An dieser Stelle werden die Ergebnisse der Interviewauswertung aus dem vorherigen Kapitel in Hinblick auf die Fragestellung dieser Arbeit, inwieweit die japanischen permanent Ansässigen in die deutsche Gesellschaft integriert sind, interpretiert und in Verbindung mit der Theorie gesetzt. Dabei werden zunächst die einzelnen Indikatoren der vier Integrationsdimensionen betrachtet, wobei zur Beurteilung der Integration der befragten Personen in die jeweiligen Indikatoren die in Abschnitt 4.4.3 dargelegten Regeln herangezogen werden. Durch den qualitativen Ansatz dieser Studie gingen allerdings weitere Erkenntnisse hervor, auf deren Grundlage einige Indikatoren kritisch diskutiert werden können.

6.1 Diskussion der sozialen Dimension

Die Analyse der Integrationsindikatoren begann mit der Auswertung der ausgewählten Indikatoren der sozialen Dimension, nämlich „Interethnische Ehen“, „Interethnische Freundschaften“, „Partizipation in Organisationen und Mitgliedschaft in Vereinen“ und „Inanspruchnahme der ethnischen community“, in Abschnitt 5.6.1.

Die Auswertung in Hinblick auf den Indikator der interethnischen Ehen und Beziehungen zeigte, dass 21 der 28 verheirateten Personen und somit 75 % mit einer deutschen Person liiert sind und sich vier der befragten Personen (10,3 %,) in einer interethnischen Beziehung befinden. Das heißt, dass gut 85 % der Personen, die sich in einer Beziehung befinden, in Hinblick auf diesen Indikator als integriert gelten.

Aus der Darlegung der Ergebnisse zum Indikator „Interethnische Freundschaften“ geht hervor, dass 28 Personen (77,8 %) in Hinblick auf diesen Indikator als integriert gelten. Darunter befinden sich 3 Personen (8,33 %), die ausschließlich Freundschaften zu Deutschen pflegen, 19 Personen (52,8 %) mit Freundschaften zu deutschen und japanischen Personen sowie 6 Personen (16,7 %), die einen multikulturellen Freundeskreis aufweisen.

Nur sechs Personen (16,7 %) haben einen japanischen Freundeskreis – somit besitzen doppelt so viele Personen Freundschaften ausschließlich zu japanischen Personen als zu deutschen und gelten daher in Hinblick auf diesen Indikator als segregiert.

Bereits aus der Theorie, die in Abschnitt 2.3 dargelegt wurde, geht hervor, dass nicht alle Indikatoren die gleiche Relevanz für die Integration der Zugewanderten aufweisen. So wird die interethnische Eheschließung in der sozialen Dimension als Schlüsselindikator angesehen (Heckmann 2015: 184; Esser 2006: 26) und im Gegensatz zu Freundschaften wird bei Beziehungen von einer stärkeren wechselseitigen Akzeptanz ausgegangen (Heckmann 2015: 184).

Zusätzlich konnten durch die Analyse der qualitativen Studie Ergebnisse generiert werden, welche die Hinterfragung bestimmter Integrationsindikatoren notwendig machen und Erkenntnisse aus der Integrationsforschung in Frage stellen. So geht aus der Theorie zu interethnischen Freundschaften hervor, dass Beziehungen und Freundschaften zu Personen des Aufnahmelandes, in diesem Fall zu Deutschen, als sprachfördernd betrachtet werden und so die Eingliederung in die Aufnahmegesellschaft begünstigen (Esser 2006, Rother 2008). Das Interview von IP 34 veranschaulicht allerdings, dass die Annahme, die japanischen Personen würden im Fall von interethnischen Freundschaften in der Sprache des Aufnahmelandes verkehren, nicht zutreffen muss. Die Sprachfähigkeiten von IP 34 sind beispielsweise nicht so weit fortgeschritten, dass er ein Gespräch auf Deutsch führen könnte. Dies ist dadurch bedingt, dass er primär Personen in seinem Freundeskreis hat, die Japanisch sprechen können: „[S]ie sind in Deutschland geboren, deutsch-japanische Mischlinge“ (IP 34, Z. 216–217; Übers. d. Verf.). Er führt fort, dass zum Feiern „40, 30 Mischlinge kommen, Deutsche kommen auch, Japaner kommen auch. […] Überwiegend können alle Japanisch sprechen, sogar die Deutschen. […] Irgendwie sind das Leute, die Japanisch studiert haben?“ (IP 34, Z. 217–224; Übers. d. Verf.). In diesem Fall werden Verständigungsschwierigkeiten und die Notwendigkeit, Deutsch zu lernen, dadurch aufgehoben, dass er mit Personen verkehrt, die zwar Deutsche sind, aber ebenfalls Japanisch sprechen können. Ähnlich verhält es sich bei IP 10 (Z. 257–258), die über eine ehemalige Arbeitsstelle Kontakte zu Deutschen geknüpft hatte, die allerdings Japanisch sprechen. Freundschaften zu deutschen Personen können also nicht per se mit der Verwendung der Sprache des Aufnahmelandes gleichgesetzt werden.

Nicht nur im Bereich der Sprache lässt sich die integrative Kraft von interethnischen Freundschaften hinterfragen, sondern auch in Hinblick auf die Erzeugung von für das Aufnahmeland relevantem Sozialkapital, obwohl sich in der Forschung, wie bei Haug (2003: 720), zeigt, dass auch Personen gleicher oder anderer Nationalität aufnahmelandspezifisches Sozialkapital generieren und so beim Zurechtfinden und Einleben behilflich sein können. Dies zeigt sich im Interview mit IP 12, die davon berichtet, dass das gemeinsame Erlebnis „Migration“ verbindend wirken kann. Sie erzählt von Schwierigkeiten, mit denen sich Japanerinnen in Deutschland konfrontiert sehen, und schließt daran an:

Und über solche gemeinsamen Schwierigkeiten können wir als Japanerinnen gut miteinander Information [aus]tauschen. Ja, Erfahrungen austauschen, genau. Solche Sachen. Ja, dann [freunden sich] Japanerinnen schnell miteinander [an]: ‚Ach, du hast auch so eine Sache [erlebt]? Ja, ja, ich auch.‘ Ja, genau. Das sind Schwierigkeiten, die viele Japanerinnen haben, ne? (IP 12, Z. 617–625)

Der Austausch mit Personen derselben Ethnie über ähnliche Erfahrungen im Aufnahmeland kann zur Minderung des Akkulturationsstresses beitragen, was die Binnenintegrationsthese fördert.

