1 Einleitung

In diesem Beitrag steht die bibliometrische Publikations- und Rezeptionsanalyse von drei medizinischen Fakultäten in Deutschland im Fokus. Die Bibliometrie nutzt primär Publikations- und Zitationsdaten für ihre Analysen, die in Publikations- und Zitationsdatenbanken wie Web of Science oder Scopus enthalten sind. Bibliometrische Indikatoren werden zumeist in quantitative Indikatoren zur Messung der Produktivität eingeteilt und in Leistungsindikatoren, die einen Proxy für die Messung von Qualität darstellen (Joshi, 2014).

Indikatoren liefern entscheidungs- und steuerungsrelevante Informationen und versuchen dabei die Realität des Wissenschaftssystems abzubilden, wobei sie zugleich durch ihren Gebrauch diese Realität miterzeugen (Felt, 1999). Zur Bewertung der medizinischen Forschung hat sich der Journal Impact Factor (JIF) durchgesetzt, da er das bekannteste Rezeptionsmaß für Zeitschriften ist, leicht einsehbar ist und einen Vergleich zwischen Zeitschriften ermöglicht. Es ist in der Literatur wiederum gut belegt, dass der JIF kein geeignetes Maß ist, um die Qualität von Forschung zu evaluieren (Seglen, 1998; PLOS Medicine, 2006).

Der Wettbewerb um akademische Positionen, um finanzielle Ressourcen und Reputation stellt die Forschenden unter den Leistungsdruck möglichst viel in Zeitschriften mit hohem JIF zu publizieren (Hostettler et al., 2015). Diese Anreize führen zu einem wachsenden Publikationsaufkommen und können einen negativen Einfluss auf die Qualität der Forschungsergebnisse mit sich bringen (s. Herrmann-Lingen in diesem Band).

Im Folgenden werden die Publikationen von drei medizinischen Fakultäten in Deutschland analysiert, die im Rahmen der internen Leistungsorientierten Mittelvergabe (LOM) an den drei Fakultäten erfasst wurden. Zwei der medizinischen Fakultäten haben Publikationsdaten aus den Jahren 2005–2018 bereitgestellt, eine weitere aus dem Zeitraum 2007–2018. Für die einheitliche Handhabung des Publikationszeitraums werden Publikationen in dem 12-jährigen Zeitraum 2007–2018 betrachtet.

Die Publikationsanalyse hat das Publikationsaufkommen zum Gegenstand und die verschiedenen Publikationstypen, die an den medizinischen Fakultäten im Rahmen der LOM erfasst werden. Für die Analyse liegt die Klassifikation des Medizinischen Fakultätentags (MFT) zugrunde, um Unterschiede in den Publikationspraktiken zwischen den Fächergruppen berücksichtigen zu können. Die drei medizinischen Fakultäten werden mit Fakultät A, B und C adressiert. An den Fakultäten A und B werden zehn Fächergruppen unterschieden, an der Fakultät C gibt es hingegen acht Fächergruppen.

Die Publikationen der drei Pilotfakultäten wurden den Publikationen in einer lizensierten Datenbank-Version des Web of Science (WoS) zugeordnet. Bei den zugeordneten Publikationen handelt es sich vorwiegend um Zeitschriftenaufsätze. Die Rezeptionsanalyse umfasst zitationsbasierte Indikatoren, die die Leistungen einzelner Fächergruppen auszuweisen vermögen. Als geeignete Indikatoren haben sich in der Bibliometrie solche etabliert, die vom CWTS im sog. Leiden Ranking verwendet werden.Footnote 1 Darunter finden sich normalisierte Indikatoren wie PP(top10 %) und der MNCS, die im untenstehenden Abschnitt zur Rezeptionsanalyse (s. Abschn. 3) erläutert werden. Ferner wird in der Rezeptionsanalyse auf die fächerspezifisch unterschiedlich hoch ausfallenden Zitationsraten eingegangen und auf den Journal Impact Factor (JIF), der zentral in der LOM ist. Ein besonderer Fokus liegt auf dem Zusammenhang der Sprache von Publikationen und dem JIF sowie dem damit verbundenen Rückgang von deutschsprachigen Aufsätzen. Im Fazit werden die wichtigsten Ergebnisse diskutiert und Empfehlungen zum Umgang mit Publikationen in der LOM gegeben.

