In diesem Kapitel wird das Unterrichtsvorhaben, welches in dieser Studie untersucht wird, vorgestellt. Das geplante Lernarrangement wird in Form eines Projekts im Fach Mathematik in der 9. Jahrgangsstufe am Gymnasium umgesetzt und beinhaltet den übergeordneten Arbeitsauftrag der Produktion eines Erklärvideos in Gruppen zum Thema Raumgeometrie bzw. geometrische Körper der Sekundarstufe I. Durch das Unterrichtsprojekt sollen folgende übergeordnete Ziele von den ProjektteilnehmerInnen erreicht werden:

  • Vertiefung mathematischer Inhalte/ Kompetenzen

    (Insbesondere bzgl. des Inhaltsfelds Geometrie)

  • Entwicklung und Vertiefung von Medienkompetenz

    (Anwendung digitaler Technologien und Produktion audiovisueller Medienprodukte)

  • Entwicklung von Lehrmaterial

    (Produktion des Erklärvideos, das als Lehrmittel zum spezifischen Thema genutzt werden kann)

Dazu wird im Folgenden Bezug auf die theoretisch aufgearbeiteten didaktisch-methodischen Aspekte (vgl. Kapitel 4) sowie die Gestaltungsmerkmale emotions- und motivationsförderlichen Unterrichts (vgl. Kapitel 3) genommen.

Zunächst wird die Projektdurchführung beschrieben und anschließend den Komponenten von Frey (2010) zugeordnet. Danach werden die organisatorischen Rahmenbedingungen der Projektplanung und -durchführung erläutert. Die intendierte Affekt-, Motivations- und Lernwirksamkeit wird anschließend in Bezug auf übergeordnete didaktische Entscheidungen und die konzeptionelle Ausrichtung sowie hinsichtlich der SchülerInnenaktivitäten in den einzelnen Projektphasen dargestellt.

5.1 Ablauf des Projekts

Im folgenden Abschnitt wird der Ablauf des Projekts beschrieben. Dazu werden die einzelnen Phasen und die jeweiligen Unterrichtsziele dieser Projektabschnitte dargestellt und anschließend mit den Projektkomponenten von Frey (2010) verknüpft. Der zeitliche Umfang des Projekts beträgt zehn Unterrichtsstunden, welche auf zwei Projekttage zu jeweils fünf Unterrichtsstunden aufgeteilt werden.

5.1.1 Phase 1 – Einführung

In der Einführungsphase stellt die Lehrkraft den ProjektteilnehmerInnen das Projekt vor und gibt eine Einführung in die Nutzung des iPads zur Videoaufnahme und die Anwendung der Nachbearbeitungssoftware. Am Ende dieser Projektphase bekommen die SchülerInnen eine Mappe mit allen grundlegenden Informationen zum Projekt und dessen Ablauf.

Durchführung

Zu Beginn der Einführung wird zunächst der Arbeitsauftrag vorgestellt, der sich in zwei Teilarbeitsaufträge gliedert, welche an zwei Gruppenarbeitsphasen gekoppelt sind, und zum Erreichen der übergeordneten Projektziele führen soll. Danach werden die drei übergeordneten Ziele des Projekts genannt.

Anschließend werden die Gruppenthemen präsentiert. Diese behandeln die geometrischen Körper, die in der Sekundarstufe I am Gymnasium thematisiert werden. Jede Gruppe befasst sich mit einem der folgenden geometrischen Körper:

  • Würfel und Quader

  • Prisma

  • Pyramide

  • Zylinder

  • Kegel

  • Kugel

Nachdem der thematische Rahmen gesetzt wurde, wird die Produktion der Erklärvideos hinsichtlich der darzustellenden mathematischen Inhalte erläutert. Die Erklärvideos sollen vier mathematische Schwerpunkte (i-iv) in Bezug auf das jeweilige Gruppenthema beinhalten:

  1. i.

    Geometrischen Körper beschreiben

    1. Schrägbild und Netz skizzieren

    2. Seiten und Flächen benennen

    3. Charakteristische Eigenschaften des geometrischen Körpers herausstellen

  2. ii.

    Formeln nennen und begründen

    1. Formel zur Berechnung des Oberflächeninhalts

    2. Formel zur Berechnung des Volumens

    3. Formeln und Variablen erklären (Beweisideen/ Herleitung)

  3. iii.

    Anwendung der Formel (innermathematisch)

    1. Beispielaufgabe

  4. iv.

    Anwendung der Formel (außermathematisch)

    1. Realistische Anwendungsaufgabe entwickeln und ggf. in das Erklärvideo integrieren

Danach werden Gestaltungshinweise für die Produktion der Erklärvideos gegeben. Die Erklärvideos sollen ungefähr drei Minuten lang sein. Die Gruppenmitglieder sollen sich bei der Planung und Umsetzung des Erklärvideos in die Lage der RezipientInnen versetzen. Demzufolge sollen die Inhalte verständlich präsentiert werden, sodass auch RezipientInnen mit nur wenig mathematischem Vorwissen den Ausführungen folgen und die zu vermittelnden Inhalte verstehen können. Mögliche Schwierigkeiten oder Probleme im Verstehensprozess sollen dabei beachtet und ggf. explizit im Erklärvideo thematisiert werden. Abgesehen von der Darstellung der mathematischen Inhalte soll das Erklärvideo möglichst kreativ und interessant gestaltet werden. Das heißt, es soll eine Geschichte, die sogenannte Story, erzählt und somit spannende Bezüge zur realen Welt hergestellt werden, in welcher die Inhalte unterhaltsam präsentiert werden.

Anschließend werden die organisatorischen Rahmenbedingungen hinsichtlich des zeitlichen Ablaufs des Projekts bekanntgegeben. Die ProjektteilnehmerInnen erhalten dazu, wie von Frey (2010) empfohlen, konkrete zeitliche Vorgaben sowohl in Bezug auf Beginn, Pausen und Ende des Gesamtprojekts als auch auf die jeweiligen Projektphasen und die damit verbundenen Arbeits- und Sozialformen. Der Zeitplan wird in tabellarischer Form im Unterrichtsraum ausgehängt, sodass sich die SchülerInnen zu jedem Zeitpunkt im Projekt daran orientieren können.

Im Anschluss daran werden die Gruppeneinteilung und die Zuweisung der jeweiligen Themen verkündet. Die Mathematiklehrkraft der Klasse hat die Einteilung bereits vor Beginn des Projekts vorgenommen. Dabei folgt sie der Empfehlung von Röllecke (2006) und teilt, je nach Gesamtanzahl der TeilnehmerInnen, jeweils fünf bis sechs SchülerInnen einer Gruppe zu. Die Gruppeneinteilung soll möglichst eine Leistungshomogenität zwischen den Gruppen bzw. Leistungsheterogenität innerhalb der Gruppen abbilden (vgl. Kerres, 2012; Schlag, 2013).

Nach der allgemeinen Projekteinführung werden die ProjektteilnehmerInnen in die Anwendung der zu nutzenden Technologien eingewiesen. Zunächst werden der Aufbau des Stativs sowie die Befestigung des Tablets am Stativ demonstriert, um den sicheren Umgang mit der Hardware zu gewährleisten. Danach wird die Bedienung der Aufnahmesoftware hinsichtlich der nötigen Einstellungen und Funktionen gezeigt. Darauf wird die Nutzung der Software Filmmaker Pro zur Postproduktion eingeführt. Dabei werden zunächst eine Übersicht sowie allgemeine Einstellungen besprochen, bevor die konkreten Anwendungen, wie Videos importieren, Videoschnitt, -bearbeitung und -übergänge sowie der Import, die Nutzung und Bearbeitung von Musik und das Einfügen und Bearbeiten von Texten erklärt werden.

Zum Abschluss der Einführungsphase erhalten die Projektgruppen eine Arbeitsmappe, in der alle Informationen aus dieser Phase, vom allgemeinen Arbeitsauftrag über den Zeitplan bis hin zum Aufbau des Stativs und Anwendung der Aufnahme- sowie Bearbeitungssoftware, nachgeschlagen werden können. Darüber hinaus werden Hilfsmaterialen zur Gestaltung des Erklärvideos hinsichtlich der Darstellung der mathematischen Inhalte, wie Plastikmodelle der geometrischen Körper, DIN-A3-Plakate, verschiedene Filzstifte und Alltagsgegenstände von der Form der relevanten geometrischen Körper gezeigt und bei Bedarf ausgehändigt (vgl. Kapitel 5.2).

