Im Sinne von Berry (1997: 15) werden in den nachfolgenden Kapiteln die Herkunftsgesellschaft, Japan, und die Aufnahmegesellschaft, Deutschland, beschrieben. Zunächst werden in Abschnitt 3.1 die politischen, wirtschaftlichen und demographischen Rahmenbedingungen Japans betrachtet. Dabei liegt der Fokus auf den Entwicklungen nach dem Zweiten Weltkrieg. Anschließend werden in Abschnitt 3.2 die Akkulturationsanforderungen der Aufnahmegesellschaft, Deutschland, und deren Einstellung zu Migration und Integration dargestellt, um so aufzuzeigen, vor welchem Hintergrund sich die Zugewanderten in die neue Gesellschaft integrieren sollen. In Abschnitt 3.3 werden die Integrationskonzepte der fünf Städte, aus denen die Stichprobe gezogen wurde, näher betrachtet, um festzustellen, welche Indikatoren für die Integration in den Städten herangezogen werden, ob von den Städten übereinstimmende Indikatoren verwendet werden und welche thematischen Schwerpunkte bestehen. Abschließend werden in Abschnitt 3.4 die betrachteten communities präsentiert, wobei ihre Entstehung und Entwicklung im historischen Überblick sowie ihre ethnische Infrastruktur dargestellt und das Niederlassungsverhalten der japanischen Zugewanderten analysiert werden. Die Darstellung der communities erfolgt mithilfe von Statistiken von und über die jeweiligen Städte, der geringen vorhandenen Literatur, von Internetseiten der Organisationen und Vereine sowie von Angaben des Einwohnermeldeamtes Düsseldorf und der Statistischen Ämter der Städte Frankfurt am Main, Hamburg und München. Zum Niederlassungsverhalten der japanischen Bevölkerung in Berlin liegen keine Angaben vor.

3.1 Herkunftsgesellschaft Japan

Bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs setzte sich die japanische Auswanderung aus den bereits genannten dekasegi und elitären Personen wie Studierenden und Angehörigen der Politik, Medizin und Wissenschaft zusammen (vgl. Abschnitt 2.1.2). Durch die Kriegsgeschehnisse kam es zum Erliegen der Migrationsbewegungen, die von japanischer Seite erst in den 1950er Jahren wiederaufgenommen wurden. So erreichte im Februar 1951 das erste japanische Dampfschiff mit Migrantinnen und Migranten an Bord den Hafen der Stadt Santos in Brasilien. Bis 1973 war das Schiff das bevorzugte Transportmittel für die Migration, wurde dann aber vom Flugzeug abgelöst. Um die Auswanderung in der Nachkriegszeit zu koordinieren, war im Oktober 1947 die Auswanderungsgesellschaft (Emigration Association) gegründet worden. Es folgten weitere Institutionen zur Förderung der Auswanderung von staatlicher Seite. So kam es im Januar 1954 zur Gründung der Nippon Kaigai Kyōkai Rengōkai (Kaikyōren, Federation of Japan Overseas Associations) und im Juli 1955 zur Etablierung des Auswanderungsbüros (Emigration Bureau) im japanischen Außenministerium. Außerdem wurde der Auswanderungsrat (Emigration Council) zur Beratung des Kabinetts hinsichtlich der Auswanderung eingerichtet. Im September des gleichen Jahres wurde die Nihon Kaigai Ijū Shinkō Kabushiki Gaisha (Japan Emigration Promotion Co., Ltd.) gegründet, deren Ziel es war, in den Ländern, in denen sich japanische Personen niederließen, Kolonien zu errichten und Farmland zu verkaufen. Im März 1956 öffnete das Migration Assistance Center in Yokohama (Sakata 2015b: 32). Die japanische Migration wurde bis in die 1960er Jahre hinein weiterhin von der Armut der ländlichen Gegenden angetrieben, da viele Japanerinnen und Japaner japanische Landstriche und die vom Krieg zerstörten Städte verließen, um ihr Glück in Übersee zu suchen (Nagatomo 2015: 8). Nagatomo (2015: 52) führt die Auswanderung zwischen 1955 und 1961 zudem auf eine Maßnahme gegen die Überbevölkerung zurück. Hierzu ging die japanische Regierung Abkommen mit südamerikanischen Ländern ein. 1956 schloss sie den ersten Migrationsvertrag in der Nachkriegszeit mit Bolivien. Es folgten Verträge mit Paraguay (1959), Brasilien (1960) und Argentinien (1961) (Sakata 2015b: 32). Die japanischen Migrantinnen und Migranten verließen nach Japans bedingungsloser Kapitulation ein Land, das von entscheidenden politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und territorialen Veränderungen gekennzeichnet war. Letztere waren durch die Potsdamer Erklärung der Alliierten vom 26. Juli 1945 bedingt und reduzierten Japan auf seine vier Hauptinseln. Die Potsdamer Erklärung legte fest, dass Japan, abgesehen von den Ogasawara- und Ryūkyū-Inseln, nahezu alle im 19. und 20. Jahrhundert erworbenen Gebiete und Kolonien abgeben musste. Die Ogasawara- und Ryūkyū-Inseln, zu denen auch Okinawa gehört, blieben allerdings bis 1972 amerikanisch besetzt (Zöllner 2009: 384–385).

Auch die politischen Veränderungen hatten einen großen Einfluss auf das Leben in Japan. Zwar ließen die Alliierten die japanische Regierung – im Gegensatz zur deutschen – auch nach der Kapitulation im Amt, doch stellten sie über diese das Generalhauptquartier des Oberkommandierenden der alliierten Mächte (Supreme Commander of the Allied Powers, SCAP). Dessen ersten Vorsitz hatte General Douglas MacArthur inne, der politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen einleitete (Pohl 2002: 75–76). Des Weiteren wurde 1946 eine neue Verfassung erlassen, welche die Meiji-Verfassung ablöste und zwei wesentliche Neuerungen enthielt. Zum einen wurde dem Tennō nur noch eine symbolische Rolle zugeschrieben, indem die Volkssouveränität direkt zu Beginn eingeführt wurde, zum anderen verpflichtete die neue Verfassung mit Artikel 9 das Land zum „Verzicht auf Krieg“ und somit auch zum Verzicht auf Land-, See- und Luftstreitkräfte (Zöllner 2009: 390–391). Zudem wurde am 8. September 1951 der Friedensvertrag von San Francisco unterzeichnet, der am 28. April 1952 in Kraft trat und das formelle Ende der Besatzungszeit markierte. Gleichzeitig schlossen die USA und Japan einen Sicherheitsvertrag, der am 18. Juni 1960 erneuert wurde (Zöllner 2009: 398). Weitere Veränderungen auf politischer Ebene betrafen die Parteienlandschaft. Im November 1953 gründete sich die Demokratische Partei Japans (Nihon Minshutō), welche sich bei den Neuwahlen im Februar 1955 mit den Liberalen zusammenschloss und als Liberaldemokratische Partei (Jiyū Minshutō, LDP) anschließend für fast vierzig Jahre die Regierung stellte (Zöllner 2009: 400–401).

Auf wirtschaftlicher Ebene leitete der SCAP eine Bodenreform, die Reform der Arbeit und die Auflösung der Großkonzerne (zaibatsu) ein. Die Auflösung der zaibatsu gelang nur teilweise, da die Schwächung der japanischen Wirtschaft vonseiten der amerikanischen Besatzung als Nachteil aufgefasst wurde, da die USA hofften, Japan als Verbündeten im Kalten Krieg zu gewinnen. Das Antimonopolgesetz von 1947 sah die Entflechtung der Großkonzerne vor, die formal auch gelang, doch bestanden weiterhin informelle Beziehungen zwischen den Unternehmen, denn nur wenige Großindustrielle wurden als Kriegsverbrecher verurteilt und nur wenige der Verurteilten verbrachten eine kurze Zeit im Gefängnis (Pohl 2002: 77; Zöllner 2009: 388). Dies führte zur Neugruppierung der entflochtenen Unternehmen um die ehemaligen zaibatsu-Banken unter dem Namen keiretsu (Unternehmensgruppe), die durch enge Verbindungen zur Politik, Legislative und Bürokratie das sogenannte amakudari möglich machte. Amakudari bedeutet wörtlich „Herabsteigen vom Himmel“ und bezeichnet den Wechsel von Fachbeamten in die Geschäftswelt (Zöllner 2009: 403). In Hinblick auf die wirtschaftlichen Beziehungen zu Deutschland wurde im Jahre 1951 wieder ein Handelsvertrag zwischen Japan und der Bundesrepublik Deutschland geschlossen. Dem folgte 1960 ein deutsch-japanisches Handelsabkommen, das nach einer Entscheidung der Europäischen Gemeinschaft bis zum Abschluss eines Handelsvertrages zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Japan verlängert wurde (Zielke 1982: 81–82).

Auf gesellschaftlicher Ebene hob General MacArthur die Gesetze zur Wahrung der öffentlichen Ordnung und zur Generalmobilmachung auf, verankerte das Wahlrecht für Frauen in der neuen Verfassung und etablierte neben dem Staatsrundfunk private Rundfunkanstalten. Nach der Beilegung des Kriegszustandes zwischen der Sowjetunion und Japan 1956 erklärte die Regierung die Nachkriegszeit offiziell für beendet (Zöllner 2009: 386).

Ähnlich wie Deutschland erfuhr Japan seit den späten 1950er Jahren ein Wirtschaftswunder, das sich durch die Unterstützung der USA durch Japan im Vietnamkrieg bis in die 1970er Jahre fortsetzte. Trotz des Protektionismus vonseiten der Europäer florierte der Export während des sogenannten Iwato-Booms (Iwato keiki) zwischen 1959 und 1961. Aufgrund der hohen Nachfrage im Land nach neuen Anlagen und Technologien wie Hochöfen wurde Japan 1963 zum weltgrößten Eisen- und Stahlproduzenten, woher auch das große Interesse am Ruhrgebiet und Düsseldorf als Zielregion für viele Unternehmen herrührte. Die Energieversorgung wurde durch das Aufkommen der petrochemischen Industrie von Steinkohle auf Erdöl umgestellt, weitere Energiequellen boten Wasser- und seit 1966 Atomkraft (Zöllner 2009: 409).

Doch nicht nur die Wirtschaft wuchs, sondern auch die japanische Bevölkerung. 1967 lebten mehr als hundert Millionen Japanerinnen und Japaner im Land. Aufgrund der zunehmenden Urbanisierung und des Ausbaus der Verkehrsinfrastruktur hielten sich mittlerweile zwei Drittel der japanischen Bevölkerung in Städten auf. Darüber hinaus war nach dem Zweiten Weltkrieg das Familiensystem des ie, eine patriarchalische Familienstruktur auf der Grundlage des Senioritätsprinzips, durch die Kernfamilie (Eltern und Kinder) abgelöst worden (Zöllner 2009: 409). Doch nicht allein die hohe Anzahl an Neugeborenen, der sogenannten Baby-Boomer-Generation, führte zu einer Expansion des Bildungsmarktes, sondern vor allem die Bereitschaft der Eltern, enorme Investitionen zu tätigen, um ihren Kindern die bestmöglichen Chancen auf ein sicheres Leben in einer angesehenen Stellung zu ermöglichen, denn der Zusammenhang zwischen Berufschancen und Bildungschancen war inzwischen offensichtlich (Zöllner 2009: 402–404). Durch den anhaltenden wirtschaftlichen Aufschwung hatte Japan in den 1960er Jahren die Vollbeschäftigung erreicht und 1968 das zweithöchste Bruttosozialprodukt der Welt nach den USA und vor Westdeutschland. Hiermit ging ein steigender Lebensstandard einher, der sich darin äußerte, dass sich in bürgerlichen Haushalten die sogenannten drei neuen Kronjuwelen (shin-sanshu no jingi) der 1960er Jahre fanden: der Farbfernseher, das Auto und die Klimaanlage. Durch den wirtschaftlichen Aufschwung und den höheren Lebensstandard zog es zunächst weniger Menschen nach Übersee (Nagatomo 2015: 52), doch gerade das Fernsehen, das schnell zu einem wichtigen Bestandteil des japanischen Alltags- und Familienlebens wurde, erzeugte durch Bilder ferner Länder eine neue Reiselust (Zöllner 2009: 407).

Im Juli 1971 wurde Japans wirtschaftliches Wachstum durch den doppelten Nixon-Schock erschüttert. Trotz hervorragender Beziehungen Japans zu den USA verkündete Nixon zum einen, die Beziehungen zur Volksrepublik China normalisieren zu wollen, zum anderen entschied Nixon, die Goldkonvertierbarkeit des Dollars aufzugeben. Diese Entscheidungen wirkten sich in Form höherer Importzölle auf die Wirtschaft und auf Japans Chinapolitik aus, in der Japan Taiwan als unabhängig anerkannte. Erst einen Monat zuvor hatten Japan und die USA den Vertrag zur Rückgabe Okinawas unter der Bedingung unterzeichnet, dass die USA ihre Militärstützpunkte behalten durfte. Trotz der Geschehnisse verkündete der damalige Premierminister vor dem Unterhaus seine „Drei anti-nuklearen Prinzipien“ (hikaku sangensoku), mit denen Japan jeglicher Atomwaffen entsagte. Durch die Verkündungen des amerikanischen Präsidenten wurde der Yen sofort um 6 % aufgewertet und es drohte eine Inflation (Zöllner 2009: 411–412). Auf den Nixon-Schock folgte die Ölkrise des Jahres 1973. Durch die Dämpfung des wirtschaftlichen Aufschwungs verlagerte sich die Wirtschaft zunehmend in den tertiären Sektor, sodass sich das Land von einer Industrie- zu einer Dienstleistungsgesellschaft entwickelte (Ölschleger et al. 1994: 82). Damit einher ging eine Zunahme an Angestellten in den Büro-, Handels- und Dienstleistungsbranchen, sogenannten white-collar-worker. Diese Veränderung brachte das Stereotyp des sararī man hervor, einem hart arbeitenden white-collar-worker, der den Erfolg des Unternehmens über sein Privatleben stellt und bis spät in die Nacht und auch am Wochenende arbeitet. Das Konzept des ie, des „Hauses“ bzw. der „Familie“, wurde auf das Unternehmen übertragen. So wurde die kaisha, die Firma, zur Großfamilie für das Ideal des japanischen Mannes, dem sararī man (Hommerich 2009: 60–61). Der wirtschaftliche Erfolg wurde zunehmend auf die Homogenität der japanischen Gesellschaft und die Arbeitseinstellungen zurückgeführt. Sowohl japanische als auch westliche Literatur identifizierte ein Streben nach Harmonie und eine starke Gruppenorientierung als kulturspezifische Eigenschaften Japans (Hommerich 2009: 60).

