erhebung der Top-up Tax im Rahmen der GloBE-Regeln aus, wenn sie sich in einem Staat befindet,Footnote 18 in dem der effektive Steuersatz des multinationalen Konzerns weniger als 15 % beträgt.Footnote 19 Damit folgen die Modellregeln dem bereits im Blueprint verwendeten Ansatz des „Jurisdictional Blending“, d. h. die berücksichtigungsfähigen Einkünfte und Steuern aller Konzernunternehmen in einem Land werden zusammengefasst, sodass dort höher und niedriger besteuerte Einkünfte miteinander verrechnet werden können.Footnote 20 Der effektive Steuersatz („Effective Tax Rate“, kurz „ETR“) eines multinationalen Konzerns mit (positiven) Netto-GloBE-Einkünften („Net GloBE Income“) in einem Land wird für jedes Wirtschaftsjahr einzeln berechnet.Footnote 21 Er wird ermittelt, indem die Summe der angepassten zu berücksichtigenden Steuern („Adjusted Covered Taxes“) aller Konzerneinheiten in einem Staat durch die Netto-GloBE-Einkünfte des multinationalen Konzerns in diesem Staat geteilt wird, Art. 5.1.1. Dabei wird jede einzelne staatenlose Konzerneinheit („Stateless Constituent Entity“) als Konzerneinheit eines separaten Hoheitsgebietes behandelt. Die Netto-GloBE-Einkünfte in einem Land in einem Wirtschaftsjahr ergeben sich gemäß Art. 5.1.2 aus dem – soweit vorhanden – positiven Betrag, der sich durch Abzug der GloBE-Verluste von den GloBE-Gewinnen aller Konzerneinheiten in diesem Land und diesem Wirtschaftsjahr ergibt (vgl. Kapitel 3).

4.2.2.1 Ermittlung der GloBE-Einkünfte

Die Vorschriften zur Ermittlung der GloBE-Gewinne bzw. Verluste (zusammen „GloBE-Einkünfte“) sind grundsätzlich in Kapitel 3 enthalten.

4.2.2.1.1 Handelsrechtliches Jahresergebnis als Ausgangsposition

Zur Bestimmung der GloBE-Einkünfte jeder Konzerneinheit bildet zunächst das handelsrechtliche Jahresergebnis („Financial Accounting Net Income or Loss“; entspricht in Deutschland dem Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag) der Konzerneinheit die Ausgangsposition, Art. 3.1. Das handelsrechtliche Jahresergebnis ist gemäß Art. 3.1.2 das Ergebnis der Konzerneinheit (vor Konsolidierung etwaiger konzerninterner Geschäftsvorfälle), das sich nach dem Rechnungslegungsstandard zur Erstellung des Konzernabschlusses der Konzernobergesellschaft ergibt.Footnote 22 Ist dies nicht in vernünftiger Weise umsetzbar, kann das handelsrechtliche Jahresergebnis nach Art. 3.1.3 auch nach einem anderen zulässigen Rechnungslegungsstandard („Acceptable Financial Accounting Standard“Footnote 23 oder „Authorised Financial Accounting Standard“Footnote 24) ermittelt werden, wenn die Rechnungslegung der Konzerneinheit auf Grundlage dieses Rechnungslegungsstandards erfolgt, die in den Jahresabschlüssen enthaltenen Informationen verlässlich sind und wesentliche permanente Differenzen (> 1 Mio. Euro) zwischen der Anwendung dieses Rechnungslegungsstandards und der Anwendung des für die Konzernkonsolidierung genutzten Rechnungslegungsstandards zugunsten des letzteren Standards aufgelöst werden.

