Die hier vorliegende Studie widmet sich dem Handeln von Akteur:innen in der Weiterbildungsplanung und -entwicklung im Spannungsfeld von Wissenschaftsinstitution und Weiterbildungsmarkt an Schweizer Hochschulen. Dieses grundlegende Interesse impliziert mehrere Betrachtungsebenen: Die handelnden Akteur:innen, die Hochschule als Institution und Organisation sowie die Umwelt der Hochschulweiterbildung mit besonderem Fokus auf den Weiterbildungsmarkt und seine Anspruchsgruppen. Forschungsaktivitäten im Feld der Hochschulweiterbildung finden sich auf all diesen Ebenen. Die nachfolgenden Ausführungen verfolgen das Ziel eines einleitenden Überblicks zum Stand einer institutionentheoretisch sowie akteurszentrierten Forschung in der Weiterbildungsplanung und -entwicklung an Hochschulen. Berücksichtigt werden dabei, entlang der genannten Betrachtungsebenen, kontextrelevante Beiträge aus der institutionen-theoretischen und akteurszentrierten Weiterbildungsforschung sowie der Programmplanungsforschung der Erwachsenenbildung der letzten fünfzehn Jahre, sofern diese das Handeln von Akteur:innen im hochschulischen Weiterbildungskontext aus einer akteurszentrierten, institutionentheoretischen oder auch ökonomischen Perspektive einbeziehen. Allgemeine Beiträge aus der Weiterbildungsforschung werden einbezogen, sofern diese den besonderen Aspekt einer nachfrage- und weiterbildungsmarktbezogenen Ausrichtung von Weiterbildung an Hochschulen berücksichtigen. Beiträge aus der Neuen Institutionenökonomie, dem Neo-Institutionalismus oder der Konventionenökonomie werden ergänzend herangezogen, wenn diese zum Verständnis des hier diskutierten Forschungsstandes beitragen. Es geht in diesem Abschnitt insbesondere darum, grundsätzliche Strömungen von Diskursbeiträgen im engeren Kontext der akteursbezogenen Erforschung von Weiterbildungsplanung und -entwicklung überblicksartig aufzuzeigen. Vertiefte theoretische Diskussionen zum Verhältnis von Weiterbildungsmarkt und Hochschulweiterbildung sowie zu den institutionentheoretischen oder konventionenökonomischen Perspektiven auf das Akteurshandeln in der Weiterbildungsplanung und -entwicklung, erfolgen in den nachfolgenden Theoriekapiteln, deren logische Reihenfolge und inhaltlicher Aufbau an die Ergebnisse dieses Abschnitts zum Stand der Forschung anschliesst.

Wissenschaftliche Arbeiten zum Ökonomisierungsdiskurs in der Bildung im Allgemeinen finden sich bei Büchter und Höhne (2021); Höhne (2015a, 2012a); Lohmann (2014); Graßl (2019, 2008); Brückner und Tarazona (2010) oder auch Bellmann (2001). Diese Beiträge liefern Impulse für das Verhältnis von Hochschulweiterbildung und Weiterbildungsmarkt, da durch ein Verständnis von Ökonomisierungsprozessen die Wirksamkeit von Handlungslogiken des Weiterbildungsmarktes auf die Weiterbildungsorganisation nachvollzogen werden kann. Ökonomisierung wird als Ausgangspunkt von Transformationen verstanden, indem ökonomische Handlungslogiken auf nicht-ökonomische Bereiche übertragen werden und diese überformen (Bellmann, 2001: 388). In der Folge ergeben sich hybride Steuerungen von Institutionen aus vormals getrennten Logiken unterschiedlicher Herkunftsbereiche der beteiligten Akteur:innen (Höhne, 2016, 2015b, 2012b). Dabei erfahren ökomische Leitgedanken als Ausgangspunkt von Transformation eine feldspezifische Veränderung, indem diese an die Bedingungen des Feldes angepasst und durch die Akteur:innen legitimiert werden (vgl. Höhne, 2012a; Harms und Reichard, 2003).

