Zusammenfassung
Das Folgende Kapitel beschreibt die Anerkennungstheorie nach Honneth. Hier wird zunächst beschrieben, was Anerkennung ist und verdeutlicht, dass Anerkennung in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen entzogen werden kann, was unterschiedliche Konsequenzen nach sich zieht. Honneth beschreibt eindrücklich, dass Missachtungsformen Ursachen für gesellschaftliche Konflikte angesehen werden können und legt dar, dass Anerkennungsentzug sogar dazu führen kann, dass es zu einer Verdinglichung der einzelnen Personen und Personengruppen mit gleichen Merkmalen kommt.
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Notes
- 1.
Hier deckt Hegel auf, dass seine eigene Prämisse des reziproken Aktes der Anerkennung (so Honneths Bezeichnung für die oben beschriebene Wechselseitigkeit) im Verhältnis „Herr und Knecht“ nicht existent ist; allerdings weder von Seiten des Herrn noch von Seiten des Knechtes. Im letzten Teil des Zitates deutet er jedoch an, dass die Erkenntnis der eigenen Freiheit des Knechtes im Rahmen des Abhängigkeitsverhältnisses noch gleichsam „unter Kontrolle gehalten“ wird. Es wird indes deutlich, dass Hegel nahezu prophetisch davon ausgeht, dass dieser Zustand nicht für alle Zeit Gültigkeit besitzen wird und entsprechende Konflikte unausweichlich werden. Sprich dann, wenn der Knecht sich seiner eigenen Freiheit in Gänze bewusst wird und diese anzuerkennen auch von seinem Herrn einfordert. Überträgt man Hegels Terminologie auf modernere gesellschaftliche Systeme, kann man wohl statt vom Verhältnis „Herr und Knecht“ z. B. vom Verhältnis Mehrheiten und Minderheiten sprechen. Folglich dort, wo ein entsprechendes Machtgefälle vorhanden war oder ist. Vom heutigen Standpunkt lassen sich genügend historische Beispiele finden, die Hegels Prophezeiung bestätigen, so z. B. die Ablösung der Staatsform der Monarchie hin zur Demokratie oder die (vermeintliche) Gleichstellung von nicht-heteronormativen Personen in westlichen Gesellschaften.
- 2.
Die maßgebliche Bedeutung zwischenmenschlicher Interaktion zur Identitätsbildung beschreibt bereits Fichte: „Der Mensch (so alle endliche [sic!] Wesen überhaupt) wird nur unter Menschen ein Mensch; und da er nichts Anderes seyn [sic!] kann, denn ein Mensch, und gar nicht seyn [sic!] würde, wenn er dies nicht wäre – sollen überhaupt Menschen seyn [sic!], so müssen mehrere seyn [sic!]“ (Fichte, 1971, S. 39). Die Hervorhebungen wurden aus der Originalquelle entnommen.
- 3.
Honneth bezeichnet dies an gleicher Stelle prägnant als „kollektive Verhaltenserwartung“. Interessant ist hier die Parallele zu Goffmans Definition von Stigma, welches ebenfalls ausschließlich durch die Erwartungshaltung anderer an ein Subjekt definiert wird (vgl. Abschn. 3.7.1) und nicht mittels der brandmarkenden Eigenschaft des Subjektes an sich.
- 4.
Umgangssprachlich, so Honneth, böte sich hier der Begriff „Selbstwertgefühl“ an (vgl. Honneth, 2018b, S. 209).
- 5.
Honneth (2018b) fasst den Anerkennungsentzug in der zweiten Anerkennungssphäre prägnant in einem Satz zusammen: „Mißachtung [sic!] von Wertvorstellungen und [die] Verletzung von Autonomieerwartungen“ (S. 248). Dies wird von den missachteten Subjekten jeweils durch die daraus resultierenden eigenen negativen Emotionen wie bspw. Wut oder Trauer wahrgenommen (vgl. Honneth, 2018b, S. 221). Nur so kann es zum Aufbegehren der betroffenen Individuen oder Gruppe gegen rechtliche und/oder politische Ungleichbehandlung(en) kommen (s. u.).
- 6.
Honneth (2005) nutzt neben „Verdinglichung“ auch den Begriff der „Anerkennungsvergessenheit“ (S. 71).
- 7.
Honneth zieht hier als Beispiel ein Spiel heran, während dessen einer der Spieler den Sieg dermaßen ehrgeizig anstrebt, dass er gleichsam vergisst, dass der Mitspieler sein bester Freund ist (vgl. Honneth, 2005, S. 71).
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Kürsten, K. (2024). Anerkennung. In: Stonewall kommt in die Jahre. Vallendarer Schriften der Pflegewissenschaft, vol 15. Springer, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-43662-9_5
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Publisher Name: Springer, Wiesbaden
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