Ein Großteil der befragten Personen weist einen Freundeskreis auf, der aus deutschen, japanischen und Personen anderer Nationalität besteht. Alle diese Personen bieten bedeutendes Sozialkapital und können bei der Positionierung, der Generierung von weiterem Sozialkapital und dem Zurechtfinden in der Aufnahmegesellschaft von großem Nutzen sein. Gerade in Hinblick auf die Globalisierung und auf die Förderung von internationalen Kontakten in Beruf, Wissenschaft und Schule lassen sich Freundschaften zu Personen weiterer Nationalitäten nicht vermeiden, sind sogar gewünscht und werden durch Programme gefördertFootnote 1. Trotz der oben dargelegten Bedeutung intraethnischer Freundschaften für das Sozialkapital muss weiterhin vonseiten der Aufnahmegesellschaft als auch vonseiten der Zugewanderten eine gegenseitige Offenheit vorhanden sein, um Fremdenfeindlichkeit oder die Entstehung von sogenannten Parallelgesellschaften zu vermeiden.

Zusätzlich geht aus den Interviews hervor, dass das Knüpfen von neuen Kontakten im Verlauf der Zeit immer wieder notwendig sein kann, sodass die Zusammenstellung der Freundeskreise variieren kann. Dies bedingt sich beispielsweise daraus, dass Migrationssysteme oder -netzwerke, wie im Fall von IP 5 ersichtlich, die auf eine begrenzte Zeit ausgelegt sind, Einfluss auf bestehendes Sozialkapital nehmen können. In weiteren Fällen berichten Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer vom Versterben oder dem Wegzug ihrer Freundinnen und Freunde, wodurch deutlich wird, dass das Sozialkapital keinen dauerhaften Bestand hat und im Verlauf der Zeit neue Kontakte notwendig werden können. Auf der anderen Seite geht aus den Interviews auch hervor, dass Ereignisse wie die Geburt eines Kindes dazu führen können, dass sich der Freundeskreis neu gestaltet. So wurde von vermehrten Kontakten zu Japanerinnen nach der Geburt des Kindes berichtet, wodurch Freundschaften zu deutschen Personen nicht mehr in derselben Intensität gepflegt werden konnten. Wie bereits in Abschnitt 2.1.2 erwähnt, kann das Sozialkapital neben den positiven auch negative Auswirkungen haben, was durch die Aussagen der Befragten bestätigt wird. Dies wird auch in den Interviews angesprochen, indem die befragten Personen von Gruppendruck berichten. So sieht sich IP 20 gezwungen, japanischen Personen Arbeit zu verschaffen, und IP 18 berichtet von sozialen Strukturen, die sich negativ auf das Wohlbefinden auswirken können. Dies greifen auch IP 16 und IP 24 auf. Aufgrund dessen ziehen es manche Personen vor, den Umgang mit der japanischen community einzuschränken oder diese gar zu meiden. Besonders die Gruppe der mama-tomo scheint auf die japanischen Personen einen unterschiedlichen Einfluss auszuüben. Für Personen wie IP 37 sind sie der soziale Bezugspunkt, für Personen wie IP 18 gefürchtet.

Als ein weiterer Indikator wurden die Partizipation und Mitgliedschaft in Vereinen und Organisationen betrachtet. Hier konnten 29 Interviews ausgewertet werden. Unter diesen waren mit 13 Personen weniger als die Hälfte (44,8 %) Mitglied in mindestens einem Verein und so bereits durch die binnenintegrative Leistung von Vereinen in Hinblick auf diesen Indikator in die deutsche Gesellschaft integriert.

Auch der Indikator „Partizipation in Organisationen und Mitgliedschaft in Vereinen“ ist kritisch zu betrachten. Dass die in der Forschung gültige Annahme der binnenintegrativen und außenintegrativen Leistung von Vereinen, ihrer Vermittlung von Sozialkapital und ihrer Unterstützung bei der Positionierung hinterfragt werden muss, zeigen bereits Karsten Østerlund und Ørnulf Seippel (2013) auf. In ihrer Studie zu Sportvereinen merken sie an, dass diese zwar wichtig für die soziale Integration seien, eine große Minderheit der Mitglieder aber nicht sozial integriert sei. Sie heben hervor:

This article shows that both individual characteristics linked to members and organizational characteristics linked to sport organizations exert siginificant influence on the level and nature of social integration. Jointly, the results demonstrate that there are grounds to reassess the general conception that sport organizations are important arenas in which social integration can be fostered.

Aus der vorliegenden Studie geht am Beispiel von IP 29, der einem Verein beitrat, um Freundschaften zu schließen (vgl. Abschnitt 5.6.1.2), ebenfalls hervor, dass die Mitgliedschaft in Vereinen nicht per se zu einer sozialen Integration führt. Des Weiteren zeigt sich im Fall von IP 8, dass eine Mitgliedschaft vermerkt sein kann, diese aber nur „auf dem Papier“ stattfindet, wodurch die Aussagekraft dieses Indikators unterlaufen wird. Personen können offiziell in Vereine oder Organisationen eingebunden und auch ordentliche Mitglieder sein, aber abgesehen von einer finanziellen Unterstützung in Form des zu überweisenden Mitgliedschaftsbeitrags keinen Beitrag für den Verein erbringen und den Aktivitäten sowie der zivilgesellschaftlichen Struktur, beispielsweise den Mitgliedschaftsversammlungen, fernbleiben. So berichtet IP 8: „Was ist denn der Vorteil, wenn ich bei (japanischer Verein) mitmache? Es gibt keinen Vorteil. Einfach passiv mitmachen“Footnote 2. Sie wägt also Vor- und Nachteile einer aktiven Mitgliedschaft ab und kommt zu dem Schluss, dass sich eine passive Mitgliedschaft eher lohne als eine aktive.

Beim Indikator der „Inanspruchnahme der ethnischen community“ zeigt sich deutlich, dass alle Personen – jedoch in unterschiedlicher Weise – auf diese zurückgreifen. Abgesehen von drei Personen, die angaben, dass sich der Alltag aufgrund der japanischen Infrastruktur auf Japanisch bestreiten lasse, kann aber bei keiner befragten Person eine ausschließliche oder fast ausschließliche Inanspruchnahme der ethnischen community festgestellt werden. Der Nutzen des kulturellen Kapitals sowie das Frequentieren von japanischen Restaurants und der Besuch von kulturellen Veranstaltungen zu einem vergleichbaren Maße, wie dies auch Personen ohne Migrationshintergrund tun, ist im Rahmen der Integrationskonzepte kein Hinweis auf einen Mangel an Eingliederung in die deutsche Gesellschaft. Daher können alle Personen – abgesehen der zuvor genannten drei Personen – in Hinblick auf diesen Indikator als integriert betrachtet werden.