Unterrichtliche Ziele der ersten Projektphase

Die Schülerinnen und Schüler…

  • kennen den Arbeitsauftrag,

  • kennen den zeitlichen Ablauf und können sich an der Struktur orientieren,

  • sind in themenspezifischen Gruppen eingeteilt,

  • können selbstständig das Kamerastativ aufbauen,

  • haben Kenntnisse über die Anwendung der Aufnahme- und Nachbearbeitung-App.

5.1.2 Phase 2 – Erste Gruppenarbeitsphase

In der zweiten Projektphase finden sich die SchülerInnen erstmals in ihren Gruppen zusammen. Sie erarbeiten den mathematischen Inhalt und entwickeln den thematischen Kontext mit Bezug zu realen Situationen in Form der Story. Der konkrete Arbeitsauftrag dieser Projektphase lautet: „Informiert euch mithilfe des Lernmaterial über euren geometrischen Körper und füllt dazu den Steckbrief aus“.

Durchführung

Im Unterrichtsraum werden die Tische zu Gruppenarbeitsplätzen zusammengestellt und die SchülerInnen versammeln sich an den jeweiligen Gruppentischen. Den Gruppen werden Lernmaterialien (vgl. Kapitel 5.2) zum jeweiligen Gruppenthema bereitgestellt. Aus diesem Material sollen die Informationen bezüglich der genannten Schwerpunkte (Geometrischen Körper beschreiben, Formeln nennen und begründen, Formeln anwenden (innermathematisch) und Anwendung der Formel in den Alltag/ Umwelt) gesammelt werden. Als Strukturierungshilfe bezüglich der Erarbeitung der genannten Schwerpunkte und Grundlage für die filmische Umsetzung erhält jede bzw. jeder SchülerIn einen unausgefüllten Steckbrief (vgl. Anhang 1.6 im elektronischen Zusatzmaterial). Dieser wird hinsichtlich der genannten Schwerpunkte mithilfe des bereitgestellten Lernmaterials von jedem Schüler bzw. jeder Schülerin ausgefüllt. Damit soll sichergestellt werden, dass die relevanten Informationen bezüglich des jeweiligen geometrischen Körpers im Erklärvideo genannt werden. Neben den Schwerpunkten (i-iv) entwickeln die Gruppenmitglieder in dieser Phase eine Story. Innermathematische Sachverhalte sollen dabei mit außermathematischen Situationen in Zusammenhang gebracht werden. Die Gruppen können dabei die Aufgabe (iv) Formeln anwenden (außermathematisch) für die Entwicklung der Story nutzen, wobei die darin beschriebene Auseinandersetzung mit den Formeln zum Oberflächeninhalt und Volumen hinsichtlich des anzustrebenden Alltagsbezug als erzählerischer Kontext des Erklärvideos dienen kann.

Unterrichtliche Ziele der Projektphase

Die Schülerinnen und Schüler…

  • ermitteln relevante Informationen bezüglich ihres Themas aus den vorbereiteten Lernmaterialen,

  • nutzen die Informationen, um den Steckbrief (vgl. Anhang 1.6 im elektronischen Zusatzmaterial) auszufüllen,

  • finden inner- und außermathematische Anwendungsbeispiele für ihr Thema,

  • entwickeln eine anwendungsbezogene Story, in welche die erarbeiteten mathematischen Inhalte eingebettet werden können.

5.1.3 Phase 3 – Zwischensicherung

In der Zwischensicherung stellen die Gruppen die Ergebnisse der vorherigen Projektphase im Plenum vor.

Durchführung

In dieser Projektphase beschreiben und erläutern die Gruppenmitglieder im Plenum die erarbeiteten Schwerpunkte ihres geometrischen Körpers auf Grundlage des Steckbriefs. Dabei nutzen sie die Tafel, indem sie Schrägbild und Körpernetz für alle sichtbar skizzieren und daran charakteristische Eigenschaften des Körpers und die Formeln für den Oberflächeninhalt und das Volumen erklären. Zudem sollen sie die genannten Formeln in selbsterstellten inner- und außermathematischen Aufgabenstellungen vorstellen und den Zusammenhang zwischen Formeln und Aufgaben erklären. Darüber hinaus beschreiben die Gruppen ihre entwickelte Story, in die diese Schwerpunkte integriert werden sollen, und zeigen somit den Bezug zur realen Welt bzw. zu alltäglichen Situationen auf. Die Projektphase Zwischensicherung dient daher der Reflexion und Sicherung der ersten Gruppenarbeitsphase, indem einerseits die anderen Projektgruppen und die Lehrperson überprüfen können, ob die mathematischen Inhalte korrekt ausgearbeitet wurden und somit keine Fehler in das Erklärvideo übertragen werden. Andererseits hilft es den anderen ProjektteilnehmerInnen die mathematischen Inhalte der anderen Gruppen zu erfassen und Querverbindungen zum eigenen Gruppenthema herzustellen.

Unterrichtliche Ziele der Projektphase

Die Schülerinnen und Schüler…

  • beschreiben ihren geometrischen Körper,

  • erklären die Formeln zur Berechnung des Volumens und des Oberflächeninhalts,

  • stellen inner- und außermathematischen Anwendungsaufgaben vor,

  • präsentieren ihre Story, in welche der mathematische Inhalt eingebettet werden soll,

  • erhalten Informationen über die geometrischen Körper der anderen Gruppen und können Querverbindungen zu ihrem geometrischen Körper herstellen,

  • werden ggf. von der Lehrkraft oder MitschülerInnen auf fehlerhafte oder unklare Formulierungen hingewiesen und korrigieren diese.

5.1.4 Phase 4 – Zweite Gruppenarbeitsphase

Die vierte Projektphase bildet den Kern des Projekts, die Produktion der Erklärvideos. Der konkrete Arbeitsauftrag in dieser Phase lautet: „Produziert ein Erklärvideo über euren geometrischen Körper. Nutzt dazu die Informationen über euren geometrischen Körper, die ihr auf dem Steckbrief gesammelt habt und stellt dazu die Geschichte (Story), die ihr euch in eurer Gruppe ausgedacht habt, dar.

Durchführung

Die Gruppen planen selbstständig die Produktion des Erklärvideos. Dabei können verschiedene Drehorte auf dem Schulgelände, wie Klassenzimmer, Schulhof oder Medienraum für die Szenen genutzt werden (nähere Erläuterungen dazu in Kapitel 5.2). Sie verteilen die Aufgaben unter den Gruppenmitgliedern, entscheiden welche bereitgestellten oder noch zu erstellenden Materialien, wie Plakate oder Tafelbilder, für die Produktion genutzt werden können, wie diese ggf. gestaltet werden sollen und erstellen diese. Die vorher erarbeiteten mathematischen Inhaltsschwerpunkte werden nun in die entwickelte Story integriert. Während der Aufnahme der einzelnen Szenen werden die charakteristischen Merkmale des jeweiligen geometrischen Körpers beschrieben und die Zusammenhänge mit den Formeln sowie inner- und außermathematischen Anwendungen erklärt. Die Gruppen sollen dabei insbesondere auf Aspekte eingehen, die ihnen selbst Verständnisprobleme bereitet haben, da davon auszugehen ist, dass genau diese Aspekte auch den RezipientInnen Schwierigkeiten bereiten könnten. Alle Gruppenmitglieder sollen darauf achten, dass keine Fehler auf den Plakaten bzw. der Tafel gezeigt oder unklare, unverständliche oder sogar fehlerhafte Formulierungen im Erklärvideo verwendet werden. Nachdem alle geplanten Szenen erprobt und gefilmt wurden, schneiden die Gruppenmitglieder die Szenen zusammen und unterlegen diese ggf. mit Musik und Text. Neben der Darstellung oder Moderation vor der Kamera gibt es in dieser Projektphase demnach vielfältige weitere Möglichkeiten, zur Produktion des Erklärvideos beizutragen, wie die Bedienung der Kamera, Vorbereitung von Materialien zur Präsentation der mathematischen Inhalte und Nachbearbeitungen. Für die technische Umsetzung mit Aufnahme und Nachbearbeitung der Szenen nutzen die ProjektteilnehmerInnen die zur Verfügung gestellten Tablets (nähere Erläuterungen dazu in Kapitel 5.2). Insbesondere für die Nachbearbeitung, welche aus dem Schneiden und Zusammenfügen von aufgenommenen Szenen sowie ggf. dem Einfügen von bereitgestellter Musik oder von Text, wie beispielsweise der Formeln, besteht, nutzen die SchülerInnen das in der Einführung vermittelte Anwendungswissen. Zusätzlich können sie auf die Projektmappe (vgl. Anhang 1.7 im elektronischen Zusatzmaterial) zurückgreifen, in welcher die Nutzung der Nachbearbeitungssoftware nochmals beschrieben ist.