Folgt man dem Diskurs zu Ökonomisierung von Weiterbildung aus dem engeren Betrachtungswinkel der unterschiedlichen Systembindungen der Hochschulweiterbildung und deren Wirkung auf das Handeln von Akteur:innen, so lassen sich Befunde von Zastrow (2013), Seitter (2014) sowie Schmid und Wilkesmann (2020) wie folgt zusammenfassen: Die zunehmende Ökonomisierung der Hochschulweiterbildung führt zu einer Nachfrageorientierung als Steuerungsmodus, womit diese neben der wissenschaftlichen Fundierung ihrer Angebote auch marktförmige Leistungsbeziehungen im Sinne der Nachfrageorientierung gestalten muss. Beiträge, welche die Nachfrageorientierung als Steuerungsmodus in der Hochschulweiterbildung in den Fokus rücken, finden sich bei Seitter (2017, 2014) sowie Wolter (2017). Mit steigender Nachfrageorientierung werden Weiterbildungsangebote spezifischer auf die Bedürfnisse bestimmter Abnehmer:innen ausgerichtet. Der Anspruch nach Wissenschaftlichkeit ist mit einer kundenseitigen Forderung nach Praxisorientierung abzugleichen. Bei den genannten Beiträgen handelt es sich im Schwerpunkt um eine Verortung der Hochschulweiterbildung im Entwicklungsprozess von einer primär angebotsinduzierten Weiterbildung an Hochschulen, welche den eigenen Schwerpunkten in Wissenschaft und Forschung bei der Weiterbildungsentwicklung folgt (vgl. Wolter, 2011: 16), hin zu einer nachfrage- und wettbewerbsorientierten Steuerung (vgl. Zimmermann 2019b: 24; Fischer 2014: 39f; Seitter 2014: 141; Zastrow 2013: 228).

Folgt man Dollhausen und Lattke (2020: 102), so fehlt (im Sinne einer Einschätzung zum Forschungsstand in Weiterbildungsorganisationen) ein grundlegendes Verständnis institutioneller Referenzsysteme und deren Koordinationswirkung, indem handelnde Akteur:innen ihre Absichten und Präferenzen im Rückgriff auf divergente Werthaltungen rechtfertigen. Damit ist, neben der Feststellung der Existenz unterschiedlicher Systembindungen der Hochschulweiterbildung, zugleich auch ein institutionentheoretischer Kontext angesprochen, der die Wirkung institutioneller Regeln und Normen auf das Handeln von Individuen mitführt. Dabei wird für die Weiterbildung vor allem der Hochschule eine prägende institutionelle Bedeutung zugeschrieben (Dollhausen und Lattke, 2020: 4). Bei Dollhausen und Lattke (2020) werden mit dem Verweis auf Diaz-Bone (2011a) konventionenökonomische Bezüge für das Akteurshandeln indirekt in den Ausblick genommen, indem davon ausgegangen wird, dass neben institutionellen Wertvorstellungen und Normen, Handlungskonventionen die Verfahrensweisen in der Weiterbildungsorganisation mitsteuern. In der aktuellen Diskussion lassen sich drei verschiedene Richtungen von Forschungsbeiträgen identifizieren, die zum Verständnis institutioneller Referenzsysteme im Feld der Hochschulweiterbildung beitragen. Hierzu zählen insbesondere institutionentheoretische Ansätze des Neo-Institutionalismus oder, etwas stärker angelehnt an den Diskurs der Ökonomisierung von Bildung, der Neuen Institutionenökonomie. Forschungsbeiträge jüngeren Datums (vor allem 2019–2022) sehen in der Konventionenökonomie einen potenziellen Zugang für eine institutionentheoretische Akteursforschung im Zusammenhang mit der Steuerung von Bildungs- und Weiterbildungsorganisationen. Zum besseren Nachvollzug werden im Weiteren Forschungsbeiträge aus der institutionentheoretischen oder akteurszentrierten Forschung, die zugleich kontextrelevant im Sinne der hier durchgeführten Untersuchung sind, thematisch gruppiert und in der folgenden Reihenfolge diskutiert:

  • Forschungsbeiträge der Neuen Institutionenökonomie,

  • Forschungsbeiträge des Neo-Institutionalismus,

  • Forschungsbeiträge der Konventionenökonomie,

  • Forschungsbeiträge der Programmplanungsforschung,

  • Forschungsbeiträge im engeren Kontext der Schweizer Hochschulweiterbildung.

Ein abschliessender Meta-Kommentar dient der zusammenfassenden Einschätzung zum Forschungsstand.

Die Neue Institutionenökonomie bietet eine mögliche Reflexionsfläche zu Fragen der Ökonomisierung von Weiterbildung, da diese, basierend auf einer rational-ökonomischen TransaktionskostenökonomieFootnote 1, Akteurskonzepte an der Schnittstelle von Weiterbildungsmarkt und institutionalisiertem Handeln bereithält. Nach Brückner und Tarazona (2010) stehen in der Neuen Institutionenökonomie mikroökonomische Erklärungsansätze zur Verfügung, mit deren Hilfe zugleich eine Reformulierung des Verhaltens der pädagogischen Akteur:innen in Organisationen erklärt werden kann. Dabei rückt die Neue Institutionenökonomie neoklassische Annahmen einer marktvermittelten Tauschbeziehung in den Vordergrund. Nach Höhne (2012a) verbindet sich hiermit, dass Bildungsziele auf einer konzeptionellen Ebene unter ökonomischen Gesichtspunkten formuliert werden. Zugleich werden in der Neuen Institutionenökonomie Aspekte von Macht und strategischen Verhalten ebenso wie institutionelle Kontrollmechanismen mit in den Blick genommen, um beispielsweise Zweckrationalität und Opportunismus zu begegnen. Es wird konsequent dem Akteursbild des ausschliesslich zweckrationalen und nutzenmaximierenden Homo Oeconomicus gefolgt. Wie in den theoretischen Ausführungen der Abschn. 3.1 bis 3.3 der vorliegenden Arbeit gezeigt werden wird, unterscheiden sich die Neue Institutionenökonomie, der soziologische Neo-Institutionalismus und auch die Konventionenökonomie in ihrem Akteursverständnis. Folgt die Neue Institutionenökonomie dem Bild des rational-ökonomischen und nutzenmaximierenden Individuums im Sinne eines methodologischen Individualismus (vgl. Voigt, 2009; Richter und Furubotn, 2003), so fällt im soziologischen Neo-Institutionalismus der Organisation die Rolle als kollektive, eigenständige und zielbildende Akteurin zu (vgl. Meyer und Rowan, 2009; DiMaggio und Powell, 2009; Scott, 1995), die sich in einem fortlaufenden Angleichungsprozess mit der institutionellen Umwelt befindet (vgl. DiMaggio und Powell, 2009). Die Konventionenökonomie wiederum verfolgt den Ansatz kompetenter Akteur:innen, die durch ihr situationsbezogenes Handeln und auf der Grundlage von Konventionen Institutionen formen (vgl. Eymard-Duvernay, 2011).

