Schlüsselwörter

1 Einleitung

Escape Rooms sind kooperative Spiele, bei denen die Spieler:innen Hinweise finden, Rätsel lösen und eine Vielzahl von Aufgaben innerhalb einer begrenzten Zeit erfüllen müssen. Das Ziel ist normalerweise die Flucht oder das Verlassen eines Raums oder einer Umgebung (Nicholson 2015). Die Anwendung von Escape Rooms für den edukativen Bereich ist stark gewachsen (Veldkamp et al. 2020). Sogenannte edukative Escape Rooms beziehen einen Teil des Kursmaterials in ihre Rätsel ein, sodass die Student:innen diese Materialien beherrschen müssen, um im Escape Room erfolgreich zu sein (Lopez-Pernas et al. 2019). Vor allem im Zuge der Covid-19-Pandemie hat auch die Rolle digitaler Technologien in der Hochschullehre an Bedeutung gewonnen (Ali 2020). Dabei stellen edukative online Escape Rooms eine besonders neue und innovative Kombination edukativer Escape Rooms mit digitalen Technologien dar (Makri et al. 2021). Obgleich erste Ergebnisse das Potenzial als neues und innovatives digitales Lehrformat in der Hochschullehre verdeutlichen, bleiben sie bislang vor allem auf die Bereiche „Gesundheitswesen“ und „MINT“ beschränkt (Veldkamp et al. 2020). Dabei bleibt vor allem die Kombination des neuen Formats mit bewährten Methoden weitgehend unbeachtet. Insbesondere in der Management-Lehre greifen Lehrende beispielsweise auf Fallstudien zurück, um Lerninhalte zu wiederholen und die erlernten theoretischen Inhalte in praktische Lernerlebnisse zu transferieren (Carlson und Schodt 1995). Edukative Online Escape Rooms in Kombination mit Fallstudien bergen das große Potenzial, die Prozesse des Erfahrungslernens in Fallstudien (Anderson und Krathwohl 2001) und dessen kognitive, affektive und behaviorale Lernergebnisse (Smith 1987) durch die motivationalen Funktionen der Spielelemente des Escape Rooms (Kinio et al. 2019) zu verstärken.

Um dieses Potenzial zu erforschen, verfolgt die vorliegende Studie das Ziel, zu untersuchen, wie sich ein edukativer Online Escape Room in Kombination mit einer Management-Fallstudie auf die kognitiven, affektiven und behavioralen Lernergebnisse von Student:innen auswirkt. Im Besonderen verfolgt die Studie die Beantwortung von drei Forschungsfragen:

FF1: Wie wirkt sich der Einsatz eines fallstudienbasierten edukativen Online Escape Rooms auf den subjektiven und objektiven Lernerfolg (kognitive Lernergebnisse) der Student:innen aus?

FF2: Wie wirkt sich der Einsatz eines fallstudienbasierten edukativen Online Escape Rooms auf die Motivation (affektives Lernergebnis) der Student:innen aus?

FF3: Wie wirkt sich der Einsatz eines fallstudienbasierten edukativen Online Escape Rooms auf die Kollaboration (behaviorales Lernergebnis) der Student:innen aus?

Zur Beantwortung dieser Forschungsfragen wurde eine Piloterhebung eines edukativen Online Escape Rooms in einem „Management und Führung“-Seminar an der Universität Koblenz-Landau durchgeführt. Dieser edukative Online Escape Room wurde im Zusammenhang mit dem Projekt „Digitale Kompetenzen aller sichtbar machen und steigern“ (DigiKompASS) und dessen Teilprojekt GameLOAP sowie dem Querschnittsprojekt TUXEDO entwickelt und durchgeführt. DigiKompASS wird gefördert durch die Stiftung Innovation in der Hochschullehre.

2 Theoretische Grundlagen

2.1 Erfahrungslernen und Blooms Taxonomie

Das Konzept des Erfahrungslernens (Rogers 1969) ist ein lernenden-zentrierter Ansatz und wurde von Kolb und Fry (1975) weiterentwickelt. „Erfahrungslernen liegt vor, wenn ein persönlich verantwortlicher Teilnehmer kognitiv, affektiv und behavioral Wissen, Fähigkeiten und/oder Einstellungen in einer Lernsituation verarbeitet, die durch ein hohes Maß an aktiver Beteiligung gekennzeichnet ist“ (Hoover und Whitehead 1975, S. 25). Bestehende Studien zeigen, dass Erfahrungslernen zu einem besseren konzeptionellen Verständnis, kritischem Denken und Problemlösungsfähigkeiten (Gosen und Washbush 2004), mehr Enthusiasmus und Engagement (Dabbour 1997) und auch besseren Leistungen (Perry et al. 1996) führt. Aufbauend auf Blooms Taxonomie (Bloom et al. 1956) haben frühere Studien drei Hauptkategorien von Lernergebnissen identifiziert – kognitive, affektive und behaviorale (Garris et al. 2002; Salas et al. 2009). Bei den kognitiven Lernergebnissen handelt es sich um das Verstehen und Behalten auf konzeptioneller, prozeduraler und strategischer Ebene, also beispielsweise das Fördern der Wissenserhaltung. Affektive Lernergebnisse beziehen sich vor allem auf die Motivation. Behaviorale Lernergebnisse beinhalten Fähigkeitsübung und -entwicklung, wie etwa Teamwork (Ranchhod et al. 2014). Eine passende Umgebung und damit einen geeigneten situativen Kontext für Erfahrungslernen bieten etwa wirtschaftliche Planspiele (ebd.). Aufgrund der Ähnlichkeit von wirtschaftlichen Planspielen zu den Lehrinhalten dieses Escape Rooms, nämlich einer Fallstudie im Bereich Management und Führung, wird postuliert, dass auch bei fallstudienbasierten edukativen Escape Rooms Erfahrungslernen mit entsprechenden Lernergebnissen stattfindet.