Bezüglich der Inanspruchnahme der ethnischen community geht aus den Interviews hervor, dass insbesondere die kulturellen Angebote in Form von Veranstaltungen wie dem Japan-Tag oder Einrichtungen wie dem Ekō-Haus nicht unbedingt aus persönlichem Interesse besucht werden. So wird geschildert, dass an diesen Veranstaltungen teilgenommen wird, um Familienmitglieder oder Freundinnen und Freunde bei ihren Auftritten zu unterstützen, oder die befragten Personen aus beruflichen Gründen anwesend sind. IP 1 berichtet in diesem Zusammenhang, dass sie das Ekō-Haus mit ihren deutschen Schülerinnen und Schülern besuche, um ihnen japanische Architektur und Kultur näherzubringen, und weist überdies darauf hin, dass bei diesen Veranstaltungen in erster Linie deutsche Personen anwesend seien. Auch IP 6 besucht diese Veranstaltungen aus beruflichen Gründen und berichtet, dass sie persönlich im Verlauf der Zeit das Interesse an derlei Veranstaltungen verloren habe. Auch im Bezug auf das Frequentieren japanischer Restaurants zeigte sich, dass dies nicht immer aus persönlichem Interesse erfolgte, sondern aufgrund der Nachfrage von Freundinnen und Freunden oder im Rahmen der beruflichen Tätigkeit. Dabei wurde auch im Fall von IP 1 die Bitte von deutschen Freundinnen und Freunden an sie herangetragen, für diese japanisch zu kochen. Dass vonseiten der Mehrheitsgesellschaft oder Angehöriger anderer ethnischer Gruppen davon ausgegangen wird, dass die befragte Person aufgrund ihrer japanischen Nationalität japanische Restaurants empfehlen könne, geht aus dem Interview mit IP 37 hervor. Hier zeigt sich zudem eine stereotype Betrachtung Zugewanderter vonseiten der Aufnahmegesellschaft. Es lohnt sich mit Sicherheit, hier den Fragen nachzugehen, zu welchem Maß japanische Personen an japanbezogenen kulturellen Veranstaltungen beteiligt sind, in welchen Bereichen sie involviert sind und ob ihrer Teilnahme eine Freiwilligkeit unterliegt, ebenso wer von diesen Angeboten profitiert. Es kann angenommen werden, dass diese Veranstaltungen zum Stadtmarketing genutzt werden (vgl. Abschnitt 1.2 und 3.2) und, um die kulturelle Vielfalt sowie Offenheit der Stadt zu präsentieren.

Die Integration der permanent ansässigen Japanerinnen und Japaner in die soziale Dimension nach den Regeln des Kodierleitfadens in Abschnitt 4.4.3 ist in Hinblick auf die beiden Indikatoren „Interethnische Eheschließung“ und „Inanspruchnahme der ethnischen community“ als gelungen zu bezeichnen. Hinsichtlich der beiden weiteren Indikatoren „Interethnische Freundschaften“ und „Partizipation in Organisationen und Mitgliedschaft in Vereinen“ liegt allerdings keine Integration vor.

Unter Berücksichtigung der Diskussion der Indikatoren lässt sich sagen, dass die permanent ansässigen Japanerinnen und Japaner in die soziale Dimension integriert sind. Wie bereits aus der Betrachtung der Ergebnisse nach den Regeln des Kodierleitfadens hervorging, sind der Schlüsselindikator „Interethnische Eheschließung“ sowie der Indikator „Inanspruchnahme der ethnischen community“ erfüllt. Darüber hinaus kann für den Indikator „Interethnische Freundschaften“ in Betracht gezogen werden, ebenfalls Freundeskreise zu Personen anderer Nationalität als der deutschen gelten zu lassen, solange ebenfalls Freundschaften zu deutschen Personen gepflegt werden und überwiegen. Damit sind 31 Personen in Hinblick auf diesen Indikator integriert. Aus der Diskussion geht nun hervor, dass die Bedeutung des Indikators der Mitgliedschaft in Vereinen bereits in der aktuellen Forschung in Frage gestellt wird, wobei auch die zusätzlichen Erkenntnisse aus der qualitativen Studie die Berechtigung dieser Zweifel bestätigten, sodass dieser an Bedeutung verliert.

6.2 Diskussion der strukturellen Dimension

Nach der Auswertung der sozialen Dimension erfolgte die Darlegung der Ergebnisse der strukturellen Dimension in Hinblick auf die ausgewählten Indikatoren „Einbindung in den Arbeitsmarkt“, „Teilhabe am Bildungswesen“, „Einbindung in den Wohnungsmarkt“, „Soziale Sicherung und Hilfe in Problemlagen“ und „Gesundheit“.

Aus Abschnitt 5.6.2 geht in Bezug auf den Indikator „Einbindung in den Arbeitsmarkt“ hervor, dass dieser zu einem Großteil (74,4 %; n = 29) erfüllt ist. Wird hierbei die Erwerbstätigkeit der 15- bis 65-Jährigen (n = 32) berücksichtigt, wie in der Statistik „Erwerbstätigenquote nach Gebietsstand und Geschlecht in der Altersgruppe 15 bis unter 65 Jahren“ von destatisFootnote 3, liegt die Erwerbstätigenquote unter den befragten japanischen Personen bei 90,6 % (n = 29) und somit über dem Durchschnitt der deutschen Bevölkerung. In diesem Fall sind die Rentnerinnen und Rentner unter den Befragten nicht mehr eingeschlossen und somit nur noch die japanische Hausfrau sowie die zwei Studierenden nicht in den Arbeitsmarkt eingebunden. Die zusätzlichen Erkenntnisse der qualitativen Studie unterstützen allerdings die Sozialkapitaltheorie insofern, als dass die Arbeitsvermittlung in vielen Fällen durch Freundinnen und Freunde und/oder Bekannte erfolgte, wodurch die strukturelle Dimension mit der sozialen verbunden ist.

In Hinblick auf den Indikator „Teilhabe am Bildungswesen“ werden, wie bereits erläutert, überwiegend der Schulbesuch, die Schulabgangsquote und die Anzahl an Auszubildenden, das heißt also Kinder und Jugendliche, berücksichtigt. Dieser Indikator wurde an die Kriterien der Stichprobenwahl angepasst. Der Schwerpunkt lag bei diesem Indikator auf dem mitgebrachten Bildungskapital. Aus Abschnitt 5.6.2.2 geht hervor, dass 82,1 % der befragten Personen mit einem hohen Bildungskapital in Form von Hochschulabschlüssen nach Deutschland kamen und vor Ort in neun Fällen einer Weiterbildung nachgingen. Diese Maßnahmen dienten ihrer Integration in den Arbeitsmarkt und/oder ihrem Wunsch nach Selbstverwirklichung. Letzteres ist mit Lifestyle-Faktoren verknüpft (vgl. Abschnitt 5.1). Anhand der Aussagen von IP 9 und IP 13 zeigt sich allerdings, dass die Immatrikulation selbst kein Beleg für ein aktives Studium ist. Ähnlich wie bei der Mitgliedschaft im Verein kann das Studium aktiv oder passiv betrieben werden. Im Fall des Studiums kann dieses zunächst das Visum sichern oder, wie bei IP 23, Vergünstigungen des Lebensunterhalts ermöglichen, wie niedrigere Krankenkassenbeiträge.