Als aktuelle Beiträge des soziologischen Neo-Institutionalismus mit direkter Bezugnahme auf Bildungsinstitutionen, lassen sich vor allem Koch und Schemmann (2009), Hartz (2019), Schemmann (2017), Houben (2019), Herbrechter und Schemmann (2019), Koch (2022), Dahmen (2022) sowie Vetter und Schemmann (2022) nennen. Auch wenn in diesen Publikationen nur zum Teil Institutionen der Weiterbildung oder der Hochschulweiterbildung explizit adressiert sind 6FFootnote 2, stellen diese doch wichtige Bezüge zum besseren Verständnis neo-institutionalistischer Ansätze für die Steuerung von Organisationen zur Verfügung. Ansätze des Neo-Institutionalismus erklären das Verhalten von Organisationen und ihren Akteur:innen aus dem Verhältnis zu ihrer Umwelt (vgl. Vetter und Schemmann, 2022: 228). Dabei wird nicht nur nach organisationaler Effizienz, sondern vor allem auch nach Legitimität gestrebt (vgl. Schemmann, 2017). Organisationale Akteur:innen beziehen ihre Legitimation aus einer wechselseitigen Beziehung mit der Organisationsumwelt. «Jegliche Steuerungsversuche eines organisationalen Akteurs sowie die möglichen Reaktionsweisen der gesteuerten Organisationen stellen eine legitimitäts- bzw. legitimierungsbedürftige Organisationspraxis dar» (Koch, 2022: 152). Akteur:innen sind demnach in unterschiedliche Legitimationskontexte eingebunden. Die Hochschulweiterbildung erhält ihre Legitimationen aus der Institution Hochschule als Referenzsystem ebenso wie aus ihrem Erfolg am Weiterbildungsmarkt (vgl. Kondratjuk, 2020; Reich-Claassen, 2020, 2016; Tremp, 2020; Zimmermann und Fischer, 2016, 2014; Wolter, 2011; Kloke und Krüken, 2010). Die neo-institutionalistische Perspektive hat nach Koch (2022) den Vorteil «[…] auch die eher indirekten und oft unbemerkten Wirkmechanismen in den Blick zu bringen – z. B. hier das legitimatorische Bedingungsgefüge von Steuerung» (Koch, 2022: 152).

Theoretische Beiträge, welche sich der Konventionenökonomie als Forschungszugang im Kontext von Bildung widmen, sind bei Imdorf und Leemann (2023); Alke (2022); Pätzold (2022); Dahmen (2022); Graß und Alke (2019); Leemann (2019) sowie Peetz und Sowada (2019) zu verzeichnen. Diese Arbeiten behandeln zwar keine Fragestellungen im engeren Kontext des Planungshandelns in Weiterbildungseinrichtungen, liefern jedoch wichtige Bezüge, die zum Verständnis von konventionenbezogener Handlungskoordination zwischen Akteur:innen in institutionell geprägten Handlungsräumen wie der Hochschule und der Hochschulweiterbildung beitragen. Graß und Alke (2019) skizzieren überblicksartig Beiträge der Soziologie der Konventionen für die Bildungsforschung. In einer explorativen Interviewstudie widmet sich Alke (2019) Marktkonventionen im Kontext der Volkshochschulen in Deutschland und zeigt deren Wirksamkeit für das Programmplanungshandeln von Leitungskräften auf. Im Bereich der Hochschulforschung sind mit den Forschungsarbeiten von Esposito (2022); Juusola und Räihä (2020) sowie Baird (2008) weitere Beiträge vertreten, welche sich methodologisch an der Konventionentheorie ausrichten. Esposito (2022) widmet sich dem Vergleich konkurrierender Gesundheitsausbildungen in der Schweiz aus konventionensoziologischer Perspektive. Bei den empirischen Arbeiten von Juusola und Räihä (2020) sowie Baird (2008) handelt es sich um konventionenökonomische Beiträge im Feld der Hochschulforschung, die explizit Marktkonventionen in die Analyse einbeziehen. Bei Baird (2008) werden Heuristiken der Konventionenökonomie ausgewählten Qualitätstaxonomien im ökonomisierten Markt der australischen Hochschulbildung gegenübergestellt. Juusola und Räihä (2020) widmen sich, im Rahmen einer qualitativen Interviewstudie, Qualitätskonventionen finnischer Masterprogramme, welche im Bereich der Lehrer:innen-Bildung in Indonesien angeboten werden. Alle drei der genannten Beiträge (Esposito, 2022; Juusola und Räihä, 2020; Baird, 2008) stellen konkrete Überlegungen zur Nutzung konventionenökonomischer Heuristiken für empirische Analysen bereit. Dies ist nicht ohne Herausforderungen. Wie durch Pätzold (2022: 369) angemerkt, sind aus einer empirischen Perspektive konventionenökonomische Analysen mit der Problematik konfrontiert, dass Zusammenhänge zwischen abhängigen und unabhängigen Variablen im komplexen Zusammenwirken von Situation, Konvention und Handlung nicht einfach herzustellen sind. Deshalb fällt der Konventionentheorie vor allem als «Beobachtungsheuristik» eine zentrale Rolle zu (Pätzold, 2022: 369). Aktuell fehlen noch Anschlussarbeiten, welche das Potenzial der Konventionenökonomie für theoretisch-empirische Forschungen im Kontext von Bildungs- und Weiterbildungsinstitutionen tiefergehend beleuchten. Hierzu zählen auch Forschungsarbeiten, welche sich methodischen Fragen für die empirische Analyse des Handelns von Akteur:innen auf der Basis von Konventionen widmen.