2.2 Edukative Online Escape Rooms

Wenn ein Escape Room einen edukativen Zweck erfüllt, wird er gewöhnlich als Edu-Escape Room (oder edukativer Escape Room) bezeichnet. Edukative Escape Rooms sind wirksame pädagogische Werkzeuge, die zur Entwicklung von Wissen, Fähigkeiten und Teamarbeit der Student:innen eingesetzt werden (Clarke et al. 2017; Eukel et al. 2017; Friedrich et al. 2018). So wurde von Eukel et al. (2017) ein edukativer Escape Room für Student:innen zum Thema Diabetes Mellitus erstellt. Dieser wurde von den Student:innen insgesamt als positiv wahrgenommen. Zudem wurde das Wissen über den Umgang mit Diabetes Mellitus erhöht. Friedrich et al. (2018) konnten aufweisen, dass Kommunikationsfähigkeiten und Teamwork durch die Durchführung eines edukativen Escape Rooms in einer simulierten Krankenhausumgebung bei Student:innen gesteigert werden konnten. Makri et al. (2021, S. 2) postulieren, digitale / Online Escape Rooms seien ein „innovative[r] Lehransatz, der digitale Materialien mit der Realität verbindet“. Ist im Folgenden die Rede von Escape Rooms, ist immer ein edukativer Online Escape Room gemeint, wenn nicht anders angegeben.

2.3 User Experience und Usability

Die User Experience (UX) umfasst drei Aspekte der Nutzung von Produkten – antizipierte Nutzung, wahrgenommene Nutzung (Usability/Bedienbarkeit) und verarbeitete Nutzung. Die Usability umfasst also das Ausmaß, in dem ein Produkt in einem bestimmten Nutzungskontext effektiv, effizient und zufriedenstellend genutzt werden kann. Hinzu kommen Erwartungen und Emotionen, die die Nutzer:innen mitbringen bzw. während der Nutzung empfinden.

Die Usability ist von zentraler Bedeutung für die Akzeptanz und Nutzung einer Technologie wie der des edukativen Online Escape Rooms. Daher wird deren Evaluation als Grundlage für die Weiterentwicklung des Escape Rooms genutzt. Die Basis bildet die Pilotstudie zur Ableitung gestalterischer Implikationen für die weitere Forschung und Praxis. Im Zuge des Mixed-Method Ansatzes wird sie zusätzlich zur Evaluierung der kognitiven, affektiven und behavioralen Lernergebnisse genutzt.

3 Hypothesen

Makri et al. (2021) unterscheiden in ihrem Review über Effekte edukativer Escape Rooms zwischen kognitiven, affektiven und behavioralen Fähigkeiten und bleiben so im Einklang mit Blooms Taxonomie. Bei den kognitiven Fähigkeiten wurde in bisherigen Studien vor allem der objektive Lernerfolg in Bezug auf den Wissenserwerb und der subjektive Lernerfolg in Bezug auf das Verstehen von Wissen, die Verbesserung von Wissen und aktives Lernen sowie die kognitive Belastung untersucht (ebd.). Aufgrund der Ergebnisse bisheriger Studien edukativer Escape Rooms lauten daher die ersten beiden Teilhypothesen wie folgt:

H1a: Der objektive Lernerfolg ist nach der Durchführung des fallstudienbasierten edukativen Online Escape Rooms signifikant höher als vor der Durchführung.

H1b: Der subjektive Lernerfolg wird nach der Durchführung des fallstudienbasierten edukativen Online Escape Rooms positiv bewertet.

Die Effekte auf affektiver Ebene betreffen vor allem die Motivation: Konstrukte wie Enthusiasmus, Spaß, Zufriedenheit und alle positiven Emotionen bezüglich edukativer Online Escape Rooms hängen direkt mit intrinsischen motivationalen Aspekten zusammen (Borrego et al. 2017; Giang et al. 2019). In verschiedenen Studien zeigte sich ein allgemeiner Anstieg der Motivation, was auf die möglichen positiven Auswirkungen solch innovativer Werkzeuge in Bildungsumgebungen hinweist (Makri et al. 2021).

Daraus folgend lautet die zweite Hypothese:

H2: Die intrinsische Motivation während des fallstudienbasierten edukativen Online Escape Rooms wird positiv bewertet.

Auch bezüglich der behavioralen Fähigkeiten zeigten bisherige Studien über edukative Online Escape Rooms positive Effekte: In mehreren Studien steigerte die Durchführung unter anderem die Kollaboration zwischen Student:innen (Hanus et al. 2019; Musil et al. 2019). Dies lässt sich vor allem im lerntheoretischen Studiendesign erklären: Theorien des kollaborativen Lernens und der Teamarbeit wurden bei der Gestaltung der edukativen Online Escape Rooms berücksichtigt, da die Teilnehmer:innen aufgefordert waren, als Team zu handeln und ein gemeinsames Ziel zu verfolgen (Makri et al. 2021).

Unter Beachtung der in Anlehnung an vorige Studien teamorientierten Gestaltung des fallstudienbasierten edukativen Online Escape Rooms in dieser Arbeit lautet die dritte Hypothese:

H3: Die Kollaboration während des fallstudienbasierten edukativen Online Escape Rooms wird positiv bewertet.