2 Publikationsanalyse

Dieses Kapitel unterteilt sich in die Analyse von Zeitschriftenaufsätzen (Abschn. 2.1) und die Analyse von Buchbeiträgen und Monographien (Abschn. 2.2). Bei den Zeitschriftenaufsätzen handelt es sich um solche, die Publikationen in WoS zugeordnet werden konnten. Die Rezeptionsanalyse in Abschn. 3 basiert auf den Zeitschriftenaufsätzen und den Zitationen aus WoS.

2.1 Zeitschriftenaufsätze

Tab. 1 gibt einen Überblick über die Zeitschriftenaufsätze an den drei Fakultäten im Zeitraum 2007–2018, unterteilt nach Fächergruppen. Die Verteilung der Zeitschriftenaufsätze über die Fächergruppen unterscheidet sich an den drei Fakultäten, was ein Indiz für unterschiedliche Schwerpunktsetzungen und Fachspezifika ist.

Tab. 1 Publikationsoutput im Zeitraum 2007–2018, unterteilt nach Fächergruppen

Die tabellarische Übersicht zeigt, dass an der Fakultät A mehr als 20.000 Zeitschriftenaufsätze zwischen 2007 und 2018 erschienen sind. Fakultät B und Fakultät C bewegen sich mit ungefähr 12.000 Zeitschriftenaufsätzen in der gleichen Größenordnung. An der Fakultät A stellen die Theoretischen Fächer die meisten Zeitschriftenaufsätze, gefolgt von der Inneren Medizin. An der Fakultät B dominieren die Zeitschriftenaufsätze in den Neuromedizinischen Fächern, ebenso gefolgt von der Inneren Medizin. Hingegen sind an der Fakultät C die Weiteren klinisch-theoretischen Fächer führend mit nahezu einem Viertel des gesamten Publikationsoutputs. Wie an Fakultät A und B, belegt die Innere Medizin an der Fakultät C den zweiten Rang.

Die folgenden drei Abbildungen bieten eine Übersicht über das Publikationswachstum an den jeweiligen Fakultäten A, B und C in den Jahren 2007–2018, unterteilt nach Fächergruppen. Aus Abb. 1 lässt sich für Fakultät A entnehmen, dass die Theoretischen Fächer, die Innere Medizin und die Weiteren klinischen Fächer führend beim Publikationsoutput sind und insbesondere seit 2012 einen starken Anstieg erfahren haben. Die Zahnmedizin hat den geringsten Publikationsoutput.

Abb. 1
figure 1

Publikationswachstum an der Fakultät A in den Jahren 2007–2018, unterteilt nach Fächergruppen

Abb. 2 zeigt das jährliche Publikationswachstum in den zehn unterschiedenen Fächergruppen an der Fakultät B. Anders als an Fakultät A ist der Publikationsoutput geringer, sodass die y-Achse nur von 0 bis 300 Zeitschriftenaufsätze reicht. An der Fakultät B haben die Neuromedizinischen Fächer trotz Auf und Ab im Laufe des untersuchten Zeitraums den höchsten Publikationsoutput. Ähnlich wie an Fakultät A, hat die Innere Medizin einen rasanten Anstieg seit 2012 erfahren. Die Zahnmedizin bewegt sich auch hier im unteren Bereich.

Abb. 2
figure 2

Publikationswachstum an der Fakultät B in den Jahren 2007–2018, unterteilt nach Fächergruppen

Abb. 3 verdeutlicht, dass auch an der Fakultät C die Innere Medizin führend ist. Die meisten Fächergruppen sind gekennzeichnet durch Schwankungen in ihrem jährlichen Output. Die Vorklinischen Fächer haben zwar den geringsten Publikationsoutput, haben jedoch eine kontinuierliche Zunahme erfahren.