Beiträge zum Akteursverständnis in der Weiterbildung sind zudem in der Erwachsenenbildung und hier, im engeren Kontext von Weiterbildungsplanung, in der Programmplanungsforschung verortet. Gegenstand der Programmplanungsforschung sind unter anderem die Angleichungsbemühungen der handelnden Akteur:innen an die Erwartungen unterschiedlicher Instanzen wie den Adressat:innen von Weiterbildung, der Weiterbildungsorganisation oder auch ökonomischen Anspruchsgruppen. Zum Verständnis tragen insbesondere die Arbeiten von Gieseke, siehe beispielsweise Gieseke (2003, 2006, 2008a, 2008b), von Hippel (2017, 2013, 2011) oder auch Fleige et al. (2019) bei. Die Programmplanungsforschung zeigt auf, welche Anforderungen und auch logischen Widersprüche im Spannungsfeld der Erwartungen unterschiedlicher Instanzen und deren Anspruchsgruppen durch die Programmplanungsverantwortlichen bearbeitet werden müssen. Eine Betrachtung von Programmplanung und -entwicklung in der Hochschulweiterbildung sollte daher vor allem die besonderen strukturellen und sozialen Logiken des Hochschulsystems berücksichtigen, siehe beispielsweise Reich-Claassen (2020). Hiermit ist zugleich eine besondere Herausforderung angesprochen, nämlich die «epistemologische Problematik von Organisation als einem mehrstufigem Feedbacksystem» (Schäffter, 2013: 230). Planungsmodelle der Programmplanungsforschung folgen häufig einer Makro-, Meso-, Mikrounterteilung der Ebenen erwachsenenpädagogischen Handelns. Die Programmplanung erfüllt nach Siebert (1982) die Funktion, zwischen diesen Ebenen zu vermitteln. Eine Analyse von Akteurshandeln ist im Sinne dieses Mehrebenenkonzepts mit Komplexität konfrontiert, insbesondere dann, wenn theoretische Überlegungen in empirische Analyseinstrumente transferiert werden sollen. Wie im Verlauf dieser Arbeit gezeigt werden wird, liefert die Konventionenökonomie durch ihr Konzept situativer Reichweiten eine eigene Herangehensweise, welche aus einer organisationalen Perspektive eine eng gefasste Unterteilung in Mikro-, Meso- und Makroebene vermeidet (vgl. Knoll, 2015: 23f; Diaz-Bone, 2009: 236) (siehe hierzu auch Kap. 3.3). In der Programmplanungsforschung liegen gemäss Fleige et al. (2019: 54) nur wenige empirische Studien vor, die insbesondere das Handeln von Akteur:innen in der Programmplanung adressieren. Ein expliziter Einbezug der ökonomischen Sphäre im Kontext von Angebotsplanung findet sich bei Dollhausen (2008), welche die Auswirkungen veränderter organisationaler Rahmenbedingungen auf Planungskulturen in der Weiterbildung und (in der Folge) auf Kommunikation und Instruktion in der Programmplanung untersucht. Dabei ist der analytische Bezugspunkt die Planungskultur. Ein weiterer Beitrag der Programmplanungsforschung, welcher sich den Widersprüchen zwischen pädagogischen Zielen und ökonomischen Kriterien im Planungshandeln der Akteur:innen widmet, stammt von von Hippel (2011). Ökonomisierungseffekte wirken auf das Programmplanungshandeln ein und verstärken (so die Annahme) bestehende Antinomien mit pädagogischen Ansprüchen (vgl. von Hippel, 2011: 52).