Der wirtschaftliche Aufschwung der 1960er Jahre sowie der Tanaka-Plan (Nihon rettō kaizō-ron), ein Bauvorhaben des damaligen Premierministers Tanaka Kakuei, führten in den 1980er Jahren zu Spekulationen auf dem Aktien- und Wohnungsmarkt, da der Tanaka-Plan Orte namentlich benannte, an denen zukunftsorientierte Industriestädte mit einer Bevölkerung von 250.000 Personen entstehen sollten, und so ein Run auf die entsprechenden Grundstücke einsetzte (Zöllner 2009: 412). Die Folge war der Beginn der sogenannten baburu keizai (bubble economy), die vom Plaza-Abkommen der G5-Staaten Frankreich, Deutschland, Japan, den USA und Großbritannien im Jahre 1985 begünstigt wurde. In diesem Abkommen hatten sich die Länder auf eine Abwertung des US-Dollars gegenüber dem Yen und der Deutschen Mark geeinigt. Somit standen sowohl Japan als auch Deutschland vor ähnlichen Herausforderungen, denn die Aufwertung der eigenen Währung verteuerte den Export. Der Yen war besonders stark betroffen. Um die Exportkosten möglichst gering zu halten, investierte Japan verstärkt im Ausland. Laut JIHK war das erste japanische Unternehmen mit einem Produktionsstandort in Deutschland 1971 der Kugellagerfabrikant NTN in Mettmann, einer Stadt in der Nähe von Düsseldorf. Bedingt durch diese Spekulationsblase erreichten laut JIHK die japanischen Direktinvestitionen 1989 ihren Höhepunkt.Footnote 1

Durch den Wohlstand, den die bubble economy in den 1980er Jahren mit sich brachte, entstanden neue Migrationsformen. Zum einen wanderten Personen der oberen Mittelschicht aus, zum anderen Rentnerinnen und Rentner. Auch der Tourismus nahm zu. Nagatomo (2015: 9) schreibt hierzu: „The majority of these immigrants enjoyed a semi-retired lifestyle focusing on leisure rather than economic activities and there were many cases of these immigrants returning to Japan after a period of time”. Außerdem stieg die Zahl an nikkeijin der zweiten und dritten Generation, die von Südamerika nach Japan gingen, um sich dort als Arbeitskräfte zu verdingen. Es folgte in den 1990er Jahren ein Platzen der Spekulationsblase und eine wirtschaftliche Rezession. In diesem Jahrzehnt, das in den japanischen Medien und der Öffentlichkeit auch als „verlorenes Jahrzehnt“ (ushinawareta jūnen) bezeichnet wurde, ging die Migration von gut gestellten älteren Japanerinnen und Japanern sowie japanischen Rentnerinnen und Rentnern aufgrund des Platzens der bubble economy zurück. Ihre Rücklagen waren durch den wirtschaftlichen Abschwung betroffen, weshalb viele nach Japan zurückkehren mussten. Stattdessen verließen immer mehr junge Japanerinnen und Japaner das Land, da aufgrund von wirtschaftlicher Rezession und Veränderungen im ökonomischen System ein Wertewandel einsetzte. Eine lebenslange Anstellung konnte von den Firmen nicht mehr garantiert werden. Viele Unternehmen gingen zudem bankrott, was zu einem Anstieg der Arbeitslosenquote führte. Es setzte eine Reorganisation der Firmenstrukturen mit dem Ziel wirtschaftlicher Effizienz ein, wodurch das Senioritätsprinzip vom leistungsorientierten Vergütungssystem teilweise abgelöst und die lebenslange Anstellung vermehrt durch Nutzung von temporären Arbeitskräften, wie unter anderem den sogenannten „furītā“, ersetzt wurde. Diese Veränderungen hatten zur Folge, dass die jüngere Generation die japanische Arbeitsmoral in Frage stellte und mehr Wert auf Erholung und Freizeit legte als die Generation ihrer Eltern. Unter dem Begriff furītā (kurz für furī arubaitā), der sich aus dem englischen Wort „free“ und dem deutschen Wort „Arbeiter“ zusammensetzt, wurden seit den 1980er Jahren junge Menschen verstanden, die ihre Teilzeitstelle wechselten, Geld sparten und von diesem lebten oder es auch in Reisen investierten. Dieser Lebensstil stand in starkem Kontrast zu dem in der japanischen Gesellschaft etablierten Ideal des sararī man.

Die Zunahme des Anteils nicht regulär beschäftigter Personen an der erwerbstätigen Bevölkerung sorgte neben der Alterung der Gesellschaft für wachsende Einkommensunterschiede in der japanischen Bevölkerung. Der Anteil der Bevölkerung, der in relativer Armut lebt, hatte seit Mitte der 1980er Jahre zugenommen (Hommerich 2009: 69–71). Von 2003 an bis 2007 verbesserte sich die Lage durch eine Abnahme der Arbeitslosenquote zunächst. Im Jahr 2009 stieg sie aber noch einmal auf 5,08 % an, um dann wieder bis zum Jahr 2019 zu sinkenFootnote 2.

Zu Beginn des neuen Jahrtausends gesellte sich mit den NEET eine weitere Form von Vertreterinnen und Vertretern eines neuen Lebensstils an die Seite der furītā. Im Jahre 2003 wurde die in Großbritannien entstandene Bezeichnung NEET zum ersten Mal in Japan verwendet. NEET ist ein Akronym für „Not in Education, Employment, or Training“ und bezeichnet zwischen 15- und 34-jährige Personen, die unverheiratet und weder im Bildungssystem noch in häuslicher Arbeit oder einer bezahlten Berufsarbeit verortet sind. Da sie keine Arbeit suchen, sind sie auch nicht als „arbeitssuchend“ registriert. Es handelt sich unter anderem um Personen, die ihre Schule oder ihr Studium abgebrochen haben oder aus anderen Gründen nicht direkt nach dem Abschluss in das Beschäftigungssystem eintreten konnten. Dadurch haben diese Personen nur noch geringe Chancen, in die Stellenvermittlungsmechanismen aufgenommen zu werden (Eswein und Pilz 2012: 511, 514). Nagatomo (2015) setzt in seiner Studie zu den japanischen Migrantinnen und Migranten in Australien die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt sowie den damit einhergehenden Wertewandel insbesondere in der jüngeren Generation mit der lebensstilorientierten Migration in Zusammenhang.

Die oben genannten gesellschaftlichen Veränderungen wurden 2011 durch ein Ereignis beeinflusst, welches weltweites Aufsehen erregte und die deutsche Regierung unter Angela Merkel dazu brachte, den ursprünglich rückgängig gemachten Atomausstieg zu revidieren. Am 11. März 2011 war Japan von einem Erdbeben der Stärke 9,0 auf der Richterskala erschüttert worden. Diese Erderschütterung verursachte einen Tsunami, der 560 km2 Küstenstreifen verwüstete und mindestens 16.000 Menschen das Leben kostete. Hinzu kam, dass sowohl Beben als auch die Flutwellen vier der sechs Reaktoren des Atomkraftwerks Fukushima I der Tokyo Electric Power Company (TEPCO) so sehr beschädigten, dass es in ihrer Folge zu Kernschmelzen in drei Reaktoren kam sowie radioaktives Wasser und kontaminierter Dampf austraten (Klein und Kreiner 2018: 468–469). Die Informationspolitik der Regierung unter Premierminister Kan Naoto und der AKW Betreiberfirma TEPCO ließen viel Raum für Spekulationen, der von den Medien im In- und Ausland gefüllt wurde. Kritik an der Erzeugung von Atomenergie rückte in die gesellschaftliche Mitte und durch Japans Städte zogen so viele Anti-AKW-Demonstrantinnen und -Demonstranten wie nie zuvor (Klein und Kreiner 2018: 272–273). Der Versuch der LDP, die Dreifachkatastrophe zu ihren politischen Gunsten zunutzen, scheiterte zwar zunächst, doch profitierte sie von einer zersplitterten Oppositionsparteienlandschaft, die keine aussichtsreiche Alternative zur LDP darstellte, und der geringen Wahlbeteiligung von nur 40 %, sodass sie seit 2012 wieder die Regierung stellt (Klein und Kreiner 2018: 473–474). Dabei hält Abe Shinzō den Rekord für die längste Amtszeit mit und ohne Unterbrechung. Abe wird in dieser Zeit die Aushöhlung der Demokratie vorgeworfen, die er insbesondere durch den Erlass des State Secrecy Acts des Jahres 2013 und durch juristische Änderungen bezüglich Japans Teilnahme an militärischen Einsätzen im Jahre 2015 betrieben habe. Der State Secrecy Act sieht neben Strafen für Journalistinnen und Journalisten, die geheime Informationen öffentlich machen, auch eine verringerte Anzahl an Reporterinnen und Reportern sowie zugelassenen Fragen bei Pressekonferenzen vor und wird daher als Einschränkung der Pressefreiheit kritisiert (Repeta 2014: 2). Durch die juristischen Änderungen bezüglich der Teilnahme an Militäreinsätzen im Jahre 2015 rückt Japan von der reinen nationalen Selbstverteidigung im Falle eines Angriffes ab und nimmt durch den Einsatz der Streitkräfte zur Verteidigung gemeinsamer Interessen wieder aktiver am internationalen Kriegsgeschehen teil, was von Kritikerinnen und Kritikern als verfassungswidrig eingeschätzt wird (Ichihara 2021: 86).

3.2 Aufnahmegesellschaft Deutschland

Nachdem im vorherigen Kapitel die Herkunftsgesellschaft der Zugewanderten betrachtet wurde und dabei die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Veränderungen aufgeführt wurden, vor deren Hintergrund die Migration stattfand, wird in diesem Kapitel die Aufnahmegesellschaft, Deutschland, betrachtet. Dabei liegt der Fokus auf den Akkulturationsanforderungen, welche die Aufnahmegesellschaft an die Zugewanderten stellt und die sich in der Migrations- und Integrationspolitik des Landes sowie der Einstellung der Mehrheitsbevölkerung gegenüber Migration und Integration wiederfinden.

Deutschland durchlief trotz kultureller Verschiedenheit von Japan nach dem Zweiten Weltkrieg ähnliche wirtschaftliche und soziale Veränderungen. Im Gegensatz zu Japan wurde Deutschland allerdings in vier von unterschiedlichen Siegermächten regierte Besatzungszonen aufgeteilt, von denen jede eine eigene Politik betrieb. Berlin wurde in Ost und West geteilt, wodurch West-Berlin im Zuge der Aufteilung in West- und Ostdeutschland als Bundesrepublik Deutschland und als Deutsche Demokratische Republik zur Enklave wurde. Nach der Niederlage im Zweiten Weltkrieg kam es zu umfangreichen Migrationsbewegungen nach und in Deutschland, als etwa 12,5 Millionen Vertriebene, Geflüchtete und Aussiedlerinnen und Aussiedler aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten in das dann bestehende deutsche Staatsgebiet kamen. Rund zehn Millionen Menschen, die vor den Flächenbombardements auf deutsche Städte aufs Land geflohen waren, befanden sich im Gebiet der späteren Besatzungszonen und kehrten nur langsam in die Städte zurück. Hinzu kommen außerdem noch zehn bis zwölf Millionen sogenannte Displaced Persons, überlebende Opfer der nationalsozialistischen Arbeits-, Konzentrations- und Vernichtungslager (Bade und Oltmer 2007: 158).

Nach dem Wiederaufbau erfuhr Deutschland vergleichbar mit Japan einen wirtschaftlichen Aufschwung, der als Wirtschaftswunder der 1950er Jahre bezeichnet wird. Durch diesen kam es unter der deutschen Bevölkerung zu Massenwohlstand und Massenkonsum. Bereits in dieser Zeit ließen sich auch wieder erste japanische Firmen in Deutschland nieder. Diese entsandten die zuvor schon genannten chūzai-in oder Expatriates. In der Mitte der 1960er Jahre hatte Deutschland bereits den Zustand der Vollbeschäftigung erreicht. Um den hohen Arbeitskräftebedarf in Industrie und Landwirtschaft zu decken, warb Deutschland sogenannte Gastarbeiter aus den Mittelmeeranrainerstaaten an (Hommerich 2009: 46–47). Bei dieser Anwerbung gingen sowohl die deutsche Regierung als auch die Sendeländer davon aus, dass die Arbeitskräfte ähnlich der Expatriates rotierten, also nach einiger Zeit wieder in ihr Heimatland zurückkehren würden. Entsprechend nahm die deutsche Politik an, dass auf eine umfassende Integration der Zugewanderten und auf eine aktive Integrationspolitik verzichtet werden könnte.Footnote 3 Entgegen dieser Annahme kehrte ein Großteil der Gastarbeiter nicht in ihr Heimatland zurück, da unter anderem für die Firmen, die Gastarbeiter eingestellt hatten, das erneute Anlernen neuer Mitarbeiter unwirtschaftlich war und sie daher beschlossen, die bereits angelernten weiter zu beschäftigen. Infolge der Rezession von 1966/67 und dem Ölpreisschock 1973 kam es allerdings vermehrt zu Entlassungen, woraufhin die Anzahl der Rückwanderungen zunahm. Der Anwerbestopp 1973 sorgte ebenfalls für einen Rückgang des positiven Wanderungssaldos, doch gab es mittlerweile Gastarbeiter, die sich in der Bundesrepublik niedergelassen hatten und ihre Familien nachholten. Dadurch stieg die Anzahl an in Deutschland befindlichen ausländischen Personen.Footnote 4 Auch die japanischen Unternehmen reagierten auf die Verschärfung der Ausländerpolitik der Bundesrepublik. Hatte die Anzahl japanischer Expatriates aufgrund des wirtschaftlichen Wachstums in Japan und der zunehmenden Auslandsinvestitionen zugenommen, wirkte sich die Verschärfung der Ausländerpolitik in den 1970er Jahren auf ihre Verweildauer aus, welche verlängert wurde. Aufgrund der allgemeinen Ausländerdiskussion in der Bundesrepublik schufen die japanischen Firmen in Düsseldorf eine Mitarbeiterreserve, falls es zu einer Verschärfung der Ausländergesetze kommen sollte. So wollte man möglichen Schwierigkeiten bei der Zuwanderung frühzeitig begegnen (Zielke 1982: 41).

In den „Grundsätzen zur Eingliederung ausländischer Arbeitnehmer“ der 1970er Jahre hatte die Bundesregierung zwei Ziele festgehalten: Die im Land befindlichen ausländischen Arbeitskräfte, gemeint waren insbesondere die Gastarbeiter, sollten in den Arbeitsmarkt integriert werden und zugleich sollte der Ausländeranteil gesenkt werden.Footnote 5 Auf eine Sprach- und Bildungsförderung wurde verzichtet. Trotz eines Memorandums von Heinz Kühn, des 1978 erstmalig ernannten Beauftragten der Bundesregierung für Ausländerfragen, in dem Deutschland als Ziel von Migration anerkannt und bessere Integrationsmaßnahmen gefordert wurden, sah sich Deutschland in den nächsten Jahrzenten nicht als Einwanderungsland. Die Formulierung „Deutschland ist kein Einwanderungsland“ wurde bereits 1977 von Bund und Ländern in den Einbürgerungsrichtlinien festgehalten und prägte die nachfolgenden Jahrzehnte. Außerdem sorgte sich die Politik um die Meinung der deutschen Bevölkerung, die Migration und Zugewanderten kritisch oder ablehnend gegenüberstand.Footnote 6 Kristina Jäger zeigt in ihrem Artikel „Japans Hauptstadt in Deutschland“ (2017) auf, dass auch die japanischen Auslandsinvestitionen in Düsseldorf zunächst auf Widerstand trafen. Bis Anfang der 1960er Jahre erfolgte die Niederlassung japanischer Firmen und Personen relativ unbemerkt in der Stadt. Dies änderte sich, als 1961 mit der Einführung der statistischen Erfassung einzelner Ausländergruppen die ansteigende Zahl japanischer Personen sichtbar wurde. Um Düsseldorf als Zentrum japanischer Wirtschaftsaktivitäten auszubauen, erließ das städtische Wirtschaftsförderungsamt 1964 zwei Richtlinien: Zum einen wurden zum Ausbau der deutsch-japanischen Initiativen Düsseldorfs, Hamburgs und Frankfurts am Main die Japan-Tage bzw. die Japan-Woche eingeführt, zum anderen sollte in der Düsseldorfer Innenstadt ein Japan-Haus, das heutige Japan Center, entstehen, um japanische Unternehmen in der Stadt verstärkt sichtbar zu machen und mittelständische Unternehmen anzulocken. Insbesondere Letzteres stieß auf Widerstand von verschiedenen Seiten. Vor allem regionale und westdeutsche Wirtschaftskreise protestierten gegen die Idee einer japanischen Messewoche in Form der Japan-Woche und gegen das Bauvorhaben des Japan-Centers stellte sich die regionale Hotellerie. Diese befürchtete aufgrund des eingeplanten japanischen Hotels innerhalb des Centers, dass ihr die japanischen Gäste ausbleiben würden. Außerdem stellten sich auch die in Düsseldorf ansässigen japanischen Akteure gegen die Vorhaben, denn sie befürchteten, dass durch die wirtschaftliche Ausrichtung der Messe eine hohe finanzielle Belastung auf die japanischen Unternehmen zukommen würde. Dieser Befürchtung trat der Konsul mit dem Vorschlag kultureller Veranstaltungen entgegen, die vom japanischen Kulturministerium finanziert werden sollten. Allerdings hing die Durchführung einer gemeinsamen Veranstaltung auch vom persönlichen Interesse des jeweiligen Konsuls ab, weshalb sich die Planung und schließlich die Umsetzung der Vorhaben hinzog. Bis zum Beginn der 1970er Jahre stand für die japanische Gemeinde in Düsseldorf die Gründung von Vereinen und Institutionen im Vordergrund. Die Gründung einer japanischen Schule hatte für die community höchste Priorität. Da diese zu Teilen auch mit Spenden und Kreditanleihen der japanischen Unternehmen in Düsseldorf finanziert wurde, kam es bei ihrer Finanzierung und Etablierung zu Verzögerungen. Nach der Konsolidierung der japanischen Wirtschaftscommunity fand die Japan-Woche 1983 als Kulturevent mit über hundert Veranstaltungen statt. Die Kosten wurden gleichermaßen auf Stadt und japanische Unternehmen verteilt. Eine wirtschaftliche Ausrichtung wurde nicht weiter verfolgt (Jäger 2017: 23–24).