Abb. 3
figure 3

Publikationswachstum an der Fakultät C in den Jahren 2007–2018, unterteilt nach Fächergruppen

2.2 Buchbeiträge und Monographien

An den Fakultäten A und B werden nicht nur Zeitschriftenaufsätze erfasst, sondern auch Buchbeiträge und Monographien. An der Fakultät C hingegen werden nur Zeitschriftenaufsätze im Rahmen der LOM berücksichtigt. Im LOM-System der Fakultät A wird keine Differenzierung zwischen Monographien und Buchbeiträgen vorgenommen, jedoch zeigt die Analyse der Seitenangaben in den von den Fakultäten bereitgestellten Daten, dass es sich überwiegend um Buchbeiträge handelt. In dem untersuchten Zeitraum 2007–2018 gibt es an der Fakultät A insgesamt 1831 Buchbeiträge, was einem Anteil von 6,6 % entspricht (bezogen auf 27.653 Publikationen aller Dokumenttypen in 2007–2018). An der Fakultät B wird neben dem Publikationstyp Zeitschriftenaufsatz, auch zwischen Buchbeiträgen und Monographien unterschieden. Im Zeitraum 2007–2018 wurden an der Fakultät B 128 Monographien und 1796 Buchbeiträge erfasst. Diese Publikationstypen wurden für nachfolgende Analysen zusammengenommen (1924) und machen 11,3 % des gesamten Publikationsaufkommens der Fakultät B aus (16.988 in 2007–2018). Tab. 2 zeigt die Verteilung der Buchbeiträge und Monographien über die verschiedenen Fächergruppen an den Fakultäten A und B.

Tab. 2 Überblick über den Anteil von Buchbeiträgen und Monographien am gesamten Publikationsaufkommen an den Fakultäten A und B im Zeitraum 2007–2018, unterteilt nach Fächergruppen

Es ist erkennbar, dass an beiden Fakultäten die Psychomedizinischen Fächer zu einem großen Teil ihre Forschungsergebnisse in Form von Buchbeiträgen veröffentlichen. An beiden Fakultäten finden sich die geringsten Prozentsätze in den Diagnostischen und Strahlenfächern, der Inneren Medizin und den Neuromedizinischen Fächern. An der Fakultät A schwankt der Anteil der Buchbeiträge als Forschungsoutput zwischen 1,3 % und 15,7 %. An der Fakultät B liegt der Anteil der Buchbeiträge zwischen 4,6 % und 21 % und suggeriert, dass Buchbeiträge an Fakultät B einen höheren Stellenwert haben. Wie sich die Zahl der Buchbeiträge an den Fakultäten A und B über die Jahre entwickelt hat, gilt es anhand Abb. 4 zu illustrieren.

Abb. 4
figure 4

Anteil der Buchbeiträge am Publikationsaufkommen an den Fakultäten A und B im Zeitraum 2007–2018, unter Verwendung von gleitenden 3-Jahres-Mittel

Aus der Abbildung geht hervor, dass der Anteil an Buchbeiträgen an der Fakultät A sich von 8,5 % in 2009 auf 6,5 % in 2018 verringert hat. An der Fakultät B wird der Publikationstyp Buchbeiträge erst seit 2009 erfasst. Der Anteil der Buchbeiträge lag im Zeitraum 2007–2014 relativ konstant zwischen 11,6 % und 13,2 %, jedoch gab es seit 2015 einen deutlichen Abwärtstrend.

3 Rezeptionsanalyse

Die Publikationsanalyse hat gezeigt, dass jährliche Publikationszahlen in einigen Fächergruppen gering ausfallen und Schwankungen aufweisen. Da Zitationszahlen noch stärkeren Schwankungen unterliegen können, wurden in der nun folgenden Rezeptionsanalyse die zwölf Publikationsjahre 2007–2018 zu sechs Blöcken mit je zwei Jahren aggregiert. Die Publikationen, die in der Rezeptionsanalyse berücksichtigt werden, entsprechen den in der Tab. 1 aufgeführten Zeitschriftenaufsätzen (s. Abschn. 2.1). Das Zitationsfenster beträgt drei Jahre und reicht somit für Publikationen aus dem Jahr 2018 von 2018 bis 2020.