Unterrichtliche Ziele der Projektphase

Die Schülerinnen und Schüler…

  • planen selbstständig die Produktion des Erklärfilms bezüglich der Rollenverteilung, Drehorte sowie Nutzung von bereitgestelltem bzw. Erstellung von eigenem Material,

  • formulieren die zu vermittelnden Inhalte verbal und schriftlich in angemessener und korrekter Form,

  • nutzen die erworbenen Kenntnisse hinsichtlich der Verwendung des Tablets und des Stativs sowie der Anwendung der Aufnahme- und Nachbearbeitungs-App aus der Einführungsphase, um die relevanten Informationen und Aufgaben aus dem Steckbrief in der entwickelten Story audiovisuell darzustellen.

5.1.5 Phase 5 – Präsentation

In der Präsentationsphase werden alle Erklärvideos im Plenum vorgestellt.

Durchführung

Die ProjektteilnehmInnen finden sich in der letzten Projektphase wieder im Plenum ein. Die erstellten Erklärvideos werden nacheinander gezeigt. Durch das Rezipieren aller Erklärvideos werden die ProjektteilnehmerInnen über die mathematischen Inhalte der anderen Gruppen informiert. Die SchülerInnen können während der Präsentation der Erklärvideos Querverbindungen zum eigenen geometrischen Körper und zur realen Welt herstellen und ggf. Fragen stellen. Zudem erhalten die Gruppen in einer Reflexionsrunde Rückmeldung von der Lehrkraft und den anderen SchülerInnen.

Unterrichtliche Ziele der Projektphase

Die Schülerinnen und Schüler…

  • erhalten Informationen über die geometrischen Körper aller Gruppen durch das Rezipieren der Erklärvideos.

5.1.6 Projektkomponenten

Der Ablaufplan des Projekts orientiert sich strukturell an den Komponenten der Projektmethode nach Frey (2010), wobei nicht alle Komponenten in den eigentlichen Projektablauf integriert sind. Die Komponenten Projektinitiative (1), Auseinandersetzung mit der Projektinitiative in einem vorher vereinbarten Rahmen mit dem Ergebnis einer Projektskizze (2) und gemeinsame Entwicklung des Betätigungsgebiets mit dem Ergebnis eines Projektplans (3) werden vor Projektbeginn durch die Projektleitung entwickelt und umgesetzt. Dies hat zum einen organisatorische Gründe, da für die Projektdurchführung lediglich ein begrenzter, zeitlicher Rahmen von zwei Projekttagen zur Verfügung steht. Ludwig (2008) beschreibt in diesem Zusammenhang, dass es SchülerInnen oftmals schwerfällt, ein geeignetes Thema zu finden, wodurch viel Zeit dafür aufgewendet werden müsste. Zum anderen soll vermieden werden, dass eine zu offene Ausgangssituation zu Überforderungen und somit zu einer Reduzierung der Kontrollüberzeugung bei den ProjektteilnehmerInnen führt, wodurch das emotionale Erleben negativ beeinflusst werden kann (vgl. Frenzel et al., 2020). In Abbildung 5.1 ist der Ablaufplan des Projekts mit den einzelnen Projektphasen dargestellt.

Abbildung 5.1
figure 1

Projektphasen und zugeordnete Komponenten der Projektmethode

In der ersten Projektphase werden die Komponenten Projektinitiative (1), Auseinandersetzung mit der Projektinitiative (2) und gemeinsame Entwicklung des Betätigungsgebiets (3) zusammengefasst und entsprechend der Rahmenbedingungen des Unterrichtsprojekts adaptiert. In dieser Phase werden die Ausgangssituation des Projekts sowie der weitere Projektverlauf beschrieben. Frey (2010) betont, dass insbesondere bei unerfahrenen Projektgruppen nicht alle Komponenten Bestandteil des Projekts sein müssen und die Methode zunächst in wiederholter Anwendung allmählich aufgebaut werden kann. Die zweite Projektphase stellt mit der ersten Gruppenarbeit, die Komponente verstärkte Aktivität im Betätigungsgebiet (4) dar, wobei auch Aspekte der Entwicklung zum Betätigungsgebiet (3) hinsichtlich der gruppeninternen Planung der Videoproduktion Anwendung finden. Die Zwischensicherungsphase bildet einen Fixpunkt (6) nach der Projektmethode (Frey, 2010). In dieser Phase werden alle ProjektteilnehmerInnen über die Tätigkeiten in den Gruppen aus der vorherigen Projektphase informiert. Somit können sich die SchülerInnen den Stand ihrer Arbeit in Bezug auf das Gesamtvorhaben vergegenwärtigen. Der vierten Projektphase kann ebenfalls die vierte Komponente, verstärkte Aktivität im Betätigungsgebiet (4), zugeordnet werden, da diese lediglich durch den Fixpunkt (6), die Zwischensicherung, unterbrochen wird. Die Präsentationsphase bildet die fünfte Komponente, die Beendigung des Projekts, wobei diese einen bewussten Abschluss mit dem Hervorbringen bzw. Präsentieren des Produkts darstellt.

5.2 Rahmenbedingungen

In diesem Abschnitt werden organisatorische und rechtliche Rahmenbedingungen sowie Materialien, die für die Durchführung verwendet werden, beschrieben.

Zeitlicher Rahmen. Für die Dauer des Unterrichtsprojekts werden insgesamt zehn Unterrichtsstunden an zwei Projekttagen zu jeweils fünf Unterrichtsstunden angesetzt. Diese zeitliche Rahmung entspricht nach Frey (2010) einem Mittelprojekt, welches den Normalfall in Bildungseinrichtungen darstellt. Tabelle 5.1 zeigt den Projektablauf mit entsprechender zeitlicher RahmungFootnote 1:

Tabelle 5.1 Projektablauf

Lernorte. Das Projekt wird nicht ausschließlich im Unterrichtsraum der teilnehmenden Klasse durchgeführt. Während der zweiten Gruppenarbeitsphase (vgl. Kapitel 5.1.4) können sich die Gruppen in Absprache mit der Lehrkraft auf dem Schulgelände oder auch in nicht besetzten Fach- oder Klassenräumen aufhalten, um die Szenen für das Erklärvideo aufzuzeichnen. Die Gruppen sind dabei unter sich, können ihre Arbeitsschritte zur Produktion des Erklärvideos selbstständig organisieren und umsetzen, ohne dabei von anderen Gruppen etwa bei den Aufnahmen der Szenen gestört zu werden. Dazu können sie beispielsweise die Tafeln in den Räumen oder Gebäude und Gegenstände auf dem Schulgelände verwenden, um an diesen Berechnungen beispielhaft darzustellen. Die variable Nutzung von Lernorten ist nach Frey (2010) gut mit den Lernprozessen in Unterrichtsprojekten im Sinne des situierten Lernens zu vereinbaren. Die SchülerInnen erhalten somit die Möglichkeit Objekte außerhalb des Klassenraums zu entdecken und als Gestaltungsobjekte für das Erklärvideo oder für Bezüge zu den mathematischen Inhalten zu nutzen.