Nach dem Fall der Berliner Mauer im Jahr 1989 setzten verschiedene Migrationsbewegungen ein, wie die innerdeutschen Bewegungen zwischen Ost- und Westdeutschland, welche in beide Richtungen gingen, wenn auch nach Ostdeutschland in geringerem Maße. Hinzu kamen die Spätaussiedlerinnen und -aussiedler sowie jüdische Kontingentflüchtlinge aus der Sowjetunion, welche die zahlenmäßig größte Bewegung seit den Migrationsbewegungen nach dem Zweiten Weltkrieg und vor der Aufteilung in West- und Ostdeutschland darstellten. Weiterhin erreichten insbesondere in den 1990er Jahren Asylsuchende aus dem damaligen Jugoslawien und seinen Nachfolgestaaten sowie Osteuropa, der Türkei und dem Nahen Osten Deutschland. Zuletzt erfolgte eine Arbeitsmigration primär aus den späteren Mitgliedstaaten der EU in Ost- und Mitteleuropa. Die Migrations- und Integrationspolitik in dieser Zeit sah vor, dass die Anzahl an Spätaussiedlerinnen und -aussiedlern sowie Kontingentflüchtlingen mithilfe des Bundesvertriebenengesetzes schrittweise reduziert wird. In ihrem Fall kann von Integrationsmaßnahmen gesprochen werden, da für diese Gruppe Bildungs- und Sprachangebote sowie Arbeitsmarktprogramme bereitgestellt wurden. Jedoch galt für sie auch im Zeitraum von 1989 bis 2009 das Wohnortzuweisungsgesetz, das eine zeitlich befristete Wohnsitzregelung beinhaltete. Neben dem Rückgang der Anzahl dieser Personengruppen ging auch die Anzahl an Asylanträgen in den 1990er Jahren durch das Maßnahmenpaket im Rahmen des sogenannten Asylkompromisses zurück. Andererseits wurde durch die EU-Osterweiterung und auch durch den wirtschaftlichen Aufschwung Deutschlands nach der Finanzkrise die Einwanderung aus den Mitgliedstaaten erleichtert.Footnote 7 Ab 1998 gab es erste entscheidende Reformen in der Integrationspolitik. Die Bundesregierung, die 1998 ins Amt kam, erkannte Deutschland als Einwanderungsland an und führte zum Jahrtausendwechsel das neue Staatsangehörigkeitsgesetz ein. In diesem war die Ablösung des ius sanguinis (Abstammungsprinzip) durch das ius soli (Geburtsortsprinzip) beim Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit verankert, sodass in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern durch die Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, vorausgesetzt, dass die Eltern bestimmte aufenthaltsrechtliche Voraussetzungen erfüllen. Sollten die Kinder allerdings mehrere Staatsangehörigkeiten besitzen, müssen sie sich, falls sie nicht in Deutschland aufgewachsen sind, für eine entscheiden. Darüber hinaus ist durch das neue Staatsangehörigkeitsgesetz eine Einbürgerung nach bereits achtjährigem rechtmäßigen Aufenthalt ermöglicht. Seit 2008 muss zusätzlich ein Einbürgerungstest erfolgen. Das 2005 verabschiedete Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung macht seit dem Anwerbestopp erstmals wieder eine Arbeitsmigration aus Drittstaaten möglich. Im Gegensatz zu den Gastarbeiterabkommen der Nachkriegszeit zielt dieses Gesetz insbesondere auf hoch qualifizierte Arbeitskräfte sowie eine dauerhafte Einwanderung und Integration in Deutschland. Zur Förderung der Migration von Hochqualifizierten wurde 2009 auch die Hochqualifiziertenrichtlinie (2009/50/EG)Footnote 8 erlassen, welche die „Blaue Karte EU“ einführte. Das „Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen“ erleichterte ab 2012 die Anerkennung von im Ausland erworbenen beruflichen Abschlüssen. Im Rahmen der Integrationspolitik wurden begleitend zu den Reformen bundesweite Integrationskurse eingerichtet und das Integrationsangebot von Ländern, Kommunen, Kirchen und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren ausgebaut. Des Weiteren erhielt das frühere Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, das heutige BaMF, mit der Übertragung der Integrationsaufgaben weitere Kompetenzen.Footnote 9

Als gelungen wird bisher die Integration der Vertriebenen und der Übersiedlerinnen und Übersiedler aus der DDR in den Arbeitsmarkt, das Bildungssystem und weitere gesellschaftliche Bereiche angesehen, wobei der Erfolg auf die gemeinsame Sprache und vergleichbare Ausbildungssysteme zurückgeführt wirdFootnote 10 (vgl. Bauerkämper 2007; Heidemeyer 2007).

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat sich Deutschland zu einem der wichtigsten Einwanderungsländer weltweit entwickelt. Nach den USA ist es das zweitbeliebteste Zielland für internationale Migrantinnen und MigrantenFootnote 11. Die Zahl an Zugewanderten stieg von 8,9 Millionen im Jahr 2000 auf 15,5 Millionen im Jahr 2020. Im „Bericht der Fachkommission der Bundesregierung zu den Rahmenbedingungen der Integrationsfähigkeit“ aus dem Jahr 2021 geht die Fachkommission Integrationsfähigkeit davon ab, das seit den 1950er Jahren vorherrschende Stereotyp der Zugewanderten, das sich an den damaligen Gastarbeitern orientierte, auf alle Gruppen von Zugewanderten zu übertragen:

Im Rahmen der Politik der sogenannten Gastarbeiteranwerbung wurden viele manuelle Arbeitskräfte angeworben, deren Familien bis heute überdurchschnittlich häufig erwerbslos sind, wenig verdienen und auch von anderen ökonomischen und sozialen Problemen betroffen sind. Seit Beginn dieses Jahrtausends ist zwar bei den neu zugezogenen Migrantinnen und Migranten das Qualifikationsniveau im Durchschnitt deutlich gestiegen; das Bildungsniveau und der sozioökonomische Status dieser Gruppe sind aber immer noch polarisiert.Footnote 12

Das Zitat zeigt, dass in der Zusammensetzung der Gruppe von Migrantinnen und Migranten unterschieden wird, aber dennoch Nachteile aufseiten der Zugewanderten in Hinblick auf die Eingliederung in die deutsche Gesellschaft gesehen werden.

In Hinblick auf die Rolle der Migrations- und Integrationspolitik heißt es, dass sie auf diese Veränderungen reagiert hat – „wenn auch oft zeitverzögert und nicht umfassend“Footnote 13. Seit Beginn des neuen Jahrtausends wurden die Arbeitsmärkte schrittweise geöffnet und so die Politik des Anwerbestopps von 1973 für obsolet erklärt. Die – wenn auch späte – Anerkennung Deutschlands als Einwanderungsland habe laut Fachkommission der Bundesregierung dazu geführt, dass die Integration der Zugewanderten auch von politischer Seite durch Sprachförderung, Bildungspolitik und Arbeitsmarktpolitik unterstützt wird.Footnote 14

Der Bericht der Fachkommission der Bundesregierung zu den Rahmenbedingungen der Integrationsfähigkeit fasst die Einstellung der deutschen Bevölkerung wie folgt zusammen:

Einwanderung nach Deutschland scheint inzwischen in der Mehrheit der Bevölkerung als eine Normalität akzeptiert zu sein. Zum anderen zeigen sich aber eine Polarisierung in der politischen Auseinandersetzung […] und ambivalente Einstellungen: Migration und Integration rufen sowohl hohe Zustimmung als auch hohe Ablehnung hervor, und die Einstellungen unterscheiden sich erheblich nach Einwanderergruppen. In Teilen der Gesellschaft erwachsen aus negativen Einstellungen Rassismus […], Diskriminierung […] und Extremismus […] bis hin zu politischer Gewalt […]. Teile der Bevölkerung sind anscheinend noch ambivalent in der Frage, ob sie die mit Einwanderung einhergehende Pluralität und die gleichberechtigte Teilhabe von Eingewanderten und ihren Nachkommen akzeptieren.Footnote 15

Wie bereits erwähnt, wird im Düsseldorfer Stadtmarketing mit der japanischen community und der Präsenz von japanischen Migrantinnen und Migranten geworben. Außerdem gelten diese als Personen, die willkommen geheißen werden, da sie Arbeitsplätze schaffen und nicht negativ auffallen (Montag 2001: 9). Die Einstellung der deutschen Aufnahmegesellschaft in Hinblick auf japanische Zugewanderte kann somit als günstig bezeichnet werden.

3.3 Kommunale Integrationsmonitorings ausgewählter Städte

Wurden im vorherigen Kapitel die Akkulturationsanforderungen auf der Makro-Ebene betrachtet, geschieht dies nun auf kommunaler Ebene und damit auf der Meso-Ebene für die in dieser Untersuchung ausgewählten Städte Düsseldorf, München, Berlin, Frankfurt am Main und Hamburg, denn es existieren von den Kommunen eigens gestaltete Integrationskonzepte und Integrationsmonitorings, welche die Bereiche spezifizieren, in denen die Integration der Zugewanderten betrachtet und gemessen wird. Die in diesem Kapitel getätigten Angaben zur Stadt Düsseldorf beruhen auf dem vierten Bericht der kommunalen Sozialberichterstattung „Migrantinnen und Migranten in Düsseldorf. Indikatoren für ein kommunales Integrationsmonitoring“ (o. J.) sowie dem „Gesamtstädtischen Integrationskonzept für die Landeshauptstadt Düsseldorf“ (2017), zu München auf dem dritten Integrationsbericht „Interkultureller Integrationsbericht. München lebt Vielfalt“ (2018), zu Berlin auf dem Berliner Integrationskonzept „Vielfalt fördern. Zusammenhalt stärken“ (2007), zu Frankfurt auf dem Bericht des Amts für Multikulturelle Angelegenheiten „Frankfurter Integrations- und Diversitätsmonitoring. Partizipation und Lebenslage der Bevölkerung“ (2017) und zu Hamburg auf dem Hamburger Integrationskonzept „Wir in Hamburg! Teilhabe, Interkulturelle Öffnung und Zusammenhalt“ (2017).

Ein thematischer Schwerpunkt, welcher sich in allen Konzepten finden lässt, liegt dabei auf der Integration durch Arbeit und Bildung. Dies zeigt, dass alle Städte diese beiden Aspekte der strukturellen Dimension in ihren Integrationskonzepten berücksichtigen. In Hinblick auf die Teilhabe am Erwerbsleben und die Teilhabe am Bildungswesen wird das Mengenverhältnis zwischen Personen mit und Personen ohne Migrationshintergrund betrachtet. Für den Bereich Erwerbsleben werden in erster Linie die Arbeitslosenquoten, die Anzahl an sozialpflichtig Beschäftigten, Selbstständigen und Auszubildenden berücksichtigt. Der Bereich Bildung wird in erster Linie mit dem Zahlenverhältnis zwischen ausländischen und deutschen Kindern und Jugendlichen in Kindertageseinrichtungen und in den verschiedenen Schulformen sowie zwischen deutschen und ausländischen Schulabgängerinnen und -abgängern evaluiert. Die fünf Städte mit den größten japanischen communities in Deutschland berücksichtigen darüber hinaus auch Auszubildende und – außer München – Studierende.

In allen Städten wird darüber hinaus auch die politische und gesellschaftliche Teilhabe der Zugewanderten erfasst, allerdings anhand unterschiedlicher Merkmale bzw. Indikatoren. So betrachtet Düsseldorf beispielsweise die Anzahl an Ratsmitgliedern mit Migrationshintergrund, die Beteiligung bei der Wahl zur kommunalen Migrantenvertretung sowie die dortigen Kandidatinnen und Kandidaten, Beschäftigte in der Verwaltung, aber auch die Zugehörigkeit zu einem Sportverein und die Teilnahme von Seniorinnen und Senioren an Gesundheitsangeboten.Footnote 16 Damit berührt das Themenfeld der politischen und gesellschaftlichen Teilhabe im Konzept der Stadt Düsseldorf Aspekte der sozialen, strukturellen und identifikativen Dimension. Berlin hingegen betrachtet die Anzahl der Einbürgerungen, die Anzahl der Personen mit kommunalem Wahlrecht sowie die Anzahl von Personen mit Migrationshintergrund in politischen Ämtern. Nur im Konzept dieser Stadt werden in diesem Zusammenhang auch die „Anzahl registrierter rassistisch oder antisemitisch motivierter Gewalttaten im Verhältnis zur Wohnbevölkerung“Footnote 17 sowie die „Tatverdächtigenbelastungszahl (TBVZ) für alle Diebstahlsdelikte für Nichtdeutsche und Deutsche“Footnote 18 und die „Opferbelastungszahlen (Straftatenopfer) für Ausländer/-innen verglichen mit der OBZ [Opferbelastungszahl: Anm. d. Verf.] für Deutsche jeweils im Verhältnis zur ausländischen/deutschen Wohnbevölkerung“Footnote 19 berücksichtigt. Außerdem wird auch die Anzahl binationaler Eheschließungen und eingetragener Lebenspartnerschaften, ein Aspekt der sozialen Dimension, herangezogen. Diese Kennzahl wird im Düsseldorfer Integrationskonzept separat unter dem Punkt „Soziale Integration“ betrachtet.Footnote 20 Im Münchener Integrationskonzept wird in Hinblick auf die politische Teilhabe der Zugewanderten der Anteil an Stadträtinnen und -räten sowie Bezirksausschussmitgliedern mit Migrationshintergrund aufgeführt. Außerdem wird ein Blick auf das bürgerschaftliche Engagement im Allgemeinen geworfen. Hierzu heißt es:

Entsprechend der Ergebnisse des Freiwilligensurveys 2014 werden Personen mit Migrationshintergrund noch zu häufig als Zielgruppe für das Engagement anderer gesehen und weniger als Aktive im bürgerschaftlichen Engagement. Dabei sind laut den Ergebnissen der Bevölkerungsbefragung zur Stadtentwicklung Deutsche mit Migrationshintergrund tendenziell mit 53 % am häufigsten ehrenamtlich tätig, gefolgt von Ausländerinnen und Ausländern (49 %) und deutschen Befragten ohne Migrationshintergrund (48 %).Footnote 21

Frankfurt erfasst die rechtliche Situation und politische Partizipation anhand des Rechtsstatus, der Einbürgerungsquote und des Anteils an Wahlberechtigten. Diese Aspekte können alle der identifikativen Dimension zugeordnet werden. Im Hamburger Integrationskonzept gibt es gleich drei Unterpunkte, die auf politische und gesellschaftliche Teilhabe hindeuten. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass sich das Unterkapitel „Einbürgerung und politische Mitgestaltung“ mit der Betrachtung der Einbürgerungen sowie der Parteien, Bürgerschaft, Bezirksversammlungen und Deputationen eindeutig diesem Themenfeld und der identifikativen Dimension zuordnen lässt. Das Kapitel „Ankommen in der Gesellschaft, Zusammenhalt stärken“ nennt freiwilliges Engagement und Kinder-, Jugend- und Seniorenarbeit und geht damit auch auf die interkulturelle Öffnung der Zivilgesellschaft, also auf die aktive Aufnahme Zugewanderter vonseiten der Aufnahmegesellschaft ein. In diesem Kapitel, wie auch bereits im Düsseldorfer IntegrationskonzeptFootnote 22, wird der Aspekt Sport angeführt. Dieses Unterkapitel kann unter Berücksichtigung der in Abschnitt 2.3 dieser Arbeit genannten Dimensionen und Merkmale und insbesondere aufgrund der Einbeziehung der Vereinsmitgliedschaften der sozialen Dimension zugerechnet werden. Des Weiteren werden in dem Kapitel „Ankommen in der Gesellschaft, Zusammenhalt stärken“ noch die Merkmale Kultur und Verbraucherschutz genannt.Footnote 23 Der Aspekt „Kultur“ wird auch im Berliner Integrationskonzept erwähnt, erhält aber im Düsseldorfer und Hamburger Integrationskonzept ein eigenes Unterkapitel, in dem es heißt, dass Kunst- und Kulturprojekte besonders gut geeignet seien, Brücken zu bauen und auf verschiedenen Ebenen zu dem erforderlichen interkulturellen Austausch beizutragen.Footnote 24 Das treffe auf etablierte Kultureinrichtungen ebenso zu wie auf Stadtteilkulturprojekte.Footnote 25

Die Stadt Berlin berücksichtigt den „Anteil der Kultureinrichtungen mit mehrsprachigen Medien für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit an allen öffentlich geförderten Kultureinrichtungen“Footnote 26, den „Anteil der Antragsteller/-innen mit Migrationshintergrund an allen Antragsteller/-innen“Footnote 27 und den „[p]rozentuale[n] Anteil der Nutzer/-innen mit Migrationshintergrund in öffentlichen Bibliotheken“Footnote 28. Der Aspekt „Verbraucherschutz“ findet nur im Hamburger Integrationskonzept Erwähnung. Hierzu heißt es:

Auch der Verbraucherschutz leistet einen wichtigen Beitrag zu einer gelingenden Integration. Menschen mit Migrationshintergrund nehmen wie alle anderen Personen am Wirtschaftsleben teil, sie treffen nahezu täglich Konsumentscheidungen, sei es beim Lebensmitteleinkauf im Supermarkt, bei der Auswahl eines Handy-Vertrags oder beim Mieten einer Wohnung.Footnote 29

Damit Zugewanderte als mündige Verbraucherinnen und Verbraucher agieren können, müssten sie ausreichend über ihre Rechte informiert sein und diese in Anspruch nehmen können. Dazu benötigen sie beispielsweise Wissen über das Abwickeln von Geschäften, wo Kenntnisse über Garantie, Gewährleistung oder Umtausch nützlich sein können, oder über das Abschließen einer Versicherung. Wie bereits erwähnt, kann die Vermittlung von Wissen allerdings durch Sprachbarrieren eingeschränkt sein.Footnote 30

Im Kapitel „Demokratie und Teilhabe stärken“ des Hamburger Integrationskonzepts schließlich werden Aspekte der kulturellen Dimension berücksichtigt. Dies sind insbesondere die Sprachförderung für Erwachsene und die Betrachtung von Normen und Werten, aber auch die Migrationsberatung und die politische Bildung.Footnote 31

In den Konzepten der Städte München und Frankfurt wird der Aspekt der Sprache in einem eigenen Kapitel betrachtet, wobei der Sprachförderbedarf von Kindern mit Migrationshintergrund und die Anzahl der Teilnehmenden an Integrations- und Deutschkursen berücksichtigt werden.Footnote 32

Abgesehen vom Münchener Integrationskonzept beschäftigen sich alle Integrationskonzepte mit dem Aspekt „Wohnen“, welcher der strukturellen Dimension angehört. Hierbei geht es in erster Linie um die Wohnsituation und die Lebensqualität der Zugewanderten. Die Indikatoren in diesem Bereich sind für Frankfurt „Wohnfläche und Miethöhe“, „Mietbelastung“, „Eigentümerquote“ und „Vergabequote: öffentliche Miet- und Sozialwohnungen“ sowie „Segregationsindex“Footnote 33. Im Themenfeld „Wohnen und Zusammenleben im Quartier“ des Hamburger Integrationskonzeptes werden folgende Aspekte betrachtet: „Unterbringung von Geflüchteten und Integration in privaten Wohnraum“, „Sicherheit und Schutz der Geflüchteten in Unterkünften“, „Wohnungsmarkt“ und „Vielfalt leben im Quartier“, was auf die Akzeptanz von Veränderungen in der Zusammensetzung der Quartiere abzielt.Footnote 34 Die Stadt Düsseldorf gibt im Unterkapitel „Wohnen“ an, ausreichend erschwinglichen Wohnraum für Zugewanderte zur Verfügung zu stellenFootnote 35. Berlin betrachtet unter dem Themenfeld „Sozialräumlicher Zusammenhalt“ nicht die individuelle Wohnsituation der Zugewanderten, sondern die Zusammensetzung der Nachbarschaft mithilfe der Indikatoren der bezirklichen und gesamtstädtischen Arbeitslosenquote sowie die kulturelle Öffnung in Hinblick auf BewohnerbeiräteFootnote 36.

Frankfurt berücksichtigt den Indikator „Einkommen und soziale Sicherung“, wobei der Bezug von Sozialleistungen, insbesondere der Bezug von Arbeitslosengeld, betrachtet wird. Dies kann zum Integrationsindikator „Soziale Sicherung und Hilfe in Problemlagen“ der strukturellen Dimension gezählt werden. Dieser Indikator wird auch in der kommunalen Sozialberichterstattung Düsseldorfs im Themenfeld „Soziale Sicherung und Hilfen in Problemlagen“Footnote 37 herangezogen. Auch der Aspekt der Gesundheit, ebenfalls der strukturellen Dimension zugehörig, wird von Berlin, Düsseldorf, Frankfurt und Hamburg als Indikator berücksichtigt. Hierbei wird insbesondere auf Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern Bezug genommen. In Düsseldorf wird hier zudem Sport unter dem Punkt „Gesundheit“ berücksichtigtFootnote 38 und in Hamburg umfasst der Aspekt „Gesundheit“ auch die PflegeFootnote 39.

3.4 Japanische communities in Deutschland

In den folgenden fünf Unterkapiteln werden die fünf größten japanischen communities in Deutschland in Hinblick auf ihre Entstehung und Entwicklung näher betrachtet. Bis auf das Unterkapitel zur Stadt Berlin weisen dabei alle Unterkapitel einen historischen Überblick über die Entstehung und Entwicklung der japanischen community der jeweiligen Stadt, eine nähere Betrachtung der japanischen Infrastruktur und eine Analyse des Niederlassungsverhaltens der japanischen Migrantinnen und Migranten auf. Für die Stadt Berlin liegen keine Zahlen zur Auswertung des japanischen Niederlassungsverhaltens vor.

Deutschland stellt mit 44.765 Personen die zweitgrößte Zielregion japanischer Migrantinnen und Migranten im europäischen Raum dar und belegt damit Platz neun im globalen Vergleich, Frankreich folgt auf dem nächsten Platz mit 40.538 PersonenFootnote 40. Das beliebteste Einwanderungsland für Japanerinnen und Japaner stellten im Jahre 2019 mit 444.063 Personen die USA dar, gefolgt von der Volksrepublik China mit 116.484 PersonenFootnote 41. Im europäischen Raum ist Großbritannien das beliebteste Zielland für Japanerinnen und Japaner mit 66.200 Personen und belegt damit weltweit den sechsten Platz unter den beliebtesten Auswanderungszielen. In Deutschland wurde 1961 erstmalig die Anzahl an Japanerinnen und Japaner bei der Volkszählung erfasst. In diesem Jahr betrug ihre Anzahl laut Zielke (1982: 34) 1.103 Personen.

Die Übersicht über die Bundesländer zeigt, dass das bevölkerungsreichste Land Nordrhein-Westfalen mit 11.290 Personen 25,2 % aller japanischen Zugewanderten in Deutschland beherbergt und damit das Bundesland mit den meisten Japanerinnen und Japanern ist. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Bayern (6175; 13,8 %) und Hessen (5500; 12,2 %). Aus einer Betrachtung der Städte geht hervor, dass 2019 nach den Angaben des japanischen Außenministeriums 8332 Personen und damit der Großteil der in Deutschland ansässigen Japanerinnen und Japaner in Düsseldorf, der Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens, ansässig waren. Die bayrische Landeshauptstadt München folgt Stand 2019 mit 4713 Personen auf Platz zwei und Berlin belegt mit 3876 Personen den dritten Platz. Zu den Städten Frankfurt am Main und Hamburg liegen vom japanischen Außenministerium keine Angaben für das Jahr 2019 vor.Footnote 42 Das Melderegister der Stadt Frankfurt am Main beziffert die Anzahl japanischer Personen in Frankfurt im Jahre 2019 auf 3414 Personen. Das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein nennt 1438 Personen, sodass Hamburg auch 2019 die fünftgrößte japanische Gemeinde in Deutschland bildete.

3.4.1 Düsseldorf

Düsseldorf ist die Hauptstadt des gleichnamigen Regierungsbezirks und des Landes Nordrhein-Westfalen. Ihre Fläche beträgt circa 217 km2. Nach Angaben der Stadt Düsseldorf in den „Statistischen Daten“ des Jahres 2021 lebten im Jahre 2019 in den zehn Düsseldorfer Stadtbezirken 645.923 MenschenFootnote 43. Davon gehörten 23,6 %, also 152.232 Personen, der ausländischen Bevölkerung an und 42,3 %, 272.982 Personen, waren Personen mit MigrationshintergrundFootnote 44. Wie viele japanische Personen sich unter diesen befinden, geht aus den Daten für das Jahr 2019 nicht hervor. Die statistischen Daten des Jahres 2021 machen genauere Angaben zur ausländischen Bevölkerung bezogen auf das Jahr 2020. In diesem Jahr wird die Anzahl in der Stadt befindlicher japanischer Personen mit 5695 angegeben, das japanische Außenministerium beziffert die Anzahl japanischer Personen für 2020 auf 7280. Von diesen 5695 Personen sind 2933 Personen weiblich. Die meisten dieser Personen (2988) sind zwischen dreißig und fünfzig Jahre alt.Footnote 45 Nach den Angaben des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen aus dem Jahre 2020 gehören japanische Personen zu den zehn größten nichtdeutschen Bevölkerungsgruppen in Düsseldorf. Dabei wird ihre Anzahl in dieser Statistik mit 6665 Personen angegeben, sodass sie nach syrischen und vor rumänischen Personen den siebten Platz belegen. Der Bericht zeigt zudem auf, dass in Düsseldorf im Jahre 2020 japanische Personen 4,0 % der nichtdeutschen Bevölkerung ausmachten. Bereits hier zeigt sich die Bedeutung Düsseldorfs als Wohnort für Japanerinnen und Japaner, denn ihr Gesamtanteil an der nichtdeutschen Bevölkerung Nordrhein-Westfalens beträgt lediglich 0,4 %.Footnote 46

3.4.1.1 Entstehung und Entwicklung der japanischen community in Düsseldorf

Die historische Verbundenheit der japanischen Bevölkerung mit Düsseldorf geht bereits auf das Jahr 1859 zurück. Nach der Eröffnung der Handelsbeziehungen zu Japan in eben diesem Jahr durch den Düsseldorfer Louis Kniffler entstanden in Deutschland bis zum Zweiten Weltkrieg japanische Repräsentanzen (Glebe und Montag 2004: 74). In der Vorkriegszeit konzentrierten sich die wirtschaftlichen Beziehungen bedingt durch ihren großen internationalen Hafen überwiegend auf die Hansestadt Hamburg sowie die Hauptstadt Berlin (Nakagawa 2006: 34). Mit der Teilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg wurde eine regionale Neuorientierung notwendig, die den Weg für Düsseldorfs Aufstieg als „Nippons Hauptstadt am Rhein“ ebnete. Dabei profitierte Düsseldorf nach der Teilung des Landes von seiner geographischen Nähe zum damaligen politischen Zentrum der Bundesrepublik in Bonn. Da nach dem Zweiten Weltkrieg eine große Nachfrage nach Maschinen und Produkten der Schwerindustrie bestand, wurde Düsseldorf außerdem aufgrund von Standortfaktoren, wie Absatzchancen, Nähe zur Konkurrenz, Infrastruktur, Steuervorteile und qualifizierte Arbeitskräfte, zu einem weiteren Zentrum japanischer Wirtschaftsinvestitionen (vgl. Nakagawa 2006: 50–55). Zwar konkurrierte Düsseldorf in den ersten Jahren der Nachkriegszeit noch mit Hamburg (vgl. Abschnitt 3.4.5) und Frankfurt am Main (vgl. Abschnitt 3.4.4), entwickelte sich dann aber durch die großen Generalhandelshäuser, die sōgō shōsha, zum Zentrum japanischer Wirtschaftsinvestitionen in Deutschland. Im Januar 1955 ließ sich hier das Handelshaus Ōkura, ein Zweig der Mitsubishi-Gruppe, nieder und nur wenige Monate später folgte die Mitsubishi-Gruppe selbst (Glebe und Montag 2004: 74). In dieser ersten Phase der japanischen Auslandsinvestitionen exportierte Deutschland noch doppelt so viel nach Japan wie umgekehrt. Mitte der 1960er Jahre erfolgte dann eine Umkehr der Handelsströme und mit ihr ein Gründungsboom japanischer Handelsniederlassungen, deren Hauptaufgabe es war, den japanischen Export zu unterstützen und zu schützen. Bis zum Ende der 1960er Jahre hatten sich zu diesem Zwecke alle großen Handelshäuser in Düsseldorf niedergelassen, zu denen noch kleinere hoch spezialisierte Handelshäuser hinzukamen. In den 1970er Jahren begannen dann immer mehr Industrieunternehmen eigene Vertriebs- und Servicegesellschaften in Düsseldorf aufzubauen (Glebe und Montag 2004: 74).

Seit 1972 kommt der JIHK an der Immermannstraße als Interessenverband der japanischen Industrie und Handelsunternehmen und als strategisches Netzwerk japanischer Wirtschaftsaktivitäten eine besondere Bedeutung zu. Bedingt durch die stetig zunehmende Globalisierung siedelten sich ab 1975 japanische Banken und andere Dienstleistungsunternehmen sowie anschließend Unternehmen des produzierenden Gewerbes, welche die Versorgung der stark anwachsenden japanischen Gemeinde mit heimischen Produkten und Dienstleistungen übernahmen, in schneller Folge an. Von 1985 an nahm die Zahl der Firmengründungen und vor allem der Produktionstätigkeit in ganz Europa zu. Gleichzeitig begannen sich die Standorte zu diversifizieren und die Städte Frankfurt, München und Stuttgart kamen mit japanischen Niederlassungen hinzu. Der Schwerpunkt in Deutschland verlagerte sich auf Elektrotechnik, Feinmechanik und Optik, gefolgt von Hardwareproduktion sowie Maschinen-, Anlagen- und Fahrzeugbau (Glebe und Montag 2004: 74–75).

1992 erreichte der Ansiedlungsprozess japanischer Unternehmen mit 287 Firmen in Düsseldorf seinen vorläufigen Höhepunkt. Nach dem Platzen der Spekulationsblase und der anschließenden Rezession sank der Firmenbestand im Jahre 2003 auf 228 Unternehmen (Glebe und Montag 2004: 75). Heute beträgt die Anzahl von japanischen Unternehmen im Großraum Düsseldorf 600. Viele dieser Unternehmen sind hier mit ihren Europazentralen vertreten.Footnote 47 Die Beliebtheit der Stadt als unternehmerischer Standort wird auch weiterhin durch die JIHK zu Düsseldorf befeuert, die zum einen mit der Nähe zum Rhein-Ruhr-Gebiet wirbt, das den japanischen Firmen einen großen Absatzmarkt verspricht und zum anderen die guten Verkehrsanbindungen Düsseldorfs nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern auch innerhalb Europas sowie darüber hinaus betont. Einen weiteren Aspekt stellt die japanische Infrastruktur dar, die durch die japanische Gemeinde entstanden ist (JIHK 2008: 3). Entsprechend betiteln Glebe und Montag (2004: 75) Düsseldorf als „Management- und Kontrollzentrum der japanischen Wirtschaft in Europa“.

3.4.1.2 Die ethnische Infrastruktur der japanischen community in Düsseldorf

Die Entwicklung der japanischen Infrastruktur in Düsseldorf geht mit der Geschichte der japanischen Investitionen ins Rheinland und insbesondere in die Stadt Düsseldorf einher. Dabei lag der Schwerpunkt der Ansiedlung japanischer Firmen in den frühen Phasen der 1960er und 1970er Jahre zunächst in der Innenstadt zwischen Königsallee, Immermannstraße und Schadowstraße sowie in Stadtteilen am nördlichen Stadtrand (Glebe und Montag 2004: 75). Einhergehend mit dieser wirtschaftlichen Investition japanischer Unternehmen in Düsseldorf setzte die Migration von Japanerinnen und Japanern nach Deutschland ein. Gleichzeitig trugen die japanischen Niederlassungen zu einer starken wirtschaftlichen Entwicklung des Großraums Düsseldorf bei, weshalb die Stadt die Anwesenheit der japanischen Unternehmen und Zugewanderten für Werbezwecke nutzt. So wird mit Slogans wie „Nippons Hauptstadt am Rhein“ Düsseldorfs Internationalität beworben (Glebe 2004: 74; Montag 2001: 9). Um die Immermannstraße hat sich eine japanische Infrastruktur ausgebildet, die auch als „Little Tokyo“ bezeichnet wird. 1963 öffnete hier das erste japanische Restaurant, das „Tokyo“, in Düsseldorf. 1965 folgte das erste japanische LebensmittelgeschäftFootnote 48. 1978 entstand das Deutsch-Japanische Center auf der Immermannstraße, in welchem das Hotel Nikkō, das Kaufhaus Mitsukoshi, die JIHK, das Japanische Generalkonsulat und die Bank of Tokyo sowie weitere japanische Firmen untergebracht waren. Im Verlauf der Jahre siedelten sich weitere Restaurants und Geschäfte des täglichen Bedarfs an. Doch seit den 1980er Jahren verlagern immer mehr japanische Unternehmen ihre Büros in neu entstehende Büro- und Gewerbegebiete am Innenstadt- und Stadtrand. Die neuen Standorte liegen vornehmlich im Norden der Stadt in direkter Nähe zum Flughafen und Messegelände und in modernen Gewerbegebieten entlang der Hansa-Allee auf der linken Rheinseite, während der Süden der Stadt weitgehend ausgespart bleibt (Glebe und Montag 2004: 75).