3.1 Zitationen pro Publikation

Ein einfaches Rezeptionsmaß ist die erzielte Zitationszahl innerhalb von drei Jahren nach Erscheinen der Publikation, kurz CPP (Citations Per Paper). In Abb. 5 sind die durchschnittlichen Zitationszahlen an den drei Fakultäten aufgeführt.

Abb. 5
figure 5

Überblick über den Indikator CPP (Citations Per Paper) an den Fakultäten A, B und C, unterteilt nach Fächergruppen

Aus der Abbildung wird ersichtlich, dass Zitationszahlen fachspezifisch sind. An Fakultät A weist die Innere Medizin mit Abstand die höchsten CPP-Werte auf. Die niedrigsten CPP-Werte sind in der Zahnmedizin zu finden, gefolgt von den Psychomedizinischen Fächern.

An der Fakultät B weisen die Innere Medizin, die Neuromedizinischen Fächer, die Psychomedizinischen Fächer und die Vorklinischen Fächer vergleichsweise hohe CPP-Werte auf. Eine Ausnahme stellt erneut die Zahnmedizin dar. An der Fakultät C haben die Innere Medizin und die Weiteren klinischen Fächer hohe CPP-Werte. Auffällig ist der Anstieg des CPP der Publikationen in den Weiteren klinisch-theoretischen Fächern in 2017–2018 und der Anstieg der Zitationszahlen für Publikationen aus 2015–2016 in den Weiteren klinischen Fächern, gefolgt von einem Absinken für Publikationen aus 2017–2018.

3.2 Prozentsatz unzitierter Publikationen

Der Prozentsatz unzitierter Publikationen gibt Auskunft darüber, welcher Anteil an Publikationen drei Jahre nach Veröffentlichung nicht in anderen Publikationen aufgegriffen wurde, was auf eine geringe Relevanz für weitere Forschung hindeuten kann. Abb. 6 zeigt für alle drei Fakultäten den Prozentsatz an Publikationen, die im Jahr der Veröffentlichung und in den folgenden zwei Jahren nicht zitiert wurden.

Abb. 6
figure 6

Überblick über den Prozentsatz unzitierter Publikationen an den Fakultäten A, B und C, unterteilt nach Fächergruppen

Aus der Abbildung kann man entnehmen, dass an allen Fakultäten A, B und C die Vorklinischen Fächer den geringsten Prozentsatz an unzitierten Publikationen in WoS haben. An der Fakultät A blieben im Durchschnitt 6 % der publizierten Aufsätze in den Vorklinischen Fächern drei Jahre nach ihrer Publikation unzitiert. Der Anteil an unzitierten Publikationen in der Zahnmedizin mag hoch sein, jedoch ist die Zahl aller Publikationen aus dem Zeitraum gering. An der Fakultät B sind es neben den Vorklinischen Fächern die Neuromedizinischen Fächer, die den geringsten Prozentsatz an unzitierten Publikationen in WoS aufweisen. An der Fakultät C kann man in allen Fächergruppen einen leichten Abwärtstrend des Prozentsatzes unzitierter Publikationen feststellen. Somit lässt sich festhalten, dass die gestiegenen Publikationszahlen an allen drei Fakultäten nicht vermehrt zu Veröffentlichungen geführt haben, die für die Forschung von geringer Relevanz sind und unzitiert blieben.