Die Auswertung des Indikators „Einbindung in den Wohnungsmarkt“ ergibt, dass alle Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer in diesen eingebunden sind. Auch haben die Ergebnisse von Zielke (1982), Suzuki (1988) sowie Glebe und Montag (2004) für Düsseldorf noch bestand. Lediglich Mörsenbroich verlor als Wohnort für die japanische Bevölkerung in Düsseldorf an Bedeutung, während der Stadtteil Heerdt an Bedeutung gewann. Interessant ist, dass der Stadtteil Heerdt von dem statushohen Bild abweicht. Dennoch geht aus den Analysen zum Niederlassungsverhalten der japanischen Migrantinnen und Migranten in den Städten Düsseldorf, München, Frankfurt und Hamburg in Kapitel 3 hervor, dass sich die japanischen Migrantinnen und Migranten bevorzugt in besseren Wohngebieten niederlassen. Ein Abweichen davon lässt sich meist auf die bevorzugte Nähe zur Japanischen Schule und dem Arbeitsplatz erklären. Da in den Statistiken nicht zwischen temporär und permanent ansässigen Personen unterschieden wird, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob sich die hohe Konzentration an japanischen Personen in innerstädtischen Stadtteilen oder auch Business-Gebieten sowie solchen Stadtteilen mit guter Anbindung an Geschäftsbezirke auf japanische Expatriates und/oder Studierende zurückführen lassen. Legt man die Erkenntnisse der früheren Studien zugrunde, lassen diese die Hypothese allerdings zu. Aus den Interviews geht zudem hervor, dass bei der Wohnungssuche, wie auch schon in Abschnitt 5.2 angemerkt, Sozialkapital in Form von angeheirateter Verwandtschaft oder Bekanntschaften, Freundinnen und Freunde von Nutzen war. Aber auch Migrationsnetzwerke bzw. -systeme wirken unterstützend, was sich insbesondere bei Studierenden oder Personen mit Arbeitsvertrag zeigt. Diese werden von der Universität und der Firma ähnlich wie Expatriates unterstützt. IP 5 merkt hierzu an, dass diese Personen nicht wirklich ein Leben als Ausländerinnen und Ausländer führen. Denn in ihrer persönlichen Erfahrung gehören beispielsweise Behördengänge zum alltäglichen Leben ausländischer Personen dazu (IP 5, Z. 472–481).

Neben dem Niederlassungsverhalten wurde auch berücksichtigt, ob sich die japanischen permanent Ansässigen einer Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt ausgesetzt fühlen. Sechs Personen berichten hiervon aufgrund ihrer Herkunft, wobei IP 26 diese aber für Japanerinnen und Japaner relativiert, da sie meint, dass diese eher akzeptiert sind als andere ethnische Gruppen. Bei IP 9 lässt sich die empfundene Diskriminierung möglicherweise darauf zurückführen, dass sie keinen dauerhaften Aufenthalt nachweisen konnte und angab, nur für einen gewissen Zeitraum zu bleiben.

Darüber hinaus zeigt sich eine ungleiche Verteilung zur deutschen Bevölkerung hinsichtlich des Wohneigentums. Ein Blick auf die Verteilung der Haushalte in Deutschland nach Miete und Eigentum zeigt, dass etwas mehr als 40 % der deutschen Bevölkerung Wohneigentum besitztFootnote 4, während es unter den Befragten nur sechs Personen und somit 15,4 % sind. Der hohe Anteil an zur Miete Wohnenden kann möglicherweise darauf zurückgeführt werden, dass die Befragten beabsichtigen in Zukunft in ihr Heimatland zurückzukehren, da laut Herrmann (1992: 11) der Erwerb von Wohneigentum eine gewisse Absicherung, insbesondere für das Alter, bedeutet und sich gezeigt hat, dass mit steigender Aufenthaltsdauer und schwindenden Rückkehrabsichten von Zugewanderten zunehmend Wohneigentum in Deutschland gekauft wird (Herrmann 1992: 11).

Der Indikator „Soziale Sicherung und Hilfe in Problemlagen“ ist ebenfalls erfüllt. Lediglich eine Person muss aufgrund einer Krankheit auf die Unterstützung des deutschen Sozialsystems zurückgreifen. Auch kann davon ausgegangen werden, dass alle befragten Personen krankenversichert und in das Gesundheitssystem eingebunden sind.

Die Analyse der Interviews in Hinblick auf die strukturelle Integration der befragten Personen ergibt sowohl nach den Regeln des Kodierleitfadens als auch unter Berücksichtigung der weiteren Erkenntnisse, dass diese in der strukturellen Dimension integriert sind.

Insgesamt fällt bei der Betrachtung der Ergebnisse der strukturellen Dimension und den weiteren Erkenntnissen, die aus der qualitativen Studie in Bezug auf die Positionierung in der Aufnahmegesellschaft gewonnen werden konnten, auf, dass das Sozialkapital eine bedeutende Rolle spielt. Dieses besteht in Form von Bekannten, Freundinnen und Freunden oder Verwandten und Angehörigen. Eine herausragende Rolle nehmen dabei die deutschen (Lebens-)Partnerinnen und -Partner ein, die für eine grundlegende Absicherung der Zugewanderten durch Unterkunft und Krankenversicherung sorgen. Außerdem bieten sie emotionale Unterstützung und leisten in Situationen, die den befragten Personen Schwierigkeiten bereiten, Hilfe, zum Beispiel im Krankenhaus bei der Schwangerschaftsvorsorge und nach der Entbindung oder auch bei Arztbesuchen bzw. beim Vereinbaren von Arztbesuchen. Bei der Vermittlung von Arbeit erweisen sich soziale Netzwerke, ob inter- oder intraethnisch, als äußerst nützlich. Es zeigt sich aber auch in zwei Fällen, dass das soziale Netzwerk als belastend empfunden wird, da es mit an die interviewte Person gerichteten Forderungen nach einer Arbeitsvermittlung verbunden ist. Aus der Auswertung geht hervor, dass die Unterstützungssysteme zunächst strukturelle Probleme abfedern können, zum Beispiel in Form einer finanziellen Unterstützung durch die in Japan lebenden Eltern beim Erwerb von Möbeln oder der Sicherung des Lebensunterhalts. So können sich die gerade migrierten Personen im neuen Alltag einfinden und sich im neuen Aufenthaltsland eingewöhnen. Mit der Zeit entwickeln sich Unterstützungssysteme im Aufenthaltsland, die sich insbesondere in Form einer Partnerin oder eines Partners als sehr wertvoll erweisen. Dabei gab es auch Personen, die sich bereits durch vorherige Aufenthalte, zum Beispiel durch einen Studienaufenthalt, Unterstützungssysteme aufgebaut hatten. Im Sinne von Han (2016; vgl. Abschnitt 2.1.2) wiesen diese Personen schon eine Akkulturation an die deutsche Gesellschaft auf. Dies erleichterte ihnen die Entscheidung, erneut nach Deutschland zu gehen und dort auch dauerhaft zu leben.

