Zusammenfassung
Bevor auf die Analyse der biographischen Fälle eingegangen werden kann, bedarf es einer genaueren Beschreibung und Reflexion der Kontextbedingungen und des Forschungsprozesses. Die Ansprache der Student:innen sowie die Durchführung und Analyse der biographischen Interviews fand unter bestimmten Voraussetzungen und situativen Bedingungen statt, die es offen zu legen d. h. zu objektivieren gilt, weil sie unmittelbaren Einfluss auf die Herstellung der erhobenen Daten haben.
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Notes
- 1.
Allgemein gibt es je nach Forschungskontext ganz unterschiedliche Beweggründe, warum sich Menschen dazu bereit erklären, an einer Studie teilzunehmen. In biographieforschenden Kontexten sind es i. d. R. Menschen, die sich darauf einlassen, ihre Lebensgeschichte zu erzählen und damit Einblicke in ihr Leben geben. Es liegt daher auf der Hand anzunehmen, dass es sich vor allem um solche Menschen handelt, die gerne von sich erzählen und eine gewisse Offenheit bzw. ein gewisses Interesse mitbringen, die bestimmte Erwartungen an das Interview haben und/oder ein Forschungsvorhaben unterstützen möchten. Biographieforscher:innen können sich die Menschen, deren Lebensgeschichte sie analysieren, nicht aussuchen. Sie sind auf Freiwilligkeit, Interesse, Kommunikationsfreudigkeit, Vertrauen und Offenheit angewiesen und können lediglich auf das zurückgreifen, was die Biogaph:innen von sich zu erzählen bereit bzw. in der Lage sind.
- 2.
Eine Möglichkeit wäre gewesen, solche Personen, die als potenziell vulnerabel erschienen, nicht in das Sample aufzunehmen. Eine so vorgenommene Auswahl hätte jedoch bedeutet, eine Differenzierung auf der Grundlage spezifischer Merkmale vorzunehmen und gleichzeitig zu unterstellen, dass gewisse Personen grundsätzlich diskriminierenden Erfahrungen ausgesetzt sind, was wiederum Differenz hergestellt hätte und im Problem der Reifizierung durch Forschung gemündet wäre. Sowohl die Benennung als auch die Nichtbeachtung von Menschen, die diskriminierenden Praktiken ausgesetzt sind und waren, ja sogar die Kritik an diesen Praktiken kann zur Reproduktion von Differenz beitragen.
- 3.
„Von einem Hindernis zur Objektivierung kann die Zugehörigkeit zu einem die Objektivierung befördernden Moment werden – vorausgesetzt, daß sie selbst objektiviert und beherrschbar gemacht wurde. Nur wer weiß, daß er dem religiösen Feld zugehört, und sich die damit gegebenen Interessen bewußt gemacht hat, kann die Effekte der Zugehörigkeit kontrollieren und daraus die Erfahrungen und Informationen gewinnen, die nötig sind, um eine nichtreduktionistische Objektivierung zustande zu bringen, die die Alternative von Innen und Außen, blinder Verbundenheit und partieller Klarheit virtuell überwindet“ (Bourdieu 1992, S. 228).
- 4.
Eine Eurobarometer-Umfrage im Jahr 2018 ergab, dass sich unter den in Deutschland lebenden Menschen 64,2 Prozent einer christlichen Konfession, 3,5 Prozent dem Islam und 0,1 Prozent dem Judentum zugehörig beschreiben (vgl. bpb 2020).
- 5.
Da mit zunehmender Interviewerfahrung der Eindruck entstand, dass eine zu lange Eingangsfrage die Biograph:innen eher verunsicherte und manche nicht mehr nachvollziehen konnten, was genau die Frage war, wurde der Erzählimpuls schließlich so kurz wie möglich gehalten. Er lautete zuletzt: „Ich möchte dich bitten, mir deine Lebensgeschichte zu erzählen. Also du kannst mir alles erzählen, was dir dazu einfällt, da einsteigen, wo du möchtest und dir dafür so viel Zeit nehmen, wie du brauchst. Ich höre dir erstmal zu und unterbreche dich nicht“. Dass Notizen gemacht und im Anschluss noch Fragen gestellt werden würden, darüber waren die Interviewten im Voraus informiert worden.
- 6.
Für die Leitfadenerstellung war das „SPSS-Prinzip“ von Cornelia Helfferich (2011) hilfreich.
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Rensch-Kruse, B. (2024). Rahmenbedingungen und Forschungsprozess. In: Religion - Profession - Subjekt(ivierung). Subjektivierung und Gesellschaft/Studies in Subjectivation. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-43875-3_4
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Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
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