Zusätzlich zu den oben genannten Hypothesen wurde die Usability des Escape Rooms evaluiert, um die Wahrscheinlichkeit zur Nutzung zu erhöhen, indem potenzielle Anpassungen für zukünftige Escape Rooms umgesetzt wurden. Aufgrund der zuvor durchgeführten Maßnahmen für die Gewährleistung einer guten Usability lautet die Hypothese:

H4: Die Usability des fallstudienbasierten edukativen Online Escape Rooms wird positiv bewertet.

4 Methodik

Design Science Research ist ein Forschungsparadigma, welches sich besonders eignet, um Artefakte zur Lösung praktischer Probleme zu entwickeln (Peffers et al. 2018), und welches im Forschungsbereich von Games und Gamification (vgl. Leite et al. 2016; Loock et al. 2013) sowie edukativer Escape Rooms (Eukel und Morrell 2020) breitflächige Anwendung findet. Dabei wird ein Artefakt – in diesem Fall der Escape Room – in einem iterativen, zyklischen Vorgehen entwickelt, evaluiert und auf Basis der Erkenntnisse kontinuierlich verbessert (Kuechler und Vaishnavi 2012). Basierend auf dem Forschungsziel und der Erkennung des Problems wurde in dieser Arbeit ein edukativer Online Escape Room konstruiert, pilotiert und in einem Mixed-Methods Ansatz mittels quantitativen Onlinefragebögen und semistrukturierten Leitfadeninterviews evaluiert. So wurde die Basis für theoretische Erkenntnisse (Hevner et al. 2004) und weitere Verbesserungen geschaffen.

4.1 Material

Die Konstruktion des Escape Rooms orientierte sich am escapED Framework von Clarke et al. (2017). Dabei werden Zielgruppe, Lernziele, Story, Design und Quests, Ausstattung und Evaluation des Escape Rooms berücksichtigt.

Zielgruppe des Escape Rooms waren Student:innen des Masterseminars „Management und Führung“ der Universität Koblenz-Landau im Wintersemester 2021/2022. Für den Escape Room war die gesamte letzte Lehreinheit des Seminars als Wiederholungsstunde vorgesehen. Die Student:innen sollten den Escape Room in Vierergruppen innerhalb von 90 min erfolgreich lösen. Die verschiedenen Lerneinheiten des Seminars sollten dabei wiederholt und angewendet werden. Dafür wurden konkrete Lernziele für jede Einheit definiert. Da die letzte Einheit „Change Management“ alle vorigen Einheiten inkludierte, wurde diese als Meta-Thema des Escape Rooms definiert. Die Story wurde passend dazu gewählt. Die Teilnehmer:innen sollten als Unternehmensberater:innen das fiktive Unternehmen „TeamNow!“ besuchen. Dieses bestand aus drei Abteilungen. Mit Dokumenten über die Unternehmensstruktur (Organigramm) und der Geschichte des Unternehmens wurden die Teilnehmer:innen in die Story eingeführt. Das Design des Escape Rooms wurde mit dem Webdienst „Gather“ (Gather Presence Inc. 2022), welcher die Erstellung virtueller Umgebungen in Pixelart ermöglicht, umgesetzt. Passend zur Story wurde in diesem Zuge ein Büro erschaffen, welches aus verschiedenen Räumlichkeiten bestand. Diese beinhalteten das Büro der Geschäftsführerin Hannah, einen Gemeinschaftsraum für alle Mitarbeiter:innen und die Büros der verschiedenen Abteilungen. Vom Gruppenarbeitsraum (s. Abb. 1) aus waren alle anderen Räume über passwortgeschützte Übergänge erreichbar.

Abb. 1
figure 1

Gruppenarbeitsraum in Gather, Copyright Hörsch, Köhler, Pachtchenko; 2022

Die Kernquests bestanden daraus, mithilfe der verfügbaren Informationen Hinweise zusammentragen, um Kernfragen zu beantworten. Ziel des Escape Rooms war die Formulierung einer Handlungsempfehlung für die Firma „Team Now!“ zum weiteren Vorgehen in ihrer strategischen und operativen Aufstellung. Als Basis für eine fundierte Handlungsempfehlung mussten zunächst verschiedene Informationen über das Unternehmen gesammelt werden. Die einzelnen Informationen waren auf verschiedene Quellen und Räume verteilt. Durch einen Passwortgenerator erhielten die Teilnehmer:innen bei erfolgreicher Beantwortung der Fragen die Passwörter für die Türen zu den nächsten Räumen (Freischaltung der nächsten Quest). Bei erfolgreicher Freischaltung aller vier Räume standen den Teilnehmer:innen alle Informationen für eine fundierte Handlungsempfehlung zur Verfügung. Um eine niedrigschwellige Teilnahme am Escape Room zu ermöglichen, benötigten sie als Ausstattung lediglich Computer mit Internetzugang sowie Mikrofon und Kamera. Für die Kommunikation wurde ein bereits im Seminar verwendetes Videokonferenztool genutzt. Um die Evaluation optimal zu gestalten, wurde der Escape Room vor der eigentlichen Durchführung in einem Cognitive Walkthrough (Wharton et al. 1994) getestet und angepasst: Der Cognitive Walkthrough sollte mögliche Probleme hinsichtlich der Interaktionen zwischen Benutzer:innen und dem Escape Room aufdecken. Dabei definierten UX Expert:innen die typische Benutzer:innengruppe, Beispielaufgaben und Handlungssequenzen. Als Beispielaufgaben dienten die bereits vorhandenen Aufgaben für die Student:innen. Nach dem Durchführen des Walkthroughs wurden die Ergebnisse, kategorisiert nach den Interaktionsprinzipien nach DIN EN ISO 9241:110:2020-10 (2020) umgesetzt.