6.3 Diskussion der kulturellen Dimension

Anschließend wurde die Auswertung der Interviews in Hinblick auf die Indikatoren der kulturellen Dimension, „Sprachpräferenzen und -kompetenzen“, „Werteannäherung“, „Medienverhalten“ und „Religion“, vorgenommen.

Die Auswertung des Indikators „Sprachpräferenzen und -kompetenzen“ ergibt, dass sich von den 36 auswertbaren Fällen 18 Personen im Alltag und am Arbeitsplatz auf Deutsch verständigen können. Bei weiteren 9 Personen reichen die sprachlichen Fähigkeiten für die Verständigung im Alltag aus, sodass insgesamt 27 Personen über grundlegende Sprachkenntnisse verfügen. Lediglich bei neun Personen konnten ungenügende Sprachkenntnisse festgestellt werden, wodurch es ihnen weder am Arbeitsplatz noch im Alltag möglich ist, auf Deutsch zu kommunizieren. Deutlich wird durch die Auswertung der Interviews, dass die sprachlichen Fertigkeiten von Person zu Person variieren und nicht an die Aufenthaltsdauer gekoppelt sind. So weist IP 35, der erst kürzlich nach Deutschland gekommen ist, rudimentäre Deutschkenntnisse auf, doch auch sein Freund, der sich bereits längere Zeit in Deutschland aufhält, ist nicht fähig, sich in der Sprache des Aufnahmelandes zu verständigen, während andere Teilnehmende wie IP 20 hingegen berichten, dass sie die Sprachprüfung für die Aufnahme an einer Universität innerhalb eines Jahres bestanden. Auch zwischen Personen, die bereits längere Zeit, also bis zu einigen Jahrzehnten, in Deutschland leben, unterscheiden sich die sprachlichen Fertigkeiten, sodass ersichtlich wird, dass sie nicht vorwiegend von der Aufenthaltsdauer, sondern vom täglichen Gebrauch abhängen. Wird eine Sprache nicht angewandt, geraten Vokabeln und Grammatik in Vergessenheit. Außerdem zeigt sich bei IP 1, dass das sprachliche Können gelegentlich kritisch reflektiert wird. IP 1 zeigt sich mit ihren sprachlichen Fähigkeiten sichtlich unzufrieden, klagt dabei aber über ihre Schwierigkeiten, deutsche Dialekte zu verstehen. Sich der regionalen Bedeutung von Dialekten gewahr zu sein, weist allerdings bereits auf ein hohes Maß an Sprachbewusstheit hin. Dialekte nicht zu verstehen, ist allerdings nicht zwangsläufig ein Zeichen für eine gering ausgeprägte Sprachkompetenz.

In Kapitel 2 wurde bereits dargelegt, warum der Erwerb der Sprache für die Integration von Zugewanderten relevant ist. So heißt es bei Esser (2006: 11; vgl. Abschnitt 2.3.4), dass der

Erwerb der Sprache des Aufnahmelandes eine zentrale Bedingung zunächst jeder weiteren Sozialintegration der Migranten außerhalb des ethnischen Kontextes ist: Bildungserfolg, die Platzierung auf interessanten Positionen, die Aufnahme von Kontakten und die Strukturierung von Identitäten hängen allesamt deutlich von sprachlichen Kompetenzen ab und wirken, wenigstens teilweise, darauf wieder zurück.

Bezüglich des Erwerbs der Sprache des Aufnahmelandes als Bedingung für die Aufnahme von Kontakten geht aus den Interviews hervor, dass die Sprachbarriere durch japanischsprechende deutsche Personen umgangen werden kann. Auch die Voraussetzung sprachlicher Fähigkeiten des Aufnahmelandes für die Platzierung auf interessante Positionen lässt sich nur bedingt feststellen. Wird unterstellt, dass mit „interessanten Positionen“ gut bezahlte, abwechslungsreiche Tätigkeiten gemeint sind, lässt sich das auch in Hinblick auf die Nutzung ethnischen Kapitals wie der japanischen Sprache feststellen. Über die ethnische Gemeinschaft und das kulturelle Kapital lassen sich ebenfalls interessante Positionen erschließen. Im Fall von IP 33 zeigt sich auch, dass hohe Positionen auf dem Arbeitsmarkt auch weiterer Sprachkenntnisse bedürfen bzw. die Kenntnisse einer dritten Sprache, der Weltsprache Englisch, ausreichen können. In Hinblick auf die Einbindung und Positionierung auf dem Arbeitsmarkt zeigt sich auch, dass Zugewanderte mit geringen Deutschkenntnissen eine Anstellung auf dem deutschen Arbeitsmarkt finden können, wenn für die Anstellung auch geringe sprachliche Fähigkeiten ausreichen, zum Beispiel beim Bestellvorgang und der Essensausgabe in einem Fastfood-Restaurant. Hier wird aber auch deutlich, dass Zugewanderte, wenn sie sich vom ethnischen Arbeitsmarkt entfernen und nicht im unteren Segment angesiedelt sein wollen, besserer sprachlicher Fähigkeiten bedürfen. Es wird darüber hinaus deutlich, dass der Ausbau sprachlicher Fähigkeiten durch die Art der Arbeit und der Bedarf an Kenntnissen der Sprache des Aufnahmelandes durch Arbeit in der ethnischen community, im sogenannten ethnischen Business, umgangen werden kann. Während im ersten Fall keine ansprechende Arbeit vorläge, wäre dies im zweiten Fall nicht ausgeschlossen. Lediglich für den Bildungserfolg zeigt sich, dass Sprachkenntnisse des Aufnahmelandes notwendig sind, da beispielsweise für bestimmte Studiengänge das Ablegen und Bestehen der DSH-Prüfung notwendig ist. Auch IP 12 und IP 24 berichten davon, dass ihre sprachlichen Fähigkeiten nicht für bestimmte Weiterbildungsmaßnahmen ausreichten.