Diskussionsbeiträge und empirische Befunde im engeren Kontext der Schweizer Hochschulweiterbildung finden sich bei Fischer (2014); Fischer und Zimmermann (2011); Gonon (2019); Weber (2014, 2012, 2012); Weber und Künzli (2016); Zimmermann (2019b, 2019a, 2012); Zimmermann und Fischer (2016). Deren Forschungsbeiträge fokussieren, entweder im Schwerpunkt oder zumindest in Teilbereichen, auf Entwicklungen der Hochschulweiterbildung infolge Ökonomisierung und gestiegener Nachfrageorientierung. Eine Grundlagendiskussion zur Legitimität der Schweizer Hochschulweiterbildung zwischen Wissenschafts- und Arbeitsmarktorientierung wird von Gonon (2019) vorgenommen, wobei er sich auf zentrale Heuristiken der Konventionenökonomie bezieht, wie beispielsweise die der Forminvestition als Qualitätszuschreibung zu Objekten. Gonon (2019) diskutiert das Potenzial der Konventionenökonomie als Forschungszugang mit der abschliessenden Einschätzung, dass diese einen Beitrag dazu leistet, in der Hochschulweiterbildung «[…] die teilweise eher latent vorhandenen Motivlagen und gestaltenden Wertsetzungen […] zu beleuchten und damit auch Legitimitätsprobleme sichtbar zu machen» (Gonon, 2019: 396).

Die bisherigen Ausführungen zeigen: Es lassen sich thematisch und inhaltlich verschiedene Richtungen ausmachen, die sich mit dem institutionellen Bedingungsgefüge von Bildungsorganisationen befassen und dabei (zumindest teilweise) die Akteursebene einbeziehen. Betrachtet man die hier genannten Beiträge im thematischen Quervergleich, so wird sichtbar, dass sehr unterschiedliche institutionentheoretische oder akteursbezogene Konzepte für die Erforschung von Handlungen in der Weiterbildungsplanung und -entwicklung herangezogen werden können. So sind einzelne Beiträge der vergleichenden Diskussion des Neo-Institutionalismus und der Konventionenökonomie gewidmet (vgl. Dahmen, 2022; Pätzold, 2022), oder legen den Schwerpunkt auf das analytische Potenzial der Konventionenökonomie für eine akteurs- und handlungszentrierte Bildungs- sowie Educational Governance Forschung (vgl. Alke, 2022; Imdorf et al., 2019; Graß und Alke, 2019; Peetz und Sowada, 2019; Leemann, 2019). Andere fokussieren unmittelbar auf das Potenzial des Neo-Instituationalismus (vgl. Herbrechter und Schemmann, 2019; Houben, 2019; Graß, 2015; Koch und Schemmann, 2009) für eine Akteursforschung im Kontext von institutionellen Umwelten. Bei Dollhausen (2022) wird eine Ausrichtung der Analyse von Weiterbildungsorganisationen am Akteursbegriff und im speziellen am Konzept von «actorhood» in Anlehnung an Meier (2009) vorgeschlagen. Berücksichtigt man zudem das Publikationsjahr der genannten Forschungsbeiträge, so lässt sich feststellen, dass eine zunehmende Anzahl von Publikationen jüngeren Datums (2019–2022) einen Forschungsbedarf formuliert, der die Hochschulweiterbildung in ihren organisationalen, institutionellen und kontextuellen Besonderheiten berücksichtigt. Eine Verschränkung von Perspektiven der Weiterbildungsforschung mit akteurs- und handlungszentrierten Ansätzen, wie beispielsweise der Konventionenökonomie, dient potenziell der Analyse von komplexen Bedingungen und Entwicklungen im Mehrebenensystem der Hochschulweiterbildung.