4.2.2.1.2 Vornahme verschiedener Korrekturen

Der sich aus diesem ersten Schritt ergebende Wert erfährt sodann über die Art. 3.2 bis 3.5 noch einige Anpassungen, Art. 3.1.1. Diese Anpassungen sollen nachfolgend ohne Anspruch auf Vollständigkeit kurz dargestellt werden, um die Komplexität in den Details der neuen Regelungen aufzuzeigen. Gemäß Art. 3.2.1 wird das handelsrechtliche Jahresergebnis beispielsweise um den Nettosteueraufwand („Net Taxes Expense“)Footnote 25, bestimmte Dividendenerträge („Excluded Dividends“)Footnote 26, Gewinne und Verluste aus Kapitalbeteiligungen („Excluded Equity Gain or Loss“)Footnote 27 und illegale Zahlungen (z. B. Bestechungs- und Schmiergelder) sowie Bußgelder und Geldstrafen i. H. v. mindestens 50.000 Euro („Policy Disallowed Expenses“) korrigiert. Dadurch sollen in (sehr) begrenztem Umfang permanente Differenzen zwischen der handels- und steuerrechtlichen Bilanzierung Berücksichtigung finden.Footnote 28 Art. 3.2.2 enthält ein Wahlrecht zum Umgang mit aktienbasierten Vergütungen („Stock-based Compensation“).Footnote 29 Nach Art. 3.2.3 sind Geschäftsvorfälle zwischen in verschiedenen Ländern ansässigen Konzerneinheiten – falls nötig – entsprechend dem Fremdvergleichsgrundsatz anzupassen und in beiden Staaten in der gleichen Höhe zu erfassen.Footnote 30 Erstattungsfähige Steuergutschriften sollen nur dann als GloBE-Einkünfte berücksichtigt werden, soweit sie innerhalb von vier Jahren nach Eintritt der Bedingungen für den Erhalt der Steuergutschrift erstattet werden müssen („Qualified Refundable Tax Credits“), Art. 3.2.4 i. V. m. Art. 10.1. Nach Art. 3.2.7 sollen Ausgaben im Rahmen einer konzerninternen Finanzierungsgestaltung bei der Ermittlung der GloBE-Einkünfte einer niedrig besteuerten Konzerneinheit unberücksichtigt bleiben, wenn bei diesen vernünftigerweise zu erwarten ist, dass sie über die erwartete Laufzeit der Gestaltung den Betrag der Ausgaben, die in die Berechnung der GloBE-Einkünfte der niedrig besteuerten Konzerneinheit einfließen, erhöhen, ohne dabei im selben Maße die steuerpflichtigen Einnahmen der ausreichend besteuerten Vertragspartei zu erhöhen. Nach Art. 3.2.11 muss das handelsrechtliche Jahresergebnis einer Konzerneinheit in jedem Falle korrigiert werden, um den Anforderungen in den einschlägigen Sonderbestimmungen der Kapitel 6 und 7 zu entsprechen. Gewinne und Verluste aus dem Betrieb von Seeschiffen im internationalen Verkehr und damit zusammenhängenden besonderen Hilfstätigkeiten sollen bei der Ermittlung der GloBE-Einkünfte hingegen unberücksichtigt bleiben, Art. 3.3.Footnote 31 Art. 3.4 enthält besondere Bestimmungen zur Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und den unterschiedlichen Betriebsstätten i. S. d. Definitionen in Art. 10.1 („Permanent Establishment“). Interessant ist im Übrigen der Umgang mit den handelsrechtlichen Jahresergebnissen von steuerlich transparenten Gesellschaften („Flow-through Entity“; in Deutschland z. B. OHG oder KG)Footnote 32, welcher nun in Art. 3.5 geregelt ist. Danach wird zunächst das handelsrechtliche Jahresergebnis der Gesellschaft gemäß Art. 3.5.3 um den Betrag reduziert, der auf Gesellschafter entfällt, welche nicht zum Konzern gehören und direkt oder über eine weitere transparente Gesellschaft an ihr beteiligt sind.Footnote 33 Wird die Tätigkeit einer transparenten Gesellschaft vollständig oder teilweise durch eine Betriebsstätte ausgeübt, sind der Betriebsstätte die Gewinne und Verluste entsprechend den Gewinnabgrenzungsregelungen in Art. 3.4 zuzuordnen. Das verbleibende Ergebnis ist im Falle einer transparenten Gesellschaft, die nicht die Konzernobergesellschaft ist, den an ihr beteiligten Konzerneinheiten entsprechend den Beteiligungsverhältnissen zuzuweisen. Ist die transparente Gesellschaft dagegen die Konzernobergesellschaft oder eine sog. Reverse Hybrid EntityFootnote 34, wird ihr selbst das verbleibende Ergebnis zugeteilt. Das handelsrechtliche Jahresergebnis einer transparenten Gesellschaft ist im Übrigen um den Betrag zu senken, der einer anderen Konzerneinheit zugewiesen ist, Art. 3.5.5. Unter welchen Umständen im Falle eine Steuerregimes, dass Dividendenzahlungen zum Abzug zulässt („Deductible Dividend Regime“), diese abzugsfähigen Dividenden auch die GloBE-Einkünfte einer Konzernobergesellschaft (oder einer qualifizierten Konzerneinheit) mindern dürfen, ist in Art. 7.2 geregelt.Footnote 35 Anders als noch im Blueprint diskutiert, enthalten die Modellregeln keine Vorschrift zum Umgang mit staatlichen Nothilfen (z. B. Zuschüsse und Steuergutschriften, die die Auswirkungen von COVID-19 abmildern sollen).Footnote 36

4.2.2.2 Angepasste zu berücksichtigende Steuern

Die Berechnung der angepassten zu berücksichtigenden Steuern ist in Kapitel 4 beschrieben. Allgemein werden hierfür die laufenden Steuern einer Konzerneinheit in einem Wirtschaftsjahr herangezogen und dann zur Berücksichtigung bestimmter temporärer Differenzen und nachträglicher Steueränderungen angepasst. Die Details werden nachfolgend vorgestellt.

Art. 4.1 bestimmt die angepassten zu berücksichtigenden Steuern („Adjusted Covered Taxes“)Footnote 37 einer Konzerneinheit in einem Wirtschaftsjahr. Den Ausgangspunkt hierfür bildet nach Art. 4.1.1 der im handelsrechtlichen Jahresergebnis der Konzerneinheit enthaltene laufende Steueraufwand (beschränkt auf die zu berücksichtigenden Steuern). Hierunter fallen unter anderem auch die im Rahmen der STTR und im Rahmen von bereits bestehenden nationalen Anti-BEPS-Steuerregimen (z. B. Betriebsausgabenabzugsbeschränkungen, Bestimmungen zur Hinzurechnungsbesteuerung, Zinsschranken, Regeln zu Besteuerungsinkongruenzen, Verrechnungspreisregeln etc.Footnote 38) erhobenen Steuern, weswegen diesen Regelungen eine gewisse Vorrangstellung zugesprochen werden kann.Footnote 39 Der laufende Steueraufwand ist sodann gemäß Art. 4.1.1 zu korrigieren um 1. den Nettobetrag qualifizierter Erhöhungen und Kürzungen („Additions and Reductions to Covered Taxes“)Footnote 40, 2. den Gesamtbetrag der sich im Rahmen der latenten Steuern ergebenden Anpassungen („Total Deferred Tax Adjustment Amount“, Art. 4.4) und 3. jegliche Änderungen der im Eigenkapital oder „Other Comprehensive Income“Footnote 41 enthaltenen zu berücksichtigenden Steuern, welche mit Beträgen zusammenhängen, die in die Berechnung der GloBE-Einkünfte einbezogen werden und nach nationalem Recht steuerpflichtig sind. Kein Betrag der zu berücksichtigenden Steuern darf mehrfach Berücksichtigung finden, Art. 4.1.4.

Art. 4.3 bestimmt, auf welche Weise die zu berücksichtigenden Steuern in bestimmten Fällen zwischen Konzerneinheiten aufzuteilen sind.Footnote 42So werden etwa die zu berücksichtigen Steuern, die im Jahresabschluss einer Konzerneinheit ausgewiesen werden, aber auf die GloBE-Einkünfte einer Betriebsstätte zurückzuführen sind, der Betriebsstätte zugewiesen, Art. 4.3.2 (a). Zu berücksichtigende Steuern, die auf Gewinnausschüttungen einer Konzerneinheit an ihre konzernzugehörigen Gesellschafter entfallen und bei letzteren im Jahresabschluss ausgewiesen werden, werden der ausschüttenden Konzerneinheit zugewiesen, Art. 4.3.2 (e).