Chiswick und Miller (1996) weisen darauf hin, dass sich das Vorhandensein einer großen ethnischen Gruppe sowie ihre lokale Konzentration negativ auf den Spracherwerb auswirken kann. Generalisierende Aussagen lassen sich bezüglich dieser Aussage in Hinblick auf die japanischen Migrantinnen und Migranten nicht tätigen. In Düsseldorf liegt, wie aus Abschnitt 3.4.1 hervorgeht, eine hohe Konzentration von Japanerinnen und Japanern vor. In Hinblick auf die Düsseldorfer community wurde in den Interviews auch angemerkt, dass das Erlernen der Sprache des Aufnahmelandes in dieser Stadt nicht unbedingt notwendig sei. IP 4 begründete dies zum einen mit der japanischen Infrastruktur und zum anderen damit, dass in größeren Unternehmen die Verkehrssprache Englisch sei. IP 34 wies darauf hin, dass er in Hamburg im Gegensatz zu Düsseldorf eher die Notwendigkeit verspüre, die Sprache zu erlernen. Gerade am Arbeitsplatz komme es zu Verständigungsproblemen, die hierdurch behoben werden könnten. Insgesamt zeigte sich bei der Auswertung der Interviews aber keine besondere Konzentration von Japanisch präferierenden Personen in einer bestimmten Stadt.

Aus einer weiteren Studie von Chiswick und Miller (2004) geht hervor, dass sich die linguistische und kulturelle Distanz zwischen Sprachen und deren Sprechern negativ auf das Erlernen der Sprache des Aufnahmelandes auswirken kann. Diese Aussage konnte durch die vorliegende Studie nicht eindeutig bestätigt werden. Obwohl Japanisch und Deutsch eine hohe linguistische Distanz aufweisen, zeigten viele der Teilnehmenden Interesse an der Sprache und sind in der Lage, Deutsch im Alltag (75 %; n = 27) und sogar am Arbeitsplatz (50 %; n = 18) zu sprechen. Besonderes Interesse an der deutschen Sprache geht aus dem Interview von IP 13 hervor, die Deutsch für eine äußerst interessante Sprache hält und sich linguistisch mit ihr beschäftigte. Es zeigt sich, dass das Erlernen von den zuvor genannten Faktoren abhängig sein kann, aber auch Eigenmotivation, Ehrgeiz und die Bereitschaft zu einem hohen Aufwand benötigt werden.

Im Rahmen des Indikators „Werteannäherung“ wurde überprüft, ob die Wertesysteme der befragten Personen mit den freiheitlich-demokratischen Grundwerten übereinstimmen. Die hermeneutische Analyse des Materials ergab, dass alle Personen mit diesen übereinstimmen und so bezüglich dieses Indikators als integriert angesehen werden können. Gerade in ihren Äußerungen zur Religion zeigte sich eine weitestgehend tolerante Haltung gegenüber andersgläubigen oder areligiösen Personen. Des Weiteren gingen aus den Äußerungen bezüglich des persönlichen Integrationsverständnisses Toleranz und der Wunsch nach einem friedlichen Miteinander hervor. In diesem Rahmen wurden auch Äußerungen getätigt, die zeigen, dass eine Befolgung des deutschen Rechts für notwendig und selbstverständlich erachtet wird. Außerdem wurde aus der Analyse deutlich, dass in manchen Fällen bereits in Japan ein individualisierter Lebensstil bevorzugt wurde und Anlass zur Migration war (vgl. Abschnitt 5.1) oder sich individuellere Lebensstile, Verhaltensweisen, Normen oder Werte nach der Migration entwickelten. In der Äußerung von IP 14, die für mehr Freizeit ein niedrigeres Gehalt in Kauf nimmt, zeigt sich eine Abwendung vom Stereotyp des sararī man bzw. des hart arbeitenden Japaners, der die Arbeit vor sein Privatleben und seine Gesundheit stellt und deshalb an Wochenenden und bis spät in die Nacht arbeitet. Dieses Verhalten wird in der Forschung Lifestyle-Migrantinnen und -Migranten zugeschrieben und wurde schon von Benson (2011) bei den Britinnen und Briten in der Provence festgestellt und später auch von Nagatomo (2015) bei den Japanerinnen und Japanern in Australien.

Bezüglich der Arbeitsnormen weist IP 12 darüber hinaus in ihrem Interview auf einen interessanten Aspekt hin. Sie erzählt, dass japanische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in Deutschland japanische Vorgesetzte haben, ähnliche Verhaltensweisen wie in Japan aufweisen. So würden sie ebenfalls auf Urlaub verzichten oder nicht so viel Urlaub wie die deutschen Kolleginnen und Kollegen nehmen. Sie schlussfolgert, dass eine japanische Person in einem japanischen Unternehmen mit japanischen Vorgesetzten in Deutschland „zwischen den Stühlen“ (IP 12, Z. 615) sitze:

[O]der zum Beispiel Urlaub kann man theoretisch nehmen in Deutschland, aber als Japanerin hat man meistens japanische Chefs von einer japanischen Firma. Für die japanischen Unternehmen werden japanische Expats als Chef [entsandt], dann möchten [die japanischen Mitarbeiter] nicht so viel Urlaub nehmen wie die deutschen Kollegen zum Beispiel. Solche Sachen. Ja, es gibt schon einige ungeschriebene Gesetze sozusagen. Oder Höflichkeit. Wenn der Chef sagt, dann ist keine Widerrede zu leisten zum Beispiel. (…) Also man sitzt zwischen den Stühlen, japanischer [und] deutscher Stuhl, und dann gibt es Stress [oder einen] Konflikt manchmal. (IP 12, Z. 601–616)