Es lassen sich also verschiedene Strömungen ausmachen, die entweder das Verhältnis von Hochschulweiterbildung und Weiterbildungsmarkt betreffen, oder sich mit dem institutionellen Bedingungsgefüge von Bildungsorganisationen befassen und dabei (zumindest teilweise) die Akteursebene mit einbeziehen. Abb. 2.1 dient der Gesamtübersicht der hier genannten Beiträge zum Stand der Forschung gemäß ihren inhaltlichen Schwerpunktsetzungen.

Abb. 2.1
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Kontextrelevante Beiträge der Bildungs- und Weiterbildungsforschung; eigene Darstellung

Die Diskussion des Forschungsstandes führt zusammenfassend zu der folgenden Einschätzung: Durch die Feststellung einer verstärkten Nachfrageorientierung als Steuerungsmodus in der Hochschulweiterbildung wird aufgezeigt, dass sich die Ausgangsbedingungen im Forschungsfeld wandeln. Aktuelle Beiträge, welche sich der mehrfachen Systembindung der Hochschulweiterbildung widmen, betonen die Bedeutungszunahme des Weiterbildungsmarktes als Referenzsystem bis hin zu einer markt- und wettbewerbsorientierten Steuerung. Der Terminus der Nachfragesteuerung folgt dabei einer ökonomischen Perspektive. Es wird davon ausgegangen, dass die Erfüllung der Bedürfnisse von Teilnehmenden der Hochschulweiterbildung einen Beitrag auch zum ökonomischen Erfolg von Hochschulweiterbildung leistet. Damit werden aber zugleich Lücken in der Diskussion sichtbar. Zum einen besteht Unklarheit, welche Kategorien von Bedürfnissen den Teilnehmenden von Hochschulweiterbildung zugeschrieben werden. So kann nicht per se unterstellt werden, dass die Forderung nach einer verstärkten berufspraktischen Orientierung auch tatsächlich einem Bedürfnis aus Sicht der Teilnehmenden entspricht, welches im Widerspruch zu einer an Wissenschaftlichkeit orientierten Angebotsplanung steht. Im Mindesten fehlen hier die empirischen Belege. Gleiches gilt für die Annahme, dass bei einer vordergründigen Orientierung an Marktnachfrage und Wettbewerb in der Hochschulweiterbildung nur noch Themen angeboten werden, für die es ausreichend zahlungsbereite Interessent:innen gibt. Im Verständnis des Neo-Institutionalismus befinden sich Weiterbildungsorganisationen in einem breiten Austausch mit ihrer Umwelt, zu der unterschiedliche gesellschaftliche und ökonomische Anspruchsgruppen zählen. Folgt man Koch (2022), resultiert hieraus ein «legitimatorisches Bedingungsgefüge» für die handelnden Akteur:innen. Die Vorstellung einer rein ökonomischen Steuerung, welche die Bedingungen für Handeln in der Weiterbildungsplanung und -entwicklung nur auf das Verhältnis von Angebot und Nachfrage reduziert, scheint also eher zu kurz gegriffen. Wie nun tatsächlich Akteur:innen im institutionellen Legitimationsgefüge der Weiterbildungsplanung und -entwicklung an Hochschulen ihre Handlungen abwägen und begründen, ist eine Frage, die theoretisch-empirisch beantwortet werden sollte. Die genannten Beiträge zum Stand einer institutionen- und konventionentheoretischen Bildungs- respektive Weiterbildungsforschung schaffen hierzu methodologische Voraussetzungen.