Die Art. 4.4 und 4.5 sehen zwei alternative Vorgehensweisen zum Umgang mit temporären Differenzen vor, die sich deutlich von dem noch im Blueprint favorisierten, aber vielfach kritisierten Ansatz eines VortragsystemsFootnote 43 gelöst haben. Temporäre Differenzen zwischen den Wertansätzen nach Steuer- und Handelsbilanzrecht eines Staates sind deshalb problematisch, weil sie dazu führen könnten, dass eine Niedrigbesteuerung nur deshalb angenommen und eine zusätzliche Top-up Tax nur deshalb erhoben wird, weil die zu berücksichtigenden Steuern lediglich in anderen Wirtschaftsjahren erhoben bzw. bestimmte Einkünfte nach dem jeweiligen Handelsbilanzrecht zu einem anderen Zeitpunkt anerkannt werden als nach dem nationalen Steuerrecht, obwohl die durchschnittliche ETR über die Lebenszeit eines Unternehmens oberhalb des Mindeststeuersatzes liegt.Footnote 44 Temporäre Differenzen sollen zu keiner dauerhaften Steuerbelastung unter GloBE führen.Footnote 45 Art. 4.4. bestimmt daher, dass unter gewissen Bedingungen die latenten Steuerposten einer Konzerneinheit herangezogen werden dürfen. Alternativ gewährt Art. 4.5 einer zur Abgabe der GloBE-Informationserklärung verpflichteten KonzerneinheitFootnote 46 die Möglichkeit einer sog. GloBE Loss Election. Danach kann im Falle von negativen Netto-GloBE-Einkünften (Netto-GloBE-Verluste) in einem Staat ein aktiver latenter Steuerposten („GloBE Loss Deferred Tax Asset“) gebildet werden, welcher in nachfolgenden Wirtschaftsjahren bei positiven Netto-GloBE-Einkünften mit den darauf anfallenden laufenden Steuern verrechnet werden kann, Art. 4.1.1 (a) i. V. m. Art. 4.1.2 (b). Der aktive latente Steuerposten ergibt sich dabei aus der Multiplikation der Netto-GloBE-Verluste mit dem Mindeststeuersatz.

Art. 4.6 bestimmt hierüber hinaus, wie mit nachträglichen Änderungen der Steuerlast einer Konzerneinheit umzugehen ist. Danach soll die nachträgliche Änderung der Steuerlast für vorherige Wirtschaftsjahre grundsätzlich als Änderung der zu berücksichtigen Steuern im Wirtschaftsjahr, in dem die Korrektur vorgenommen wird, behandelt werden, es sei denn, die Änderung führt in dem vorherigen Wirtschaftsjahr zu einer Reduktion der zu berücksichtigenden Steuern, Art. 4.6.1. Nicht in Kapitel 4, sondern in Art. 7.3 ist zudem geregelt, unter welchen Umständen die im Rahmen eines „Eligible Distribution Tax System“Footnote 47 zu entrichtende Steuer als angepasste zu berücksichtigende Steuer berücksichtigt werden kann.

4.2.3 Ermittlung der Top-up Tax

Ist die staatenbezogene ETR für einen Konzern nach Art. 5.1 berechnet worden und unterschreitet diese den Mindeststeuersatz von 15 %, gelten die Konzerneinheiten des multinationalen Konzerns in diesem Staat als niedrig besteuert. Infolgedessen ist die Top-up Tax zu ermitteln, die sodann im Rahmen der IIR oder UTPR für eine niedrig besteuerte Konzerneinheit erhoben werden soll.

4.2.3.1 Staatenbezogene Top-up Tax

In einem ersten Schritt wird hierfür die staatenbezogene Top-up Tax für ein Wirtschaftsjahr ermittelt. Die staatenbezogene Top-up Tax entspricht gemäß Art. 5.2.3 dem – falls gegeben – positiven Betrag, der sich aus der folgenden Formel ergibt:

Top-up-Tax-Prozentsatz x Übergewinn + Zusätzliche Top-up Tax – Inländische Top-up Tax

4.2.3.1.1 Top-up-Tax-Prozentsatz

Dabei wird der Top-up-Tax-Prozentsatz bestimmt, indem die staatenbezogene ETR für ein Wirtschaftsjahr vom Mindeststeuersatz subtrahiert wird, Art. 5.2.1.

4.2.3.1.2 Übergewinn und Substanzausnahme

Der staatenbezogene Übergewinn („Excess Profit“) für ein Wirtschaftsjahr entspricht gemäß Art. 5.2.2 dem – falls gegeben – positiven Betrag, der sich aus dem Abzug des substanzbasierten Gewinnabzugsbetrags („Substance-based Income Exclusion“) von den Netto-GloBE-Einkünften i. S. d. Art. 5.1.2 ergibt.Footnote 48 Über diese Kürzung der staatenbezogenen Netto-GloBE-Einkünfte sollen die Auswirkungen der GloBE-Regeln auf weniger BEPS-relevante Gewinne aus arbeits- bzw. sachanlageintensiven Tätigkeiten und auf Unternehmen mit nur geringen Gewinnmargen reduziert werden,Footnote 49 wodurch sich die Urheber der GloBE-Regeln vom Ziel der allgemeinen Begrenzung des internationalen Steuerwettbewerbs entfernen, um den Anwendungsbereich ein Stück mehr auf BEPS-relevante Sachverhalte zu fokussieren. Als substanzbasierter GewinnabzugsbetragFootnote 50 werden 5 % der einzubeziehenden Lohnkosten („payroll carve-out“)Footnote 51 und 5 % des Buchwerts der einzubeziehenden Sachanlagen („tangible asset carve-out“)Footnote 52 von den staatenbezogenen Netto-GloBE-Einkünften pauschal abgezogen, Art. 5.3.2 bis 5.3.4.Footnote 53 In einer Übergangszeit von 10 Jahren sollen diese abzuziehenden Beträge von anfänglich 8 % des Buchwerts der Sachanlagen und 10 % der Lohnkosten ab 2023 schrittweise auf das endgültige Niveau von 5 % abgesenkt werden, Art. 9.2.Footnote 54 Eine zur Abgabe der GloBE-Informationserklärung verpflichtete Konzerneinheit kann nach Art. 5.3.1 allerdings jährlich vom substanzbasierten Gewinnabzug für einen Staat Abstand nehmen, indem sie diesen nicht in die Berechnung der Top-up Tax mit einbezieht oder dies in der Berechnung der staatenbezogenen Top-up Tax in der GloBE-Informationserklärung für ein Wirtschaftsjahr geltend macht. Die Zuordnung von Lohnkosten und Sachanlagen im Falle von Betriebsstätten und steuerlich transparenten Gesellschaften ist in Art. 5.3.6 und 5.3.7 beschrieben.