4.2 Durchführung

Eine Woche vor der Durchführung des Escape Rooms wurde der Prätest mittels eines Onlinefragebogens durchgeführt; dieser dauerte ca. 15 min. Die Durchführung des Escape Rooms beinhaltete neben der reinen „Spielphase“ ein Briefing und ein Debriefing, welches über das Videokonferenztool stattfand. Im Briefing erhielten die Teilnehmer:innen eine kurze Einführung in die Geschichte des Unternehmens, sowie eine kurze technische Anleitung für den Escape Room. Darüber hinaus wurde die zentrale Aufgabenstellung sowie die Gruppeneinteilung präsentiert und die Dozentin in ihrer Rolle als Hannah sowie die Spielleiterin vorgestellt. Das Briefing dauerte ca. 15 min. Während der Durchführung wurden die Teilnehmer:innen für 90 min auf Break-Out-Rooms verteilt. Hierbei wurde ihnen freigestellt, wie sie die Kernquests in ihrer Gruppe lösen wollten. Neben dem Startraum mussten drei Räume mit je zwei Fragen freigeschaltet werden, dabei gab es zu jeder Frage drei optionale Hinweise, welche bei Hannah erfragt werden konnten. Bei technischen Fragen oder Problemen konnten sich die Teilnehmer:innen an die Spielleiterin wenden. Beim Debriefing präsentierten die einzelnen Teams zunächst ihre Handlungsempfehlung und beantworteten dazugehörige Fragen von Hannah. Nach einer kurzen Feedbackrunde über das Erlebte wurden die Lernziele mit den Teilnehmer:innen besprochen. Abschließend wurde die Evaluation (Posttest) des Escape Rooms in Form einer Onlineumfrage durchgeführt. Das Debriefing dauerte ca. 45 min. Bis zu einem Monat nach der Durchführung wurden vier semistrukturierte Leitfadeninterviews mit den Teilnehmer:innen per Videokonferenz durchgeführt, die ca. 20–30 min Zeit in Anspruch nahmen.

4.3 Stichprobe

Der Prätest wurde eine Woche vor dem Escape Room von N = 14 Personen und der Posttest direkt nach dem Escape Room von N = 18 Personen durchgeführt. Die aus Prä- und Posttest verbundene Stichprobe bestand aus N = 10 Testpersonen. Sechs Testpersonen waren männlich und vier weiblich. Im Durchschnitt waren die Proband:innen 25,7 Jahre alt. Fünf von ihnen studierten Wirtschaftsinformatik, fünf Informationsmanagement. Im Durchschnitt waren sie im zweiten Fachsemester. Ihre PC-Skills bewerteten fünf Testpersonen mit gut und fünf der Testpersonen mit sehr gut. Vier Student:innen („S1–S4“) nahmen an den semistrukturierten Leitfadeninterviews teil. Hierbei handelte es sich um zwei weibliche und zwei männliche Personen. Sie waren im Durchschnitt 28 Jahre alt. Drei studierten im ersten Mastersemester, eine:r im dritten.

4.4 Messinstrumente

Zur Evaluation des Escape Rooms wurde ein Mixed-Methods Ansatz gewählt, welcher die quantitative Evaluation von subjektivem und objektivem Lernerfolg, Motivation und Kollaboration mittels eines Onlinefragebogens eine Woche vor (Prätest) und direkt nach der Durchführung des Escape Rooms (Posttest) beinhaltete. Ergänzend wurden semistrukturierte Leitfadeninterviews mit den Student:innen durchgeführt, transkribiert und mittels qualitativer Inhaltsanalyse (Mayring 2014) ausgewertet.

4.4.1 Lernerfolg

Der Lernerfolg wurde auf objektive und subjektive Weise evaluiert. Hierbei wurde der objektive Lernerfolg mithilfe eines Wissenstests, bestehend aus zehn Single-Choice Fragen mit je vier Antwortmöglichkeiten, abgefragt. Der Test wurde mit der Dozentin auf Basis der formulierten Lernziele für den Kurs erstellt. Eine Beispielfrage mit möglichen Antworten lautete: „Welchen Nachteil gibt es unter anderem bei einer divisionalen Organisationsstruktur? Keine Synergieeffekte/Kompetenzkreuzungen durch das Mehrliniensystem/Hoher Koordinationsaufwand/Unklare Rollenverteilung“. Der subjektive Lernerfolg wurde mit vier selbst konstruierten Items über die selbsteingeschätzte Anzahl korrekt beantworteter Fragen, ein sichereres Gefühl bei der Beantwortung der Fragen, die Wissensfestigung und die Wissenserlangung erhoben. Ein Beispiel-Item lautet „Der Escape Room hat dazu beigetragen, dass sich mein Wissen über Management und Führung gefestigt hat“. Antworten konnten auf einer 5-Punkte-Likert-Skala von 1 (trifft überhaupt nicht zu) bis 5 (trifft voll und ganz zu) gegeben werden. Cronbachs Alpha für den subjektiven Lernerfolg lag bei α = 0,81.

4.4.2 Motivation

Zur Messung der Motivation wurde eine deutsche Anpassung des Intrinsic Motivation Inventory (IMI) (Deci und Ryan 1985) verwendet. Das IMI besteht aus sieben Items. Beispiel-Items sind „Ich habe den Escape Room sehr genossen“ und „Der Escape Room war unterhaltsam“. Die Proband:innen gaben ihre Antworten auf einer 5-Punkte-Likert-Skala an, die von 1 (trifft überhaupt nicht zu) bis 5 (trifft voll und ganz zu) reichte. Cronbachs Alpha für die IMI-Skala betrug α = 0,91.