Rechtlicher Rahmen. Der rechtliche Rahmen hinsichtlich des Datenschutzes und Urheberrechts ist bei der Nutzung von Medien und der Erstellung von Medienprodukten durch SchülerInnen von elementarer Bedeutung. Vor Beginn des Projekts erhalten die Erziehungsberechtigten der teilnehmenden SchülerInnen einen Brief, in welchem sie über die rechtlichen Rahmenbedingungen bezüglich personenbezogener Daten, dazu gehören auch Bild- und Tonaufnahmen, im und nach dem Projekt informiert werden. Die Erziehungsberechtigten müssen, unter den rechtlichen Bedingungen hinsichtlich des Rechts auf Widerruf der Einwilligung (Art. 7 Abs. 3 DSGVO), Auskunft (Art. 15 DSGVO), Berichtigung (Art. 16 DSGVO), Löschung (Art. 17 DSGVO), Einschränkung der Verarbeitung (Art. 18 DSGVO), Datenübertragbarkeit (Art. 20 DSGVO), Widerspruch (Art. 21 DSGVO) und das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde (Art. 77 DSGVO), ihre explizite und freiwillige Einwilligung geben, damit der bzw. die SchülerIn uneingeschränkt am Unterrichtsprojekt teilnehmen kann.

Technologische Ausstattung. Zur Durchführung des Unterrichtsprojekts werden je nach Anzahl der Gruppen Tablets, iPad Air Wi-Fi Modellnummer A1474 mit der IOS Version 10.3.3 und einer Speicherkapazität von 16 GB sowie Stative des Typs Manfrotto 190SH/128LP genutzt. Zur Postproduktion des gedrehten Filmmaterials wird die IOS App Filmmaker Pro in der kostenlosen Version verwendet, welche bereits auf den genannten Tablets installiert wurde. Zudem wurden vor Beginn des Projekts 16 Musikdateien (CC-BY 4.0)Footnote 2 auf die Tablets geladen, welche zur Untermalung der Erklärvideos genutzt werden können. Die allgemeine sowie technische Einführung in das Projekt (vgl. Kapitel 5.1.1) wird mithilfe von Präsentationen mit Microsoft PowerPoint über einen Beamer und eine Leinwand durchgeführt.

Lern-, Gestaltungsmaterial, und Alltagsgegenstände. Für die Erarbeitung der mathematischen Schwerpunkte wird Lernmaterial in Form von Auszügen aus verschiedenen Lehrwerken für die Sekundarstufe I zu den einzelnen Gruppenthemen bereitgestellt. Diese Auszüge beziehen sich jeweils auf die für jede Gruppe relevanten Inhalte mit allen Informationen, die für das Ausfüllen des Steckbriefs und für die Darstellung der mathematischen Inhalte im Erklärvideo benötigt werden. Für die Gestaltung des Erklärvideos werden DIN-A3-Plakate, unterschiedliche Filzstifte, verschiedene 3D-Plastikmodelle der geometrischen Körper und Alltagsgegenstände von der Form der darzustellenden geometrischen Körper wie Bälle oder verschiedene Verpackungen zur Verfügung gestellt. Diese Materialien können von den ProjektteilnehmerInnen für die anschauliche Darstellung ihres geometrischen Körpers im Erklärvideo genutzt werden. Für die Zwischensicherung (vgl. Kapitel 5.1.3) und ggf. zur Präsentation der mathematischen Inhalte in den Erklärvideos (vgl. Kapitel 5.1.4) werden zudem Tafel und Kreide in den Klassenräumen bereitgestellt. Darüber hinaus werden die Einführungspräsentationen ausgedruckt und stehen den Gruppen in Projektmappen über die gesamte Zeit des Projekts zur Verfügung (vgl. Anhang 1.7 im elektronischen Zusatzmaterial).

5.3 Intendierte Affekt-, Motivations- und Lernwirksamkeit

In diesem Abschnitt werden die intendierten Effekte des geplanten Unterrichtsprojekts auf die Emotionen, Motivation und Lernleistung beschrieben. Dabei wird zu Beginn die konzeptionelle Ausrichtung hinsichtlich übergeordneter Entscheidungen erläutert und diese unter Bezugnahme auf ihre lern-, -affekt und motivationsfördernden Ausprägung begründet. Danach wird das Projekt im Sinne kompetenzförderlichen Unterrichts in den Bildungsstandards hinsichtlich der Grunderfahrungen im Mathematikunterricht sowie des Inhaltsfelds Geometrie verortet. Anschließend werden die einzelnen Projektphasen konkret hinsichtlich ihrer potenzielle Lern-, Affekt- und Motivationswirksamkeit in Bezug auf die intendierten Aktivitäten der ProjektteilnehmerInnen erläutert.

5.3.1 Übergeordnete konzeptionelle Ausrichtung

Die übergeordnete konzeptionelle Ausrichtung umfasst Entscheidungen, die für die Planung, Gestaltung und Durchführung des Unterrichtsprojekts im Hinblick auf die Emotions-, Motivations- und Lernförderlichkeit wegweisend sind.

Emotions- und motivationsfördernde Gestaltung der Lernumgebung

Bei der Planung des Unterrichtsvorhabens wurden Aspekte für einen emotions- und motivationsförderlichen Unterricht berücksichtigt. Dabei wurden Entscheidungen in Bezug auf die Gestaltung der Lernumgebung an den Merkmalen aus Kapitel 3.3 ausgerichtet, welche sich aus den Modellen der Kontroll-Wert-Theorie (Pekrun, 2006), mit einer Fokussierung auf Kontroll- und Wertüberzeugungen (vgl. Kapitel 3.2) sowie der Selbstbestimmungstheorie (Deci & Ryan, 1985), unter Berücksichtigung der Erfüllung der psychologischen Grundbedürfnisse (vgl. Kapitel 3.2), ableiten lassen.

Projekt. Als strukturgebendes Rahmenkonzept wurde die Unterrichtsform Projekt (vgl. Kapitel 4.2.1; 3.3.1; 3.3.4) mit seiner lern- und insbesondere auch affekt- und motivationsfördernden Wirkung (vgl. Schiefele & Streblow, 2006; Ludwig, 2008) gewählt. Die beschriebene pragmatische Zwischenposition des situierten Lernens wird dabei, wie von Tulodziecki und Herzig (2004) beschrieben, als die ideale lerntheoretische Ausrichtung angesehen (vgl. Kapitel 3.1). Im Rahmen des Projekts werden die ProjektteilnehmerInnen durch die Erstellung des Erklärvideos mit einer komplexen Aufgabenstellung betraut, welche im konstruktivistischen Sinne selbstständig handlungsorientiert bearbeitet werden soll.

Kooperatives Lernen. Im Rahmen der Projektdurchführung werden die zentralen Merkmale kooperativen Lernens, kleine Gruppen, die im hohen Maß interagieren, gegenseitige Unterstützung der Gruppenmitglieder und das Verfolgen eines gemeinsamen Ziels (vgl. Renkl & Beisiegel, 2003), explizit berücksichtigt. Die Gruppen umfassen demnach maximal fünf bis sechs Mitglieder und der Arbeitsauftrag kann, wie von Cohen (1994) empfohlen, lediglich unter Einbezug aller Mitglieder bewältigt werden. Berger und Walpuski (2018) verweisen in diesem Zusammenhang darauf, es auf diese Weise jedem Gruppenmitglied zu ermöglichen einen Beitrag zur Gruppenlösung leisten zu können. Dahingehend soll die Erfüllung der psychologischen Grundbedürfnisse Kompetenzerleben und soziale Bezogenheit unterstützt werden, welche nach der Selbstbestimmungstheorie (vgl. Deci & Ryan, 1985) wiederum grundlegende Entstehungsmerkmale für intrinsische Motivation darstellen.