Nach ersten Schätzungen werden aufgrund der Substanzausnahme in den ersten 10 Jahren bis zu 37 % und anschließend aufgrund der dann niedrigeren Prozentsätze ca. 22 % der Gewinne von Tochterunternehmen relevanter multinationaler Konzerne in der EU nicht der Mindeststeuer unterliegen.Footnote 55 Nach Berechnungen des EU Tax Observatory führt die Substanzausnahme dazu, dass die Steuereinnahmen durch die GloBE-Regeln in den EU-Mitgliedstaaten statt 83 Mrd. Euro anfangs nur 64 Mrd. Euro betragen werden, also 19 Mrd. Euro (23 %) weniger.Footnote 56 Nach 10 Jahren soll das Steueraufkommen auf etwa 71 Mrd. Euro ansteigen, sodass die Substanzausnahme nur noch einen „Verzicht“ auf ca. 12 Mrd. Euro (14 %) mit sich bringt.Footnote 57

4.2.3.1.3 Zusätzliche Top-up Tax

Die zusätzliche Top-up Tax („Additional Current Top-up Tax“) ist in Art. 4.1.5 und 5.4 geregelt.Footnote 58 Ergeben sich für einen Staat in einem Wirtschaftsjahr keine Netto-GloBE-Einkünfte und betragen die angepassten zu berücksichtigenden Steuern für den Staat weniger als Null und weniger als die erwarteten angepassten zu berücksichtigenden Steuern („Expected Adjusted Covered Taxes“)Footnote 59, sollen die Konzerneinheiten in diesem Staat gemäß Art. 4.1.5 so behandelt werden, als wenn auf den Staat nach Art. 5.4 eine zusätzliche Top-up Tax in Höhe der Differenz zwischen tatsächlicher und erwarteter angepasster zu berücksichtigender Steuer entfallen würde.

Sollte es aufgrund der GloBE-Regeln erforderlich oder erlaubt sein, ETR und Top-up Tax für ein vorheriges Wirtschaftsjahr neu zu berechnen, soll diese Neuberechnung entsprechend der Art. 5.1. bis 5.3 unter Einbezug der sich hinsichtlich Steuern und Einkünften ergebenen Änderungen durchgeführt werden, Art. 5.4.1 (a). Der hierbei zusätzlich entstehende Betrag an Top-up Tax soll als zusätzliche Top-up Tax in die Berechnung der staatenbezogenen Top-up Tax für das aktuelle Wirtschaftsjahr Eingang finden, Art. 5.4.1 (b). Weitere Details finden sich in Art. 5.4.2 und 5.4.3. Wird einer Konzerneinheit zusätzliche Top-up Tax nach Art. 5.4 und Art. 5.2.4 zugewiesen, gilt sie ebenfalls als niedrig besteuerte Konzerneinheit, sodass für sie im Rahmen der IIR bzw. UTPR Top-up Tax zu erheben ist.

4.2.3.1.4 Inländische Top-up Tax

Die inländische Top-up Tax ist gemäß Art. 5.2.3 (d) der Steuerbetrag, der im Rahmen einer qualifizierten inländischen Mindeststeuer („Qualified Domestic Minimum Top-Up Tax“) des Staates für das Wirtschaftsjahr zu entrichten ist. Eine solche qualifizierte inländische Mindeststeuer ist nach der entsprechenden Bestimmung in Art. 10.1 eine Regel, die Top-up Tax auch im Falle der Niedrigbesteuerung im eigenen Land entsprechend der GloBE-Regeln erhebt, so wie es die EU aktuell in ihrem Richtlinienvorschlag vorsieht.Footnote 60

4.2.3.2 Konzerneinheitenbezogene Top-up Tax

Zuletzt wird die Top-up Tax für die einzelne Konzerneinheit in einem Niedrigsteuerstaat bestimmt, wenn diese Einheit gemäß Art. 3 GloBE-Gewinne aufweist und diese in die Berechnung der Netto-GloBE-Einkünfte des Staates eingeflossen sind. Die konzerneinheitenbezogene Top-up Tax berechnet sich nach Art. 5.2.4 grundsätzlich wie folgt:

Staatenbezogene Top-up Tax x \(\frac{GloBE - Gewinne\;der\;Konzerneinheit}{{Aggregierte\;GloBE - Gewinne\;aller\;Konzerneinheiten}}\)

Die aggregierten GloBE-Gewinne aller Konzerneinheiten entsprechen hierbei der Summe der GloBE-Gewinne, die in die Berechnung der Netto-GloBE-Einkünfte gemäß Art. 5.1.2 eingeflossen sind. Im Falle einer Neuberechnung der staatenbezogenen Top-up Tax nach Art. 5.4.1 soll, wenn sich für diesen Staat und das aktuelle Wirtschaftsjahr keine (positiven) Netto-GloBE-Einkünfte ergeben, die Top-up Tax entsprechend der obigen Formel auf die einzelnen Konzerneinheiten verteilt werden, wobei die GloBE-Gewinne der Konzerneinheiten in den Wirtschaftsjahren, für welche die Neuberechnungen vorgenommen wurden, zugrunde zu legen sind, Art. 5.2.5.