4.4.3 Kollaboration

Zur Messung der Kollaboration wurde eine deutsche Anpassung der Collaboration Scale (So und Brush 2008) verwendet. Beispiel-Items für die aus sieben Items bestehende Skala sind „Das kollaborative Lernen in meiner Gruppe war effektiv“ und „Ich habe mich in meiner Gruppe als Teil einer Lerngemeinschaft gefühlt“. Die Antworten wurden auf einer 5-Punkte-Likert-Skala angegeben, die von 1 (trifft überhaupt nicht zu) bis 5 (trifft voll und ganz zu) reichte. Cronbachs Alpha für die Skala betrug α = 0,51.

4.4.4 Usability

Im Posttest wurde der VisAWI-S (Moshagen und Thielsch 2013) integriert, er diente zur Erfassung des generellen Ästhetik-Faktors. Die vier Items des Fragebogens beinhalten eine siebenstufige Likert-Skala als Antwortskala, diese reicht von 1 (stimme überhaupt nicht zu) bis 7 (stimme voll zu). Cronbachs Alpha betrug α = 0,84. Durch den Einsatz der Module I und V aus dem MeCUE (Minge und Riedel 2013) wurden die Nützlichkeit und Benutzbarkeit (I) sowie ein Gesamturteil (V) bzgl. des Webdienstes Gather erhoben. Modul I wurde mithilfe einer siebenstufigen Likert-Skala erhoben, die von 1 (lehne völlig ab) bis 7 (stimme völlig zu) reicht. Für das Gesamturteil wurde eine Skala mit dem Wertebereich von −5 bis + 5 verwendet. Der Teilbereich Nützlichkeit wies ein Cronbachs Alpha von α = 0,58 auf. Das Cronbachs Alpha für Benutzbarkeit beträgt α = 0,87.

4.5 Auswertung

Die Auswertung der Daten wurde vollständig über IBM SPSS Statistics 27 (IBM Corp. 2020) durchgeführt. Für die deskriptiven Daten wurden Mittelwert und Standardabweichung der relevanten Skalen betrachtet. Zur Hypothesentestung wurden zur Überprüfung eines signifikanten Mittelwertunterschieds t-Tests gegen das arithmetische Mittel durchgeführt.

5 Ergebnisse

5.1 Deskriptive Daten

Eine erste Betrachtung der deskriptiven Daten zeigt, dass der Wissenstest (objektiver Lernerfolg) nach der Durchführung des Escape Rooms besser absolviert wurde (Prätest: M = 7,40; SD = 1,83; Posttest: M = 8,50; SD = 0,85). Bei den weiteren Konstrukten zeigen sich erhöhte Skalenwerte mit einer niedrigen Standardabweichung (Motivation: M = 3,72; SD = 0,62; Kollaboration: M = 3,76; SD = 0,37). Diese deutet darauf hin, dass die Bewertung der Student:innen alle nahe dem Mittelwert lagen und keine große Streuung der Werte vorlag.

5.2 Überprüfung der Hypothesen

Im Folgenden werden die Ergebnisse der Hypothesentestung von H1-H4 vorgestellt.

H1a: Der objektive Lernerfolg ist nach der Durchführung des fallstudienbasierten edukativen Online Escape Rooms signifikant höher als vor der Durchführung.

H1a wurde mittels eines t-Tests zur Überprüfung eines signifikanten Mittelwertunterschieds getestet. Dabei zeigte sich, dass der objektive Lernerfolg nach der Durchführung des Escape Rooms signifikant höher als vor der Durchführung ist. Die Hypothese kann somit bestätigt werden: Der Wissenstest wurde nach dem Durcharbeiten des Escape Rooms signifikant besser gelöst als zuvor (T(9) = 2,40, p = 0,04), mit einer Effektstärke von d = 1,45.

H1b: Der subjektive Lernerfolg wird nach der Durchführung des fallstudienbasierten edukativen online Escape Rooms positiv bewertet.

Auch der subjektive Lernerfolg wurde im Vergleich zum erwartbaren Mittel als erhöht bewertet: Wegen der fehlenden Vergleichsgruppe wurde ein t-Test gegen einen festgelegten Testwert (erwartbares Mittel) durchgeführt. Der Testwert bei dieser Skala liegt bei 2,5. Diese Vorgehensweise wurde auch in ähnlichen Studien verwendet (vgl. Eukel et al. 2017). Auch H1b kann bestätigt werden: Der subjektive Lernerfolg ist signifikant erhöht (T(17) = 4,12, p < 0,001, d = 0.92).

H2: Die intrinsische Motivation während des fallstudienbasierten edukativen Online Escape Rooms wird positiv bewertet.

Die intrinsische Motivation während der Durchführung des Escape Rooms wird von den Teilnehmer:innen positiv bewertet, dies zeigen die deskriptiven Statistiken (M = 3,72, SD = 0,62). Analog zu H1b wurde ein t-Test bei einer Stichprobe durchgeführt. Die Scores der Bewertung der Motivation unterscheiden sich signifikant von dem Testwert (T(17) = 8,30, p < 0,001, d = 0,62). H2 kann somit bestätigt werden.

H3: Die Kollaboration während des fallstudienbasierten edukativen Online Escape Rooms wird positiv bewertet.

Da auch bezüglich der Kollaboration keine Vergleichswerte einer Kontrollgruppe vorlagen, wurde analog zu H1b und H2 gegen einen festgelegten Testwert getestet und ein signifikanter Mittelwertunterschied mittels eines t-Tests bei einer Stichprobe überprüft. Der Testwert bei dieser Skala liegt auch hier bei 2,5. Die Scores der Bewertung der Kollaboration unterschieden sich signifikant vom Testwert (T(17) = 8,66, p < 0,001, d = 0,37). H3 kann somit ebenso bestätigt werden.