Selbstreguliertes Lernen. Die Lehrkraft nimmt eine unterstützende und in der ersten Projektphase (vgl. Kapitel 5.1.1) auch anleitende Rolle ein. In den weiteren Projektphasen zieht sich die Lehrkraft zurück, um den SchülerInnen, wie von Otto (2007) empfohlen, Handlungsspielräume im Sinne des selbstregulierten Lernens zu offerieren. Diese Strukturierung bezieht sich auf das „sensible[s] Gleichgewicht zwischen Anleitung und Eigentätigkeit“, welches Schlag (2013, S. 147) in Bezug auf angemessene Aktivitätsspielräume in einer autonomieunterstützenden Lernumgebung beschreibt. Diese Gewährung von Handlungsspielräumen und Wahlmöglichkeiten (ausführlich beschrieben in Kapitel 3.3.1) sowie angemessenen Anforderungen (ausführlich beschrieben in Kapitel 3.3.1; 3.3.5) mit der entsprechenden Möglichkeit, selbstbestimmt zu handeln, bilden dabei wesentliche Kriterien des Unterrichtsvorhabens. Diese Aspekte sind zugleich unterrichtliche Merkmale für die Förderung intrinsischer Motivation und Entwicklung wahrgenommener Kontrolle sowie subjektiver Bedeutsamkeit (vgl. Deci & Ryan, 1985, 1993; Skinner, Pitzer & Brule, 2014; Tsai, Kunter, Lüdtke, Trauwein & Ryan, 2008).

Die Verknüpfung von selbstregulierten Lernhandlungen mit einem kooperativen Lernarrangement führt dabei nach Marcou und Lerman (2007) sowie Schukajlow, Leiss, Pekrun, Blum, Müller und Messner (2012) zu keinen negativen Effekten. Schukajlow und Kollegen (2012) berichten sogar von positiven Auswirkungen auf Lernfreude und Interesse sowie geringerer Langeweile im Vergleich zu instruktionsbasiertem Unterricht oder Einzelarbeit.

Wertinduktion. Der Bezug zur Lebenswelt der SchülerInnen stellt einen weiteren bedeutsamen Aspekt des Projektvorhabens dar und soll somit nach Frenzel und Stephens (2011) sowie Krapp (2005) einen positiven Einfluss auf die subjektive Wertüberzeugung haben. Ein besonderes Merkmal des Unterrichtsprojekts ist die Verknüpfung von inhaltsbezogenen Informationen mit einer Geschichte. Um den mathematischen Kern soll demnach eine Story bzw. Geschichte im Erklärvideo erzählt bzw. dargestellt werden und dadurch explizit Aspekte der sozialen Umwelt der ProjektteilnehmerInnen im Sinne eines situierten Kontextes, wie Tulodziecki, Herzig und Grafe (2010) beschreiben, einbezogen werden. Auf diese Weise können die SchülerInnen aktuelle Themen, die eine persönliche Bedeutsamkeit haben, wie die Nutzung von Jugendsprache oder ihnen bekannte spezifische Darstellungsweisen, wie auf Plattformen der sozialen Medien, mit mathematischen Aspekten in Verbindung bringen. Durch die Verknüpfung von inhaltsbezogenem Wissen mit einer Geschichte bzw. Handlung können, wie in der Methode des Storytelling, Informationen zudem effizienter von den RezipientInnen verarbeitet (vgl. Fuchs, 2021) sowie Aufmerksamkeit unterstützt und Emotionen angesprochen werden (vgl. Kleine Wieskamp, 2016). Mit der Verwendung von fiktiven Akteuren in der Story, die als SchauspielerIn eine Rolle darstellen oder als ModeratorIn fungieren, kann nach Slopinski (2016) ein konkreter Kontext (Situierung) geschaffen werden, welcher den Film informativ sowie zugleich lebendig wirken lässt und somit affektförderlich sein kann. Auch durch die Nutzung von digitalen Technologien, welche eine wesentliche Rolle in der Alltagswelt der Heranwachsenden spielen (vgl. MPFS, 2021, 2020), kann, insbesondere im Hinblick auf die Rezeption und Produktion von Videos (vgl. Asensio & Young, 2002; Hakkarainen, 2011; Karppinen, 2005), eine hohe persönliche Bedeutsamkeit in die Projektdurchführung integriert werden. Zusätzlich soll die im Rahmen der Produktion der Erklärvideos adressatengerechte Vermittlung von fachspezifischen Inhalten von SchülerInnen für SchülerInnen im Sinne der Peer-Tutoring-Methode, wie von Wolf & Kulgemeyer (2016) beschrieben, positiven Einfluss auf die subjektiven Wertüberzeugungen der produzierenden SchülerInnen haben, da die Aktivitäten im Zusammenhang mit der Erstellung von Lehrmaterial einem übergeordneten Bildungszweck dienen.

Inhaltsbezogene Struktur. Jeder Gruppe wird ein geometrischer Körper als thematischer Schwerpunkt ihres Erklärvideos zugewiesen. Das Projekt wird nach Ludwig (2008) entsprechend im Sternmodus durchgeführt. Die einzelnen Gruppen können unabhängig voneinander arbeiten und müssen keine inhaltlichen Absprachen treffen. Das Unterrichtsprojekt weist zudem eine reflexive Struktur (vgl. Ludwig, 2008) auf. Es fungiert als zusammenfassender Themenabschluss der Raumgeometrie in der Sekundarstufe I, wobei Querverbindungen und Zusammenhänge der verschiedenen Körper insbesondere hinsichtlich der Formeln zur Berechnung des Volumens und des Oberflächeninhalts von den teilnehmenden SchülerInnen erfasst werden sollen.

Themenabschluss. Die Durchführung des Projekts als zusammenfassender Themenabschluss, im Sinne einer Wiederholung bereits behandelter Inhalte, ist aus zwei Gründen sinnvoll. Zum einen soll eine Überforderung der ProjektteilnehmerInnen vermieden werden. Eine erhöhte kognitive Anforderung kann durch das möglicherweise ungewohnte Lernszenario in Bezug auf die Akzentuierung selbstregulierter und kooperativer Lernprozesse entstehen (vgl. Deing, 2019). Auch die Nutzung digitaler Technologien (vgl. Horz, 2020, Loderer et al., 2018), die im Rahmen des Unterrichts womöglich noch nicht oder nur selten Anwendung fanden, kann, abhängig von den individuellen Erfahrungswerten der SchülerInnen, mit einer hohen kognitiven Anforderung einhergehen. Durch diese voraussichtlich ungewohnten Parameter in den Lern- und Handlungsprozessen der SchülerInnen im Projekt, könnte das Erfassen bzw. das Erlernen neuer Inhalte zu einer Überforderung führen, welche sich negativ auf Wert- und Kontrollüberzeugungen sowie das Kompetenzerleben auswirken kann (nähere Ausführen in Kapitel 3.3.5). Zum anderen soll durch die projektartige Zusammenfassung von bereits erlerntem fachbezogenem Wissen in einer ungewohnten Lernumgebung ein neuer Zugang im Sinne multipler Perspektiven im situierten Lernen (vgl. Mandl, Gruber & Renkel, 2002) geschaffen werden, wodurch das Wissen vertieft und anschließend möglichst flexibel angewendet werden kann.

Videoproduktion als Themenabschluss. Ein Themenabschluss in Form eines Videoprojekts wird von Wolf und Kulgemeyer (2016) als didaktisch sinnvolle Variante erachtet, da der zurückliegende Stoff nochmal aufgearbeitet, themenspezifische Begriffe erklärt sowie in einen thematischen Sachzusammenhang gebracht werden müssen und mögliche Unklarheiten aufgearbeitet werden können. Es ist demnach notwendig, dass die teilnehmenden SchülerInnen die Themenbereiche der geometrischen Körper in der Sekundarstufe I bereits abgeschlossen haben. Daher wird das Projekt, je nach Themenabfolge im Schuljahr, ab der Mitte oder dem Ende der 9. Jahrgangsstufe in NRW durchgeführt.