4.2.3.3 De-minimis-Ausnahme bei geringfügigen Umsätzen und Gewinnen

In Reaktion auf die vielfach geäußerte Forderung der Wirtschaft, Vereinfachungsmaßnahmen zur Verringerung von Komplexität und Befolgungskosten bei der Berechnung des effektiven Steuersatzes zu entwickeln,Footnote 61 wurde im Statement vom 8.10.2021 eine De-minimis-Ausnahme beschlossen.Footnote 62 Diese ist nun in Art. 5.5.1 konkretisiert und räumt der zur Abgabe der GloBE-Informationserklärung verpflichteten Konzerneinheit das jährliche Wahlrecht ein, die Top-up Tax für die Konzerneinheiten in einem Land mit Null anzusetzen, wenn der durchschnittliche GloBE-UmsatzFootnote 63 in dem Land weniger als 10 Mio. Euro und die durchschnittlichen GloBE-EinkünfteFootnote 64 in dem Land weniger als 1 Mio. Euro betragen. Für die Durchschnittsbetrachtungen werden grundsätzlich das aktuelle sowie die beiden vorangegangenen Wirtschaftsjahre herangezogen, Art. 5.5.2.

4.2.3.4 Safe Harbours

Nach Wahl der zur Abgabe der GloBE-Informationserklärung verpflichteten Konzerneinheit soll die Anwendung der GloBE-Regeln durch eine sog. Safe-Harbour-Regelung vereinfacht werden und die Top-up Tax für ein Land mit Null angesetzt werden, wenn die in diesem Land ansässigen Konzerneinheiten im entsprechenden Wirtschaftsjahr unter den Bedingungen, die noch im Rahmen des GloBE Implementation Framework auszuarbeiten sind, der Safe-Harbour-Regelung unterfallen, Art. 8.2.1.Footnote 65 Im Blueprint wurde hierzu bereits vorgeschlagen, ein Land in Bezug auf einen Konzern nicht als Niedrigsteuerstaat zu behandeln, wenn sich der auf Grundlage des CbCR-Berichts ermittelte effektive Steuersatz nach einer Reihe von Anpassungen oberhalb eines bestimmten, über dem Mindeststeuersatz liegenden Schwellenwerts befindet.Footnote 66 Es stehen jedoch auch andere Vorschläge im Raum.Footnote 67

4.2.3.5 Minority-Owned Constituent Entities

Die Berechnung der länderbezogenen ETR und Top-up Tax nach den Art. 3 bis 7 und für Zwecke des Safe Harbour (Art. 8.2) soll in Bezug auf Einheiten von sog. Minority-Owned SubgroupsFootnote 68 so erfolgen, als seien diese Teil eines eigenständigen multinationalen Konzerns, Art. 5.6.1. Im Falle von „Minority-Owned Constituent Entities“Footnote 69, die nicht Teil einer Minority-Owned Subgroup sind, werden diese Berechnungen für jede Konzerneinheit isoliert vorgenommen („entity basis“).Footnote 70 Die angepassten zu berücksichtigenden Steuern wie auch die GloBE-Einkünfte dieser Einheiten werden dann von der Berechnung der ETR (Art. 5.1.1) und der Netto-GloBE-Einkünfte (Art. 5.1.2) für den übrigen multinationalen Konzern ausgenommen.

4.2.4 Erhebung der Top-up Tax

Die Erhebung der Top-up Tax ist in Art. 2 geregelt. Dabei bestimmen die Art. 2.1 bis 2.3 die Erhebung durch die Income Inclusion Rule („IIR“) und die Art. 2.4 bis 2.6 die Erhebung durch die Undertaxed Payments Rule („UTPR“). Der IIR kommt hierbei eine Vorrangstellung gegenüber der der UTPR zu, vgl. Art. 2.5.2 und 2.5.3.Footnote 71

4.2.4.1 Income Inclusion Rule und Switch-over Rule

4.2.4.1.1 Income Inclusion Rule

Die IIR weist Konzerneinheiten grundsätzlich Top-up Tax nach dem sog. Top-down Approach zu, wobei im Rahmen von Beteiligungsverhältnissen von unter 80 % hiervon zugunsten der sog. Split-Ownership Rule abgewichen wird.Footnote 72 Nach der IIR soll eine Konzerneinheit, die Konzernobergesellschaft eines multinationalen Konzerns ist und direkt oder indirekt zu irgendeinem Zeitpunkt des Wirtschaftsjahres eine Kapitalbeteiligung an einer niedrig besteuerten Konzerneinheit hält, eine Steuer in Höhe des Betrags entrichten, der ihrem Anteil („Allocable Share“) an der für die niedrig besteuerte Konzerneinheit in diesem Wirtschaftsjahr ermittelten Top-up Tax entspricht, Art. 2.1.1.Footnote 73 In derselben Weise wird gemäß Art. 2.1.2 und 2.1.3 auch eine zwischengeschaltete Muttergesellschaft („Intermediate Parent Entity“, kurz: „IPE“)Footnote 74 des multinationalen Konzerns IIR-steuerpflichtig, wenn nicht bereits die Konzernobergesellschaft oder eine andere zwischengeschaltete Muttergesellschaft, die direkt oder indirekt die erstgenannte zwischengeschaltete Muttergesellschaft beherrscht, einer qualifizierten IIR („Qualified IIR“)Footnote 75 in diesem Wirtschaftsjahr unterliegt. Dies entspricht dem bereits im Blueprint zur Koordinierung der Anwendung verschiedener IIR entwickelten Top-Down-Ansatz.Footnote 76 Wie schon im Blueprint wird dieser Ansatz im Falle sog. anteilig konzernzugehöriger Muttergesellschaften („Partially-Owned Parent Entities“, kurz: „POPE“)Footnote 77 durchbrochen.Footnote 78 Auf diese findet gemäß Art. 2.1.4 und 2.1.5 ebenfalls die IIR Anwendung, wenn sie ihrerseits nicht vollständig von einer anderen anteilig konzernzugehörigen Zwischengesellschaft gehalten wird, die in diesem Wirtschaftsjahr einer qualifizierten IIR unterliegt.

