Zusammenhänge, für die eine tiefere Klärung wünschenswert wäre, zeigen sich sowohl auf theoretischer als auch auf methodisch-empirischer Ebene.

Auch wenn im methodologischen Sinn Argumente für eine akteurszentrierte Forschung im Feld der Hochschulweiterbildung auf der Grundlage von Konventionen vorliegen, bestehen für empirische Forschungsarbeiten weiterhin methodische Herausforderungen. Durch die vorliegende Arbeit konnte gezeigt werden, dass sich mit der Erfassung korrelativer Zusammenhänge zwischen der Zustimmung zu Qualitätszuschreibungen und den damit verbundenen Handlungspraktiken situative Handlungsüberzeugungen für eine Gruppe von Akteur:innen abbilden lassen. Mit der Situation als Bezugsrahmen für empirische Analysen können so Momentaufnahmen erzeugt werden. Wie bei Pätzold (2022) angemerkt, sind Annahmen über die Abhängigkeit zwischen Variablen im Zusammenspiel von Situation, Konvention und Handlung nicht eindeutig zu treffen. Eine Handlung kann sowohl Ausdruck einer anerkannten Konvention oder auch des situativen Wechsels zwischen Konventionen sein. Inwieweit diese konventionenbezogenen Momentaufnahmen für einen gewissen Zeitraum Verstetigung erfahren, und somit für eine Gruppe von Akteur:innen handlungskoordinierend wirken können, kann gegebenenfalls durch Längsschnittanalysen sowie eine Kombination quantitativ-multivariater und qualitativer Analyseverfahren beantwortet werden. Strukturentdeckende, multivariate Analyseverfahren, wie die hier durchgeführte Clusteranalyse, liefern einen datengestützten Eindruck zu Mustern und latenten Zusammenhängen im Forschungsfeld. Qualitative Analyseverfahren bieten die Möglichkeit der vertieften Interpretation dieser Muster. Ein solches Mixed-Method-Design wäre zweckdienlich, um die hier einbezogenen strukturellen Restriktionen für konventionenbezogenes Handeln tiefergehend aufzuklären. Eine qualitative Interviewstudie im Anschluss an die vorliegende Arbeit würde zudem die Möglichkeit bieten, den Hinweisen auf eine abweichende Rollenwahrnehmung der Akteur:innen aus Wissenschaft und Forschung in der Hochschulweiterbildung nachzugehen. Wie bereits angesprochen (vgl. Kap. 9), ist beispielsweise offen, unter welchen Bedingungen Akteur:innen im Spannungsfeld zwischen Wissenschaftsbetrieb und einer an der Berufspraxis orientierten Weiterbildung agieren. Spannungsfelder erzeugen potenziell Konflikte. Das Vorliegen eines Spannungsfeldes ist auch für diese Arbeit eine theoretisch begründbare und wichtige Basisannahme, für welche die hier durchgeführte explorative Clusteranalyse empirische Befunde bereitstellt. Inwieweit jedoch die weiterbildungsverantwortlichen Akteur:innen, die zugleich in Wissenschaft und Forschung tätig sind, hier einen alltäglichen Konflikt erleben, oder ob vielleicht sogar die angestrebte Aussenorientierung an Nachfrage und Berufsfeld (vgl. swissuniversities, 2020) einem eher harmonischen Übergang folgt, kann aktuell zu wenig empirisch gestützt beantwortet werden. Hier besteht eine epistemologische Lücke für die Weiterbildungsforschung, welche die Bedingungen für begründbares Wissen stärker in den Vordergrund rückt. Dies bedingt vor allem auch weiterführende empirische Forschungsvorhaben. Stehen Akteur:innen und deren Handlungsbedingungen sowie Rollenkonflikte in der Weiterbildungsplanung und -entwicklung im Betrachtungsfokus, so impliziert dies zudem den Bedarf nach Problemlösungen im Sinne eines anwendungsorientierten Forschungsnutzens.

Für Schweizer Hochschulen zeigt sich auf der Grundlage der hier gewonnenen Daten eine Verwässerung zwischen den Hochschultypen im Bereich der Weiterbildung. So kann auf der Akteursebene nicht nachgezeichnet werden, dass Universitäten in der Weiterbildungsplanung und -entwicklung einer ausgeprägteren Wissenschafts- und Forschungsorientierung folgen als die vordergründig anwendungsorientierteren Fachhochschulen. Planungsverantwortliche beider Hochschultypen präferieren für ihr Handeln in der Hochschulweiterbildung die Berufspraxis als Orientierungsgrösse sehr viel häufiger. Damit sprechen vor allem beide Hochschultypen die Adressat:innen hochschulischer Weiterbildungen in potenziell ähnlicher Art und Weise an. Es fehlen Daten, wie sich das wiederum auf Marktanteile am Weiterbildungsmarkt auswirkt. Aufgrund des unzureichenden Monitorings von Weiterbildungsabschlüssen in der Schweiz (vgl. Kap. 1.1), lassen sich dazu keine Aussagen treffen. Gleichwohl werden diese benötigt, um mögliche Effekte am Weiterbildungsmarkt nachzuzeichnen, die sich aufgrund einer stärker ökonomisch und nachfrageorientierten Weiterbildungsplanung ergeben. In diesem Zusammenhang fehlen auch tiefergehende Erkenntnisse zu Kooperationen zwischen Hochschulen und privaten Unternehmen sowie deren potenziellem Beitrag zu einer Konsolidierung von Marktanteilen. Ebenso interessieren hier die konkreten Auswirkungen des Kooperationsverhältnisses auf die inhaltliche und didaktische Gestaltung von Angebotsformaten. In der Zukunft werden Hochschulen wohlmöglich stärker nach Differenzierungsmerkmalen suchen, um spezifische Zielgruppen für ihre Weiterbildungsangebote zu erreichen und als Kund:innen an die Hochschule zu binden. Mit der politischen Motion der Höheren Fachschulen der Schweiz, deren Abschlüsse umzuwidmen in einen professional Bachelor oder professional Master (FH Schweiz, 2023)Footnote 1, sind Veränderungen im organisationalen Feld nicht auszuschliessen. Diese betreffen primär die akademischen Erstausbildungen an Fachhochschulen und Universitäten insofern, als dass sich die Frage nach den Differenzierungsmerkmalen von Bachelor- und Masterabschlüssen der drei verschiedenen Typen von Bildungsanbieterinnen stellt, bezieht man zukünftig die Höheren Fachschulen mit ein. Jedoch sind die Höheren Fachhochschulen auch Anbieter von Weiterbildungen. Die Anzahl von Bildungsinstitutionen mit dem Vergaberecht akademischer Titel, zu deren Leistungsauftrag auch die Weiterbildung gehört, würde sich somit ebenfalls vergrössern. Eine zunehmende Diversifizierung von Weiterbildungsangeboten auch in der Hochschulweiterbildung zur Sicherung der eigenen Wettbewerbsposition kann in der Folge nicht ausgeschlossen werden. Die Rahmenbedingungen für die Weiterbildungsplanung und-entwicklung bleiben auch für die Zukunft eher dynamisch.