Mit der stetig zunehmenden Zahl der in Düsseldorf ansässigen japanischen Unternehmen stieg auch die Zahl der japanischen Familien in Düsseldorf an. Dies brachte jedoch auch neue Probleme mit sich, wie einen Mangel an Bildungsmöglichkeiten für mitreisende Kinder (Montag 2001: 10). Ab 1960 wurde daher Ergänzungsunterricht in Japanisch im Japanischen Club bzw. seinem Vorläufer angeboten (Suzuki 1988: 71). Zur gleichen Zeit schlossen sich japanische Eltern zusammen, um die Gründung einer japanischen Ganztagsschule zu erreichen. Dabei wurden sie vom Japanischen Generalkonsulat, der JIHK und dem Japanischen Club unterstützt. Im April 1971 wurde die Gründung der Japanischen Internationalen Schule e. V. von der Stadt Düsseldorf genehmigt. Ein Jahr später wurde die Schule vom Japanischen Kultusministerium als Bildungsinstitut im Ausland anerkannt und nun auch vom Kultusministerium in NRW als „Ergänzungsschule“ bezeichnet. Damit berechtigte der Abschluss der Mittelschule zur Aufnahme an der Höheren Schule in Japan. Sie wird von der Organisation Japanische Internationale Schule e. V. getragen, deren Vorstandsmitglieder in der Regel die Vertreter einiger Großunternehmen, der Präsident des Japanischen Clubs, der Präsident der JIHK, ein Mitglied des Generalkonsulats und der Schuldirektor sind.Footnote 49

Aufgrund der konstanten Zunahme japanischer Schülerinnen und Schüler von 43 im Gründungsjahr auf bis zu 1000 im Jahr 1993 musste die Schule mehrere Male ausgebaut werden. Im Zuge der Rezession in Japan nach dem Platzen der bubble economy sank die Schülerzahl jedoch so stark, dass im Jahre 2001, dem Jahr des dreißigjährigen Bestehens der Schule, die Mittelschule (Klassen 7 bis 9) mit der Grundschule (Klassen 1 bis 6) zusammengelegt werden musste. Seit 1981 besteht eine Kooperation zwischen der Japanischen Internationalen Schule Düsseldorf (JISD) und einem Gymnasium im Düsseldorfer Stadtteil Niederkassel. Für die Kinder, die unter der Woche eine deutsche oder internationale Schule besuchten, wurde zudem im Jahre 1984 eine Samstagsschule eingerichtet.Footnote 50

Die Japanische Internationale Schule umfasst die Grund- und Mittelschule und unterscheidet sich durch ihren Status als Auslandsschule von den öffentlichen Schulen in Japan, denn durch die Finanzierung mittels Spenden entspricht sie einer privaten Schule. Die innere Organisation der Schule sowie das Schulleben gleichen allerdings dem japanischen Vorbild, wobei sich die Feiertage und der Anfang sowie das Ende der Sommerferien ungefähr nach dem Schulkalender in Nordrhein-Westfalen richten. Auch die Lehrpläne und Unterrichtszeiten entsprechen denen des japanischen Schulerziehungsgesetzes, jedoch liegt ein Schwerpunkt auf Fremdsprachenunterricht. Der Unterricht wird hauptsächlich von aus Japan entsandten Lehrkräften erteilt, die sich zu diesem Zwecke drei Jahre in Deutschland aufhalten. Außerhalb des normalen Curriculums werden in der Schule zusätzlich die Vertiefung des Verständnisses für die Umgebung des Gastlandes und der Austausch mit der Kultur und den Menschen des Gastlandes gepflegt. Da die Schule vom Japanischen Kultusministerium als Modellschule für internationale Erziehung und internationalen Kulturaustausch anerkannt ist, gibt es einen Direktor für internationale Zusammenarbeit. Grundsätzlich nimmt die Japanische Schule auch Schülerinnen und Schüler auf, die keine japanische Staatsangehörigkeit besitzen, unter der Voraussetzung, dass sie ausreichende japanische Sprachkenntnisse aufweisen.Footnote 51

Bereits vor der Schulausbildung ist es möglich, jüngere Kinder zur Pflege der japanischen Sprache und Kultur in den Japanischen Kindergarten e. V. zu geben. Der japanische Kindergarten im Stadtteil Düsseldorf-Niederkassel ist eine 1983 gegründete private Institution für japanische Kinder ab zwei Jahren.Footnote 52 Darüber hinaus gibt es noch die katholisch japanische Kindertagesstätte Sankt Franziskus-Xaverius, die von der Caritas betrieben wird und somit die einzige japanische Einrichtung in Düsseldorf ist, die unter konfessioneller Trägerschaft steht und in der japanische Ordensschwestern tätig sind. Hier werden Kinder ab drei Jahren aufgenommen. Vorher besteht zudem die Möglichkeit, sie vor Ort in einer japanischen Tagespflegegruppe betreuen zu lassen. Die Umgangssprache ist Japanisch.Footnote 53

Des Weiteren zählen das Japanische Konsulat Düsseldorf (1965), die JIHK Düsseldorf e. V. von 1966 und die japanische Außenhandelsorganisation JETRO (Japan External Trade Organization, 1962) zu den zentralen Organisationen der japanischen Gemeinde in Düsseldorf und bedienen die wirtschaftliche Seite der japanischen community, während sich der Japanische Club Düsseldorf e. V. (1964) sowie die Deutsch-Japanische Gesellschaft am Niederrhein (1964) mit der privaten Seite beschäftigen. Diese Institutionen, Organisationen und Vereine werden im Folgenden näher betrachtet.

Die Japanische Industrie- und Handelskammer zu Düsseldorf e. V. bildet das Zentrum der japanischen ökonomischen Aktivitäten und hat ihren Sitz im Deutsch-Japanischen Center in der Immermannstraße. Sie wurde 1966 durch den Zusammenschluss von 66 Unternehmen gegründet, um eine Doppelbesteuerung japanischer Unternehmen in Deutschland zu vermeiden.Footnote 54 Die Vorstandsmitglieder dieser Organisation sind häufig leitende Angestellte einflussreicher japanischer Unternehmen und üben meist Doppelfunktionen in den jeweiligen Organisationen aus. In der aktuellen Satzung der JIHK wird als Ziel angegeben, „alle gemeinsamen Interessen ihrer Mitglieder und die sie berührenden Angelegenheiten zu regeln bzw. zu fördern und so zur Entwicklung der Wirtschaft und des Handels und zur Vertiefung der Freundschaft zwischen Japan und der Bundesrepublik Deutschland beizutragen“Footnote 55. Die Mitgliedschaft in diesem Verein ist nur für Firmen möglich. Derzeit sind deutschlandweit 537 Unternehmen Mitglieder der JIHK, weshalb sie sich als „größte[r] japanische[r] Unternehmerverband in Europa“Footnote 56 bezeichnet. Zu ihren Aufgaben gehören unter anderem Informationen für japanische Unternehmen über den Standort Düsseldorf bereitzustellen und Seminare, beispielsweise über die deutsche Wirtschaft und die deutsche Gesetzeslage, anzubieten.Footnote 57 1971 initiierte sie die Einrichtung eines japanischen Gartens im Nordpark. Vier Jahre später wurde der 5000 m2 große „Japanische Garten am Rhein“ feierlich eröffnet.Footnote 58 1988 gründete sie die „Stiftung Studienfonds Düsseldorf-Japan“, die in Kooperation mit der Stadt Düsseldorf deutsche Nachwuchskräfte nach Japan entsendet. Gemeinsam mit dem Japanischen Club organisiert die JIHK den seit 2002 jährlich stattfindenden Japan-Tag sowie den Wirtschaftstag Japan.Footnote 59

Neben der JIHK ist die JETRO (Japan External Trade Organization) ein wichtiger Akteur in der japanischen Gemeinde Düsseldorf. Die japanische Außenhandelsorganisation ließ sich 1962 in der Stadt nieder. Es folgten weitere Niederlassungen in Berlin (1992) und München (2020). JETRO ist eine regierungsnahe japanische Außenwirtschaftsorganisation. Sie „bietet eine Vielzahl kostenfreier Dienstleistungen für ausländische Unternehmen und Start-ups, die in Japan investieren oder vor Ort mit einem japanischen Partner kooperieren wollen. Darüber hinaus unterstützt JETRO den japanischen Mittelstand bei dessen Internationalisierung“Footnote 60.

Der Japanische Club Düsseldorf e. V. ging 1964 aus dem „Japaner-Stammtisch“, dem Nihonjin-Kai, hervor, der bereits seit 1954 existierte. Durch den Nihonjin-Kai halfen japanische Angestellte, die bereits längere Zeit in Nordrhein-Westfalen lebten, Neuankömmlingen bei der Suche nach Büroräumen. Der Japanische Club verfolgt nach eigenen Angaben die „Förderung des gegenseitigen Verständnisses der japanischen und deutschen Kultur, sowie ihrer Sitten und Gebräuche“Footnote 61, die „Vertiefung der Freundschaft zwischen japanischen und deutschen Bürgern sowie des freundschaftlichen Verhältnisses zwischen dem Verein und den örtlichen Gesellschaften“Footnote 62 sowie die „Bildung eines sozialen Netzwerks für seine Mitglieder, durch das Freundschaften entstehen und das ein rasches Einleben“Footnote 63 ermöglicht. Dem Japanischen Club stehen ein Präsident und fünf Vizepräsidenten vor. Seine Mitglieder setzen sich überwiegend aus japanischen Gesellschaften sowie deren Angestellten und ihren Familienmitgliedern sowie Studierenden und Freiberuflichen sowie deren Familienangehörigen zusammen. Laut Suzuki (1988: 68) zählten 1987 294 Firmen und 4996 Einzelpersonen zu den Clubmitgliedern. Für das Gründungsjahr nennt Suzuki circa 60 Firmen und 680 Einzelpersonen. Derzeit gibt der Japanische Club e. V. seine Mitgliederzahl mit 210 japanischen Firmen und circa 2730 Einzelpersonen an.Footnote 64 Aus den Mitgliederdaten geht hervor, dass ihre Anzahl in den 1980er Jahren zunahm, danach aber wieder sank. Die vom Club organisierten Veranstaltungen, wie kulturelle und sportliche Aktivitäten, können nur von Mitgliedern wahrgenommen werden und dienen der Verfestigung der Kontakte zwischen beiden Völkern.Footnote 65 Der Club verweist ebenfalls darauf, dass das Interesse an Japan unter der deutschen Bevölkerung stetig zunehme und sie so Gelegenheit habe, ihre Kenntnisse über japanische Kultur zu vertiefen.Footnote 66 Gelegentlich wird der Verein auch von Schulklassen unterschiedlicher Schulformen besucht, wenn diese sich im Erdkundeunterricht oder im Rahmen von Projekttagen mit Japan beschäftigen.Footnote 67 Aus der Internetpräsenz des Vereins geht zudem hervor, dass der Club sich selbst sowie die JIHK und die Japanische Internationale Schule als Hauptakteure der japanischen Gemeinde sieht. In Hinblick auf die ethnische Infrastruktur heißt es, dass diese mit japanischen Lebensmittelläden, Geschäften für den täglichen Bedarf und Dienstleistern auf die Bedürfnisse der hier lebenden japanischen Bevölkerung zugeschnitten seiFootnote 68.

Die Deutsch-Japanische Gesellschaft am Niederrhein e. V. (DJG) wurde 1964 in Düsseldorf mit dem Ziel gegründet „Menschen beider Nationalitäten zusammenzuführen, deren Bemühen es ist, Fremdes zu verbinden und Trennendes zu überwinden und Freundschaft und Kommunikation untereinander zu fördern“Footnote 69. Sie bietet Veranstaltungen zu Themen aus Kultur, Wirtschaft und Politik an sowie Ausstellungen, Theater- und Konzertbesuche. Die Schaffung von persönlichen Kontakten zwischen japanischen und deutschen Mitbürgerinnen und Mitbürgern durch Begegnungen bei diesen Veranstaltungen und gemeinsamen Festen wird betont.Footnote 70 2008 war die DJG am Niederrhein Gründungsmitglied des Verbandes der Deutsch-Japanischen Gesellschaften e. V.Footnote 71

Als kultureller Mittelpunkt der japanischen Gemeinde fungiert das Ekō-Haus der japanischen Kultur e. V., das im Jahre 1993 eröffnet wurde. Es liegt im Stadtteil Düsseldorf-Niederkassel und sieht sich als japanisches Kulturzentrum. Der Grundstein wurde bereits fünf Jahre zuvor, 1988, von Numata Ehan, dem Gründer der Gesellschaft Mitutoyo und der „Society for Buddhist Understanding“, gelegt.Footnote 72 Auf der Internetpräsenz des Ekō-Hauses heißt es, dass Düsseldorf aufgrund seiner Bedeutung für die japanische community in Europa und seine japanische Infrastruktur als Standort ausgewählt worden sei.Footnote 73 Zum Ekō-Haus gehören ein buddhistischer Tempel, japanische Gärten, ein Haus im traditionellen Baustil mit einem Teeraum, ein Ausstellungs- und Vortragsraum sowie Seminarräume und ein Saal für größere Veranstaltungen. Seit 1999 existiert ein zusätzliches Gebäude, das einen internationalen Kindergarten sowie eine öffentliche Bibliothek mit Archiv, Leseraum und Gästezimmern beinhaltet. Die Internetpräsenz des Ekō-Hauses nimmt direkten Bezug auf seinen Beitrag für die ethnische community, die Aufnahmegesellschaft und ihre Verknüpfung: „Mit der Einrichtung des EKŌ-Hauses können die in dieser Region lebenden Japaner in ungewohnter Weise vertraute Gebräuche ihrer eigenen Kultur pflegen und zeigen. Damit aber erhalten die Menschen des heimischen Kulturkreises auch eine einzigartige Gelegenheit, diese Gebräuche kennenzulernen und daran teilzunehmen“Footnote 74. Wie der Japanische Club ist es ein beliebtes Ziel für Schulausflüge, denn vor Ort können die Kinder und Jugendlichen einen Eindruck von japanischen kulturellen Praktiken und Architektur erhalten. Neben Einführungskursen in Teezeremonien hält es auch buddhistische Feste, Lese- und Arbeitskreise für buddhistische Grundtexte sowie Gesprächskreise zu aktuellen Themen ab und veranstaltet Gartenfeste mit Musik- oder Theaterdarbietungen, Ausstellungen, Vortragsreihen sowie Filmvorführungen.Footnote 75 Der Kindergarten des EKŌ-Hauses ist eine deutsch-japanische Einrichtung und wird zurzeit von ungefähr sechzig Kindern besucht. Je eine deutsche und eine japanische Erzieherin betreuen eine von drei Gruppen mit je zehn deutschen und zehn japanischen Kindern. Die Aktivitäten haben sowohl deutsche als auch japanische Schwerpunkte und finden in deutscher bzw. japanischer Sprache statt.Footnote 76

3.4.1.3 Niederlassungsverhalten der japanischen Migrantinnen und Migranten in Düsseldorf

Nachdem im vorherigen Kapitel die ethnische Infrastruktur der japanischen Gemeinschaft in Düsseldorf dargelegt wurde, folgt an dieser Stelle die Betrachtung des Niederlassungsverhaltens der Japanerinnen und Japaner. Das Düsseldorfer Stadtgebiet liegt am Rhein und erstreckt sich in nordsüdliche Richtung. Es ist in zehn Stadtbezirke und 49 Stadtteile untergliedert, von denen sich der Großteil auf der rechten Rheinseite befindet; lediglich vier Stadtteile sind linksrheinisch angesiedelt. Aus den übermittelten Angaben des Einwohnermeldeamtes der Landeshauptstadt Düsseldorf geht die Verteilung der minder- und volljährigen Japanerinnen und Japaner auf die Düsseldorfer Stadtteile hervor. In Abbildung 3.1 sind die zehn Düsseldorfer Stadtteile mit den meisten japanischen Personen dargestellt.

So wie bereits Zielke (1982: 115) feststellte, besteht immer noch eine hohe Konzentration von Japanerinnen und Japanern (1.535; 26,3 %) in den zwei linksrheinischen Stadtteilen Niederkassel (733) und Oberkassel (802). Dies lässt sich auch heute noch auf die bestehende familienbezogene Infrastruktur mit japanischen Kindergärten sowie einer japanischen Schule zurückführen. Es folgen die Stadtteile Stadtmitte mit 686 Personen, Heerdt (455) und Pempelfort (450), wobei sich diese Zahlen von Zielkes Angaben aus dem Jahre 1979 deutlich unterscheiden. Zielke (1982: 115) verortete die nächstgrößere Anzahl an Japanerinnen und Japanern im Zooviertel Düsseltal; weitere Japanerinnen und Japaner verteilen sich seinen Ausführungen nach auf die Stadtteile Mörsenbroich, Pempelfort, Oberlörick, Stadtmitte und Golzheim, wobei diese mit Düsseltal 40 % der gesamten japanischen Bevölkerung in Düsseldorf beherbergen.