Zeitpunkt der Durchführung. Die Durchführung des Projekts in der 9. Jahrgangsstufe ist neben dem beschriebenen thematischen Aspekt auch im Hinblick auf die emotionale und motivationale Entwicklung von SchülerInnen im Laufe der Sekundarstufe I sinnvoll. Mithilfe der PALMA-Studie zeigten Pekrun und Kollegen (2007) einen Rückgang von lernförderlichen Emotionen wie Lernfreude und Stolz und eine Steigerung von Langeweile im Mathematikunterricht im Laufe der Sekundarstufe I. Weitere Befunde (vgl. Hagenauer, 2011; Hagenauer & Hascher, 2011) deuten auf eine negative Entwicklung der Lernfreude bereits ab der Anfangsphase der Sekundarstufe I hin. Gründe für diese Entwicklung werden dabei in Anlehnung an die Selbstbestimmungstheorie (vgl. Deci & Ryan, 1985) in der mangelnden Passung zwischen den Bedingungen der Lernumgebung und den Bedürfnissen der Lernenden (basic needs) gesehen (vgl. Hascher & Brandenberger, 2018). In der Sekundarstufe I findet vorwiegend instruktionsbasierter Unterricht statt, welcher von der Lehrkraft kontrolliert und geführt wird, sodass weniger Aktivitätsspielräume sowie Beteiligungs- und Wahlmöglichkeiten für die SchülerInnen vorhanden sind. Kooperative oder selbstregulierte Lernformen werden vergleichsweise selten durchgeführt (vgl. Eccles et al., 1993; Midgley et al., 1989). Pekrun und Kollegen (2007) bemängeln den fehlenden kognitiven Aktivierungsgehalt in der Sekundarstufe I und weisen in diesem Zusammenhang auf eine Vernachlässigung von modellierungsorientiertem Mathematikunterricht hin. Das vorliegende Projekt soll dieser Entwicklung sowohl auf kognitiver als auch affektiv-motivationaler Ebene entgegenwirken und ist daher an emotions- und motivationsfördernden Gestaltungsmerkmalen von Lernumgebungen ausgerichtet.

In Kapitel 5.3.2 werden die genannten konzeptionellen Aspekte insbesondere hinsichtlich der potenziellen affektiven und motivationalen Wirkung den SchülerInnenaktivitäten den einzelnen Projektphasen zugeordnet und weitergehend expliziert.

Kompetenzorientierte Ausrichtung

Das mathematische Teilgebiet Geometrie bildet die inhaltliche Basis des geplanten Unterrichtsprojekts. Dieses Themengebiet und insbesondere die geometrischen Körper lassen sich mithilfe von haptischen Modellen oder Skizzen von Schrägbildern und Körpernetzen anschaulich darstellen. Darüber hinaus bietet es die Möglichkeit zur Modellierung und entsprechend Bezüge zur realen Welt, wie Bauwerken oder Gegenständen mit geometrischer Form, herzustellen (vgl. MfSB, 2019; Weigand, 2018). In den Bildungsstandards wird diese Verknüpfung von inner- und außermathematischen Zusammenhängen insbesondere in der Leitidee Raum und Form (L3) betont: „Die Schülerinnen und Schüler erkennen und beschreiben geometrische Strukturen in der Umwelt“ (KMK, 2004, S. 11). Ludwig (2008) schlägt in diesem Zusammenhang vor, geometrische Körper herzustellen oder Gegenstände wie Verpackungen zu untersuchen und Berechnungen an ihnen durchzuführen. Im Hinblick auf die allgemeinen mathematischen Kompetenzen Mathematisch argumentieren (K1) und Kommunizieren (K3), welche wesentlich im Unterrichtsprojekt sind, beschreibt Weigand (2018) insbesondere die Geometrie als ein geeignetes Übungsfeld, da beim geometrischen Arbeiten Gesetzmäßigkeiten und Zusammenhängen auf verschiedenen Repräsentationsebenen erfasst werden können. Die Entwicklung von Fachsprache, die ein zentrales Merkmal bei der inhaltlichen Vermittlung in Erklärvideos ausmacht, stellt hinsichtlich der Integration und Verwendung fachsprachlicher Begriffe in der Erfahrungswelt der SchülerInnen auch ein Ziel des Geometrieunterrichts dar (vgl. Weigand, 2018). Sprache nimmt zudem hinsichtlich der Kompetenz mit symbolischen, formalen und technischen Elementen der Mathematik umgehen (K5) eine wesentliche Rolle ein. In den Bildungsstandards wird dieses u. a. mit der Formulierung „symbolische und formale Sprache in natürliche Sprache übersetzen und umgekehrt“ (KMK, 2004, S. 8) betont. Die Geometrie eignet sich entsprechend der genannten Faktoren als inhaltsbezogener Schwerpunkt des Unterrichtsprojekts.

In den Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz wird die Entwicklung von Kompetenzen in einer sinnstiftenden und anregenden Lernumgebung gefordert:

Dazu bearbeiten sie Probleme, Aufgaben und Projekte mit mathematischen Mitteln, lesen und schreiben mathematische Texte, kommunizieren über mathematische Inhalte u. a. m. Dies geschieht in einem Unterricht, der selbstständiges Lernen, die Entwicklung von kommunikativen Fähigkeiten und Kooperationsbereitschaft sowie eine zeitgemäße Informationsbeschaffung, Dokumentation und Präsentation von Lernergebnissen zum Ziel hat (KMK, 2004, S. 6).

Im geplanten Projekt werden diesbezüglich nicht nur spezifische, an eine konkrete Handlung gebundene Kompetenzen, sondern auch übergeordneten Grunderfahrungen des Mathematikunterrichts aufgegriffen. Auf Basis dieser Grunderfahrungen sollen SchülerInnen zur eigenverantwortlichen Bewältigung von Anforderungen des gesellschaftlichen Alltags, insbesondere in der digitalen Welt, befähigt werden. Die konzeptionelle Ausrichtung des Projekts erlaubt es, Einflüsse aus der Lebenswelt der TeilnehmerInnen, wie in den Grunderfahrungen des Mathematikunterrichts beschrieben (vgl. KMK, 2004), in die Produktion der Erklärvideos einzubinden. So sollen beispielsweise Objekte wie Trinkdosen und Gebäudestrukturen mit geometrischen Körpern in Verbindung gebracht werden (vgl. auch Ludwig, 2008). Der Forderung „[] Mathematik als anregendes, nutzbringendes und kreatives Betätigungsfeld [zu] erleben []“ (KMK, 2004, S. 6) wird durch den interdisziplinären Charakter der konzeptionellen Ausrichtung hinsichtlich medialer Kompetenzen und mathematischen Fähigkeiten im vorliegenden Projekt nachgegangen.

Um die Lernwirksamkeit des Unterrichtsprojekts erfassen zu können, müssen die verschiedenen (Lern-) Handlungen bezüglich der unterschiedlichen Projektphasen betrachtet und deren mögliche Wirkung auf die Entwicklung spezifischer Kompetenzen analysiert werden. Lernprozesse lassen sich allerdings in einem so offenen Lernsetting mit selbstregulierten und kooperativen Lernhandlungen sowie unterschiedlichen persönlichen affektiv-motivationalen und kognitiven Voraussetzungen der SchülerInnen nicht Schritt für Schritt planen und deren Wirkung entsprechend schwer voraussagen. Daher basieren die folgenden Ausführungen im Hinblick auf die Verknüpfung von (Lern-) Aktivitäten mit der Entwicklung von spezifischen Kompetenzen im Fach Mathematik sowie affektiven und motivationalen Effekten auf Prozessen, die durch das Konzept des Projektes intendiert sind. Inwieweit diese Prozesse bzw. SchülerInnenaktivitäten in dieser Form ablaufen, kann aufgrund der Komplexität nur bedingt erfasst werden.

5.3.2 Phasenweise Betrachtung

In diesem Abschnitt werden die einzelnen Projektphasen hinsichtlich ihrer spezifischen Gestaltungsmerkmale und intendierten Aktivitäten der SchülerInnen auf mögliche Affekt- und Motivationswirksamkeit sowie Lernwirksamkeit in Anlehnung an die Kompetenzorientierung (KMK, 2004) hin analysiert.

Phase 1

Affekt- und Motivationswirksamkeit. Die erste Projektphase ist durch die Gestaltungsmerkmale Struktur und Erwartung (vgl. Kapitel 3.3.3) geprägt (vgl. Abb. 5.2). In der Einführung werden der Arbeitsauftrag, die zeitlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen sowie die Erwartungen und Anforderungen an die SchülerInnen klar kommuniziert.