Der Anteil an der für eine niedrig besteuerte Konzerneinheit ermittelten Top-up Tax („Allocable Share“) entspricht dem Betrag, der sich aus der Multiplikation der für diese Einheit ermittelten Top-up Tax (Kapitel 5) mit dem Hinzurechnungsquote („Inclusion Ratio“) der Muttergesellschaft bzgl. der niedrig besteuerten Konzerneinheit in dem entsprechenden Wirtschaftsjahr ergibt, Art. 2.2.1.Footnote 79 Nach Art. 2.3.1 hat eine Muttergesellschaft ihren Anteil an der für die niedrig besteuerte Konzerneinheit ermittelten Top-up Tax zu kürzen, wenn sie lediglich mittelbar über eine zwischengeschaltete Muttergesellschaft oder eine anteilig konzernzugehörige Zwischengesellschaft (Split-Ownership Rule), welche nicht nach den Art. 2.1.3 oder 2.1.5 von der Anwendung der IIR befreit ist, eine Kapitalbeteiligung an einer niedrig besteuerten Konzerneinheit hält. Die Kürzung entspricht dem Betrag, der bereits auf Ebene der zwischengeschalteten Muttergesellschaft oder der anteilig konzernzugehörigen Zwischengesellschaft als Top-up Tax gemäß einer qualifizierten IIR erhoben wird, Art. 2.3.2. Im Falle eines Joint Ventures sollen die Muttergesellschaften, die direkt oder indirekt an dem Joint Venture oder seinen Tochtergesellschaften beteiligt sind, die IIR entsprechend der ihnen zugewiesenen Top-up-Tax-Anteile an der JV-Einheit anwenden, Art. 6.4.2 (b).Footnote 80

Gemäß Art. 2.1.6. soll eine IIR-steuerpflichtige Muttergesellschaft die IIR (nur)Footnote 81 in Bezug auf ausländische niedrig besteuerte Konzerneinheiten anwenden.

4.2.4.1.2 Switch-over Rule

Eine Switch-over Rule („SOR“ bzw. Umschaltklausel) soll schließlich sicherstellen, dass der Ansässigkeitsstaat einer Muttergesellschaft seine IIR auch auf Einkünfte anwenden kann, die einer ausländischen Betriebsstätte der Muttergesellschaft zuzurechnen sind, wenn diese Einkünfte aufgrund eines DBA eigentlich vom IIR-Staat freigestellt werden müssten.Footnote 82 Die SOR bewirkt, dass der IIR-Staat die IIR auch auf Einkünfte anwenden kann, mithin die Steuerfreistellung versagt wird, soweit die im Quellenstaat erzielten Erträge zu niedrig besteuert worden sind.Footnote 83 Die SOR ist damit allerdings nicht als Wechsel zur Anrechnungsmethode zu verstehen.Footnote 84 Dies würde nämlich bewirken, dass die im Ausland bereits erhobene Steuer auf die im Inland zu erhebende Top-up Tax angerechnet und damit die Wirkung der IIR neutralisiert würde. Die Modellregelungen enthalten im Übrigen selbst keinen Hinweis darauf, inwieweit die IIR durch eine solche SOR tatsächlich unterstützt werden soll. Lediglich der im März 2022 veröffentlichte Kommentar zu den Modellregeln enthält eine kurze Passage zur Möglichkeit von Switch-over Rules, wonach diese in den gerade beschriebenen DBA-Konstellationen zur Geltung kommen können.Footnote 85

4.2.4.2 Undertaxed Payments Rule

Die UTPR soll als Absicherung („Backstop“) der IIR dienen, Anreize für steuergetriebene Inversionen verringern und auch der Gewinnverkürzung durch abzugsfähige konzerninterne Zahlungen entgegenwirken.Footnote 86 Gemäß Art. 2.4.1 wird UTPR-steuerpflichtigen Konzerneinheiten hierfür entweder der Betriebsausgabenabzug versagt oder es kommt zu einer gleichwertigen Maßnahme nach nationalem Recht, etwa der Erhebung einer Quellensteuer im Abzugsverfahren.Footnote 87 Die Höhe des Abzugsverbots oder der alternativen Maßnahme entspricht dabei dem Betrag, der erreicht werden muss, um diese Konzerneinheiten mit einer zusätzlichen Steuer zu belasten, welche der UTPR Top-up Tax entspricht, die ihrem Ansässigkeitsstaat für das entsprechende Wirtschaftsjahr zugewiesen worden ist.Footnote 88 In welchem Verhältnis dieser Betrag an UTPR Top-up Tax zwischen den einzelnen UTPR-Steuerpflichtigen desselben Staates aufgeteilt wird, ist in den Modellregeln bislang nicht geregelt. Offen geblieben ist dort auch die Frage, ob die Abzugsbeschränkung oder gleichwertige Erhebungsmaßnahme – wie schon im Blueprint vorgesehen – lediglich bei konzerninternen ZahlungsvorgängenFootnote 89 vorzunehmen ist oder auch bei Zahlungen der Konzerneinheit an Dritte greift. Schon der Blueprint erkennt an, dass diese Regel komplexer ist als die IIR und somit eine größere Abstimmung zwischen den Staaten erfordert, die Anwendungsfälle in der Praxis jedoch zugleich eher begrenzt sein dürften.Footnote 90 Letzteres wird vor allem davon abhängen, wie viele Staaten des IF die IIR tatsächlich umsetzen.