3.3 Feldnormalisierte Zitationsrate MNCS

Die mittlere normalisierte Zitationsrate (MNCS – Mean Normalized Citation Score) zeigt, ob Publikationen einer Fakultät über- oder unterdurchschnittlich oft zitiert werden, indem tatsächliche Publikationszahlen mit erwartbaren Zitationszahlen in Beziehung gesetzt werden. Die Normalisierung erfolgt unter Berücksichtigung des gleichen Publikationsjahres, des gleichen Publikationstyps und der Zuordnung zur gleichen WoS-internen Fächerklassifikation. Bei der Berechnung des MNCS wird zunächst das Verhältnis zwischen den tatsächlichen und den durchschnittlich erwartbaren Zitationszahlen für jede einzelne Publikation erfasst. Erst dann wird der Durchschnitt der Verhältnisse einzelner Publikationen berechnet. Die Berechnung des MNCS ist komplex, informiert aber gut über die tatsächliche Leistung der Fakultäten im internationalen Vergleich unter Berücksichtigung von Fächerunterschieden. In Abb. 7 sind die mittleren normalisierten Zitationsraten der Fakultäten A, B und C dargestellt. Der sog. Expected Citation Score (ECS) fungiert als Benchmark und entspricht 1,0.

Abb. 7
figure 7

Überblick über den MNCR an den Fakultäten A, B und C, unterteilt nach Fächergruppen

Abb. 7 zeigt, dass die meisten Fächergruppen über alle drei Fakultäten hinweg eine exzellente Leistung im globalen Vergleich aufweisen. Der MNCS liegt nahezu flächendeckend über dem durchschnittlich zu erwartenden Wert 1. An der Fakultät A weist die Innere Medizin einen Peak von MNCS > 5 für Publikationen der Jahre 2011–12 auf. Das bedeutet, dass diese Publikationen im globalen Vergleich fünfmal so viele Zitierungen erhalten haben, wie erwartbar gewesen wäre. Was die überdurchschnittliche Rezeption von Publikationen in der Inneren Medizin betrifft, sind die MNCS-Werte im Einklang mit den CPP-Werten.

An der Fakultät B hat die Innere Medizin den höchsten MNCS, während die übrigen Fächergruppen eine konstant gute Leistung in dem untersuchten Zeitraum aufweisen. Lediglich die Zahnmedizin hat MNCS-Werte kleiner eins und wird somit im globalen Vergleich seltener zitiert. An der Fakultät C schneiden Publikationen aller Fächergruppen überdurchschnittlich gut ab. In der Inneren Medizin wurden Publikationen ungefähr dreimal so oft zitiert wie vergleichbare Publikationen. Einen steilen Anstieg am MNCS haben Publikationen in den Weiteren klinisch-theoretischen Fächern erfahren, was wiederum im Einklang mit einem gestiegenen CPP für 2017–2018 ist (vgl. Abb. 5).

3.4 PP(top10 %)-Indikator

Wie der MNCS, so ist auch der PP(top10 %)-Indikator feldnormalisiert und kann somit als valider Leistungsindikator fungieren. Dabei steht das PP für Proportion of Publications und die 10 % bezieht sich auf die 10 % bestzitierten Publikationen (geläufig sind auch top5 % und top1 %). Der PP(top10 %)-Indikator gibt den Prozentsatz der Publikationen aus einer Publikationsmenge an, die im internationalen Vergleich mit anderen WoS-Publikationen gleichen Dokumenttyps, Publikationsjahres und Themenfeldes zu den 10 % am häufigsten zitierten gehören. Es ist zunächst von der Erwartung auszugehen, dass 10 % der Publikationen einer Fächergruppe zu den 10 % meistzitierten eines Feldes gehören. Wenn der Prozentsatz der Publikationen einer Fächergruppe höher ausfällt, so schneiden diese besser als erwartet ab, während ein PP(top10 %) von unter 10 % eine mindere Leistung als die zu erwartende aufzeigt. Abb. 8 illustriert, dass die Publikationen der Fakultäten A, B und C im internationalen Vergleich überdurchschnittlich gut abschneiden.