Abbildung 5.2
figure 2

Gestaltungsmerkmale Struktur und Erwartung, Umsetzung und intendierte Wirkung in der ersten Projektphase

Lernwirksamkeit. Die erste Projektphase dient der Einführung in das Projektvorhaben sowohl hinsichtlich des Arbeitsauftrags und der organisatorischen Rahmenvorgaben als auch in Bezug auf die verwendeten Technologien. Da es in dieser Phase keinen mathematisch-inhaltlichen Fokus gibt, werden keine Lerneffekte bzgl. prozess- und inhaltsbezogener Kompetenzentwicklung angenommen.

Phase 2

Affekt- und Motivationswirksamkeit. Die prägenden Gestaltungsmerkmale hinsichtlich der emotions- und motivationsfördernden Ausrichtung der Lernumgebung in dieser Projektphase sind Autonomiegewährung (vgl. Kapitel 3.3.1) und Kooperation (vgl. Kapitel 3.3.4).

Wie in verschiedenen Studien gezeigt wurde (vgl. Kapitel 3.3.1), können autonomieunterstützende Lernumgebungen dazu beitragen, Kontroll- und Wertüberzeugungen sowie intrinsische Motivation zu erhöhen und akademische Leistung bei SchülerInnen zu verbessern (vgl. u. a. Guay, Ratelle & Chanal, 2008; Reeve, Jang, Carrell, Barch & Jeon, 2004; Tsai, Kunter, Lüdtke, Trauwein & Ryan, 2008). Das von Schlag (2013, S. 147) geforderte „sensible[s] Gleichgewicht“ zwischen Anleitungen durch die Lehrkraft und Eigentätigkeit der Lernenden wird insbesondere in dieser Arbeitsphase des Projekts berücksichtigt. Die Lehrperson nimmt eine passivere Rolle mit einer Rücknahme eigener Handlungsimpulse ein, gewährt den Lernenden dadurch Aktivitätsspielräume und gibt ihnen somit die Möglichkeit Lernhandlungen selbst zu organisieren, zu koordinieren und die Problemstellung selbstreguliert zu bearbeiten (vgl. Abb. 5.3).

Abbildung 5.3
figure 3

Gestaltungsmerkmal Autonomiegewährung, Umsetzung und intendierte Wirkung in der zweiten Projektphase

Die Gruppen handeln selbstreguliert im Hinblick auf die Erarbeitung und Aufbereitung der charakteristischen Merkmale des jeweiligen geometrischen Körpers und dessen inner- und außermathematischen Anwendung.

In dieser Projektphase arbeiten die Lernenden in Gruppen zusammen. Dabei sollen, wie von Schlag (2013) empfohlen, die Potentiale der Gruppe in günstiger Weise genutzt und es jedem Gruppenmitglied möglich werden, einen eigenständigen Beitrag zur Gruppenlösung, der Einbettung der mathematischen Inhalte in einen außermathematischen Kontext, zu leisten und somit individuelle Fähigkeiten und Kompetenzen einzubringen (vgl. Berger & Walpuski, 2018; Schiefele, 2004). Die Einbindung individueller Fähigkeiten und die Verknüpfung der mathematischen Inhalte mit einer Alltags- bzw. außermathematischen Anwendungssituation im Sinne von situierten Lernkontexten (vgl. Traub, 2012) soll dabei positiven Einfluss auf die subjektive Werteinschätzung und individuelle Relevanz der (Lern-) Aktivitäten (vgl. Kapitel 3.3.2) der ProjektteilnehmerInnen haben (vgl. Abb. 5.4).

Abbildung 5.4
figure 4

Gestaltungsmerkmal Kooperation, Umsetzung und intendierte Wirkung in der zweiten Projektphase

Die leitfadengestützte Aufgabenorientierung mithilfe des Steckbriefs dient der Präzisierung und Strukturierung der Handlungs- und Arbeitsprozesse, um eine Überforderung sowie entsprechend eine Reduzierung der Kontrollüberzeugung und damit verbunden einen negativen Einfluss auf die Emotionen der Lernenden zu verhindern (vgl. Frenzel et al., 2020).

Lernwirksamkeit. In dieser Phase wird der mathematische Inhalt, welcher den Kern des Erklärvideos ausmacht, von den Gruppen erarbeitet. Dazu sammeln sie mithilfe von bereitgestelltem Lernmaterial Informationen zu ihrem geometrischen Körper und füllen auf dieser Grundlage den Steckbrief aus. Anschließend entwickeln die Gruppen ihre Story. In Abbildung 5.7 werden die vielfältigen intendierten SchülerInnenaktivitäten dieser Projektphase und die entsprechend erwarteten und kompetenzorientierten Lerneffekte hinsichtlich der vier Schwerpunkte des Steckbriefs dargestellt. Die Kompetenzorientierung der SchülerInnenaktivitäten wird durch die Verknüpfung mit allgemeinen prozessbezogenen mathematischen (K1-K6) sowie inhaltsbezogenen Kompetenzen (L2, L3) verdeutlicht (vgl. Abb. 5.5).

Abbildung 5.5
figure 5

SchülerInnenaktivität und Kompetenzorientierung in der zweiten Projektphase

Mit dem Ausfüllen des Steckbriefs wird eine Vielzahl an SchülerInnenaktivitäten mit unterschiedlicher Kompetenzorientierung durchgeführt, welche in den folgenden Abbildungen (vgl. Abb. 5.8, 5.9, 5.10, 5.11, 5.12, 5.13, 5.14, 5.15) entsprechend der vier Schwerpunkte des Steckbriefs (vgl. Kapitel 5.1.1) dargestellt werden.

Abbildung 5.6
figure 6

Beispiel für die Bearbeitung des Steckbriefs – Eigenschaften

Abbildung 5.7
figure 7

SchülerInnenaktivität und Kompetenzorientierung in der zweiten Projektphase – Eigenschaften

Abbildung 5.8
figure 8

Beispiel für die Bearbeitung des Steckbriefs – Formeln

Abbildung 5.9
figure 9

SchülerInnenaktivität und Kompetenzorientierung in der zweiten Projektphase – Formeln

Abbildung 5.10
figure 10

Beispiel für die Bearbeitung des Steckbriefs – Anwendung

Abbildung 5.11
figure 11

SchülerInnenaktivität und Kompetenzorientierung in der zweiten Projektphase – Anwendung

Abbildung 5.12
figure 12

Beispiel für die Bearbeitung des Steckbriefs – Modellierungsaufgabe

Abbildung 5.13
figure 13

SchülerInnenaktivität und Kompetenzorientierung in der zweiten Projektphase – Modellierungsaufgabe

Abbildung 5.14
figure 14

Beispiel für die Bearbeitung des Steckbriefs – Story

Abbildung 5.15
figure 15

SchülerInnenaktivität und Kompetenzorientierung in der zweiten Projektphase – Story

Phase 3

Affekt- und Motivationswirksamkeit. Rückmeldungen (vgl. Kapitel 3.3.6) sind in der Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand nicht nur hinsichtlich fachlicher Kompetenzentwicklung maßgeblich, sondern auch elementar in Bezug auf die Kompetenzüberzeugung sowie wahrgenommene Kontrolle und letztendlich auf die Entwicklung von lern- und leistungsbezogenen Emotionen (vgl. Loderer et al., 2018; Hascher & Hagenauer, 2010; Pekrun & Perry, 2014). In dieser Projektphase erhalten die Gruppen Rückmeldung zu der Präsentation ihres geometrischen Körpers. Die Rückmeldungen sollen dabei möglichst lernzielorientiert formuliert sein und somit die wahrgenommene Kontrollierbarkeit und die Relevanz betonen (vgl. Perry, Chipperfield, Hladkyj, Pekrun & Hamm, 2014). Zudem sollen, wie Zeidner (1998) empfiehlt, bei negativem Feedback Lern- und Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt werden, damit keine Fehler oder fehlerhaften Formulierungen in das Erklärvideo übernommen werden. Die Gruppen haben als Konsequenz der Rückmeldungen die Sicherheit, keine grundlegenden Fehlinformationen im Erklärvideo festzuhalten, wodurch die wahrgenommene Kontrolle im Sinne zukunftsgerichteter Kausalerwartungen (vgl. Loderer et al., 2018) gestützt wird (vgl. Abb. 5.16).