Aus Abbildung 3.1 geht zudem hervor, dass sich die bevorzugte Verteilung auf die Stadtteile gewandelt hat. Während Heerdt in der Aufzählung von 1979 nicht enthalten ist, belegt es nun den vierten Platz. Ein weiterer Unterschied zu der Verteilung der Japanerinnen und Japaner im Jahre 1979 besteht darin, dass nun Mörsenbroich mit 63 japanischen Personen nicht mehr zu den bevorzugten Wohngebieten zählt. Aus Abbildung 3.1 geht hervor, dass Düsseltal, Lörick und Golzheim allerdings in den zehn Stadtteilen mit der größten Anzahl an Japanerinnen und Japanern enthalten sind und die Plätze sieben, sechs und neun belegen.

Abb. 3.1
figure 1

Verteilung japanischer Personen in Düsseldorf 2016. (Quelle: Eigenerstellung auf Basis der Daten des Statistikamts der Landeshauptstadt Düsseldorf)

Sowohl bei Zielke als auch in dieser Studie werden Daten verwendet, die nicht zwischen temporär und permanent ansässigen Personen unterscheiden. Aus der Stichprobe der qualitativen Studie der vorliegenden Arbeit geht hervor, dass der Stadtteil Unterbilk unter den Teilnehmenden überrepräsentiert ist (3). Es wohnen aber auch Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Stadtteilen Stadtmitte (2), Pempelfort (1) und Lörick (1). Dies könnte darauf hinweisen, dass die permanent ansässigen Japanerinnen und Japaner Wohnorte bevorzugen, in denen weniger japanische Personen ansässig sind, und sie sich auch von der business community fernhalten. Zielkes Ergebnisse werden auch sechs Jahre später von Suzuki bestätigt, indem sie in ihrer Dissertation festhält, dass in den

zwei linksrheinischen Stadtteilen, nämlich Nieder- und Oberkassel, in denen es die Japanische Internationale Schule gibt, […] eine starke Konzentration der Japaner (ca. 33 %) beobachtet werden [kann]. Auch in Düsseltal (Zooviertel) gibt es eine große Anzahl japanischer Einwohner (ca. 12 %). Weniger leben in den Stadtteilen Mörsenbroich, Stadtmitte, Lörick, Pempelfort und Golzheim (insgesamt ca. 30 %). Die restlichen ca. 25 % sind auf die übrigen Stadtteile verteilt, wobei die relativ nahe an der Stadtmitte liegenden Stadtteile bevorzugt ausgewählt werden. Somit liegen die Stadtteile, in denen die Japaner vorwiegend wohnen, nahe der Innenstadt Düsseldorf, d. h., die Japaner lassen sich überwiegend in möglichst zentralen Stadtgebieten nieder. Außerdem konzentrieren sie sich insbesondere auf die Nähe der Japanischen Schule. Damit können auch die Ergebnisse von MINOURA (1984) bestätigt werden, wonach der Wohnort oft in Hinblick auf die Kinder (z. B. nach der Lage der Schule) ausgewählt wird. (Suzuki 1988: 63)

Sie schlussfolgert daraus, dass sich die japanischen Personen überwiegend in solchen Wohngegenden niederlassen, die als „qualitativ gut“ (Suzuki 1988: 63) beschrieben werden können, und fügt hinzu, dass die Bewohnerinnen und Bewohner dieser Wohngegenden zu den höheren Sozialschichten gehören, die Wohnungen gut ausgestattet sind und Japanerinnen und Japaner überwiegend in Neubaublocks leben. Auch in neueren Arbeiten über die japanischen Migrantinnen und Migranten in Düsseldorf wird festgehalten, dass der Großteil in den Wohnvierteln Oberkassel, Niederkassel, Kaiserswerth oder dem Zooviertel (Düsseltal) lebt. Glebe und Montag (2004: 75) stellen fest, dass jede fünfte im Stadtgebiet befindliche japanische Person in Niederkassel wohnt. Die weniger repräsentativen Stadtviertel im Süden der Stadt würden sie meiden. Eine Ausnahme stelle dabei die Innenstadt dar, die nicht dem bevorzugten Wohnambiente entspreche, aber als Übergangswohnort fungiert. Diejenigen, die nicht von Anfang an die Möglichkeit hätten, in eine Firmenwohnung zu ziehen, wohnten in den ersten Wochen in einem der zahlreichen Hotels oder einem Appartement in der Innenstadt und zögen anschließend in eine Wohnung in einem gehobenen Wohnviertel (Glebe und Montag 2004: 75–76). Glebe und Montag (2004: 76) weisen auch darauf hin, dass die Japanerinnen und Japaner auf dem Wohnungsmarkt keinen Diskriminierungen und auch keinen ökonomischen Zwängen ausgesetzt sind. Glebe (2003: 112) spricht hier von einer „freiwilligen Segregation“ (vgl. Abschnitt 1.2). Diese Abwesenheit von Zwang bei der Wohnungswahl resultiert daraus, dass die Miete der Angestellten oft ganz oder teilweise von den jeweiligen Unternehmen übernommen wird. Darüber hinaus wird die Stabilisierung der Wohnraumstrukturen durch japanische Makler, firmeneigene oder angemietete Wohnungen, ein gewisses Rotationssystem, durch auf die japanische Klientel spezialisierte deutsche Makler und japanische Bauunternehmen verstärkt. Hier zeige sich einmal mehr, dass die japanische Gemeinschaft in Düsseldorf eine hervorragende Infrastruktur für konzernintern entsandte Japanerinnen und Japaner aufweist (Glebe und Montag 2004: 76).

Wird die Verteilung der Japanerinnen und Japaner in Düsseldorf unter Berücksichtigung minderjähriger und volljähriger Personen betrachtet, ergibt sich eine etwas abweichende Reihenfolge. Auf dem ersten Platz findet man für die erwachsenen Japanerinnen und Japaner den Stadtteil Stadtmitte, erst dann folgen Ober- und Niederkassel und anschließend Pempelfort und Heerdt. Die Stadtteile mit den meisten japanischen Kindern sind Niederkassel mit 292 und Oberkassel mit 268 Kindern. Anschließend folgen Heerdt mit 163 und Lörick mit 151 Kindern. Im Stadtteil Stadtmitte leben zwar 631 japanische Erwachsene, aber nur 35 Kinder. Dies belegt zum einen die These, dass die Stadtteile Nieder- und Oberkassel aufgrund ihrer auf Familien ausgerichteten Infrastruktur bevorzugt ausgewählt werden. Zum anderen ist dies ein Hinweis darauf, dass sich in der Stadtmitte überwiegend Firmenangestellte aufhalten.

Aus dem Migrations- und Integrationsmonitoring der Stadt Düsseldorf geht hervor, dass sich die bevorzugten Wohnorte der Japanerinnen und Japaner in Düsseldorf von denen der größten ausländischen Gruppen (Polen, Türkei, Marokko, Griechenland, Russland, Italien, Rumänien) unterscheiden. Lediglich Heerdt und Stadtmitte weichen hiervon ab, da sich in diesen Stadtteilen auch größere bis hohe Konzentrationen an anderen ausländischen Personen aufhalten.Footnote 77

3.4.2 München

München ist die Landeshauptstadt des Freistaates Bayern und erstreckt sich über eine Fläche von 310,7 km2. Im Jahre 2019 lebten in München 1,426 Millionen Menschen aus fast 190 Ländern. Der Anteil der ausländischen Personen an der Gesamtbevölkerung beträgt 27 %. Laut japanischem Außenministerium hielten sich 2019 in München 4713 japanische Staatsangehörige auf, was die Landeshauptstadt des Freistaates Bayern zur zweitgrößten japanischen community in Deutschland macht.Footnote 78 Laut Bayerischem Landesamt für Statistik waren 2019 insgesamt 5292 japanische Staatsbürgerinnen und -bürger im Freistaat Bayern heimisch.Footnote 79 Legt man hier die Angaben des japanischen Außenministeriums zugrunde – das Amt für Statistik gibt aus Gründen der Geheimhaltung nur die Anzahl volljähriger Personen an –, bedeutet dies, dass sich mit 89,1 % der Großteil der in Bayern ansässigen japanischen Zugewanderten in München aufhielt. Vonseiten des japanischen Außenministeriums liegen für das Jahr 2019 keine Angaben zu einer Aufteilung nach Geschlecht vor. Das Bayerische Landesamt für Statistik gibt an, dass sich nahezu doppelt so viele Japanerinnen wie Japaner in Bayern aufhalten (männlich: 1839, weiblich: 3453).Footnote 80 Die Aufteilung nach Altersgruppen, die aus dem Statistischen Bericht hervorgeht, zeigt, dass die meisten Personen zwischen 30 und 50 Jahre alt sind. Das Durchschnittsalter liegt bei 37,5 Jahren.Footnote 81

3.4.2.1 Entstehung und Entwicklung der japanischen community in München

Vor 1914 entwickelten sich erste Ansätze einer japanischen community neben Berlin in München. Diese zeichnete sich durch Pensionen, in denen sich regelmäßig japanische Reisende aufhielten, erste japanische Restaurants und Läden, die japanische Erzeugnisse verkauften, aus. Nach Berlin zogen München sowie auch in geringerem Maße Freiburg und Heidelberg Studierende aus Japan an. Außerdem entwickelten sich auch Treffpunkte deutscher und japanischer Kunstschaffender. So feierte die Ausstellung „Japan und Ostasien in der Kunst“ 1909 große Erfolge (Bieber 2014: 56).

Diese ersten Ansätze einer community kamen in München wie auch in den übrigen deutschen Städten durch den Zweiten Weltkrieg zum Erliegen. Seit 1972 unterhält München eine Städtepartnerschaft mit der Stadt Sapporo. München wirbt ähnlich wie Düsseldorf mit Standortvorteilen für die Wirtschaft. So hebt es die auf Geschäfte ausgerichtete günstige Infrastruktur wie die Flugverbindungen zwischen dem Münchner Flughafen und dem Flughafen Haneda in Tokyo und Messeveranstaltungen hervor. Nach Angaben des Münchner Referats für Arbeit und Wirtschaft unterhalten 230 japanische Konzerne Niederlassungen und Büros im Wirtschaftsraum München. Demnach schätzen sie „Münchens zentrale Lage in Europa als Gateway nach Mittel- und Osteuropa“Footnote 82. Im Pamphlet wird auf die community verwiesen. So heißt es dort: „Internationale Mitarbeiter finden schnell Anschluss und nutzen das gute Angebot an internationalen Schulen, Kindergärten, Kultur und Netzwerken“Footnote 83.

3.4.2.2 Die ethnische Infrastruktur der japanischen community in München

Wie schon in Düsseldorf zählen auch in München der Japan Club München e. V. (1979), der Deutsch-Japanische Stammtisch und die Deutsch-Japanische Gesellschaft Bayern e. V. (1961) zu den wichtigsten Institutionen im Freizeitbereich. Ebenso gibt es eine auf Familien ausgerichtete Infrastruktur. Die Poppo-no-Kai ist eine japanische Spielgruppe, die 1986 zur Förderung der japanischen Sprache von Eltern gegründet wurde und Platz für bis zu 24 Kinder bietet. Die Spielgruppe ist eine Elterninitiative und kann von japanischen Kindern sowie Kindern von japanisch-deutschen Eltern ab drei Jahren besucht werden.Footnote 84 Der Japanische Kindergarten betreut Kinder ab vier Jahren und bietet eine Gruppe zur musikalischen Frühbildung. Im Rahmen des Kindergartens ist es möglich, die Kinder ein Mal pro Woche für eine Stunde zu unterrichten, sie ab einem Alter von zweieinhalb Jahren sprachlich zu fördern oder die Kinder ein Mal pro Woche „allgemeine Übungen, die den IQ steigern, durchführen zu lassen“Footnote 85. Im Anschluss an den Kindergarten können die Eltern ihre Kinder wie in Düsseldorf auf die Internationale Japanische Schule in München e. V. schicken.Footnote 86

Wichtige Akteure im kulturellen Bereich sind das Japanische Teehaus im Englischen Garten und das Japanische Kulturhaus Nadeshiko. Das Japanische Kulturhaus ging aus dem Japanischen Kulturzentrum hervor und bietet Kochkurse an.Footnote 87 Seit mehr als 25 Jahren findet jährlich am Teehaus des Englischen Gartens das Japanfest statt. Ausgerichtet wird es vom Japanischen Generalkonsulat, dem Japan Club München und der Deutsch-Japanischen Gesellschaft. Es präsentieren sich im Rahmen dieses Festes Kunstschaffende und Institutionen mit Japanbezug.Footnote 88 Zusätzlich zu diesen Institutionen gibt es zahlreiche japanische Einkaufsmöglichkeiten, in deren Fokus entweder Lebensmittel oder Wohnen, Einrichtung und Trendartikel stehen.

3.4.2.3 Niederlassungsverhalten der japanischen Migrantinnen und Migranten in München

Nach dem Überblick über die ethnische Infrastruktur folgt nun die Betrachtung des Niederlassungsverhaltens der Japanerinnen und Japaner in München. Die Stadt München ist nicht in Ortsteile im gemeinderechtlichen Sinne unterteilt, sondern in Stadtbezirke. Die Anzahl der Stadtbezirke wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von 41 auf 25 reduziert. Für statistische Zwecke werden die 25 Stadtbezirke in 105 Stadtbezirksteile untergliedert. Aus den übermittelten Angaben des Statistikamts der Landeshauptstadt München gehen die in Abbildung 3.2 dargestellten zehn Stadtbezirksteile mit den meisten japanischen Bewohnerinnen und Bewohnern hervor. Dabei liegen allerdings nur Zahlen für volljährige Personen vor und auch diese Statistik unterscheidet nicht zwischen temporär und permanent Ansässigen.

Die Abbildung 3.2 veranschaulicht, dass die meisten japanischen Personen in den Stadtbezirksteilen Parkstadt (217), Englschalking (184) und Oberföhring (109) wohnen. Diese Stadtbezirksteile bilden mit vier weiteren den Stadtbezirk Bogenhausen im Nordosten Münchens, der nahe der Innenstadt liegt, an das östliche Ufer der Isar angrenzt und mit 662 Personen die meisten Japanerinnen und Japaner in München beherbergt. Zu diesem Stadtteil gehört auch der Stadtbezirksteil Herzogpark, der mit 61 japanischen Personen den letzten Platz in der Aufstellung belegt. Die Japanerinnen und Japaner machen in Parkstadt 1,84 %, in Englschalking 0,77 % und in Oberföhring 0,73 % der Gesamtbevölkerung aus.

An vierter Stelle folgt der Stadtbezirksteil Alte Heide-Hirschau (97; 0,46 %). Dieser Stadtbezirksteil gehört zum Stadtbezirk Schwabing-Freimann, zu dem auch der Stadtbezirksteil Münchner Freiheit (62; 0,37 %) gehört, der auf Platz neun liegt. Schwabing liegt zentral in München, wobei das Zentrum die Münchner Freiheit bildet, aber auch das Siegestor und der Englische Garten sind bekannte Orte. Diese exklusive Lage trifft aber nicht auf den gesamten Stadtteil zu, da in den Stadtbezirksteilen Alte Heide-Hirschau und Freimann Sozialwohnungen vorhanden sind. Es folgen die Stadtbezirksteile Am Riesenfeld mit 87 und Am Luitpoldpark mit 79 japanischen Personen. Platz sieben teilen sich die Stadtbezirksteile Neuschwabing und Nymphenburg mit jeweils 78 Personen. Nymphenburg gehört zu dem Stadtteil Neuhausen-Nymphenburg, in dem 204 japanische Personen leben, wobei die meisten in dem exklusiven Stadtbezirksteil Nymphenburg wohnen. Platz acht belegt schließlich der Stadtbezirksteil Obergiesing mit 75 japanischen Personen. Aus der Betrachtung der Stadtteile in Hinblick auf ihr Wohnambiente geht hervor, dass sich die japanischen Migrantinnen und Migranten in München bevorzugt in guten bis exklusiven Wohngegenden niederlassen. Außerdem werden zum einen zentral gelegene Stadtteile mit guten Anbindungen an die städtische Infrastruktur, den Arbeitsplatz oder die Universität bevorzugt, zum anderen solche, die einen ländlichen Wohncharakter aufweisen. Als „Ausländerviertel“ werden Westend und Schwanthalerhöhe beschriebenFootnote 89, wo sich mit 45 Personen lediglich ein geringer Anteil von Japanerinnen und Japanern aufhält.