In Hinblick auf die Mediennutzung konnten 33 Interviews (84,6 %) ausgewertet werden. Mehr als die Hälfte dieser Fälle verweist auf eine hybride Mediennutzung. Deutsch- und japanischsprachige Medien werden genutzt, um sowohl über die Geschehnisse im Heimatland als auch im Aufnahmeland informiert zu bleiben. Neben dieser hybriden Nutzung von 19 Personen geht aus den Interviews von acht Personen eine Nutzung (24,2 %) ausschließlich auf Deutsch hervor, sodass insgesamt 27 Personen bzw. 81,8 % eine erfolgreiche Integration in diesem Bereich aufweisen. Eine Gefahr einer medialen Ghettoisierung bzw. eines Medienghettos besteht aufgrund der geringen Anzahl an Personen (8,18 %; n = 6), welche die Medien ausschließlich auf Japanisch nutzen, nicht. Das Internet ist mit Abstand das meistgenutzte Medium unter den befragten Personen und es zeigt sich, dass sich das Fernsehen sowie das Lesen von Zeitungen ins Internet verlagern. Laut Geißler (2005) bestehe der Idealfall der Mediennutzung Zugewanderter in der interkulturellen medialen Integration, bei der die Zugewanderten die Medien der Mehrheitsgesellschaft nutzen und auch von diesen repräsentiert werden. Dabei vertreten die Medien der Mehrheitsgesellschaft auch ethnospezifische Interessen. Bereits bei der Darstellung des Forschungsstandes in der vorliegenden Arbeit (Abschnitt 1.2) wurde darauf hingewiesen, dass es wenige Beiträge zu den japanischen Migrantinnen und Migranten gibt, diese aber in Veröffentlichungen von Wirtschaftsorganisationen wie der Industrie- und Handelskammer oder Presseberichten Erwähnung finden. Die Nutzung der japanischen Personen spiegelt Geißlers Ideal der interkulturellen medialen Integration wider, doch die Repräsentation der japanischen Migrantinnen und Migranten erfolgt laut Tagsold (2016) stereotypisiert. Bereits im ersten Kapitel dieser Arbeit wurde darauf eingegangen, dass die japanischen Migrantinnen und Migranten insbesondere in Düsseldorf zu Werbezwecken und für das Stadtmarketing genutzt werden.

Aus der Auswertung des letzten Indikators in der kulturellen Dimension, „Religion“, geht hervor, dass sich 28 Personen unter Berücksichtigung der Regeln des Kodierleitfadens in Abschnitt 4.4.3 einer Religion zuordnen ließen. Unter diesen 28 Personen gehören nur 5 Personen dem Christentum an. 31 Mal wurde das Ausüben von buddhistischen und/oder shintoistischen Praktiken genannt. In der Stichprobe zeigt sich eine in Japan verbreitete Einstellung zur Religion, die sich durch Ausüben sowohl buddhistischer als auch shintoistischer Bräuche auszeichnet. Dennoch wird vereinzelt darauf eingegangen, dass christliche Werte geschätzt werden. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass der Blick der Integrationsmonitorings auf Religion im Zusammenhang mit dem Integrationsprozess von einer westlichen Perspektive geprägt ist, indem zum einen ein eurozentrisches Religionsmodell zugrunde gelegt wird, welches die Zugewanderten nicht teilen – dies äußert sich darin, dass die Befragten Buddhismus und Shintoismus nicht als Religion ansahen –, und der Indikator insbesondere mit Blick auf den Islam berücksichtigt wird, welcher insbesondere in Deutschland durch einen hohen Anteil an muslimischen Zuwanderinnen und Zuwanderern Bedeutung erlangte.

Unter Berücksichtigung der einzelnen Indikatoren der kulturellen Dimension lässt sich sagen, dass die japanischen Migrantinnen und Migranten in Hinblick auf diese überwiegend integriert sind. Der Indikator der „Werteannäherung“ ist erfüllt, die Indikatoren der „Sprachpräferenzen und -kompetenzen“ sowie des „Medienverhaltens“ sind mit 27 Personen (75 %; n = 36) und mit 27 Personen (81,8 %; n = 33) zu einem großen Anteil erfüllt. Lediglich der Indikator „Religion“ gilt unter Berücksichtigung des Kodierleitfadens als nicht erfüllt, doch ist hier in Hinblick auf die Integration in die deutsche Gesellschaft anzumerken, dass Religionsfreiheit besteht und Zugewanderte, solange das Ausüben der mitgebrachten Religion keine Einschränkungen für andere mit sich bringt bzw. in Widerspruch zu den freiheitlich-demokratischen Grundwerten steht, ihrem Glauben nachgehen können. Daher kann die vom Christentum abweichende religiöse Ausübung nicht zum Nachteil der japanischen Zugewanderten ausgelegt werden, sodass sie auch in der kulturellen Dimension als integriert angesehen werden können.

6.4 Diskussion der identifikativen Dimension

Abschließend erfolgte die Darlegung der Ergebnisse der identifikativen Dimension in Hinblick auf die drei Indikatoren „Subjektive Zugehörigkeitsgefühle“, „Einbürgerung“ und „Politische Partizipation“ in Abschnitt 5.6.4.

Die Auswertung des ersten Indikators dieser Integrationsdimension, „Subjektive Zugehörigkeitsgefühle“, zeigt, dass die Aussagen von 29 befragten permanent ansässigen Japanerinnen und Japanern auf japanische Zugehörigkeitsgefühle hinweisen. Lediglich IP 39 weist eine Tendenz zu einer deutschen Zugehörigkeit auf. Damit kann bezüglich dieses Indikators keine Integration der japanischen Personen attestiert werden.

Aus der Auswertung des Materials mit Rücksicht auf den Indikator „Einbürgerung“ geht hervor, dass abgesehen von IP 24 alle befragten Personen die japanische Staatsangehörigkeit besitzen. Somit gilt lediglich IP 24 in Hinblick auf diesen Indikator als integriert.

Bei der Betrachtung der Gründe für die Ablehnung der deutschen Staatsbürgerschaft zeigt sich, dass der Entscheidung der befragten Personen eine Kosten-Nutzen-Analyse zugrunde liegt, auf deren Basis die Befragten keine Nachteile für die Bewahrung der japanischen Staatsangehörigkeit und keine Vorteile bei einem Wechsel der Staatsangehörigkeit sehen. Im Fall einer Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit ziehen sie eher Nachteile im Heimatland in ihre Überlegungen mit ein, die sie dazu bewegen, ihre ursprüngliche Staatsangehörigkeit nicht aufzugeben. Bei diesen Überlegungen spielen auch Rückkehrgedanken und identifikatorische Vorstellungen eine Rolle, obwohl IP 24, die einzige Person, welche die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen hat, sich dahingehend äußert, dass für sie die Staatsangehörigkeit kein Ausdruck der Identität ist und keine Aussage über identifikative Gefühle beinhaltet. Dies wird auch von der aktuelleren Forschung (vgl. Heckmann 2015) belegt und Diehl und Blohm (2008: 442) weisen darauf hin, dass die Zahl der Einbürgerungsanträge vielmehr davon abhängig sei, wie hoch die Hürden für eine Einbürgerung sind und welche Anreize und Chancen mit ihr einhergehen. Dennoch merken einige Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer an, dass die Staatsangehörigkeit für sie persönlich sehr wohl mit identifikativen Gefühlen verbunden ist und sie ihre Heimat nicht aufgeben wollen.