Abb. 8
figure 8

Überblick über den PP(top10 %)-Indikator an den Fakultäten A, B und C, unterteilt nach Fächergruppen

An allen drei Fakultäten gibt es in der Inneren Medizin den höchsten Prozentsatz an Publikationen, die zu den meistzitierten ihres Feldes gehören. An der Fakultät A liegen die Werte im gesamten Zeitraum bei ca. 25 %, d. h. jede vierte Publikation in der Inneren Medizin gehört zu den 10 % am meisten zitierten. Nur in den Psychomedizinischen Fächern und der Zahnmedizin ist der PP(top10 %)-Indikator zeitweise unter der 10 %-Marke, d. h. die Publikationen der Fakultät A werden in diesen zwei Fächern unterdurchschnittlich oft zitiert. An Fakultät B sind es die Neuromedizinischen Fächer, die im untersuchten Zeitraum einen konstanten PP(top10 %)-Wert von ca. 24 % aufweisen. Die übrigen Fächergruppen weisen starke Schwankungen auf. In den Diagnostischen und Strahlenfächern und der Zahnmedizin ist der PP(top10 %)-Indikator kurzzeitig unter der 10 %-Marke. An der Fakultät C werden die meisten Fächergruppen überdurchschnittlich oft zitiert und zeigen verschiedene Trends über die Jahre.

3.5 Journal Impact Factor (JIF)

Die LOM-Systeme an den meisten medizinischen Fakultäten in Deutschland basieren auf dem Journal Impact Factor. Dieser wird jahresweise für wissenschaftliche Zeitschriften berechnet und gibt an, wie oft Beiträge einer Zeitschrift aus den vorherigen Jahren im darauffolgenden Jahr zitiert wurden. Das Zitationsfenster ist – anders als beim Indikator CPP – nur ein Jahr lang.

Abb. 9 zeigt die durchschnittlichen Impact-Faktoren der Zeitschriften, in denen Autor*innen aus den Fakultäten A, B und C publiziert haben. Autor*innen der Inneren Medizin an Fakultät A publizierten in Zeitschriften, die den höchsten durchschnittlichen JIF aufweisen.

Abb. 9
figure 9

Überblick über den JIF (Journal Impact Factor) an den Fakultäten A, B und C, unterteilt nach Fächergruppen

Die niedrigsten durchschnittlichen Impact-Faktoren gibt es in der Zahnmedizin und den Psychomedizinischen Fächern. An der Fakultät B sind es die Publikationen der Vorklinischen Fächer und der Inneren Medizin, die in Zeitschriften mit einem hohen durchschnittlichen JIF erschienen sind. An der Fakultät C sind es die Innere Medizin, die Vorklinischen und die Weiteren klinischen-theoretischen Fächer, die in Zeitschriften mit hohen Impact-Faktoren publizierten.

3.6 Publikationssprache und Impact

In diesem Abschnitt gilt es aufzuzeigen, inwiefern die Sprache der Publikationen mit dem Zitations-Impact zusammenhängt und welcher Trend sich in den letzten Jahren abzeichnet. In WoS werden nicht nur englischsprachige Zeitschriften erfasst, sondern auch deutschsprachige Zeitschriften, sofern die Aufsätze einen Abstract in englischer Sprache zur Verfügung stellen. Es gibt jedoch auch deutschsprachige Zeitschriften, die englischsprachige Aufsätze publizieren. Die Identifizierung von deutschsprachigen Aufsätzen basiert auf der Angabe in WoS über die Sprache eines Aufsatzes. Absolut gesehen hat Fakultät A mit 1.471 deutschsprachigen Publikationen zwischen 2007 und 2018 die meisten vorzuweisen, während Fakultäten B und C sich mit ca. 1.000 Publikationen in der gleichen Größenordnung bewegen. In Tab. 3 sind die prozentualen Anteile der deutschsprachigen Publikationen nach Fächergruppe gelistet.