H4: Die Usability des fallstudienbasierten edukativen Online Escape Rooms wird positiv bewertet.

Durch den Einsatz der Module I und V des meCUE konnte eine hohe Zustimmung bezüglich der Nützlichkeit und Benutzbarkeit des Escape Rooms festgestellt werden (Modul I (Nützlichkeit): M = 5,5; SD = 0,73; Modul I (Benutzbarkeit): M = 6,22; SD = 0,78). Auch das Gesamturteil (Modul V) wurde positiv bewertet (M = 2,9; SD = 1,5). Der Bereich der generellen Ästhetik (VisAWI-S) kann als neutral bis zögerlich zustimmend betrachtet werden (M = 4,5; SD = 1,1). Die im VisAWI-S angegebenen Vergleichswerte zum Benchmarking des Fragebogens liegen alle in ähnlichen Bereichen. Als Beispiel soll hier nur ein gemittelter Gesamtwert in Abhängigkeit zur Websitekategorie „E-Learning“ aufgezeigt werden, dieser liegt für 24 beurteilte Websites und einem N = 318 bei 4,4. Der Benchmark Gesamtwert (290 beurteilte Websites, N = 6797) liegt bei 4,4.

5.3 Qualitative Inhaltsanalyse

Für die Analyse der Interviews wurde eine kategorienbasierte Auswertung nach Mayring (2014) durchgeführt. Aus der Fragestellung, wie der Escape Room als Lernmethode verbessert werden kann, wurden die Hauptkategorien „subjektives Erleben der Durchführung“, „Dynamik der Gruppenarbeit“, „Einschätzung der Zielerreichung“, „Wahrnehmung von Gather“ und „eigene Ideen der Student:innen“ induktiv durch die Codierung der Interviews ermittelt.

5.3.1 Subjektives Erleben der Durchführung

Im Hinblick auf die Durchführung nahmen die Student:innen verschiedene Phasen wahr: In der Anfangsphase erstellten sie eigene Avatare, machten sich mit Gather mithilfe des Tutorials vertraut und sahen sich erst einmal im Escape Room um. Die Hauptphase bestand vor allem darin, die Räume nach und nach freizuschalten. Hierzu sichteten die Student:innen die Informationen zunächst individuell (vor allem die Audiodateien), dann trugen sie die Informationen zusammen und tauschten sich über diese in der Gruppe aus. In der Endphase befassten sie sich vor allem mit der Erstellung der Handlungsempfehlung. Das Briefing und das Debriefing wurden zeitlich meist als passend eingestuft. Das Briefing wurde als wichtig und hilfreich angesehen, um einen guten Einstieg zu ermöglichen (S4: „Das Briefing war auf jeden Fall wichtig, um reinzukommen und auch die technischen Dinge zu verstehen“). Sowohl Debriefing als auch Briefing wurden als gut organisiert wahrgenommen. Das Hilfsangebot der drei Hinweise pro Frage wurde zum Teil zügig angenommen, zum Teil wurde es aber trotz erheblicher Schwierigkeiten mit Fragen nicht wahrgenommen (S3: „Bei einer Frage hatten wir echt Probleme. Das war dann blöd, dadurch sind wir ins Stocken geraten“). Hier verwiesen die Student:innen teilweise darauf, dass nicht klar war, wie das Hilfsangebot zugänglich war, als Hauptgrund aber nannten die Student:innen, dass das Hilfsangebot von der Dozentin gekommen wäre und diese dann etwaige Wissenslücken hätte bemerken können (S4: „Wir wussten, wir hatten das und müssen das jetzt eigentlich wissen. Die Hürde ist […] größer bei der Dozentin nachzufragen“).

5.3.2 Dynamik der Gruppenarbeit

Die Student:innen beschrieben ihre Arbeitsweise während des Escape Rooms relativ ähnlich: Zunächst explorierten sie den Raum individuell, sprachen dann ab, was zu tun sei und wer welche Aufgaben bearbeitet (Arbeitsteilung). Hierbei kommunizierten sie vor allem mündlich. Die Student:innen nutzten den Chat für das Aufschreiben der Lösungswörter. Sie kommunizierten auch nonverbal mithilfe der eigens erstellten Avatare. Die Atmosphäre beschrieben die Student:innen als „gut“ (S2, S3), „sehr gut“ (S4) und „entspannt und fröhlich“ (S1). Die Student:innen „haben ein paar Witze gemacht“ (S2), aber es war auch der Ehrgeiz vorhanden, den Escape Room zu lösen (S4: „Ich mag sowas total gerne und mich fixt das dann auch an, dass ich das unbedingt alles schaffen will“). Es kam vor allem bei der Lösung einer Frage vermehrt zu Problemen. Beim gemeinsamen Versuch, die richtige Lösung zu finden, schufen sie für sich passende Lösungswege (S4: „Wenn wir mal ein Wort nicht wussten, haben wir kurz diskutiert und wenn es dann gar nicht ging, haben wir vieles ausprobiert und dann auch zwei, drei Sachen gegoogelt, weil wir einfach nicht auf den Begriff gekommen sind“).