Die Erhebung der UTPR Top up Tax soll nach Möglichkeit noch in dem Steuerjahr erfolgen, in dem das entsprechende Wirtschaftsjahr endet, Art. 2.4.2. Gelingt dies beispielsweise mangels abzugsfähiger Zahlungen nicht in ausreichendem Maße, soll der Unterschiedsbetrag auf die nachfolgenden Jahre vorgetragen werden und dort zur Erhebung i. S. v. Art. 2.4.1 führen.Footnote 91

Der Gesamtbetrag der UTPR Top-up Tax für ein Wirtschaftsjahr entspricht der Summe der Top-up Tax, die für jedes niedrig besteuerte Unternehmen eines multinationalen Konzerns für das betreffende Wirtschaftsjahr gemäß Art. 5.2 berechnet wird, vorbehaltlich der in Art. 2.5 und Art. 9.3 beschriebenen Anpassungen, Art. 2.5.1.Footnote 92 Die für eine niedrig besteuerte Konzerneinheit ermittelte Top-up Tax reduziert sich gemäß Art. 2.5.2 auf Null, wenn alle Kapitalanteile der Konzernobergesellschaft an der niedrig besteuerten Konzerneinheit direkt oder indirekt von einer oder mehreren Muttergesellschaften gehalten werden, welche einer qualifizierten IIR unterliegen. Ist dies nicht der Fall, reduziert sich der Betrag der UTPR Top-up Tax in Bezug auf eine niedrig besteuerte Konzerneinheit zumindest um den Teil, der bereits auf Ebene einer Muttergesellschaft über eine qualifizierte IIR erhoben wird, Art. 2.5.3. Gemäß Art. 9.3.1 soll die Top-up Tax, die eigentlich gemäß Art. 2.5.1 zu erheben wäre, in der Startphase der internationalen Tätigkeit eines multinationalen Konzerns auf Null reduziert werden.Footnote 93 Diese Regelung gilt gemäß Art. 9.3.4 hingegen nicht für Wirtschaftsjahre, die später als fünf Jahre nach dem ersten Tag des ersten Wirtschaftsjahres beginnen, in dem der Konzern erstmals in den Anwendungsbereich der GloBE-Regeln gefallen ist. Im Übrigen soll die noch nicht im Rahmen einer qualifizierten IIR bei den Muttergesellschaften erhobene Top-up Tax einer JV-Gruppe dem Gesamtbetrag der UTPR-Top-up Tax i. S. v. Art. 2.5.1 hinzugefügt werden, Art. 6.4.2 (c).

Der Betrag der einem Staat zuzuordnenden UTPR Top-up Tax errechnet sich durch die Multiplikation des Gesamtbetrags der UTPR Top-up Tax (s. o.) mit dem UTPR-Prozentsatz eines Staates, Art. 2.6.1.Footnote 94 Der UTPR-Prozentsatz eines Staates errechnet sich dabei jedes Wirtschaftsjahr und konzernbezogen wie folgt:

$$\begin{aligned} 50{\text{~\% }} & \times \frac{{Anzahl\;der\;Arbeitnehmer\;in\;Staat{\text{~}}X}}{{Anzahl\;der\;Arbeitnehmer\;in\;allen\;UTPR - Staaten}} + 50{\text{~\% }} \\ & \times \frac{{Gesamtwert\;der\;Sachanlagen\;in\;Staat{\text{~}}X}}{{Gesamtwert\;der\;Sachanlagen\;in\;allen\;UTPR - Staaten}} \\ \end{aligned}$$

„Anzahl der Arbeitnehmer“ bedeutet hierbei die Gesamtzahl der Arbeitnehmer aller Konzerneinheiten des multinationalen Konzerns in Staat X bzw. in den Staaten, die in dem entsprechenden Wirtschaftsjahr eine qualifizierte UTPR („Qualified UTPR“)Footnote 95 anwenden. Der Gesamtwert der Sachanlagen meint die Summe der Nettobuchwerte des Sachanlagevermögens aller Konzerneinheiten des multinationalen Konzerns in Staat X bzw. in den Staaten, die in dem entsprechenden Wirtschaftsjahr eine qualifizierte UTPR anwenden. Ausgenommen davon bleiben gemäß Art. 2.6.2 die Arbeitnehmer und Sachanlagen, die einem Investmentunternehmen zuzuordnen sind. Zudem sollen die bei einer steuerlich transparenten Gesellschaft beschäftigten Arbeitnehmer und der Nettobuchwert des von ihr gehaltenen Sachanlagevermögens, welche nicht einer Betriebsstätte zugeordnet sind, den Konzerneinheiten zugewiesen werden, die im Gründungsstaat der transparenten Gesellschaft ansässig sind. Soweit die beiden Werte nicht einer Betriebsstätte oder den im Gründungsstaat der transparenten Gesellschaft ansässigen Konzerneinheiten zugeordnet werden können, sollen sie nicht in die Formel zur Verteilung des Gesamtbetrags der UTPR Top-up Tax einfließen.

Ungeachtet des Artikels 2.6.1 wird der UTPR-Prozentsatz eines Staates für einen multinationalen Konzern in einem Wirtschaftsjahr nach Art. 2.6.3 mit Null festgelegt, solange die diesem UTPR-Staat für ein vorangegangenes Wirtschaftsjahr zugewiesene Top-Up Tax nicht dazu geführt hat, dass die in diesem Staat ansässigen Konzerneinheiten des multinationalen Konzerns insgesamt mit einem zusätzlichen Steueraufwand in Höhe der diesem Staat für das vorangegangene Wirtschaftsjahr zugewiesenen UTPR Top-Up-Tax belastet worden sind.Footnote 96 Die Anzahl der Arbeitnehmer und das Sachanlagevermögen der Konzerneinheiten in einem Staat mit einem konzernbezogenen UTPR-Prozentsatz von Null sollen keinen Eingang in die Formel zur Verteilung des Gesamtbetrags der UTPR Top-up Tax finden. Art. 2.6.3. gilt jedoch nicht für ein Wirtschaftsjahr, in dem konzernbezogen für alle Staaten mit einer qualifizierten UTPR ein UTPR-Prozentsatz von Null bestimmt worden ist, Art. 2.6.4.