Tab. 3 Überblick über den Anteil an deutschsprachigen Zeitschriftenaufsätzen im Zeitraum 2007–2018, unterteilt nach Fächergruppen

Aus Tab. 3 geht hervor, dass jede der drei untersuchten Fakultäten in einer anderen Fächergruppe den höchsten Prozentsatz an deutschsprachigen Publikationen aufweist. Fakultät A hat die meisten deutschsprachigen Publikationen in den Psychomedizinischen Fächern, Fakultät B in den Weiteren klinischen Fächern und Fakultät C in der Chirurgie. Gemeinsam ist allen drei Fakultäten, dass der Prozentsatz an deutschsprachigen Publikationen am geringsten in der Zahnmedizin und den Vorklinischen Fächern ist, gefolgt von den Neuromedizinischen und den Theoretischen Fächern. Während Tab. 3 die Verteilung für den gesamten Zeitraum 2007–2018 wiedergibt, ist in Abb. 10 die Entwicklung des Anteils deutschsprachiger Publikationen aufgeführt.

Abb. 10
figure 10

Entwicklung des Prozentsatzes an deutschsprachigen Publikationen im Zeitraum 2007–2018 an den Fakultäten A, B und C, unter Verwendung von gleitenden 3-Jahres-Mittel

Die Abbildung verdeutlicht, dass es an allen drei Fakultäten einen Rückgang an deutschsprachigen Publikationen gab. An der Fakultät A hat sich der Anteil von 9,7 % in 2008 auf 5,4 % in 2018 halbiert. An der Fakultät B ist der Rückgang nicht ganz so stark. Waren es im Jahr 2007 noch 9,1 %, so sind es im Jahr 2018 noch 7,4 %. Fakultät C wiederum hatte in 2007 einen Anteil von 10,5 % an deutschsprachigen Publikationen, jedoch ist der Anteil auf knapp 6,7 % in 2018 gesunken.

Eine Erklärung für den sinkenden Anteil an deutschsprachigen Publikationen könnten die niedrigeren Impact-Faktoren deutschsprachiger Zeitschriften im Vergleich zu englischsprachigen sein, falls Autor*innen die Publikationsorte aufgrund der LOM vorrangig nach dem JIF auswählen. Dies wird in Abb. 11 deutlich, die die durchschnittlichen Impact-Faktoren von deutschsprachigen und englischsprachigen Publikationen an den drei Fakultäten gegenüberstellt.

Abb. 11
figure 11

Durchschnittlicher JIF in Abhängigkeit von der Sprache der Publikationen an den Fakultäten A, B und C für Publikationen in 2007–2018, unterteilt nach Fächergruppen

Der durchschnittliche JIF der Zeitschriften, in denen deutschsprachige Aufsätze erschienen sind, bewegt sich an allen drei Fakultäten zwischen 0,5 und 1,1, für englischsprachige Zeitschriften hingegen zwischen 2,2 und 6,7. Ein unintendierter Effekt der LOM, welche über ein Punktesystem die Publikation in hochzitierten Zeitschriften belohnt, könnte darin liegen, dass Autor*innen animiert werden in englischsprachigen Zeitschriften zu publizieren, da diese mehr JIF-Punkte bringen als deutschsprachige. Unter den deutschsprachigen Zeitschriften finden sich u. a. Die Anaesthesiologie/Der Anästhesist, Die Dermatologie/Der Hautarzt, HNO, Der Nervenarzt, Psychiatrische Praxis, Schmerz, Strahlentherapie und Onkologie und Der Urologe/Die Urologie.

4 Fazit

Dieser Beitrag hatte die Publikationen von drei medizinischen Fakultäten in Deutschland und deren Impact im Fokus. Die Publikationsanalyse hat gezeigt, dass es an allen drei Fakultäten eine Zunahme an Zeitschriftenaufsätzen im untersuchten Zeitraum 2007–2018 gab. Die Datenlage zeigt, dass nur die Fakultäten A und B Monographien und Beiträge in Lehr- und Handbüchern erfassen und in der LOM berücksichtigen. Jedoch ist der Anteil an Buchbeiträgen an den Fakultäten A und B über die Jahre gesunken, was ein unintendierter Effekt der LOM sein könnte, da Buchbeiträge verglichen mit Aufsätzen in hochzitierten internationalen Zeitschriften weniger Impact-Faktor-Punkte einbringen. Zum anderen entziehen sich Monographien der bibliometrischen Evaluation, allein aufgrund ihres über Jahre dauernden Rezeptionszeitraums (Deutsche Forschungsgemeinschaft | AG Publikationswesen, 2022).