5.3.3 Einschätzung der Zielerreichung

Die Student:innen konnten ihr Wissen festigen und mithilfe der Fallstudie anwenden (S3). Im Vergleich zu einer „normalen“ Fallstudie hat der Escape Room einen Mehrwert für die Student:innen gebracht: Vor allem betonten die Student:innen auch die Nachhaltigkeit des Lernens (S4: „Ich habe das Gefühl, dass das, was ich gelernt habe, jetzt auch Sinn macht“). Das Debriefing bewerteten die Student:innen für den Lernerfolg als besonders wichtig (S3: „In diesem Debriefing wird wirklich Lernerfolg erzielt. Ich glaube, man lernt durch Anwendung und das war dieses Debriefing mit der Handlungsempfehlung, die einem wirklich diesen Lernerfolg bringt“). Die Student:innen hatten auch Spaß an dem Escape Room: Gründe hierfür waren das Design des Raums und die Abwechslung von anderen Vorlesungen (S4: „[…] fand ich das ziemlich cool und auch mal eine schöne Abwechslung“). Vor allem die Gruppenarbeit und das damit verbundene Fördern des kollaborativen Lernens empfanden sie als Bereicherung.

5.3.4 Wahrnehmung von Gather

Die Informationsquellen, die in dem Webdienst Gather eingebaut wurden, empfanden die Student:innen als sehr positiv: Dies gilt sowohl für die verschiedenen Dokumente als auch für die Audiodateien, in denen die Mitarbeiter:innen des fiktiven Unternehmens interviewt wurden. Die Bewertung der Grafik fiel bei den Student:innen gemischt aus, von „wirklich schön“ (S1) bis „finde Pixelart […] ugly“ (S2). Die Student:innen schätzten Gather bezüglich ihrer intuitiven Bedienbarkeit positiv ein, dies wurde gerade im Universitätskontext lobend bewertet. Allerdings beschrieben die Student:innen die Ladezeiten als etwas zu lang.

5.3.5 Eigene Ideen der Student:innen

Die Student:innen schlugen einen spielerischen Zugang zu den Informationen vor. Auch die Hinweise von Hannah könnten auf spielerische Weise in den Escape Room selbst eingebaut werden, sodass die Student:innen möglicherweise weniger Hemmungen für die Verwendung der Hinweise hatten (S4: „Man könnte nochmal ein anderes Rätsel lösen, um Hinweise zu bekommen“). Den Informationszugang nahmen die Student:innen teilweise als nicht authentisch wahr, da z. B. ein Gesprächsprotokoll offen im Büro lag. Die Avatare wurden am Anfang der 90 min des Escape Rooms von den Teilnehmenden individuell erstellt. Hierfür schlugen die Student:innen vor, das Tutorial und die Avatarerstellung vorab den Teilnehmer:innen des Escape Rooms als Aufgabe zu stellen, um die Anfangsphase zu verkürzen (S2: „Vielleicht hätte man den Leuten schon sagen können, wir benutzen Gather und so funktioniert das, damit das am Anfang ein bisschen schneller geht“).

6 Diskussion

6.1 Zusammenfassung und Einordnung der Ergebnisse

Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass die Implementierung einer Management-Fallstudie in einen edukativen Online Escape Room positive Auswirkungen auf kognitive, affektive und behaviorale Lernergebnisse hat. Bezüglich der ersten Forschungsfrage (FF1), wie sich der Einsatz eines fallstudienbasierten edukativen Online Escape Rooms auf kognitive Lernergebnisse auswirkt, sind sowohl die signifikante Erhöhung des objektiven Lernerfolgs als auch des subjektiven Lernerfolgs zu nennen. Die qualitativen Ergebnisse zeigen, dass dieser Lernerfolg vor allem durch das Wiederholen sowie das Anwenden der Inhalte bei der Handlungsempfehlung erzielt werden konnte. Durch das Debriefing konnten die Student:innen zudem von den Ergebnissen ihrer Mitstudent:innen und von der Darstellung der Lernziele profitieren. Auch die Untersuchung der zweiten Forschungsfrage (FF2), wie sich der Einsatz eines fallstudienbasierten edukativen Online Escape Rooms auf die Motivation auswirkt, kann positiv beantwortet werden: Die Motivation der Student:innen wurde signifikant positiv bewertet. Qualitativ genannte Gründe dafür waren die Abwechslung von anderen Vorlesungen, aber vor allem auch die Arbeit in der Gruppe. Ein weiterer interessanter Aspekt ist, dass die Student:innen im Vergleich zu einer normalen Fallstudie mehr Spaß hatten. Für die dritte Forschungsfrage (FF3), wie sich der Einsatz eines fallstudienbasierten edukativen Online Escape Rooms auf die behavioralen Lernergebnisse auswirkt, ist zum einen die signifikant positive Einschätzung der Kollaboration zu nennen, zum anderen der Effekt der Gruppenarbeit selbst: Die Student:innen berichteten, dass der Escape Room den Teamgeist förderte und dass sie vermehrt zusammenarbeiteten. Auch hier zogen die Student:innen einen Vergleich zu einer normaler Fallstudie, bei deren Bearbeitung sie auch in der Gruppe nach ihrer Aussage weniger diskutiert hätten.

Die statistisch signifikanten Ergebnisse deuten auf eine starke Auswirkung des Escape Rooms auf den Lernerfolg, die Motivation und die Kollaboration der Student:innen hin und stützen damit die positiven Ergebnisse vorheriger Studien zu edukativen Escape Rooms (vgl. Makri et al. 2021). Dies lässt auf einen pädagogischen Nutzen edukativer Online Escape Rooms über den bloßen Neuheitsfaktor hinaus schließen. Während die von Makri et. al. (2021) beschriebenen Ergebnisse sich auch auf Escape Rooms bezogen, die aus digitalen und analogen Materialien bestanden, konnten in dieser Studie positive Effekte für einen vollständig online durchgeführten fallstudienbasierten edukativen Escape Room aufgewiesen werden. Dieser Erfolg kann unter anderem auf den schrittweisen Prozess der Konstruktion (Clarke et al. 2017) und auf die professionelle Bewertung der Usability mittels des Cognitive Walkthroughs zurückgeführt werden.