Abb. 3.2
figure 2

Verteilung japanischer Personen in München 2019. (Quelle: Eigenerstellung auf Basis der Daten des Statistischen Amts München)

Die Japanische Schule München e. V. liegt im Stadtteil Obermenzing im Süden Münchens. Mit 36 japanischen Personen lebt dort keine hohe Anzahl an Japanerinnen und Japanern, doch da die Angaben nicht die japanischen Kinder erfassen, können nur repräsentative Schlüsse auf die erwachsene Bevölkerung, nicht aber auf die japanischen Familien mit Kindern gezogen werden.

3.4.3 Berlin

Berlin ist die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland und zugleich ein Bundesland. Die Stadt ist mit einer Bevölkerung von 3,7 Millionen Personen sowohl die bevölkerungsreichste Gemeinde Deutschlands als auch der Europäischen Union. Mit 891,12 km2 ist sie auch die flächengrößte Gemeinde Deutschlands. Berlin ist das politische Zentrum des Landes und liegt an der Spree. Der Stadtstaat besteht aus zwölf Bezirken. Der Anteil der ausländischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung betrug im Jahre 2019 in Berlin 20,6 %, also 777.345 Personen.Footnote 90 Japanische Personen zählen in Berlin nicht zu den zehn bevölkerungsstärksten ethnischen Gruppen.Footnote 91 Laut japanischem Außenministerium lebten 2019 in Berlin 3876 Japanerinnen und Japaner, womit die Hauptstadt die drittgrößte japanische Gemeinde in Deutschland ist. Im Statistischen Bericht „Einwohnerinnen und Einwohner im Land Berlin am 31. Dezember 2019“ vom Amt für Statistik Berlin-Brandenburg ist die Anzahl der japanischen Bevölkerung mit 4540 Personen angegeben. Von diesen 4540 Personen sind 2810 Personen (61,9 %) weiblich. 68,9 % der 4540 Personen befinden sich in der Altersgruppe 15 bis 45 Jahre. Weitere 838 Personen (18,5 %) sind zwischen 45 und 65 Jahre alt. Die übrigen circa 20 % der japanischen Personen verteilen sich auf die Altersgruppen unter 15 Jahre und über 65 Jahre.Footnote 92 Daraus geht hervor, dass die Gruppe der erwerbstätigen Bevölkerung mit 87,4 % den Großteil der japanischen Bevölkerung in Berlin ausmacht.

3.4.3.1 Entstehung und Entwicklung der japanischen community in Berlin

Vor dem Zweiten Weltkrieg stellte Berlin das Zentrum japanischer Aktivitäten in Deutschland dar. Neben der japanischen Botschaft ließen sich ebenfalls japanische Handelshäuser in Berlin nieder. Außer Geschäftsleuten hielten sich dort auch Politiker und Studierende auf. Das Handelszentrum stellte zu dieser Zeit aber Hamburg dar. In Berlin hatten sich bereits zum Ende des 19. Jahrhunderts und zum Beginn des 20. Jahrhunderts erste Ansätze einer japanischen community gebildet. Bei Bieber (2014: 56) heißt es:

Hier gab es Pensionen, in denen regelmäßig Japaner logierten, erste japanische Restaurants und Läden, die japanische Erzeugnisse verkauften. In Berlin entstand auch der erste japanische Club, und hier erschien von 1898 bis 1910 die erste Monatsschrift in Europa, die ein Japaner herausgab: Ost-Asien. Monatsschrift für Handel, Industrie, Politik, Wissenschaft, Kunst etc. In Berlin entstand 1890 ebenfalls die erste Deutsch-Japanische Gesellschaft zur Pflege von Kontakten zwischen Japanern, die in Deutschland lebten, und Deutschen, die an Japan interessiert waren […]. In der Reichshauptstadt wie in München entwickelten sich ebenfalls erste Treffpunkte deutscher und japanischer Künstler […].

Durch den Eintritt Japans in den Ersten Weltkrieg aufseiten Englands kamen die Beziehungen zwischen Japan und Deutschland zum Erliegen. In den 1920er Jahren gelangten dann aber wieder japanische Studierende nach Berlin. Die Eröffnungen der Vertretungen Mitsuis und Mistubishis, zwei der größten japanischen Industriekonzerne, zogen Kaufleute und Bankiers in die Stadt. Außerdem ließen sich in den 1920er Jahren wieder Kunstschaffende nieder, die sich insbesondere für den Bauhaus-Stil interessierten (Bieber 2014: 94). Mitte der 1920er Jahre wurden zwei gemeinsame Kulturinstitute gegründet: ein von Deutschland finanziertes in Berlin, das Japan-Institut, und ein von Japan finanziertes in Tokyo. Beide wurden gemeinsam von einem Japaner und einem Deutschen geleitet. Dies sollte der Gleichberechtigung beider Länder und ihrer kulturellen Gleichrangigkeit Ausdruck verleihen. Ziel dieser beiden Institute war aufgrund der Sorge, dass sie Wirtschaftsspionage betreiben könnten, die Förderung der wechselseitigen Kenntnis des geistigen Lebens und der öffentlichen Einrichtungen in Deutschland und Japan. Dieser Zielsetzung kamen sie durch Vorträge und Veröffentlichungen, Auskünfte an interessierte Einzelpersonen sowie die Förderung der Japanologie in Deutschland bzw. der Deutschlandforschung in Japan nach. 1932 wurde die Vereinigung japanischer Akademiker in Deutschland gegründet, die ein Jahr später fünfzig bis sechzig Mitglieder zählte, von denen sich monatlich zwanzig bis dreißig in Berlin trafen. Laut Bieber (2014: 111) lebte die Mehrheit der Japanerinnen und Japaner in Berlin 1931 im Stadtteil Charlottenburg. Berlin zog vor dem Zweiten Weltkrieg auch einige japanische Mediziner zu Studienzwecken an. So hielten sich im Mai 1936 mehr als vierzig japanische Ärzte in der deutschen Hauptstadt auf. Sie trafen sich regelmäßig mit ihren deutschen Kollegen zu geselligen Abenden und gründeten schließlich Ende 1936 die deutsch-japanische Medizinergesellschaft (Bieber 2014: 383).

Mit der Intensivierung der kriegerischen Auseinandersetzungen lösten sich die Verbindungen auf und jedweder Austausch kam zum Erliegen. Nach dem Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion im Jahr 1941 verließen viele japanische Personen das Aufenthaltsland. Japanische Reisende, die auf dem Weg nach Deutschland waren, kehrten um. Die japanische Botschaft in Berlin hingegen gewann an personellem Zuwachs, da die diplomatischen Vertretungen Japans in den von Deutschland besetzten Ländern geschlossen waren und ihr Personal in Berlin weiterbeschäftigt wurde. Auch zahlreiche japanische Journalisten, Kaufleute und Studierende, die in diesen Ländern gelebt hatten, gingen nach Deutschland und vorzugsweise nach Berlin. Der japanische Studentenverein wurde von der Botschaft im Herbst 1941 aufgelöst. Im November schlossen sich die rund dreißig japanischen Studenten, Wissenschaftler und Lektoren, die sich noch in Deutschland aufhielten, zum Japanischen Akademikerverein zusammen (Bieber 2014: 840–843). Mit den Luftangriffen auf Berlin im Jahre 1943 wurden die noch in Berlin lebenden japanischen Staatsangehörigen in Gruppen von etwa hundert Personen in Kleinstädte im Umland evakuiert. Für diejenigen, die in der Stadt bleiben mussten, baute die Botschaft im Garten einen großen Bunker (Bieber 2014: 943). Die monatlichen Treffen von deutschen und japanischen Personen bei der DJG und die Zusammenkünfte des deutschen Japankreises konnten allerdings fortgesetzt werden. Auch japanische Kunstschaffende, die in Deutschland lebten, traten weiter auf. 1945 schließlich hatten aber alle ausländischen Personen, die noch in Berlin lebten, die Stadt bis zum 1. Juni zu verlassen, weil sie sonst keine Lebensmittel mehr bekommen hätten. Rund 270 in Berlin verbliebene japanische Personen wurden mit der Transsibirischen Eisenbahn in ihr Heimatland gebracht und kamen noch vor der Niederlage Japans dort an. Die DJG und das Japaninstitut bestanden trotz nahezu unversehrtem Gebäude nicht mehr (Bieber 2014: 1059).

Während Berlin in der Vorkriegszeit mit Hamburg das Zentrum der japanischen Aktivitäten in Deutschland darstellte, wurde es durch die Teilung Deutschlands nach der Niederlage im Zweiten Weltkrieg zur Enklave. Für die Wirtschaft wurde es unbedeutend, sodass es seine Position und seine Attraktivität für japanische Auslandsinvestitionen verlor (Nakagawa 2006: 35). Da die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland nun mit Bonn im Westen lag, verlagerte sich der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Aktivitäten in den Westen. Berlin konnte seine Bedeutung für die japanische Wirtschaft auch nach der Vereinigung Deutschlands 1990 nicht wiederherstellen. Es bestand die Aussicht, dass die japanischen Investoren mit der enormen Investition Sonys am Potsdamer Platz wieder nach Berlin zurückkehren würden, doch wurde diese Hoffnung von anhaltenden Schwierigkeiten auf dem osteuropäischen Markt zerschlagen. Die Instabilität des Marktes führte zu einer Neubewertung des osteuropäischen Marktpotentials und einem abnehmenden Interesse an Berlin als Hauptsitz für wirtschaftliche Aktivitäten japanischer Unternehmen in Europa (Glebe, Hurdley, Montag und White 1999: 429). Seit 2016 verzeichnet Berlin aber ein kontinuierliches Wachstum, was die Anzahl an japanischen Einwohnerinnen und Einwohnern betrifft.Footnote 93

3.4.3.2 Die ethnische Infrastruktur der japanischen community in Berlin

Aus der obigen Erläuterung zur historischen Entwicklung der japanischen community in Berlin ging bereits hervor, dass die DJG eine zentrale Rolle in der japanischen Gemeinde einnahm und für diese von zentraler Bedeutung war. Die Deutsch-Japanische Gesellschaft Berlin e. V. ging aus dem Wadokukai hervor. 1890 wurde die DJG durch die Mitglieder des Seminars für Orientalische Sprachen an der Königlichen Friedrich-Wilhelm-Universität in Berlin gegründet. Zu ihren Tätigkeiten gehören Konferenzen und Musikveranstaltungen, Wohltätigkeitsbälle, Weihnachts- und Neujahrsessen, Ausflüge zu geselligen und wissenschaftlichen Zwecken sowie Kunstaustellungen. Zu ihren Mitgliedern, deren Zahl sich 1910 auf 142 Personen belief, gehörten zu Beginn Professoren und Studierende und später auch Geschäftsleute und Diplomaten.Footnote 94 Von 1935 bis 1944 gab die DJG gemeinsam mit dem Japaninstitut Berlin und dem Japanisch-Deutschen Kulturinstitut Tokyo die Zeitschrift „Nippon – Zeitschrift für Japanologie“ heraus. In den Jahren 1938 bis 1941 erfolgte die Gründung von 15 Zweigstellen bzw. Ortsgruppen der DJG in Absprache mit dem Auswärtigen Amt und den Dienststellen der NSDAP im gesamten Land. Durch den Krieg war die Arbeit unterbrochen und wurde 1952 wiederaufgenommen. Von 1955 an folgten weitere Wiedereröffnungen und auch Neugründungen von Deutsch-Japanischen Gesellschaften und Deutsch-Japanischen Freundeskreisen, die sich 1963 im Verband der Deutsch-Japanischen Gesellschaften zusammenschließen. In den 1990er Jahren kommt es zu weiteren Neugründungen von Deutsch-Japanischen Gesellschaften in den neuen Bundesländern durch die Unterstützung der DJG Berlin. Seit der Jahrtausendwende hat die DJG Berlin Austauschprogramme mit japanischen Studierenden intensiviert.Footnote 95 Neben der DJG gibt es zum privaten Austausch noch den Japanese Culture Club. Dieser trifft sich ein Mal im Monat zum Stammtisch und bietet Personen, die Interesse an Japan haben, die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen und gemeinsamen Interessen nachzugehen.Footnote 96

Weitere Deutschland-Japan-bezogene Einrichtungen sind die Deutsch-Japanische Jugendgesellschaft e. V. (DJJG) und das Japanisch-Deutsche Zentrum Berlin (JDZB). Die Überlegung zur Gründung des JDZB ging aus einem Besuch des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl im November 1983 beim japanischen Premierminister Nakasone Yasuhiro hervor. Die gemeinnützige Stiftung JDZB wurde schließlich zwei Jahre später, im Januar 1985, gegründet. Vorstandsmitglieder sind japanische und deutsche Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Wissenschaft. Nach den Renovierungsarbeiten wurde im November 1987 die Einweihung des Gebäudes als Teil der 750-Jahr-Feier der Stadt Berlin begangen, wobei der Höhepunkt der Feierlichkeiten der Besuch Seiner Kaiserlichen Hoheit Prinz Naruhito war. Im Frühjahr 1988 begann das JDZB mit der Vermittlung von Kenntnissen über Japan in Form von Symposien, Konferenzen, Ausstellungen und Konzerten. Hierzu heißt es: „Mit einem ‚Tag der offenen Tür‘ und anderen öffentlichen Veranstaltungen bemühte sich das JDZB, nicht nur für Fachleute, sondern auch für das interessierte Berliner Publikum und hier lebenden (sic) Japanerinnen und Japaner ein Haus der Begegnung zu sein“Footnote 97. Gut zehn Jahre lang blieb die Stiftung im Botschaftsgebäude in der Tiergartenstraße, bis sie aufgrund des Umzugsbeschlusses des deutschen Bundestages 1991 umziehen musste. Im Juni 1998 wurde das neue Gebäude auf dem Grundstück des ehemaligen Unteroffiziers-Club der amerikanischen Streitkräfte in Berlin-Dahlem festlich eingeweiht. Im Jahr 2015 beging das JDZB sein 30-jähriges Bestehen.Footnote 98 Neben wissenschaftlichen Konferenzen und kulturellen Veranstaltungen bietet das JDZB auch Austauschprogramme und Sprachkurse. Auf seiner Internetseite heißt es: „Besonders wichtig ist uns die Ansprache der jüngeren Generation, bei der wir die Beschäftigung mit dem jeweils anderen Land ins Blickfeld rücken möchten“Footnote 99.

In Hinblick auf eine auf Familien ausgerichtete Infrastruktur finden sich in Berlin Wannsee die Japanische Internationale Schule zu Berlin e. V. sowie in Charlottenburg-Wilmersdorf die Zentrale Schule für Japanisch Berlin e. V. und die Japanische Ergänzungsschule in Berlin e. V. Japanische Kindergärten oder Kindergärten mit einem ausdrücklich japanischen Sprachangebot scheinen nicht vorhanden zu sein, doch ist es vermutlich möglich, multikulturelle oder bilinguale Kindergärten zu nutzen.