Der CPP-Indikator in der Rezeptionsanalyse hat gezeigt, dass sich die absoluten Zitationszahlen in den Fächern unterscheiden, über die Fakultäten hinweg jedoch in der gleichen Größenordnung bewegen. Der Prozentsatz unzitierter Publikationen ist für alle drei Fakultäten über die Jahre gesunken. Dem MNCS und dem PP(top10 %)-Indikator nach, weisen die meisten Fächergruppen der drei Fakultäten im internationalen Vergleich einen exzellenten Impact auf. Diesen vier Impactmaßen zufolge erfahren Publikationen der Inneren Medizin die höchste Rezeption, während Publikationen der Zahnmedizin unterdurchschnittlich rezipiert werden und zu einem großen Teil unzitiert bleiben. Ebenso unterscheidet sich der durchschnittliche Journal Impact Factor (JIF) der Zeitschriften, in denen publiziert wird, innerhalb der Fakultäten.

Die Ergebnisse der Rezeptionsanalyse haben verdeutlicht, wie sehr sich das Zitationsverhalten unter den Fächergruppen unterscheidet und wie ungerecht der Gebrauch des gleichen Indikators für Fächergruppen mit unterschiedlicher Publikations- und Zitationskultur ist. Während Ergebnisse der Grundlagenfächer in international hochzitierten Zeitschriften erscheinen, ist anwendungsorientiertes klinisches Wissen kulturkreisspezifisch und wird vermehrt in nationalen Zeitschriften publiziert, die seltener zitiert werden (Meenen, 1997).

Die Analyse der im Web of Science (WoS) verzeichneten deutschsprachigen Aufsätze zeigt einen Rückgang an allen drei Fakultäten im Zeitraum 2007–2018. Ein unintendierter Effekt der LOM könnte somit der Rückgang deutschsprachiger Aufsätze zugunsten von englischsprachigen Aufsätzen sein, da letztere höhere JIF-Werte aufweisen. In einigen Fächergruppen wie der Chirurgie, den psychomedizinischen und den klinischen Fächern sind Fachzeitschriften in deutscher Sprache für die Umsetzung relevanter Forschungsergebnisse und klinischer Daten unverzichtbar (Kaltenborn & Kuhn, 2003). Daher wäre zu wünschen, dass LOM-Systeme dahingehend umgestaltet werden, dass Lehr- und Handbücher als auch deutschsprachige Aufsätze eine Aufwertung erfahren und nicht unter dem Diktat des Journal Impact Factors einen Rückgang erfahren. Überhaupt ist die klinische Medizin eine nationale Medizin, in der deutschsprachige Publikationen ihre Berechtigung haben (Vahl 2008). Für die informationelle Versorgung der Bevölkerung mit medizinischem Wissen sollte dieses auch in der Muttersprache zur Verfügung stehen (Kaltenborn & Kuhn, 2006).

Bereits 1997 wurde bei der Delegiertenkonferenz der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) von der Kommission „Bibliometrie“ die Anwendung des JIF bei der LOM kritisch hinterfragt und Empfehlungen herausgegeben. Diese sahen unter anderem vor bei deutschsprachigen Zeitschriften den Impact-Faktor doppelt zu gewichten und Originalarbeiten aus Zeitschriften, die nicht in Web of Science gelistet sind und somit keinen JIF aufweisen, mit einem „äquivalenten Impact-Faktor“ von 0,2 zu werten. Nur wenige medizinische Fakultäten haben diese Empfehlung befolgt. Hingegen haben die von der Senatskommission für klinische Forschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Jahr 2004 herausgegebenen Empfehlungen für eine Leistungsorientierte Mittelvergabe zu einer nachhaltigen Zementierung des Impact-Faktor-Systems geführt (Brähler & Strauß, 2009).