Für die Erforschung von Handlungskoordination in der Weiterbildungsplanung und-entwicklung werden aus methodologischer Sicht Zugangswege benötigt, die auf der Individualebene eine strukturierte Erfassung von handlungsleitenden Absichten, Interaktion und Handlungskoordination zwischen Akteur:innen ermöglichen. Wie theoretisch nachvollzogen werden konnte, bietet die Konventionenökonomie hierzu einen potenziell geeigneten Zugang.

Eine verstärkte Nachfrageorientierung der Hochschulweiterbildung zieht ein Angleichungshandeln der Akteur:innen an die Erfordernisse institutioneller Umwelten nach sich. Der Markt, hier im Konkreten der Markt als Transaktionsraum für Weiterbildungsangebote und deren Nachfrage, ist ein Teilbereich dieser institutionellen Umwelten. Das Verhältnis von Markt zu Institution lässt sich sowohl aus ökonomischer als auch aus soziologischer Perspektive beschreiben, wobei die methodologischen Gegensätze beider Perspektiven in Bezug auf die Erklärung individueller und kollektiver Verhaltensweisen oft als unüberwindbar wahrgenommen werden (vgl. Boltanski und Thévenot, 2018: 46; 49–58). In marktlich verwobenen Institutionen folgen Einigungsprozesse und Handlungskoordination nicht zwingend ausschliesslich rational-ökonomischen Argumenten. Vielmehr unterliegen Entscheidungen und Handlungen individuellen Relativierungen und Zuordnungen zu anderen institutionellen Referenzsystemen, welche ökonomische Erfordernisse allenfalls als äusseren Begleitumstand für Entscheidungen mitführen. Im Kontext der Hochschulweiterbildung zählen zu diesen Referenzsystemen vor allem die beiden Kernleistungsbereiche Wissenschaft und Lehre sowie das System Hochschule selbst mit seinen überinstitutionellen Regeln. Individuen nehmen im Rückgriff auf das, was Ihnen vordergründig gerechtfertigt erscheint, Zuordnungen in Bezug auf die Qualität und Zulässigkeit von Entscheidungen vor (vgl. Bessy, 2011: 181). Hierbei greifen sie auf Qualitätszuschreibungen kontextuell relevanter Referenzsysteme zurück und suchen nach einer Angleichung, welche über die gemeinsame Relativierung von Ansichten ein kollektiv tragbares Äquivalenzverhältnis herstellt. Solche Äquivalenzverhältnisse, oder auch Äquivalenzordnungen, spielen in der Konventionenökonomie eine besondere Rolle. Es handelt sich bei Äquivalenzuordnungen um neue und verallgemeinerungsfähige Lösungen, die am Ende eines Aushandlungsprozesses stehen und auf die sich Akteur:innen als legitime Ordnung berufen können. Auf Basis einer solchen Äquivalenzordnung erfolgt die Koordination menschlichen Handelns (vgl. Boltanski et al., 2011: 45). In der Hochschulweiterbildung sind, aufgrund ihres hybriden Charakters, neben der wissenschaftsbezogenen Ausrichtung ihrer Angebote auch marktförmige Leistungsbeziehungen im Sinne der Nachfrageorientierung zu gestalten (vgl. Seitter, 2014: 148f). Es stellt sich die Frage, wie diese hybriden Handlungslogiken das Handeln der verantwortlichen Akteur:innen in der Hochschulweiterbildung beeinflussen. Ein besonderes Gewicht erhalten dabei die konventionenbezogenen Zuordnungen und Handlungsbegründungen im Zusammenhang mit dem Weiterbildungsmarkt als Teil der institutionellen Umwelt der Hochschulweiterbildung, sowie die konventionenbezogenen Zuordnungen und Handlungsbegründungen der Hochschule als Wissenschaftsinstitution. Auf dieser Grundlage werden die nachfolgenden Forschungsfragen für die anschliessende empirische Analyse konkretisiert.

  1. 1.

    Welchen konventionenbezogenen Zuschreibungen folgen Akteur:innen der Hochschulweiterbildung im Spannungsfeld von Wissenschaftsinstitution und Weiterbildungsmarkt?

  2. 2.

    Korrespondieren diese konventionenbezogenen Zuschreibungen mit den Handlungen der Akteur:innen in der Weiterbildungsplanung und -entwicklung?

  3. 3.

    Welche konventionenbezogenen Typologisierungen von Akteur:innen in der Weiterbildungsplanung und -entwicklung lassen sich im Spannungsfeld von Wissenschaftsinstitution und Weiterbildungsmarkt vornehmen?