Abbildung 5.16
figure 16

Gestaltungsmerkmal Rückmeldung, Umsetzung und intendierte Wirkung in der dritten Projektphase

Lernwirksamkeit. In dieser Projektphase werden insbesondere die prozessbezogenen Kompetenzen des Kommunizierens (K3), aber auch des Operierens (K4, K5) und Argumentierens (K1) gefördert.

Abbildung 5.17
figure 17

SchülerInnenaktivität und Kompetenzorientierung in der dritten Projektphase – Zwischenergebnisse

Dabei kann diese Phase sowohl bezüglich der Vorstellung des eigenen geometrischen Körpers (vgl. Abb. 5.17) als auch hinsichtlich der Rezeption der anderen Gruppenpräsentationen (vgl. Abb. 5.18) lernwirksam sein.

Abbildung 5.18
figure 18

SchülerInnenaktivität und Kompetenzorientierung in der dritten Projektphase – Rezeption der Zwischenergebnisse

Wasmann-Frahm (2008) beschreibt in diesem Zusammenhang das Lernen von anderen Gruppen als einen weiteren positiven Effekt von Projektarbeit in kooperativen Lernarrangements (vgl. Abschnitt 4.2.3.1).

Phase 4

Affekt- und Motivationswirksamkeit. In dieser Phase sind insbesondere die Gestaltungmerkmale Autonomiegewährung (vgl. Kapitel 3.3.1), Kooperation (vgl. Kapitel 3.3.4) und Wertinduktion (vgl. Kapitel 3.3.2) bedeutsam. Wie in der ersten Gruppenphase arbeiten die ProjektteilnehmerInnen selbstreguliert in einem kooperativen Setting. Sie entscheiden selbstständig in Absprache mit allen Gruppenmitgliedern über die Darstellung der mathematischen Inhalte und die allgemeine Gestaltung sowie den Kontext des Erklärvideos. Durch diese bewussten und planmäßigen Aktivitäten soll das Ziel, die Erstellung des Erklärvideos, erreicht werden, wodurch sowohl die Selbstregulation und Eigeninitiative (vgl. Katz & Assor, 2007; Reeve, Nix & Hamm, 2003) gefördert als auch das Erleben von Selbstbestimmung (vgl. Götz & Nett, 2011; Schiefele & Streblow, 2006) unterstützt werden soll (vgl. Abb. 5.19). Selbstbestimmung bzw. Autonomie gilt in der Selbstbestimmungstheorie als ein psychologisches Grundbedürfnis und Grundlage für die Entstehung von intrinsischer Motivation (vgl. Deci & Ryan, 1985, 1993; Skinner, Pitzer & Brule, 2014). Darüber hinaus stehen nach der Kontroll-Wert-Theorie kognitive Prozesse der Selbstregulation im positiven Zusammenhang mit lernförderlichen Emotionen wie Lernfreude (vgl. Pekrun, 2006).

Abbildung 5.19
figure 19

Gestaltungsmerkmal Autonomiegewährung, Umsetzung und intendierte Wirkung in der vierten Projektphase

Bei dem Arbeitsauftrag in dieser Projektphase handelt es sich um eine wirkliche Gruppenaufgabe, die, wie von Cohen (1994) beschrieben, lediglich im Kollektiv befriedigend bewältigt werden kann (vgl. Abb. 5.20). Die Gruppenmitglieder haben die Möglichkeit, individuelle Fähigkeiten und Kompetenzen zur Erstellung des Erklärvideos einzubringen und somit einen Beitrag zur Gruppenlösung zu leisten (vgl. Berger & Walpuski, 2018; Schiefele, 2004). Das Einbringen von individuellen Fähigkeiten, wie kreative Ideen zur Umsetzung, Kontextbildung oder technologische Kenntnisse, unterstützt zudem die Erfüllung des psychologischen Grundbedürfnisses des Kompetenzerlebens und sozialer Eingebundenheit (vgl. Deci & Ryan, 1985).

Abbildung 5.20
figure 20

Gestaltungsmerkmal Kooperation, Umsetzung und intendierte Wirkung in der vierten Projektphase

Die Nutzung digitaler Technologien kann zudem die persönliche Bedeutsamkeit für die SchülerInnen erhöhen (vgl. Kapitel 3.3.2). Studien zur Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen verweisen auf eine starke Einbindung von Medienprodukten, wie Fotos und Videos, und deren Erstellung im Alltag der Heranwachsenden (vgl. MPFS, 2021, 2020). Mit der Produktion von Videos können die ProjektteilnehmerInnen einen Bezug zu ihrer Alltagswelt herstellen, wodurch die subjektive Relevanz gesteigert wird, die emotions- und motivationsförderlich wirken kann (vgl. u. a. Asensio & Young, 2002; Hakkarainen, 2011; Smith, 2016). Zudem lässt sich das Erstellen von Videos durch Lernende nach Slopinski (2016) mit selbstreguliertem (vgl. Kapitel 3.2.1) und kooperativem (vgl. Kapitel 3.2.4) Lernen verknüpfen (vgl. Abb. 5.21).

Abbildung 5.21
figure 21

Gestaltungsmerkmal Wertinduktion, Umsetzung und intendierte Wirkung in der vierten Projektphase

Lernwirksamkeit. In dieser Projektphase werden insbesondere prozessbezogene Kompetenzen des mathematischen Kommunizierens (K6) und Argumentierens (K1) hinsichtlich des Inhaltsfeldes Geometrie gefördert (vgl. Abb. 5.22).

Abbildung 5.22
figure 22

SchülerInnenaktivität und Kompetenzorientierung in der vierten Projektphase – Videoproduktion

Phase 5

Affekt- und Motivationswirksamkeit. Die Wirkungen der Rezeption von Erklärvideos auf die Emotionen und die Motivation von SchülerInnen hängt von vielfältigen Aspekten ab (vgl. Findeisen et al., 2019). Im Rahmen dieses Projekts erstellen SchülerInnen einer Klasse, die somit in einem ähnlichen Alter und auf einem ähnlichen kognitiven Niveau sind, Erklärvideos zu Themen, die bereits im Unterricht behandelt wurden. Die Rezeption der Filme mit Erklärung sowie insbesondere den Bezügen zur Alltagswelt und ggf. relevanten Aspekten der Lebenswelt der SchülerInnen (vgl. MPFS, 2021, 2020) durch die konzeptgebende Story kann die Empfindung von Authentizität unterstützen, welche positiven Einfluss auf die subjektive Bedeutsamkeit haben kann (vgl. Frenzel & Stephens, 2011; Krapp, 2005). So können beispielsweise aktuelle Themen wie Jugendsprache oder die Nutzung digitaler Medien in Kontext des Erklärvideos einbezogen werden, welche den subjektiven Wert erhöhen kann (vgl. Abb. 5.23).

Abbildung 5.23
figure 23

Gestaltungsmerkmal Wertinduktion, Umsetzung und intendierte Wirkung in der fünften Projektphase

Lernwirksamkeit. In dieser Phase werden die Inhalte jeder Gruppe durch die Rezeption der Erklärvideos an alle ProjektteilnehmerInnen herangetragen. Die SchülerInnen können dabei Querverbindungen zum eigenen geometrischen Körper und zur realen Welt im Sinne des Lernens durch Reflexion (vgl. Rummler, 2017) herstellen. Dabei sollen insbesondere die Aspekte Flexibilisierung des Wissens, Verknüpfung von Theorie und Praxis, Aufbau von Fachsprache und Erfassen der Komplexität von Realität gefördert werden (vgl. Krammer & Reusser, 2005). Diese Aspekte lassen sich mit den prozessbezogenen Kompetenzen Problemlösen (K2), Modellieren (K3) und Kommunizieren (K6) sowie inhaltsbezogenen Kompetenzen der Leitidee Raum und Form verknüpfen (vgl. Abb. 5.24). Da bei den Erklärungen in den Erklärvideos insbesondere auf schwierige oder problematische Aspekte in Bezug auf den jeweiligen geometrischen Körper eingegangen werden sollte, kann die Rezeption der Videos dazu führen, Unklarheiten auszuräumen.

Abbildung 5.24
figure 24

SchülerInnenaktivität und Kompetenzorientierung in der fünften Projektphase – Rezeption der Erklärvideos