4.2.5 Steuerverfahren

Kapitel 8 der Modellregeln erhält nun erstmals auch konkrete Vorgaben für das Steuerverfahren. Demnach hat eine in einem IIR- oder UTPR-Staat ansässige Konzerneinheit gemäß Art. 8.1.1 die Pflicht, eine sog. GloBE-Informationserklärung („GloBE Information Return“) entsprechend den Anforderungen der Art. 8.1.4 bis 8.1.6 bei der für sie zuständigen Finanzbehörde abzugeben. Die Erklärung kann dabei von der Konzerneinheit selbst oder an ihrer Stelle von einer bestimmten lokalen Konzerneinheit („Designated Local Entity“) erstellt und abgegeben werden. Die Erklärungspflicht einer Konzerneinheit entfällt nach Art. 8.1.2, wenn eine den Anforderungen der Art. 8.1.4 bis 8.1.6 entsprechende Erklärung bereits entweder von der Konzernobergesellschaft oder der sog. Designated Filing Entity abgegeben wurde. Voraussetzung dabei ist jedoch, dass diese Einheiten in einem Staat ansässig sind, welcher mit dem IIR- bzw. UTPR-Staat ein zu dem Zeitpunkt geltendes „Qualifing Competent Authority Agreement“Footnote 97 abgeschlossen hat. Ist die Konzerneinheit nach Art. 8.1.2 von ihrer Erklärungspflicht befreit, hat diese oder an ihrer Stelle die Designated Local Entity die zuständige Finanzbehörde im Inland über die Identität und den Ansässigkeitsort der an ihrer Stelle handelnden ausländischen Konzernobergesellschaft bzw. Designated Filing Entity zu benachrichtigen, Art. 8.1.3.

Über die GloBE-Informationserklärung, für die ein standardisiertes Formular entsprechend den Vorgaben im GloBE Implementation FrameworkFootnote 98 genutzt werden soll,Footnote 99 sind nach Art. 8.1.4 folgende Informationen über den multinationalen Konzern mitzuteilen:

  • Identifikation aller Konzerneinheiten (inkl. Steueridentifikationsnummer) und Mitteilung ihres Ansässigkeitsortes und ihres Status im Sinne der GloBE-Regeln,

  • Informationen über die allgemeine Unternehmensstruktur des multinationalen Konzerns und der jeweiligen Beteiligungsverhältnisse zwischen den Konzerneinheiten,

  • die Informationen, die erforderlich sind, um die staatenbezogene ETR, die jeweilige Top-up Tax für Konzerneinheiten (Kapitel 5) und Mitglieder von JV-Gruppen (Kapitel 6) sowie die Verteilung von Top-up Tax nach IIR und UTPR an jeden Staat gemäß (Kapitel 2) bestimmen zu können,

  • eine Auflistung der i. R. d. GloBE-Regeln ausgeübten Wahlrechte und

  • andere Informationen, die im Rahmen der Einigung auf das GloBE Implementation Framework notwendig sind, um die GloBE-Regeln verwaltungsseitig anwenden zu können.

Die Frist zur Abgabe der GloBE-Informationserklärungen und Benachrichtigungen soll gemäß Art. 8.1.6 nicht später als 15 Monate nach Ablauf des gegenständlichen Wirtschaftsjahrs enden.Footnote 100 Im Übrigen sollen nach Art. 8.1.8 die inländischen Vorschriften zum Steuergeheimnis (vgl. § 30 AO) und zu etwaigen Sanktionsmöglichkeiten auch auf die GloBE-Informationserklärung Anwendung finden.

4.2.6 Übergangsregelungen

Für das Übergangsjahr („Transition Year“)Footnote 101 und für jedes Folgejahr soll der multinationale Konzern die aktiven und passiven latenten Steuern, die in den Jahresabschlüssen aller Konzerneinheiten im entsprechenden Staat für das Übergangsjahr ausgewiesen werden, in gewissem Umfang einbeziehen, Art. 9.1.1. Aktive latente Steuern, welche auf von der Berechnung der GloBE-Einkünfte nach Kapitel  3 ausgeschlossenen Positionen beruhen, bleiben im Rahmen von Art. 9.1.1 allerdings unberücksichtigt, wenn sie aufgrund eines Geschäftsvorfalls nach dem 30.11.2021 gebildet werden, Art. 9.1.2. Eine Sonderregelung für den Fall der Transaktion von Wirtschaftsgütern zwischen Konzerneinheiten nach dem 30.11.2021, aber vor Beginn eines Übergangsjahres ist in Art. 9.1.3 vorgesehen.

4.3 Subject to Tax Rule

Die Subject to Tax Rule (auch Rückfallklausel, Subject-to-tax-Klausel oder kurz „STTR“) soll die GloBE-Regeln ergänzen und zielt auf konzerninterne Zahlungen ab, bei denen gewisse DBA-Bestimmungen typischerweise ausgenutzt werden, um Gewinne vom Quellenstaat in den anderen DBA-Vertragsstaat zu verlagern, wo die Zahlungen dann keinem oder nur einem niedrigen Nominalsteuersatz unterliegen.Footnote 102 Die STTR soll daher nach Aufforderung durch ein EntwicklungslandFootnote 103 in das DBA zwischen diesem und einem IF-Mitgliedstaat, dessen gesetzlicher UnternehmensteuersatzFootnote 104 auf Zinsen, Lizenzgebühren und weitere definierte ZahlungenFootnote 105 unter dem STTR-Mindeststeuersatz von 9 %Footnote 106 liegt, aufgenommen werdenFootnote 107 und gewährt dem Entwicklungsland ein Besteuerungsrecht in Höhe der Differenz zwischen dem entsprechenden Nominalsteuersatz und dem STTR-Mindeststeuersatz.Footnote 108 Deutschland als Industriestaat wird die STTR dementsprechend aller Voraussicht nach nicht für sich in Anspruch nehmen (können). Aufgrund der hohen deutschen Unternehmensteuersätze ist auch nicht zu erwarten, dass eine STTR in dieser Form auf Bitte eines Entwicklungslandes in die deutschen DBA Eingang findet. Daher soll die STTR in dieser Arbeit keine weitere Berücksichtigung finden.Footnote 109