Zusammenfassung
Die Debatte über Werte spielt in Wissenschaft und Politik immer wieder eine große Rolle. Etwas vereinfacht gesagt kann man in den Diskussionen darüber vier Zugänge unterscheiden. Politiker beschwören in Sonntagsreden viele hehre Werte; eher konservativ orientierte Autoren und Forscher beklagen einen generellen Werteverfall; Linke bekämpfen sozial spaltende liberalistische Werte; die meisten Soziologinnen und Soziologen scheinen sich aus dieser Debatte überhaupt herauszuhalten. In diesem Einleitungskapitel sollen kurz die drei ersten Zugänge thematisiert werden, die Befeuerung der politischen Debatte durch die Zuwanderung von Menschen aus muslimischen Ländern, die konservativen Diagnosen des Werteverfalls und die These der Durchsetzung liberalistischer, ungleichheitsfördernder Werte. Sodann wird in vorläufiger Form genauer bestimmt, was gesellschaftliche Grundwerte sind und wie eine soziologische Analyse aussehen sollte, die sie ernst nimmt. Abschließend wird ein Überblick über den Inhalt dieses Bandes gegeben.
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Notes
- 1.
Vgl. dazu Eylem Kanol, Kaum jemand radikalisiert sich komplett isoliert, WZB-Mitteilungen 170/2020, S. 54–56.
- 2.
Tibi betont allerdings, diese deutsche Leitkultur müsse sich von einer ethnischen Definition der Nation abwenden und klar westlich-moderne Werte vertreten (wie Demokratie, Laizität, Aufklärung, Menschenrechte).
- 3.
So verlangt er u. a. einen verpflichtenden Kindergartenbesuch ab dem 3. Lebensjahr und Ganztagesschulen, um Defizite von Kindern aus bildungsfernen Schichten auszugleichen.
- 4.
Vgl. dazu https://www.bpb.de/politik/grundfragen/parteien-in-deutschland/afd/273131/wahlergebnisse-und-waehlerschaft (abgerufen am 26.3.2021).
- 5.
Vgl. https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayIntG?AspxAutoDetectCookieSupport=1 (abgerufen am 16.12.2020).
- 6.
Typisch dafür war seine häufig wiederholte These, man müsse die Zuwanderung in das österreichische Sozialsystem unterbinden. Vgl. https://www.derstandard.at/story/2000061317804/was-an-kurz-these-von-der-zuwanderung-in-den-sozialstaat (abgerufen am 14.4.2023).
- 7.
Etwas ganz Anderes ist das Verbot des Tragens von Burkas. Die verpflichtende Verhüllung des Gesichtes, vielleicht das wichtigste Merkmal der Identität eines Menschen, muss als eklatante Verletzung des Grundwertes der Menschenwürde angesehen werden.
- 8.
Vgl. https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/nach-der-handschlag-debatte-gibt-es-so-etwas-wie-eine-schweizer-leitkultur-130195007 (abgerufen am 16.12.2020).
- 9.
Vgl. dazu https://de.wikipedia.org/wiki/Schweizerische_Volkspartei (abgerufen am 26.3.2021).
- 10.
Vgl. dazu „Schweizer stimmen gegen Bau neuer Minarette“, Zeit Online 29.11.2009.
- 11.
Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Eidgen%C3%B6ssische_Volksinitiative_%C2%ABGegen_den_Bau_von_Minaretten%C2%BB (abgerufen am 14.4.2023).
- 12.
Vgl. Muslime in der Schweiz 2020, verfügbar unter https://www.conviva-plus.ch/?page=2464 (abgerufen am 16.12.2020).
- 13.
Vgl. Ronja Kempin, „Der Front National – eine feste politische Größe in Frankreich“, Bundeszentrale für politische Bildung, 30.3.2017; für detaillierte Daten siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/Rassemblement_National(abgeufen am 26.3.2021).
- 14.
Eine Karikatur richtet sich in der Regel gegen eine lebende einflussreiche oder politisch mächtige Persönlichkeit. Im Falle des Islam wären dies etwa der König von Saudi-Arabien oder die religiösen Führer des Iran.
- 15.
J. Ratzinger, Werte in Zeiten des Umbruchs, zitiert nach Meißner, Helmut (o. J.), „Griechische Wurzeln des europäischen Wertekanons,“ in: Günter Buchstab, Hrsg., Die kulturelle Eigenart Europas, St. Augustin: Konrad Adenauer Stiftung/ Herder Verlag, S. 17–42 (verfügbar online).
- 16.
Vgl. dazu Hans Schelkshorn, Verteidigung des christlichen Abendlandes, auf https://blog.ksoe.at/verteidigung-des-christlichen-abendlandes/ (abgerufen am 17.12.2020).
- 17.
Eine ausgezeichnete Diskussion der problematischen Verwendung des Begriffes der EU als „Wertemacht“ hat Gerhard Mangott verfasst: „Die Stilisierung der EU als Wertemacht“, Die Presse 19.202.2.2022, S. 21 (zuerst abgedruckt in ÖGfE, Hrsg., 30 Ideen für Europa, Wien 2021, Czernin Verlag).
- 18.
Übersichten zu diesen Studien finden sich in Oesterdiekhoff/ Jegelka (2001) Werte und Wertwandel in westlichen Gesellschaften; Hillmann (2003), Wertwandel; Roßteutscher (2013), Werte und Wertewandel.
- 19.
Rudolf Burger, Die Inflation der Werte, Die Presse (Wien), 27.6.2014.
- 20.
Im Übrigen steht es außer Frage, dass die meisten Käufer dieses über 800 Seiten starke, vielfach durchaus interessante Buch gar nicht gelesen haben. Darunter fallen nicht nur angebliche Leser wie der Papst oder der US-Präsident, sondern auch viele Studierende und Wissenschaftler (einige von ihnen bestätigten dies gegenüber dem Autor dieses Buches ungefragt selber).
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Haller, M. (2024). Einleitung. In: Radikale Werte. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-42954-6_1
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Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
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