Im wirtschaftlichen Bereich weist Berlin eine weitere Zweigstelle der JETRO sowie die Japanische Industrie- und Handelsvereinigung Berlin e. V. (JIHV Berlin) auf. Im politischen Bereich gibt es eine Deutsch-Japanische Parlamentariergruppe im Bundestag.Footnote 100

In Hinblick auf kulturelle Einrichtungen gibt es in Berlin auch den Chadō Urasenke Teeweg-Verein. Im September 2020 wurde im Humboldt-Forum ein Teehaus eröffnetFootnote 101. Außerdem gibt es das JapanFestival Berlin, das 2020 zum elften Mal stattfand und seitdem jährlich organisiert wird.Footnote 102

3.4.4 Frankfurt am Main

Die Stadt Frankfurt am Main liegt im Bundesland Hessen. Im Jahr 2019 waren dort auf einer Fläche von 248,30 km2 758.574 Personen beheimatet. Der Anteil an ausländischen Personen an der Bevölkerung Frankfurts betrug im selben Jahr 30 %, also 227.392 Personen.Footnote 103 Laut Melderegister der Stadt leben in Frankfurt 3414 japanische Personen, womit Frankfurt die viertgrößte japanische Gemeinde in Deutschland ist. Von diesen 3414 japanischen Personen sind 1824 (53,4 %) weiblich und 1590 (46,6 %) männlich.Footnote 104 Im Gegensatz zu den japanischen communities in Düsseldorf, München und Berlin ist die Geschlechterverteilung damit unter den Japanerinnen und Japanern relativ ausgeglichen. Nach den Angaben des Melderegisters sind davon 773 Personen bis zu 17 Jahre alt und 2641 Personen 18 Jahre und älter. Die Statistik im Bericht „Ausländische Einwohnerinnen und Einwohner in Frankfurt am Main am 31. Dezember 2020“ gibt eine differenziertere Aufteilung nach Alter an. Mit 2475 Personen verteilt sich der Großteil (72,5 %) der japanischen Bevölkerung auf die Altersgruppe von 18 bis 59 Jahre. 764 Personen (22,4 %) sind bis zu 17 Jahre alt und 175 Personen (5,13 %) über 60 Jahre. Das Statistische Jahrbuch der Stadt Frankfurt gibt zudem Auskunft über den Schulbesuch. 82 japanische Kinder und Jugendliche besuchten 2019 eine allgemeinbildende Schule, darunter waren 46 Grundschülerinnen und Grundschüler und 22 Gymnasiastinnen und Gymnasiasten.Footnote 105

3.4.4.1 Entstehung und Entwicklung der japanischen community in Frankfurt am Main

Erste Ansätze einer japanischen Gemeinde in Frankfurt am Main lassen sich in das Jahr 1911 zurückverfolgen, als der Frankfurter Verein für Orientalische Sprachen, Vorgänger der Deutsch-Japanischen Gesellschaft, mit Kursen zur „Einführung in die japanische Schrift und Sprache“ und Vorträgen über kulturelle Themen begann. Bereits ein Jahr zuvor war südlich von Frankfurt im Park des fürstlichen Schlosses Wolfsgarten durch den Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein ein japanischer Garten angelegt worden, der als einer der ersten und mit einer Größe von 13.000 m2 als einer der größten seiner Art in Deutschland und Europa gilt. Als erste Japaner in Frankfurt werden drei Delegierte des Vorläufers des japanischen Finanzministeriums genannt, die von 1872 bis Anfang 1874 die Produktion der neuen Banknoten nach den Reformen der Meiji-Zeit bei der Frankfurter Druckerei „Dondorf & Naumann“ überwachten. Anfang der 1930er Jahre hatte sich das Japan-Interesse in Frankfurt so weit verfestigt, dass es bereits einen Japanisch-Lektor gab, der 1934 ein kleines Japaninstitut aufbaute. Daraus entwickelte sich mit Hilfe der interessierten Industrie eine Ortsgruppe, die bereits die Bezeichnung „Deutsch-Japanische Gesellschaft“ in Briefen verwandte. Fünf Jahre später, im Jahre 1939, erfolgte die Gründung der Deutsch-Japanischen Gesellschaft, Zweiggesellschaft Südwestdeutschland. Den Zusatz „Zweiggesellschaft“ erhielt die Deutsch-Japanische Gesellschaft in Frankfurt, da die einzige eigenständige Deutsch-Japanische Gesellschaft zu jener Zeit die DJG Berlin war und die DJG in Frankfurt nun als ihre Zweiggesellschaft gegründet wurde. Nach der Unterbrechung des Austausches zwischen Deutschland und Japan aufgrund der Kriegsgeschehnisse wurden 1953 die ersten Vertragsverhandlungen zur Wiedereröffnung eines japanischen Konsulats in Frankfurt geführt. Im Jahr 1956 erfolgte die Wiedergründung der DJG Frankfurt als Zweigstelle der DJG Berlin.Footnote 106

Auch Frankfurt, das eine Städtepartnerschaft mit Yokohama unterhält, wirbt mit seinen Standortvorteilen für die Wirtschaft und nennt ebenfalls wie Düsseldorf die Flugverbindungen und seine zentrale Lage in Europa. Mittlerweile befinden sich neben Banken, Finanzdienstleistern und Handelsunternehmen vor allem Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen von führenden Firmen in der Rhein-Main-Region.Footnote 107

3.4.4.2 Die ethnische Infrastruktur der japanischen community in Frankfurt am Main

Zentrale japanische Institutionen, Einrichtungen und Netzwerke sind das Japanische Generalkonsulat, die Japanische Fremdenverkehrszentrale JNTO und das Deutschlandbüro der Stadt Yokohama. Laut FrankfurtRheinMain GmbH, einer Standortmarketinggesellschaft, profitiert die japanische community „von der ausgeprägten Internationalität der Region FrankfurtRheinMain und greift auf eine solide japanische Infrastruktur zu, die sich im Laufe der Jahre entwickelt“Footnote 108 habe. Mit japanischen Buchläden, Lebensmittelgeschäften, Bars, Restaurants und Dienstleistern sind alltägliche Bedürfnisse der community gedeckt. Japanische Wirtschaftsberater, Steuerberater und Rechtsanwälte sind ebenfalls vorhanden. Außerdem gibt es eine auf Familien ausgerichtete Infrastruktur mit japanischen Kindergärten und Schulen (Japanischer Kindergarten Frankfurt am Main, Japanische Internationale Schule Frankfurt am Main e. V.). Auch ein Deutsch-Japanisches Kinderkulturzentrum ist vorhanden.Footnote 109

Weitere zentrale Kultureinrichtungen sind die Chadō Urasenke Tankōkai Frankfurt Association. Die Gesellschaft zum Erlernen der Teezeremonie und zur Vermittlung des Teeweges wurde 2011 anlässlich des 150-jährigen Jubiläums der deutsch-japanischen Beziehungen als 105. ausländische Gesellschaft der Urasenke Tankōkai-Organisation gegründet.Footnote 110 Außerdem findet jährlich das Nippon Connection Filmfestival sowie das Main Matsuri statt. In der Japanisch-Evangelischen Gemeinde Frankfurt e. V. wird der Gottesdienst auf Japanisch abgehaltenFootnote 111.

Auf wirtschaftlicher Seite gibt es die Vereinigung der Japanischen Unternehmen Frankfurt e. V. sowie die Deutsch-Japanische Gesellschaft Frankfurt e. V.Footnote 112

Die japanische community prägt das Stadtbild auch durch architektonische Elemente in Form des im Jahre 1996 fertiggestellten und hundert Meter hohen Taunustor Japan Centers, eines Konferenzzentrums und Business Centers.Footnote 113

3.4.4.3 Niederlassungsverhalten der japanischen Migrantinnen und Migranten in Frankfurt am Main

Die Stadt Frankfurt am Main ist in 46 Stadtteile unterteilt. Mithilfe der übermittelten Angaben des Bürgeramts Statistik und Wahlen der Stadt Frankfurt am Main konnte Abbildung 3.3 erstellt werden, aus der die zehn Frankfurter Stadtteile mit den meisten Japanerinnen und Japanern hervorgehen. Mit 441 Personen leben die meisten Japanerinnen und Japaner im Stadtteil Hausen. Auf Hausen folgt der Stadtteil Bockenheim mit 409 japanischen Personen. Die drittgrößte Gruppe lebt im Stadtteil Praunheim. Dort sind 219 Personen ansässig und somit fast halb so viele wie in Hausen. Hausen liegt nordwestlich der Frankfurter Altstadt und grenzt an den Fluss Nidda. Im Nordosten grenzt Praunheim an Hausen, im Südosten an Bockenheim. Hausen und Praunheim gelten als stadtnahe Vororte mit dörflichem Charme, mit Natur und guter Anbindung an die InnenstadtFootnote 114. In Hausen befinden sich zudem die Internationale Japanische Schule sowie der Japanische Kindergarten, der dieser angegliedert ist.

Bereits aus der Forschung zu Düsseldorf geht hervor, dass die Stadtteile mit auf Familien ausgerichteter Infrastruktur bevorzugt werden, was durch die vorliegenden Zahlen für die Stadt Frankfurt am Main bestätigt wird. Die Lage der Schule kann auch ein Grund dafür sein, dass sich die Japanerinnen und Japaner in einem Stadtteil mit höherer Arbeitslosendichte (5,8 %) aufhalten. Nur Niederursel und Praunheim weisen unter den zehn beliebtesten Stadtteilen der japanischen Bevölkerung höhere Arbeitslosendichten von 5,8 % und 6,0 % auf. Die Arbeitslosendichten der übrigen genannten Stadtteile liegen zwischen 1,6 % und 4,3 % und durchschnittlich bei 2,77 %.Footnote 115 Der Stadtteil Bockenheim grenzt an den Campus Bockenheim der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main an, weist eine auf Studierende ausgerichtete Infrastruktur auf und „profitiert auch von seiner Nähe zum Messegelände und dem Bankenviertel“Footnote 116. Aus dieser Beschreibung kann sich die Beliebtheit des Stadtteils erklären, insbesondere dass sich dort überwiegend Studierende niedergelassen haben. Insgesamt zeigt sich in Frankfurt am Main, dass sich die Japanerinnen und Japaner überwiegend im Innenstadtbereich aufhalten und die nordwestlichen Stadtteile bevorzugen.

Abb. 3.3
figure 3

Verteilung japanischer Personen in Frankfurt am Main 2019. (Quelle: Eigenerstellung auf Basis der Daten der Stadt Frankfurt am Main, Bürgeramt, Statistik und Wahlen)

3.4.5 Hamburg

Die Freie und Hansestadt Hamburg ist ebenfalls wie Berlin Stadtstaat und Bundesland zugleich. Sie erstreckt sich über eine Fläche von 755,2 km2. Mit 1.852.478 Einwohnerinnen und Einwohnern ist sie nach Berlin die zweitgrößte Stadt Deutschlands. Im Jahr 2019 betrug der Anteil ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger in Hamburg 17,4 %Footnote 117. Insgesamt lebten am 31. Dezember 2019 in Hamburg 330.165 ausländische PersonenFootnote 118. Laut Statistischem Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein macht die japanische Bevölkerung mit 1438 Personen nur einen geringen Anteil an der ausländischen Bevölkerung in Hamburg aus, allerdings bilden diese Personen die fünftgrößte japanische Gemeinde in DeutschlandFootnote 119. Darüber hinaus zählt die japanische community in Hamburg mit Berlin zur ältesten japanischen Gemeinde in Deutschland. Angaben zur Verteilung der Geschlechter und der Altersstruktur der japanischen Personen in Hamburg gehen aus den Angaben des Statistischen Amts für Hamburg und Schleswig-Holstein nicht hervor. Laut Melderegister befinden sich unter den 1438 japanischen Personen 573 männliche und 865 weibliche.Footnote 120

3.4.5.1 Entstehung und Entwicklung der japanischen community in Hamburg

Seit 1883 gibt es in Hamburg ein japanisches Generalkonsulat. Aufgrund des Umstands, dass Hamburg über den größten deutschen Außenhandelshafen verfügt und Sitz von großen Außenhandelsfirmen und Reedereien ist, ließen sich japanische Kaufleute in Hamburg nieder. Historisch gesehen begannen sich die japanischen Unternehmen ab etwa 1920 im Deutschen Reich – insbesondere in Hamburg – niederzulassen, so etwa die Yokohama Specie Bank. Nach dem Zweiten Weltkrieg und den geopolitischen Veränderungen sowie der durch die Teilung Deutschlands veränderten wirtschaftlichen Lage entschied sich die Bank of Tokyo Ltd., vormals Yokohama Specie Bank, Ltd., eine Niederlassung im Jahre 1954 in Hamburg zu gründen. Fünf Jahre später eröffnete auch in Düsseldorf eine Auslandsfiliale, wodurch beide Städte nun konkurrierten. Mit dieser Entscheidung waren Düsseldorf und Hamburg für die wirtschaftlichen Aktivitäten Japans in Deutschland gleichbedeutend (Nakagawa 2006: 36). Jedoch waren nicht nur Hamburg und Düsseldorf wichtige Zielregionen, sondern auch Frankfurt am Main spielte eine bedeutende Rolle (Nakagawa 2006: 37). Von 1952 bis in die 1970er Jahre konzentrierten sich die japanischen Handelsfirmen auf Hamburg. Hamburg fungierte aufgrund seines Hafens und der Anbindung an die Elbe sowie darüber hinaus an Nord- und Osteuropa als Exportzentrum. Nach der Verabschiedung des Friedensvertrags von San Francisco wurden im April 1952 zunächst japanische Expatriates zum Hamburger Handelshafen entsandt. Allerdings setzte nahezu zeitgleich eine Wanderung von Expatriates nach Düsseldorf ein. Anschließend wanderten zahlreiche Firmen nach Düsseldorf ab. Seit 1992 pflegt Hamburg eine Hafenpartnerschaft mit Yokohama und seit 1989 eine Städtepartnerschaft mit Osaka, beide Partnerschaften ermöglichen Austauschprogramme in den Bereichen Wissenschaft, Kultur und Sport.Footnote 121

3.4.5.2 Die ethnische Infrastruktur der japanischen community in Hamburg

Organisiert sind die in Hamburg lebenden Japanerinnen und Japaner im Freizeitbereich in der Deutsch-Japanischen Gesellschaft e. V. und im Japanischen Verein, dem sogenannten Nihonjinkai Hamburg e. V. Darüber hinaus gibt es das Deutsch-Japanische Forum Elbe e. V. Seit 1968 organisiert die japanische community jährlich ein Feuerwerk anlässlich des Kirschblütenfestes über der Außenalster und kürt alle zwei Jahre im Rahmen des Festes die Hamburger Kirschblütenprinzessin, die als Botschafterin der Stadt zur Förderung des kulturellen und wirtschaftlichen Austausches zwischen Hamburg und Japan beiträgt.Footnote 122 Ebenso wie in Frankfurt am Main gibt es in Hamburg auch eine Japanisch-Evangelisch-Christliche Gemeinde. Die auf Familien ausgerichtete Infrastruktur in Hamburg ist nicht so gut ausgebaut wie in Düsseldorf, verfügt aber wie die übrigen größeren japanischen Gemeinden über eine Internationale Japanische Schule. Außerdem gibt es einen sogenannten Japan Community Service, der bei der Vermittlung von Unterkünften behilflich istFootnote 123.

Der Japanische Garten mit Teehaus, der 1990 nach einem Entwurf eines japanischen Landschaftsarchitekten entstand, liegt im Hamburger Park „Planten un Blomen“ zwischen Congress Center und Hamburg-Messe und ist der größte seiner Art in Europa. Im Teehaus, das mit einem kleinen See das Zentrum des Gartens bildet, werden im Sommer Teezeremonien und weitere Veranstaltungen abgehalten. Die Mikiko Sato Gallery wurde 2002 mit dem Ziel gegründet, „japanische Künstler durch Ausstellungen und Publikationen aufzubauen und das öffentliche Bewusstsein für zeitgenössische, japanische Kunst hierorts [in Deutschland: Anm. der Verf.] zu fördern“Footnote 124. Des Weiteren heißt es, dass sich die Galerie „als Bindeglied zwischen den Kulturen“Footnote 125 verstehe.

3.4.5.3 Niederlassungsverhalten der japanischen Migrantinnen und Migranten in Hamburg

Nachdem in den vorherigen Kapiteln ein Überblick über die fünf größten japanischen communities in Deutschland gegeben wurde, soll an dieser Stelle abschließend das Niederlassungsverhalten der japanischen Migrantinnen und Migranten in Hamburg dargelegt werden. Wie aus Abbildung 3.4 hervorgeht, besitzt Hamburg seit 1951 sieben Stadtbezirke. Der Stadtteil Hamburg-Mitte bildet, wie der Name es bereits vermuten lässt, die Stadtmitte und wird von der Elbe und ihren Ausläufern relativ mittig durchzogen. Nördlich der Elbe liegt der Stadtteil Hamburg-Altona, der im Nordosten an Hamburg-Eimsbüttel angrenzt. Eimsbüttel liegt wie die Stadtteile Hamburg-Nord und Hamburg-Wandsbek nördlich von Hamburg-Mitte. Im Süden befinden sich zwei Stadtteile: Hamburg-Harburg und Hamburg-Bergedorf. Der Stadtteil Hardorf schließt im Südwesten und Bergedorf im Südosten an Hamburg-Mitte an. Sie grenzen im Süden an Niedersachsen an, während die vier nördlichen Stadtteile Altona, Eimsbüttel, Nord und Wandsbek sowie ein nordöstlicher Teil von Hamburg-Mitte an Schleswig-Holstein angrenzen. Diese sieben Bezirke sind in 104 Stadtteile untergliedert.

Abb. 3.4
figure 4

Verteilung japanischer Personen in Hamburg 2019. (Quelle: Eigenerstellung auf Basis der Daten des Statistikamts Nord)

Die Angaben des Statistikamts Nord geben keine Auskunft über die Verteilung der japanischen Personen auf die 104 Stadtteile, sondern nur auf die 7 Stadtbezirke. Aus den Daten geht, wie in Abbildung 3.4 ersichtlich, hervor, dass die meisten japanischen Migrantinnen und Migranten in Eimsbüttel (335 Personen) leben. Es folgen dicht aufeinander Hamburg-Nord mit 297 Personen und Altona mit 292 Personen. Hamburg-Mitte beherbergt 207 japanische Personen und Wandsbek 166 Personen. Mit Abstand die wenigsten japanischen Personen sind in den Stadtteilen Harburg (29 Personen) und Bergedorf (18 Personen) vorhanden.