Aus der Betrachtung des Indikators „Politische Partizipation“ ergibt sich, dass aus sechs Interviews Angaben zu einer politischen Partizipation der befragten Personen hervorgingen. Dabei sind diese politischen Aktivitäten bei vier dieser Personen auf Japan selbst bezogen (IP 11, IP 16, IP 28, IP 37). Nur unter den politischen Aktivitäten von IP 7 und IP 24 finden sich solche mit Deutschlandbezug. Somit sind lediglich zwei Personen im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit Bezug auf den Indikator „Politische Partizipation“ integriert.

Hieraus ergibt sich, dass die befragten Personen sowohl nach den Regeln des Kodierleitfadens als auch unter Einbezug weiterer Erkenntnisse aus der qualitativen Studie keine Integration in der identifikativen Dimension aufweisen.

Die hier dargelegten Ergebnisse der Fallstudie zeigen, dass die japanischen permanent Ansässigen in die strukturelle Dimension integriert sind. In der sozialen Dimension ist mit einem hohen Anteil an interethnischen Beziehungen der Schlüsselindikator erfüllt. Die übrigen Indikatoren wurden in Hinblick auf ihre Aussagekraft kritisch diskutiert. Da der Schlüsselindikator erfüllt ist, die Mehrheit der befragten Personen auch Freundschaften zu deutschen Personen pflegt sowie keine übermäßige Inanspruchnahme der ethnischen community und somit auch keine Abschottung von der Mehrheitsgesellschaft vorliegt, weisen die japanischen permanent Ansässigen auch eine Integration in der sozialen Dimension auf. In Bezug auf die kulturelle Dimension ist festzuhalten, dass der Großteil der Befragten im Alltag und überwiegend auch am Arbeitsplatz in der Lage ist, sich auf Deutsch zu verständigen. Darüber hinaus teilen die befragten Personen die freiheitlich-demokratischen Werte. Auch bei der Mediennutzung lässt sich keine Abschottung von der Mehrheitsgesellschaft oder die Existenz eines Medienghettos feststellen. Der Großteil der Befragten ist vielmehr daran interessiert, über ihr Heimat- und Aufenthaltsland informiert zu sein, und nutzt dafür vielfältige Kanäle sowie beide Sprachen. Im Bereich der Religion ließ sich feststellen, dass ein geringer Anteil der befragten Personen dem Christentum angehört, einige mit christlichen Werten in Berührung kamen und sie diesen aufgeschlossen gegenüberstehen. Entsprechend kann festgehalten werden, dass die japanischen permanent Ansässigen auch überwiegend in die kulturelle Dimension integriert sind. Anders sieht dies allerdings bezüglich der identifikativen Dimension aus. In dieser ist kein Indikator erfüllt. Das politische Interesse fällt gering aus, das Behalten der japanischen Staatsangehörigkeit wird deutlich bevorzugt und subjektive Zugehörigkeitsgefühle zur Aufnahmegesellschaft sind gering ausgeprägt. Sie identifizieren sich nahezu ausschließlich mit Japan.

In Abschnitt 2.2.6 wird im Rahmen von Essers Integrationskonzept darauf eingegangen, dass die Integrationsindikatoren mit den vier Typen der Sozialintegration – bei Esser Assimilation, Marginalität, multiple Inklusion und Segmentation – kombiniert werden können. Jedoch sind den Kombinationsmöglichkeiten Grenzen gesetzt. Im Fall der Staatsangehörigkeit besteht für die japanischen Zugewanderten der ersten Generation nicht die Möglichkeit der multiplen Inklusion bzw. Integration, die sich durch die doppelte Staatsangehörigkeit auszeichnet, da sie sich für eine Staatsangehörigkeit entscheiden müssen. Da die volle politische Partizipation an die deutsche Staatsangehörigkeit und somit an die Einbürgerung geknüpft ist, sind dieser so ebenfalls Grenzen gesetzt. In Bezug auf das Merkmal „Einbürgerung“ sind nahezu alle befragten Personen „freiwillig“ segmentiert, da sie ihren japanischen Pass nicht aufgeben wollen. Diese Entscheidung wiederum schließt sie aus der vollen politischen Teilhabe aus. Im Fall von IP 24 liegt hierbei nicht nur eine Segmentation, sondern auch eine Marginalität vor, da sie aufgrund eines fehlenden Wohnsitzes in Japan auch nicht an den japanischen Wahlen teilnehmen kann. In Bezug auf die Ehe ist eine multiple Inklusion aufgrund der Gesetzgebung ebenfalls nicht möglich. In den deutschen Integrationskonzepten und –monitorings wird in diesem Indikator eine Assimilation gefordert. Auch im Bereich der interethnischen Freundschaften müssen Kontakte zu Deutschen überwiegen, um als integriert zu gelten. Glaubensfreiheit ist gesetzlich festgehalten, doch wird beim Indikator „Religion“ ebenfalls auf Bezüge zur Religion des Aufnahmelandes oder eine Nähe zu Wertvorstellungen des Aufnahmelandes geachtet.

Aus der Analyse geht über dies hervor, dass die Befragten sowohl Bindungen und Beziehungen zum Heimatland aufrechthalten als auch solche im Aufnahmeland herstellen. Außerdem bemühen sie sich überwiegend, regelmäßig ins Heimatland zurückzukehren. Im Sinne von Fujita (2008b: 230) führt dies in manchen Fällen dazu, dass sie sich mit ihrer japanischen Identität neu befassen und diese wiederaufleben lassen oder sich ihre nationale Gesinnung sogar verstärkt. IP 9 berichtet in Zusammenhang damit, dass sie sich nach Natur sehnte und aufgrund ihrer idealisierten Vorstellung von Deutschland hoffte, diese hier vorzufinden, während sie davon ausging, dass es in Japan keinen schönen Ort mit üppiger Natur gäbe. Als sie dann für einen Heimaturlaub zurückkehrte, stellte sie fest, dass es auch in Japan schöne Orte mit viel Natur gibt. Außerdem mache ihr das Einkaufen dort mehr Spaß, da die Waren günstiger und schöner seien (IP 9, Z. 653–668). So kommt es, dass sich ihr Bild von Japan zum positiven gewandelt hat und sie davon träumt, halbjährig in Deutschland und Japan zu leben (IP 9, Z. 256–275). Hier zeigt sich entgegen Fujitas (2008b: 230) Annahme, dass sich doch transnationale Identitäten herausbilden, die in beiden „Welten“ leben und sich die „Rosinen aus dem Kuchen“ (IP 22, Z. 571) picken.