6.2 Limitationen

Bei den Limitationen dieser Studie ist die kleine Stichprobe zu nennen, welche die Generalisierbarkeit der Ergebnisse stark einschränkt. Zudem gab es für die Konstrukte „Motivation“, „Kollaboration“ und „Usability“ keine Vergleichsgruppe, gegen deren Werte getestet wurde. Des Weiteren ist der mangelnde Datenschutz des Webdienstes Gather als Schwäche zu nennen, auch wenn die Student:innen sich dafür nicht anmelden mussten und somit keine persönlichen Daten wie den richtigen Namen oder die E-Mail-Adresse angeben mussten. Hinzu kommt die niedrige interne Konsistenz der Kollaborationsskala, hier ist für zukünftige Untersuchungen die Verwendung einer anderen Skala zu empfehlen.

6.3 Implikationen für die Hochschullehre

Die Ergebnisse zeigen, dass edukative Online Escape Rooms innovative, vielversprechende, aktive und kollaborative Unterrichtsansätze sind, die den Lernerfolg stärker lenken und gestalten können als traditionelle Bildungsmethoden (Makri et al. 2021). Da Escape Rooms von Natur aus teilnehmenden-orientiert sind, ermöglicht diese Art von Lehrmethode den Dozent:innen, eine eher beobachtende Rolle beim Lernen der Student:innen einzunehmen. Diese Verschiebung ermutigt die Student:innen, eine aktive Rolle im Lernprozess zu übernehmen (Brady und Andersen 2019).

Um zu erfahren, wie solche edukativen Online Escape Rooms gestaltet werden können, ergeben sich folgende Implikationen für Dozent:innen: (1) Bei der Gestaltung des Escape Rooms sollte ein besonderes Augenmerk auf die Aufgabenschwierigkeit gelegt werden, da die Teilnehmer:innen nur eine gewisse Zeit für die Aufgaben haben und es wichtig ist, dass alle Teilnehmer:innen den Escape Room erfolgreich abschließen können. Hier ist die Balance zwischen Langeweile bei unterforderten und Frustration bei überforderten Student:innen zu finden. Die übergeordnete Aufgabe der Handlungsempfehlung fing dieses Problem gut auf, da schnelle Gruppen länger an ihrer finalen Aufgabe arbeiten konnten. (2) Um Frustrationsquellen zu vermeiden, ist es zudem wichtig, die Hinweise in den Escape Room selbst und nicht bei den Dozent:innen zu platzieren, um die Nutzung der Hinweise ohne Hemmungen wegen Aufzeigen von Wissenslücken zu gewährleisten. (3) Darüber hinaus sollten unbedingt ein Briefing für die Erklärung des genutzten Webdienstes und ein Debriefing für das Aufweisen der Lernziele durchgeführt werden, um einfache Benutzbarkeit und Lernerfolg zu fördern. (4) Bei der Auswahl eines Webdienstes sollten intuitive Bedienbarkeit, niedrige Kosten und sichergestellter Datenschutz Pflichtkriterien sein, um den Student:innen das bestmögliche Lernerlebnis zu ermöglichen.

In vorigen Studien wurde für die Implementierung eines edukativen Escape Rooms ein immenser Zeitaufwand diskutiert (Vörös und Sárközi 2017), dieser ist jedoch durch eine systematische Vorgehensweise zu verringern. Zudem helfen die eben vorgestellten Implikationen, die Lernergebnisse auch bei edukativen Online Escape Rooms zu erreichen.

6.4 Implikationen für zukünftige Forschung

Zukünftig sollten weitere Untersuchungen in zusätzlichen Kohorten mit einem anderen Webdienst durchgeführt werden, der den Datenschutz besser gewährleistet. Die jetzige Kohorte kann als Vergleichsgruppe dienen, um zu überprüfen, ob zukünftig verwendete Webdienste geeigneter als der hier genutzte sind. Darüber hinaus sollte die Durchführung der Fallstudie ohne Escape Room mit der Durchführung der Fallstudie mit Escape Room verglichen werden, um so den Mehrwert des Escape Rooms herauszuarbeiten. Nach diesen Testungen böten die Daten die Möglichkeit, für ein besseres Verständnis der Wirkmechanismen von edukativen Online Escape Rooms, ein multivariates Modell aufzustellen, um die Interdependenz von kognitiven und affektiven Variablen des Lernerfolgs (Bassford et al. 2016) näher zu untersuchen. In Zukunft sollte zudem an der Erstellung von disziplinübergreifenden Designprinzipien und Designprozessen gearbeitet werden. Dies macht vor allem Sinn, da Proband:innen aus verschiedenen Studien berichteten, dass edukative Online Escape Rooms in vielen Disziplinen anwendbar seien und als didaktische Hilfsmittel (Hou und Chou 2012), attraktive und ausgezeichnete Lehrmittel (Monnot et al. 2020) und angenehme Alternativen für aktives Lernen (Borrego et al. 2017) leicht zu verwenden seien.

6.5 Ausblick

Die vorliegende Studie zeigt, dass auch etablierte Lehrmethoden wie eine Management-Fallstudie in Kombination mit neuen innovativen online Lehrmethoden wie edukativen Online Escape Rooms anwendbar sind, um kognitive, affektive und behaviorale Lernergebnisse zu erreichen. Diese Ergebnisse weisen wichtige zu beachtende Aspekte bei der Implementierung dieser Lehrmethode auf und unterstreichen gleichzeitig die Attraktivität edukativer Online Escape Rooms für die innovative Hochschullehre.