Zusammenfassung
Der Beitrag nimmt den Zusammenhang von wohlfahrtsstaatlichen Politiken, Care-Arrangements und Geschlechterverhältnissen in den Blick. In einer historischen Perspektive wird zunächst verdeutlicht, wie eng die Entwicklung des Wohlfahrtsstaats in Deutschland mit der geschlechtsbezogenen Teilung in produktive und reproduktive Arbeit verbunden ist. Die feministische Kritik hieran wird mit der Care-Debatte verknüpft. Zentrale Begriffe und Konzepte der Wohlfahrtsstaatsforschung werden eingeführt und erlauben eine Einordnung wohlfahrtsstaatlicher Politiken und ihrer Auswirkungen auf Care- und Geschlechterverhältnisse. Abschließend werden Perspektiven eines sozial gerechteren Care-Mix skizziert.
* Die in diesem Beitrag dargestellten Diskurse und Überlegungen folgen weitgehend einer zweigeschlechtlichen Perspektive. Tatsächlich stellen non-binäre und queere Sichtweisen vielfach eine Leerstelle in politischen und wissenschaftlichen Debatten um den Wohlfahrtsstaat dar. Eine Integration entsprechender Perspektiven steht aus und bleibt zu leisten.
** Obgleich in Deutschland der Begriff Sozialstaat geläufiger ist, wird im Beitrag in der Regel der international gebräuchlichere und anschlussfähigere Begriff Wohlfahrtsstaat (welfare-state) synonym verwendet.
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Eine weitere kritische Perspektive der Wohlfahrtsstaatsforschung bezieht sich auf die Zusammenhänge von Wohlfahrtsstaatsentwicklung und Kolonialismus bzw. neo-koloniale Entwicklungen der Gegenwart. Hierauf kann lediglich am Rande (Care-Migration) eingegangen werden. Vergleiche hierzu auch den Beitrag von Ihring in diesem Band.
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Klus, S. (2024). Zwischen Modernisierung und Traditionalisierung: zur feministischen Kritik an wohlfahrtsstaatlichen Politiken und ihren Ungleichheitseffekten. In: Sauer, K.E., Klus, S., Gugel, R. (eds) Studienbuch Gender und Diversity für die Soziale Arbeit . Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-42942-3_4
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